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Anstifter 1, 2014 der Stiftung Liebenau

Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

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<strong>Anstifter</strong><br />

<strong>2014</strong> Ausgabe 1<br />

Infos aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Nachruf: Helmut Staiber<br />

Seite 7<br />

Gedenktag Euthanasie:<br />

Dem Vergessen entrissen<br />

Seite 8<br />

Altenhilfe<br />

10 Jahre Lebensräume in<br />

Bregenz<br />

Seite 20<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

Wer mitreden kann,<br />

gehört dazu<br />

Seite 22<br />

wir-mittendrin: Was uns<br />

wichtig ist<br />

Seite 25<br />

Gesundheit<br />

System muss inklusiv sein<br />

Seite 27<br />

Bildung<br />

Vielfalt als Chance<br />

Seite 28<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

Kin<strong>der</strong>n eine Stimme geben<br />

Seite 31<br />

Dienstleister<br />

Energiesteuerung bringt<br />

Erfolg<br />

Seite 33


Inhalt<br />

Titelfoto: Singen macht Spaß im<br />

Haus St. Elisabeth, München<br />

Foto: Felix Kästle<br />

3 Meine Meinung<br />

von Prälat Michael H. F. Brock<br />

4 Nachruf: Helmut Staiber<br />

5 kurz und knapp<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

6 Impressum<br />

35 Anzeigen<br />

36 Spot an: Susanne Walser<br />

Gesundheit<br />

8 Gedenktag für Euthanasie-Opfer<br />

10 Buchvorstellung: „Die letzten Tage“<br />

11 Ein <strong>Stiftung</strong>stag für Netzwerker<br />

12 Appetit auf die neue Kantine<br />

14 „Cure and Care“ im Quartier<br />

16 Ganzheitliche Bildung bis zum Abitur<br />

17 Fundraising: Wir sagen Danke!<br />

27 Das System muss inklusiv sein<br />

Bildung<br />

28 Vielfalt als Chance<br />

29 BBW: Die meisten haben einen Job<br />

Altenhilfe<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

Wollen Sie regelmäßig unsere<br />

Spendennachrichten lesen?<br />

Abonnieren Sie sie unter<br />

www.stiftung-liebenau.de/<br />

Spendennachrichten<br />

18 Altenhilfe-Geschäftsführer im KDA<br />

19 Essen ist Chefsache<br />

20 10 Jahre Lebensräume Bregenz<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

22 Selbstständigkeit durch Bildung<br />

23 Wer mitreden kann, gehört dazu<br />

24 Porträt: Romeo Würz plau<strong>der</strong>t gern<br />

25 „Wir schreiben, was uns wichtig ist“<br />

26 Fernes Fußball-Ziel rückt näher<br />

31 Autismus in Schule und Beruf<br />

32 Kin<strong>der</strong> trauern an<strong>der</strong>s<br />

Betriebe und Dienstleister<br />

33 Energiesteuerung bringt Erfolg<br />

34 Kommunikation leicht gemacht<br />

<strong>Anstifter</strong><br />

<strong>2014</strong> Ausgabe 1<br />

Infos aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Nachruf: Helmut Staiber<br />

Seite 7<br />

Gedenktag Euthanasie:<br />

Dem Vergessen entrissen<br />

Seite 8<br />

Altenhilfe<br />

10 Jahre Lebensräume in<br />

Bregenz<br />

Seite 20<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

Wer mitreden kann,<br />

gehört dazu<br />

Seite 22<br />

wir-mittendrin: Was uns<br />

wichtig ist<br />

Seite 25<br />

Gesundheit<br />

System muss inklusiv sein<br />

Seite 27<br />

Bildung<br />

Vielfalt als Chance<br />

Seite 28<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

Kin<strong>der</strong>n eine Stimme geben<br />

Seite 31<br />

Dienstleister<br />

Energiesteuerung bringt<br />

Erfolg<br />

Seite 33<br />

Den <strong>Anstifter</strong> finden Sie auch als e-book unter<br />

www.stiftung-liebenau.de/anstifter<br />

Auch die Tochtergesellschaften <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> informieren regelmäßig<br />

über neue Konzepte und Planungen und präsentieren Menschen hautnah.<br />

Näheres finden Sie unter:<br />

„anna live“ Deutschland: www.st.anna-hilfe.de/anna-live<br />

„anna live“ Österreich: www.st.anna-hilfe.at/anna-live<br />

„wir“: www.st.gallus-hilfe.de/wir<br />

„Auf Kurs“: www.bbw-rv.de/auf-kurs


<strong>Anstifter</strong><br />

Meine Meinung<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,<br />

Prälat Michael H. F. Brock<br />

Vorstand <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Leistung und Perfektion. Zwei Schlagworte, die unseren Alltag durchdringen. Die Anfor<strong>der</strong>ungen in Beruf und<br />

Alltag werden immer höher. Sie scheinen allesamt messbar und einfor<strong>der</strong>bar zu sein. Kataloge von Anfor<strong>der</strong>ungsprofilen<br />

stapeln sich auf Schreibtischen, Regalen und allzu häufig schon in unseren Herzen. Die Leistung<br />

als physikalische Größe bezeichnet die in einer Zeitspanne umgesetzte Energie bezogen auf diese Zeitspanne.<br />

