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Anstifter 1, 2014 der Stiftung Liebenau

Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

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Namhafte Referenten, spannende Themen<br />

und großes Interesse: Zahlreiche<br />

Teilnehmer kamen zur achten Auflage<br />

des Autismus-Fachtages. Fotos: Klaus<br />

Vortrag Gedanken um die Definition von Inklusion.<br />

Wo hört Exklusion auf, wo fängt Inklusion an? Ist<br />

Inklusion tatsächlich vielleicht sogar eine „Floskel<br />

ohne Inhalt“, ein „sozialpolitischer Kampfbegriff“?<br />

Für Berner geht es um die aktive Umsetzung inklusiver<br />

Werte wie Teilhabe, Gemeinschaft, Anerkennung<br />

von Vielfalt – und um aufgeschlossene Fachkräfte:<br />

„Inklusion beginnt in unseren Köpfen.“ Und sich<br />

darauf einzulassen, erfor<strong>der</strong>e „Mut und die partnerschaftliche<br />

Zusammenarbeit <strong>der</strong> Systeme.“ Als ein<br />

Beispiel nannte er die Vernetzung von Schulen im<br />

Sozialraum. Klipp und klar räumte er mit <strong>der</strong> falschen<br />

Vorstellung auf, durch Inklusion werde es billiger<br />

für die öffentlichen Kassen: „Inklusion ist kein<br />

Sparprogramm.“ Im Vor<strong>der</strong>grund stehe immer das<br />

Wohl des einzelnen Menschen. In Bezug auf Einrichtungen<br />

gelte deshalb die Maxime „sowohl als auch“ –<br />

und das schließe Son<strong>der</strong>schulen ausdrücklich mit<br />

ein. Berners For<strong>der</strong>ung: „Inklusion braucht zur Verwirklichung<br />

den Sozialraum, ein inklusives Gemeinwesen<br />

und vor allen Dingen konkrete, gelebte<br />

Praxis.“<br />

Wie diese aussehen kann, davon berichtete Barbara<br />

Edel. Sie arbeitete lange als Lehrerin in integrativen<br />

Klassen an rheinland-pfälzischen Gesamtschulen und<br />

erlebte dort die Vielfalt <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nach eigener Aussage<br />

„als Chance“. Auf dem Weg zur Inklusion gehe<br />

es darum, ein „Klima <strong>der</strong> gegenseitigen Akzeptanz“<br />

zu schaffen. Indem man etwa die Verhaltensweisen<br />

<strong>der</strong> autistischen Kin<strong>der</strong> zu verstehen lernt, ihnen<br />

geeignete Hilfsmittel zur Verfügung stellt – zum Beispiel<br />

eine Trennwand, hinter <strong>der</strong> sie sich bei Bedarf<br />

zurückziehen können – und auf die individuellen<br />

Bedürfnisse eingeht.<br />

„Gerecht sein heißt nicht, alle gleich zu behandeln“,<br />

betonte Edel. Unterricht müsse nicht für alle Schüler<br />

in <strong>der</strong> gleichen Zeit, mit den gleichen Materialien,<br />

Methoden und Zielen stattfinden. Ihre Tipps:<br />

Teamstrukturen schaffen, Rollen reflektieren, das<br />

An<strong>der</strong>ssein klar ansprechen und erklären. Bewährt<br />

habe es sich, die Schüler mit einzubeziehen. Durch<br />

das gemeinsame Finden von Lösungen seien sie zu<br />

echten „Partnern in <strong>der</strong> Gestaltung von Unterricht“<br />

geworden. Auch <strong>der</strong> regelmäßige Kontakt mit den<br />

Eltern sei wichtig, denn: „Die Mütter und Väter von<br />

beson<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n sind Spezialisten im Umgang mit<br />

ihnen.“<br />

SAP sucht Menschen mit beson<strong>der</strong>en Fähigkeiten<br />

Eine „Win-Win-Situation“ verspricht sich auch <strong>der</strong><br />

Softwareriese SAP. Die Nachricht, <strong>der</strong> Konzern wolle<br />

bis zum Jahr 2020 ein Prozent <strong>der</strong> Belegschaft mit<br />

autistischen Mitarbeitern besetzen, hatte im Frühjahr<br />

2013 für großes Aufsehen gesorgt. „Wir haben<br />

einen Nerv getroffen“, so Stefanie Lawitzke. Die Leiterin<br />

des SAP-Projektes „Autism at Work“ berichtete<br />

über jene Initiative, die bisher fünf jungen autistischen<br />

Männern eine Festanstellung beim Walldorfer<br />

Weltkonzern eingebracht hat. Dass es diesem bei <strong>der</strong><br />

Rekrutierung von Autisten insbeson<strong>der</strong>e auch um<br />

eigene Interessen geht, ist klar. „Uns interessiert als<br />

Arbeitgeber: Was kann <strong>der</strong> Mensch? Wo sind seine<br />

Talente und Fähigkeiten, und wie kann er diese in<br />

unser Unternehmen mit einbringen?“ Und gerade so<br />

autismustypische Aspekte wie Verlässlichkeit,<br />

Genauigkeit, Präzision seien gefragt, wenn es zum<br />

Beispiel darum gehe, Programm-Quellcodes nach<br />

Fehler zu durchforsten. Für Lawitzke ist das Projekt<br />

mehr als nur ein Job. Sie selbst hat ein autistisches<br />

Kind und versteht die Zukunftsängste <strong>der</strong> betroffenen<br />

Eltern nur zu gut. „Als Mutter macht man sich<br />

Sorgen: Was passiert denn nach <strong>der</strong> Schule?“ Und so<br />

habe die SAP-Initiative auch ein Zeichen gesetzt, das<br />

hoffentlich auch in an<strong>der</strong>en Unternehmen Nachahmer<br />

finde: „Wir haben damit ganz viel Hoffnung in<br />

die Familien und Verbände getragen.“<br />

Bildung<br />

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