Es scheint mir, als würde die Definition von Leistung immer mehr in menschliche Bezüge übergreifen. Leistungsentgelte<br />

im sozialen Bereich werden immer mehr nach ähnlichen Kriterien gemessen: Pflegeeinheiten<br />

werden in Zeit mal Personeneinsatz berechnet. Die Pflegeeinheit exakt – Handgriff für Handgriff – beschrieben,<br />

vollzogen, dokumentiert und bezahlt. Partnerschaften werden mehr und mehr nach dem Leistungsprinzip<br />

geführt. Du musst schön, geduldig, jung, ausgeglichen, erfolgreich und charmant sein. Und du sollst<br />

freigiebig, intelligent, schlank und vermögend sein. Klischees? Lei<strong>der</strong> immer weniger. Jedenfalls wenn ich<br />

den bunten Blättern und so vielen unsinnigen Fernsehbeiträgen glauben will. Und die finden offensichtlich<br />

ihr Publikum. So verkommen unsere Sozialleistungen fast schon „auf dem Fließband <strong>der</strong> Machbarkeiten“ und<br />

unsere Partnerschaften mit einer Plus-Minus-Liste <strong>der</strong> Eitelkeiten zu einem Wunschkonzert von vermeintlichen<br />

„Traumpartnerschaften“. Perfektion – eigentlich ein philosophischer Begriff: die Vollkommenheit o<strong>der</strong> die<br />

Vollendung von etwas, also etwas, das sich nicht weiter verbessern lässt – wird immer mehr aus <strong>der</strong> Sphäre <strong>der</strong><br />

Ästhetik in die normalen Alltagsvollzüge unserer Arbeits- und Privatwelt übernommen und löst immer mehr<br />

Druck aus als die Schönheit des Betrachters über eine gelungene Idee zu untermalen. Unter diesen Voraussetzungen<br />

bekomme ich aber den Begriff und die Bedeutung des „Lebens“ – zumindest aus christlicher Perspektive<br />

– nicht mehr hin. Wer Leistung und Perfektion zu obersten Kriterien alltäglicher Erwartungen verkommen<br />

lässt, missachtet unser Menschsein. Unser Menschsein besteht von allem Anfang an aus Gelungenem und<br />

Unzulänglichkeiten, geglückten Augenblicken und Begrenztheiten. Wir dürfen uns nicht aufs „Funktionieren“<br />

einschränken lassen. Vor allem aber bestehen wir nicht aus einer Ansammlung von abrufbaren Leistungskomponenten,<br />

die nicht zuletzt perfekt sein sollen. Bei aller Ernsthaftigkeit, dass je<strong>der</strong> seine Arbeit richtig machen<br />

möchte, und die auch nach Möglichkeit gut machen möchte, und so sehr ich in einer Partnerschaft sehr<br />

wohl auch Wünsche haben darf, plädiere ich für eine „Re-Verwirklichung“ <strong>der</strong> Menschlichkeit. Deshalb schlage<br />

ich vor, Leistungen werden erbracht, aber sie werden erbracht mit menschlich unverwechselbaren Gesten: mit<br />

einem Lächeln begleitet und in Dankbarkeit angenommen. Sie sind nie nur selbstverständlich, son<strong>der</strong>n immer<br />

auch ein Geschenk. Es gehört immer eine Portion Humor und Unfertigkeit hinzu, aber auch Achtsamkeit und<br />

Behutsamkeit. Der Faktor „Zeit“ darf nie nur „abrechenbar“ sein, son<strong>der</strong>n immer auch ein wenig Geschenk.<br />

Und Perfektion darf immer ein Ideal sein, aber nie ein Druckmittel. Wir dürfen als Menschen auch Fehler eingestehen<br />

und Verzeihung erbitten. Und vielleicht erinnern wir uns ja, dass wir als Christen gelernt haben, dass<br />

Vollkommenheit ein göttlicher und kein menschlicher Begriff ist und Vollendung allein Gottes Angelegenheit<br />

ist. Also möge sich niemand zum Gott aufschwingen wollen. Das gilt in unseren Häusern und Einrichtungen<br />

und das gilt in unseren Herzen und Partnerschaften. Aber das, was Gott uns geschenkt hat hier auf Erden,<br />

möchte ich nicht vergessen: unsere Menschlichkeit.<br />

Das meint Ihr<br />

Michael H. F. Brock<br />

Wie ist Ihre Meinung?<br />

Herr Brock freut sich auf Ihre Rückmeldung: michael.brock@stiftung-liebenau.de


Nachruf: Helmut Staiber<br />

45 Jahre seines Lebens widmete er <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>:<br />

Am 8. Februar <strong>2014</strong> starb Helmut Staiber im Alter von<br />

72 Jahren.<br />

Helmut Staiber ist tot. Erst vor wenigen Wochen<br />

hatte er sich unser ehemaliger Vorstand aus gesundheitlichen<br />

Gründen aus dem Aufsichtsrat zurückgezogen.<br />

Seiner schweren Erkrankung ist er unerwartet<br />

am 8. Februar erlegen. Wir sind traurig und unsere<br />

Gedanken sind bei seiner Familie.<br />

Die Lücke, die Helmut Staiber hinterlässt, ist groß:<br />

45 Jahre lang hat er sich unter größtem persönlichen<br />

Einsatz unermüdlich für das Wohl <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

engagiert. Er fühlte sich zutiefst mit <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

verbunden, zunächst als Verwaltungsleiter,<br />

später als stellvertreten<strong>der</strong> Vorstand und von 1992<br />

bis 2002 als Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. Nach<br />

seinem Ruhestand wirkte er bis Januar <strong>2014</strong> als Aufsichtsratsmitglied,<br />

seit 2004 als stellvertreten<strong>der</strong><br />

Vorsitzen<strong>der</strong>.<br />

Unzählige Erfolge und Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> sind aufs Engste mit Helmut Staibers<br />

ganz persönlichem Wirken verbunden. Er hat in<br />

dieser Zeit größte Verdienste für die Zukunft <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> erworben. Wach, kritisch und<br />

konstruktiv setzte er seine langjährige Erfahrung<br />

und sein Wissen für die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ein.<br />

Seinem Weitblick und seinem Mut verdanken wir<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zu einem<br />

breit aufgestellten, soliden und zukunftsfähigen<br />

christlichen Sozialunternehmen, dessen zentrale<br />

Aufgabe es ist, Menschen zu helfen.<br />

Als Person, mit seinen Ideen und seiner Arbeit<br />

wurde Helmut Staiber weit über die <strong>Stiftung</strong><br />

hinaus respektiert und anerkannt. Für seine<br />

beson<strong>der</strong>en Verdienste um Volk und Staat wurde<br />

er mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

ausgezeichnet. Für seine Verbundenheit mit <strong>der</strong><br />

katholischen Kirche und ihren Werken wurde ihm<br />

die Komturwürde des päpstlichen Silvesterordens<br />

verliehen.<br />

Der christliche Glaube war für Helmut Staiber das<br />

Fundament des Handelns. Seine menschliche<br />

Größe, seine Entschlusskraft machten ihn zu<br />

einem Menschen, <strong>der</strong> Orientierung und Halt<br />

geben konnte: seiner Familie, den Menschen, die<br />

ihn in seinem Berufsleben umgaben, und auch<br />

den vielen Menschen, für die wir da sind.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> hat Helmut Staiber außerordentlich<br />

viel zu verdanken. Wir verneigen uns<br />

vor dieser einzigartigen Lebensleistung.<br />

Aufsichtsrat, Vorstand und Mitarbeiter<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

4 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


kurz und knapp<br />

Baden-Württemberg<br />

Neuer Verband für Behin<strong>der</strong>tenhilfe<br />

Traditionsreiche Komplexeinrichtungen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe<br />

in Baden-Württemberg, darunter auch die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>,<br />

haben sich zum Jahreswechsel zu einem Verband zusammengeschlossen.<br />

Er nimmt die Interessen von schwer- und mehrfachbehin<strong>der</strong>ten<br />

Menschen sowie <strong>der</strong> Träger von Komplexeinrichtungen<br />

gegenüber <strong>der</strong> Gesellschaft, <strong>der</strong> Politik und an<strong>der</strong>en<br />

Verbänden wahr.<br />

„Die Initiative – Verband <strong>der</strong> Komplexeinrichtungen <strong>der</strong><br />

Behin<strong>der</strong>tenhilfe Baden-Württemberg“ mit Sitz in Reutlingen<br />

besteht aus zwölf baden-württembergischen Groß- und Komplexeinrichtungen:<br />

Diakonie Kork, Diakonie Stetten, Die Zieglerschen,<br />

Evangelische <strong>Stiftung</strong> Lichtenstern, Johannes-Diakonie<br />

Mosbach, Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach,<br />

LWV Einglie<strong>der</strong>ungshilfe, Mariaberg, Sonnenhof, St. Josefshaus<br />

Herten, <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, <strong>Stiftung</strong> Haus Lindenhof. In<br />

den Diensten und Einrichtungen <strong>der</strong> Verbandsmitglie<strong>der</strong> finden<br />

<strong>der</strong>zeit in Baden-Württemberg rund 10 000 Menschen mit<br />

häufig schweren und kombinierten Behin<strong>der</strong>ungen ein differenziertes<br />

und umfassendes Angebot.<br />

Der Verband ist aus dem bisherigen „Initiativkreis Komplex-<br />

einrichtungen“ hervorgegangen und verfolgt unter an<strong>der</strong>em<br />

Ziele wie die Mitwirkung an <strong>der</strong> Weiterentwicklung <strong>der</strong> Versorgungsangebote<br />

für Menschen mit geistigen und Mehrfachbehin<strong>der</strong>ungen,<br />

auch unter dem Blickwinkel <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> im Jahr 2009 von <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen. Gerade für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

stellten die Komplexstandorte ein höheres Maß an Lebensqualität<br />

sicher. Beim jetzt in Gang befindlichen Übergang in<br />

die dezentrale Hilfegestaltung müssten insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Interessen und Bedürfnisse <strong>der</strong> Betroffenen berücksichtigt<br />

werden. So werden auch in Zukunft differenzierte Angebote<br />

und gut ausgebildete Fachkräfte benötigt.<br />

Der Verband warnt davor, die bestehenden Strukturen einfach<br />

aufzugeben, ohne vorher jene dezentralen Strukturen aufzubauen,<br />

mit denen die vielfältigen Hilfebedarfe auch tatsächlich<br />

abgedeckt werden können. Der Verband for<strong>der</strong>t, die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

unter den Maßgaben <strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />

auf Bundes- und Landesebene weiterzuentwickeln.<br />

Eriskirch-Moos<br />

Die beste Woche des Jahres<br />

Bereits zum 36. Mal organisieren Mitarbeiter <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe<br />

in diesem Jahr für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung und ihre Angehörigen<br />

eine einwöchige Familienfreizeit im Gästehaus St. Theresia<br />

in Eriskirch-Moos. Für viele Urlauber ist dies die einzige gemeinsame<br />

Zeit im Jahr. Heilpädagogin Finni Fernsemer und drei weitere<br />

Mitarbeiter <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe begleiten die bis zu<br />

20 Urlaubsgäste, von denen einige auf den Rollstuhl angewiesen<br />

sind. „Diese Woche ist nicht nur für die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

wichtig, son<strong>der</strong>n auch für uns Angehörige“, sind sich die<br />

Urlauber einig. Für Sophie und Johann-Georg Weiß aus dem<br />

Schwarzwald etwa ist die Woche die einzige Möglichkeit im<br />

Jahr, Zeit mit ihrem Sohn Karl-Heinz zu verbringen. Selbst<br />

schon betagt können sie nicht mehr mit Auto o<strong>der</strong> Bahn anreisen.<br />

Sie werden inzwischen von einem Mitarbeiter <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe<br />

abgeholt. Und dies ehrenamtlich. Wichtig ist allen<br />

Angehörigen die fachliche Begleitung während des Urlaubs. Nur<br />

das hohe ehrenamtliche Engagement <strong>der</strong> Mitarbeiter sowie<br />

Spenden machen die Woche möglich.<br />

Vom 9. bis zum 16. Mai geht es wie<strong>der</strong> noch Moos.<br />

Infos unter E-Mail: finni.fernsemer@web.de<br />

Handy: 0171 7659223<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

5


kurz und knapp<br />

Varna/<strong>Liebenau</strong><br />

Chance für Bulgarien<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Verena Bentele informiert sich<br />

Zukunftsperspektiven schaffen, Integration verwirklichen,<br />

grenzüberschreitende Erfahrungen nutzen: Diese Ziele verfolgt<br />

ein vom Europäischen Sozialfonds (ESF) mitfinanziertes Projekt<br />

in Bulgarien. Dort wird unter Fe<strong>der</strong>führung des einheimischen<br />

Vereins „Zentrum für nachhaltige soziale Entwicklung“ <strong>der</strong> Aufbau<br />

von Sozialunternehmertum geför<strong>der</strong>t. Grün<strong>der</strong>geist soll<br />

geweckt, Know-how soll vermittelt werden, um vor allem für<br />

Menschen mit den verschiedensten Benachteiligungen Arbeitsplätze<br />

zu schaffen.<br />

Zusammen mit einer bulgarischen Delegation um den Theateraktivisten<br />

Ivan Mihajlov (rechts) informierte sich Projektleiter<br />

Borislav Frentschev (links) bei <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. Diese ist –<br />

koordiniert von Monika Heitmann (Mitte) – als Partner an dem<br />

Programm beteiligt.<br />

Das Projekt „Social Entrepreneurship – Initiative für die Gleichberechtigung<br />

aller gesellschaftlichen Gruppen”, für das <strong>der</strong> ESF<br />

und die bulgarische Regierung zusammen rund 93.000 Euro zur<br />

Verfügung stellen, umfasst neben dem internationalen Erfahrungsaustausch,<br />

dem Aufbau eines sozialen Netzwerkes und<br />

einem Fachkräfteseminar auch die Produktion eines Films sowie<br />

eines Handbuches zur Gründung, Motivation und Leitung von<br />

Sozialunternehmen.<br />

Termine<br />

10. April <strong>2014</strong><br />

Enthüllung Gedenktafel „DENKorte“<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

16. April <strong>2014</strong><br />

Lesung „Die letzten Tage“<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Verena Bentele, seit Mitte Januar Beauftragte <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

für die Belange behin<strong>der</strong>ter Menschen, informierte sich in<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> über die Bedürfnisse und Wünsche von<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. Bei Bewohnern und Werkstatt-<br />

Beschäftigten erkundigte sich Bentele nach <strong>der</strong>en Lebens- und<br />

Arbeitssituation. Als Sportlerin – die Biathletin hat mehrere<br />

Goldmedaillen bei den Paralympics und Weltmeisterschaften<br />

gewonnen – sei sie ergebnisorientiert, sagte Verena Bentele und<br />

fragte nach konkreten Ansatzpunkten für eine Verbesserung <strong>der</strong><br />

Lebensbedingungen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. Beson<strong>der</strong>s<br />

wichtig sei die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem ersten<br />

Arbeitsmarkt, so Jörg Munk, Geschäftsführer <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe,<br />

und bat Bentele um Unterstützung bei <strong>der</strong> Kontaktaufnahme<br />

mit Wirtschaftsunternehmen.<br />

Ravensburg<br />

Neue Infoseite für Jugendliche<br />

Was tun nach <strong>der</strong> Schule?<br />

Welcher Job ist <strong>der</strong><br />

richtige für mich? Und<br />

was bringt mir überhaupt<br />

eine Ausbildung<br />

im Berufsbildungswerk<br />

Adolf Aich (BBW)?<br />

Auf <strong>der</strong> neuen Internetseite<br />

www.ausbildung-bbw.de erfahren Jugendliche mit beson<strong>der</strong>em<br />

Teilhabebedarf und ihre Angehörigen übersichtlich und<br />

verständlich alles über eine Berufsvorbereitung o<strong>der</strong> Ausbildung<br />

im BBW und erhalten nützliche Tipps zur Berufswahl.<br />

www.ausbildung-bbw.de<br />

6 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


<strong>Liebenau</strong><br />

Neuer Leiter für den Laden des <strong>Liebenau</strong>er<br />

Landlebens<br />

Zum 1. Januar hat Wolfgang Bausch die Leitung des <strong>Liebenau</strong>er<br />

Landlebens an Karl Herzog übergeben. Wolfgang Bausch widmet<br />

sich nach zwölf Jahren im <strong>Liebenau</strong>er Landleben neuen Aufgaben<br />

im familiären Unternehmensverbund. Der Nachfolger Karl<br />

Herzog kennt das <strong>Liebenau</strong>er Landleben und die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

bestens: bereits seine beiden Ausbildungen zum Forst- und<br />

Landwirt hat er dort absolviert. Zuletzt war er Leiter des Berufsbildungsbereiches<br />

<strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten. „Das <strong>Liebenau</strong>er<br />

Landleben ist auf einem guten Weg, das Konzept<br />

stimmt“, sagt Karl Herzog. Der von Wolfgang Bausch maßgeblich<br />

mitinitiierte Weg, würde fortgesetzt.<br />

„Auch in diesem Jahr gibt es wie<strong>der</strong> diverse Veranstaltungen<br />

wie Cook & Swing, Wine & Roses o<strong>der</strong> die Gartentrödelei, die wir<br />

gemeinsam im Team realisieren!“<br />

Impressum<br />

<strong>Anstifter</strong><br />

Auflage: 6 500<br />

Herausgeber: <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Redaktion: Helga Raible (verantwortlich),<br />

Anne Oschwald, Susanne Droste-Gräff<br />

<strong>Liebenau</strong> Teamwork<br />

Kommunikation GmbH<br />

Siggenweilerstraße 11<br />

88074 Meckenbeuren<br />

Tel.: 07542 10-1181<br />

E-Mail: vera.ruppert@stiftung-liebenau.de<br />

Druck: Bodensee-Medienzentrum, Tettnang<br />

An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:<br />

Prof. Gabriela Antener, Elke Benicke, Alexandra<br />

Freund-Gobs, Christof Klaus, Lioba Scheidel,<br />

Claudia Wörner<br />

Spendenkonto: <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Sparkasse Bodensee<br />

BLZ 690 500 01, Kt. 20 994 471<br />

Weitere Informationen finden Sie unter:<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

www.stiftung-liebenau.de<br />

www.christliche-hospizstiftung.de<br />

www.zustifterrente.de<br />

www.ausbildung-stiftung-liebenau.de<br />

Bildung<br />

www.ausbildung-bbw.de<br />

www.bbw-rv.de<br />

www.bbw-produkte.de<br />

www.cafe-miteinan<strong>der</strong>.de<br />

www.fortbilden-entwickeln.de<br />

Dienstleister und <strong>Stiftung</strong>sbetriebe<br />

www.lise-gmbh.de<br />

www.kochwerk-rv.de<br />

www.kurhaus-badwurzach.de<br />

www.lbu-gmbh.com<br />

www.lbu.ag<br />

Altenhilfe<br />

www.st.anna-hilfe.at<br />

www.altenhilfe-liebenau.de<br />

www.pflegeheim-helios.ch<br />

www.dorfplatz-sg.ch<br />

www.gaestehaus-st-anna.at<br />

www.casa.or.at<br />

www.max-gutknecht-schule.de<br />

www.raz-ulm.de<br />

www.ifsb.rv.schule-bw.de<br />

Hilfe für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />

www.netzwerkfamilie.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospiz-nikolaus.de<br />

www.ligas-gmbh.de<br />

www.liebenauer-landleben.de<br />

www.liebenauer-brennholz.de<br />

www.teamwork-kommunikation.de<br />

Sonstige Tätigkeiten<br />

www.schloss-badwurzach.de<br />

www.stiftung-helios.ch<br />

WWW<br />

Hilfe für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

www.st.gallus-hilfe.de<br />

www.christliches-sozialwerk-ggmbh.de<br />

www.don-bosco-schulen.de<br />

www.kin<strong>der</strong>nachsorge-rv.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-ravensburg.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-bodensee.de<br />

www.wellcome-online.de<br />

www.geschwisterzeit.de<br />

Gesundheit<br />

www.st.lukas-klinik.de<br />

www.kjp-bernsteinstrasse.de<br />

www.bulgarisch-deutsches-sozialwerk.de<br />

www.bruesseler-kreis.de<br />

www.netzwerk-song.de<br />

www.stiftung-heilig-geist.de<br />

www.bürgerbürokontakt3.de<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

7


Dr. Markus Nachbaur (links) und<br />

Dr. Berthold Broll (rechts) im<br />

Gespräch mit Diakon Josef H.<br />

Friedel. Der Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> schätzt die Gründlichkeit<br />

und Tiefe <strong>der</strong> Dokumentation<br />

über die <strong>Liebenau</strong>er Opfer <strong>der</strong><br />

Euthanasie. Foto: Scheidel<br />

Noch immer sind Schicksale ungeklärt<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> gedenkt <strong>der</strong> Euthanasie-Opfer<br />

das Kriegsgeschehen und ihre Erfahrungen mit <strong>der</strong><br />

Euthanasieaktion. Was sie berichteten wurde von<br />

den ehemaligen Schwestern des Klosters Reute<br />

bestätigt o<strong>der</strong> korrigiert. Die ersten Transportbusse<br />

kamen am 1. Juli 1940 nach <strong>Liebenau</strong>. Anfangs war<br />

es noch ein Vertuschen, ein beschönigendes Verlegen<br />

in eine an<strong>der</strong>e Anstalt. Aber bald war den Heimbewohnern<br />

und den Mitarbeitern klar, dass es kein<br />

Wie<strong>der</strong>sehen geben wird. „Wer steht heute auf <strong>der</strong><br />

Liste, wer morgen?“ Die Angst lastete auf den<br />

Bewohnern, auf den Schwestern, Pflegern und Vervon<br />

Lioba Scheidel<br />

LIEBENAU – Am Holocaust-Gedenktag <strong>2014</strong> erinnerte die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> an ihre Opfer <strong>der</strong> Euthanasie. Diakon Josef H. Friedel vom<br />

Kulturkreis Meckenbeuren (Abteilung Heimatgeschichte) dokumentierte<br />

die Schicksale <strong>der</strong> ermordeten <strong>Liebenau</strong>er Bewohner. In seinem Vortrag<br />

„Dem Vergessen entrissen“ berichtete er aus seinen Recherchen.<br />

Diakon Josef H. Friedel war von 1974 bis 2002 als<br />

Heimleiter beschäftigt und im Pastoralen Dienst <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> tätig. In Gesprächsrunden erinnerten<br />

sich <strong>Liebenau</strong>er Bewohner und Zeitzeugen an<br />

1970<br />

Sommer 2004<br />

September 2008<br />

Juli 2010<br />

Gedenkstein mit den Namen<br />

„Gegen das Vergessen“ – eine<br />

Herausgabe <strong>der</strong> Publikation<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> setzt<br />

<strong>der</strong> Ermordeten aus <strong>Liebenau</strong><br />

Ausstellung zu den Verbre-<br />

„Gegen das Vergessen“, eine<br />

einen Stolperstein gegen das<br />

in <strong>der</strong> Kirche St. Maria in<br />

chen <strong>der</strong> Euthanasie, die von<br />

Einord-nung in die histo-<br />

Vergessen.<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

<strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe (<strong>Stiftung</strong><br />

rischen Zusammenhänge von<br />

<strong>Liebenau</strong>) und <strong>der</strong> Gedenk-<br />

Josef H. Friedel.<br />

stätte Grafeneck konzipiert<br />

und im Schloss <strong>Liebenau</strong><br />

gezeigt wurde.<br />

8 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Deportiert – ermordet – verbrannt – verschickt – begraben<br />

„Nutzlos ist ein Würmlein nicht, denn <strong>der</strong> Herr hat es erdacht. Wenn es<br />

auch im Staube kriecht, es lobt ihn und seine Macht. So hat jedes Menschenherz<br />

seine Aufgab zu erfüllen. Immer vor - und höherwärts führet<br />

uns des Höchsten Willen. Deshalb stell auch ich mich ein, in das Rä<strong>der</strong>werk<br />

<strong>der</strong> Welt. Ist mein Schaffen noch so klein, Gott es nicht entbehrlich<br />

hält.“<br />

Wilhelm Klingenstein, ehemaliger Bewohner,<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ermordung knapp entgangen ist. Foto: privat<br />

Geliebt – Brief an <strong>Liebenau</strong><br />

antwortlichen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. 512 Menschen<br />

aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> wurden deportiert. Den<br />

NS-Behörden genügten die Diagnosen Epilepsie,<br />

Down-Syndrom, Taubheit, Taubstummheit. Mitarbeiterin<br />

Susanne Droste-Gräff zitiert zu Beginn <strong>der</strong> Veranstaltung<br />

kommentarlos aus zeitgeschichtlichen<br />

Dokumenten. Eine nachdenkliche Schwere legt sich<br />

auf die Zuhörer. Wie ein kalter Schauer rücken die<br />

Schicksale <strong>der</strong> Euthanasieopfer in unmittelbare Nähe.<br />

Spürbare Betroffenheit macht sich im Raum breit. Die<br />

Lebensgeschichten <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Zeitzeugen ermutigten<br />

den Diakon zur Spurensuche. Die <strong>Liebenau</strong>er<br />

Deportierten wurden in Grafeneck (Baden-Württemberg)<br />

und in Hadamar (Hessen) ermordet. Die offiziellen<br />

Todesnachrichten weisen an<strong>der</strong>e Sterbeorte<br />

aus. „Dies war Teil <strong>der</strong> amtlichen Verschleierungstaktik“,<br />

erklärt Diakon Josef H. Friedel.<br />

Sterbenachrichten über die Angehörigen erreichten<br />

die <strong>Stiftung</strong> nur lückenhaft. Dies erschwerte die<br />

Recherche von Josef H. Friedel. In jahrelanger akribischer<br />

Kleinarbeit hat er die amtlichen Sterbefallmeldungen<br />

und die Elternbriefe gesammelt und<br />

Sehr geehrte Verwaltung,<br />

wir haben gehört, dass unser lieber Bru<strong>der</strong> Konrad,<br />

<strong>der</strong> seit Jahren bei Ihnen in liebevoller Pflege ist, sich nicht<br />

mehr bei Ihnen befinden soll. Wir sind deshalb sehr in Sorge<br />

um ihn. Wir möchten Sie höflichst um Auskunft ersuchen, wo<br />

sich unser lieber Bru<strong>der</strong> befindet. Briefmarke liegt bei.<br />

Um baldige Nachricht bittet hochachtungsvoll<br />

Familie H.<br />

gesichtet. In zwei Büchern hat er die Lebensdaten<br />

<strong>der</strong> 512 Opfer dokumentiert. „Er hat den Menschen<br />

ihren Namen und ihre Würde zurückgegeben“,<br />

bekräftigt Dr. Berthold Broll, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>. Bürgermeister Andreas Schmid schätzt<br />

Friedels Engagement: „Es ist wichtig, dass wir die<br />

Menschen, die von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> begleitet werden,<br />

wahrnehmen, dass wir nicht vergessen und Verantwortung<br />

übernehmen.“ Am Ende blättern Familienangehörige<br />

in den Büchern, suchen die Namen von<br />

Verwandten. Noch heute sind einzelne Schicksale<br />

ungeklärt.<br />

Gelogen – Brief aus Grafeneck<br />

Sehr geehrte Frau B.,<br />

es tut uns aufrichtig leid, Ihnen mitteilen<br />

zu müssen, dass Ihr Sohn Kaspar B. am<br />

5. August 1940 in unserer Anstalt plötzlich<br />

und unerwartet an einer Gallenblasenentzündung<br />

und einer anschließenden<br />

Bauchfellentzündung verstorben ist. Ihr<br />

Sohn wurde am 25. Juli 1940 auf ministerielle<br />

Anordnung gemäss Weisung des<br />

Reichsverteidigungskommissars in die<br />

hiesige Anstalt verlegt. Bei <strong>der</strong> schweren<br />

geistigen Erkrankung bedeutete für den<br />

Verstorbenen das Leben eine Qual. So<br />

müssen Sie seinen Tod als eine Erlösung<br />

auffassen. Da in <strong>der</strong> hiesigen Anstalt z. Zt.<br />

Seuchengefahr herrscht, ordnete die Polizeibehörde<br />

die sofortige Einäscherung des<br />

Leichnams an.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

9


Die letzten Tage Jesu sind voller Dramatik.<br />

Bis zuletzt bleibt er seinem Weg mit den<br />

Menschen treu, <strong>der</strong> von so vielen nicht<br />

verstanden wird und ihm schließlich den<br />

Tod bringt.<br />

Michael H. F. Brock beschreibt diese<br />

Ereignisse aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Freunde Jesu.<br />

Dabei spielt Maria von Magdala mit ihrer<br />

beson<strong>der</strong>en Nähe zu Jesus eine wichtige<br />

Rolle. Einfühlsam und bewegend schreibt<br />

<strong>der</strong> Autor in Anlehnung an die biblischen<br />

Erzählungen von <strong>der</strong> Botschaft Jesu,<br />

seiner Liebe und Freundschaft, seinem<br />

Ringen, seinen Tränen, seinem Weg<br />

zum Vater und von <strong>der</strong> Ahnung <strong>der</strong> Auferstehung.<br />

Die Leserinnen und Leser werden zu<br />

Zeitzeugen und entdecken so in scheinbar<br />

längst Bekanntem überraschend Neues.<br />

„Die letzten Tage“<br />

Buchvorstellung Michael H. F. Brock: Begegnungen mit Jesus<br />

www.patmos.de<br />

DIESES PRODUKT WURDE IN DEUTSCHLAND HERGESTELLT<br />

ISBN 978-3-8436-0505-2<br />

Michael H. F. Brock<br />

Die letzten Tage<br />

Michael H. F. Brock<br />

Die<br />

letzten<br />

Tage<br />

Wie würden Sie Ihr Buch beschreiben?<br />

Es ist eine Liebesgeschichte. Zuerst und vor allem<br />

eine Liebesgeschichte Gottes. Er schenkt in die<br />

Herzen eine Nähe zum Himmel, die Menschen befähigt,<br />

ihn zu spüren. Ob sie sich so nahe waren, wie<br />

ich es hier beschreibe: Maria, die aus Magdala, und<br />

er, Jesus? Ich weiß es nicht. Mir hilft es, ihm nahe<br />

zu sein. Und also schreibe ich Geschichten. Sie sind<br />

frei erfunden und viele Dialoge und Augenblicke<br />

beschreibt die Bibel nicht.<br />

Begegnungen<br />

mit Jesus<br />

brock letzten tage_bez.indd 1 14.11.13 20:33<br />

Michael H. F. Brock<br />

Die letzten Tage<br />

Patmos Verlag (<strong>2014</strong>)<br />

ISBN 978-3-8436-0505-2<br />

„Die letzten Tage“ also eine Fiktion. Woher nehmen<br />

Sie die Geschichten?<br />

Ich spüre sie in meinem Herzen. Nachfolge geschieht<br />

immer biographisch. Da wir aber keine Biographie<br />

von Jesus besitzen, helfen mir die erfundenen Bil<strong>der</strong><br />

und Begegnungen mit ihm, ihn heute neu zu verstehen.<br />

Ich habe nicht den Anspruch, alles verstanden zu<br />

haben. Und ich möchte auch nicht je<strong>der</strong> Theologie<br />

Rechenschaft geben. Ich möchte, dass beim Lesen<br />

spürbar wird, wie er gelebt, gesprochen, gedacht,<br />

gebetet, gelitten hat. Ich möchte bei ihm sein und<br />

ihm zuhören. In diesem Buch sind es oft kleine<br />

Gedanken und ich beschreibe seine letzten Tage. Ja,<br />

seine letzten Tage möchte ich ihn begleiten. Ich tue<br />

es in kleinen Augenblicken, die ich beobachtend<br />

beschreibe.<br />

Wie schaffen Sie es, „Ihrem“ Jesus nah zu sein,<br />

während Sie ihn beobachten?<br />

Maria erzählt für mich rückblickend und in seiner<br />

Nähe. Ich beschreibe diese Nähe sehr emotional, weil<br />

mich Emotion immer fesselnd am Leben hält. Die Dialoge,<br />

auch seine, sind ebenfalls frei erfunden. Und<br />

ich möchte nicht den Eindruck erwecken, ich wüsste<br />

mehr als an<strong>der</strong>e. Aber es ist für mich ein möglicher<br />

Zugang, ihm nahe zu sein wie etwa bei einer Reise<br />

nach Galiläa und Jerusalem heute. Über die Steine ist<br />

Geschichte gegangen. Aber er ist dort zu spüren.<br />

Woran haben Sie sich orientiert? Und: Was hat<br />

sie persönlich dazu bewogen das Buch so zu<br />

schreiben?<br />

Meist folge ich dem Evangelium des Lukas in diesem<br />

Buch. Verlasse es aber auch dort, wo es mein Herz<br />

mir eingibt, ihn für mich besser zu verstehen. Und<br />

darum geht es mir. Ich möchte ihn mehr und mehr<br />

verstehen. Ihn, <strong>der</strong> als Mensch unter uns gelebt hat.<br />

Er war einer von uns. Er hat geliebt und geweint,<br />

geglaubt und gezweifelt. Er war mit Gott versöhnt<br />

und gottverlassen. Er ist Menschen so unglaublich<br />

heilsam begegnet und wusste, wer sein Vater war:<br />

Gott des Himmels und <strong>der</strong> Erde.<br />

Welche Resonanz wünschen Sie sich?<br />

Wenn ich mit diesen skizzenhaften Beschreibungen,<br />

die man gerne je für sich o<strong>der</strong> als Ganzes lesen kann,<br />

Menschen das Leben Jesu, sein Sterben und, wie ich<br />

glaube, seine Auferstehung so beschreiben kann,<br />

dass Menschen wie<strong>der</strong> Freude haben, ihm zu folgen,<br />

dann war die Zeit, sie zu schreiben, wertvoll.<br />

Lesungen:<br />

27.3.<strong>2014</strong>, 20 Uhr: Tettnang-Laimnau<br />

8.4.<strong>2014</strong>, 20 Uhr: Tettnang<br />

10.4.<strong>2014</strong>, 19 Uhr: Dußlingen<br />

16.4.<strong>2014</strong>, 17 Uhr: <strong>Liebenau</strong><br />

29.4.<strong>2014</strong>, 20 Uhr: Meckenbeuren<br />

www.stiftung-liebenau.de<br />

10 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Ein Tag für Netzwerker<br />

<strong>Stiftung</strong>stag für Führungskräfte in <strong>Liebenau</strong><br />

von Susanne Droste-Gräff<br />

Schweizer Käse, Spätzle, Wein aus Südtirol und zum Nachtisch Apfelstrudel<br />

o<strong>der</strong> Baklava. So vielfältig und unterschiedlich wie diese Gerichte<br />

sind auch die Dienste, Einrichtungen und Projekte in den fünf Län<strong>der</strong>n,<br />

in denen die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> tätig ist. Zum Kennenlernen, Netzwerke<br />

Knüpfen und zum Austausch lud die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ihre Führungskräfte<br />

zum traditionellen <strong>Stiftung</strong>stag ein. Das Motto: „Wir in Europa. Projekte<br />

und Erfahrungen aus fünf Län<strong>der</strong>n“. Das Interesse war groß: Über<br />

200 Mitarbeiter kamen am 23. Oktober 2013 nach <strong>Liebenau</strong>.<br />

Ganz bewusst hatte man bei dieser Ausgabe des <strong>Stiftung</strong>stages<br />

kein fachliches Thema gewählt, son<strong>der</strong>n<br />

die geografische Verortung in den Mittelpunkt<br />

gestellt. Das Ziel: Die Gäste des <strong>Stiftung</strong>stages, allesamt<br />

Mitarbeiter im Verbund <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>,<br />

sollten im direkten Kontakt untereinan<strong>der</strong> erleben<br />

können, welches Netzwerk allein die Dienste und<br />

Einrichtungen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und ihrer Tochtergesellschaften<br />

darstellen. Ausbau ausdrücklich<br />

gewünscht.<br />

Mit einem Impulsreferat zur Vernetzung sozialer<br />

Arbeit in Europa eröffnete Daniel Kiesel, Geschäftsführer<br />

des Brüsseler Kreises, den <strong>Stiftung</strong>stag. In<br />

Vielfalt beim Markt <strong>der</strong> Regionen. Foto: Walser<br />

dem im Jahr 2000 ins Leben gerufenen Verein haben<br />

sich inzwischen 13 deutsche Sozialunternehmen<br />

konfessionsübergreifend zusammengeschlossen,<br />

darunter auch die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. Aufgaben des<br />

Vereins sind <strong>der</strong> Wissenstransfer sowie die Vertretung<br />

von gemeinsamen Interessen auf europäischer<br />

Ebene. Kiesel hob hervor, dass ein gemeinsamer Binnenmarkt<br />

auch gemeinsame Standards und Regelungen<br />

im sozialen Bereich nötig mache. Er benannte<br />

im Einzelnen die Themen, mit denen sich <strong>der</strong> Brüsseler<br />

Kreis vor allem befasse. Darunter Entwicklungen<br />

im Bereich <strong>der</strong> Vergabe- und Beihilfevorschriften,<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> Strukturfonds (ESF),<br />

Zugangsvoraussetzung für Pflegeberufe, die För<strong>der</strong>ung<br />

sozialer Innovationen sowie Europäische Gesellschaftsformen.<br />

Im Anschluss an das Referat von Kiesel hatten die<br />

Teilnehmer Gelegenheit, sich bei einem „Markt <strong>der</strong><br />

Regionen“ ausführlich über die verschiedenen Angebote<br />

des Verbundes zu informieren.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ist in den Län<strong>der</strong>n Bulgarien, Deutschland, Italien, Österreich und Schweiz tätig<br />

Landkreise in Deutschland<br />

Bundeslän<strong>der</strong>/Provinzen/Kantone/Bezirke<br />

Alb-Donau-Kreis<br />

Biberach<br />

Bodenseekreis<br />

Böblingen<br />

Konstanz<br />

Lindau<br />

München<br />

Neu-Ulm<br />

Ravensburg<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

Sigmaringen<br />

Stuttgart<br />

Südliche Pfalz<br />

Tuttlingen<br />

Ulm<br />

Zollernalb-Kreis<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Sachsen<br />

Kanton St. Gallen<br />

Trentino-Südtirol<br />

Kärnten<br />

Nie<strong>der</strong>österreich<br />

Oberösterreich<br />

Vorarlberg<br />

Varna<br />

Wien<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

11


Mitarbeiterin Julia Walzik füllt Salat in Schälchen. Foto: Benicke<br />

Die Gäste finden für ihre Pausen einladende Sitzplätze innen und außen.<br />

<strong>Liebenau</strong>er Kantine in neuem Look<br />

Erste Erfahrungen von Gästen und Mitarbeitern<br />

von Elke Benicke<br />

LIEBENAU – Viel Licht, mo<strong>der</strong>nes Design und eine ruhige Atmosphäre:<br />

„Die meisten Besucher sagten einfach nur ‚Wow!‘, als sie Ende November<br />

in die frisch sanierte Kantine kamen“, erinnert sich Kantinenleiterin<br />

Susanne Walser. Neben dem Wohlfühlambiente und einem preiswerten<br />

Essensangebot ging es dem Vorstand vor allem auch um erfahrbare Inklusion.<br />

Diese wird durch optimierte Laufwege, Bildsymbole o<strong>der</strong> Barrierefreiheit<br />

realisiert. „Wow!“ sagen daher auch viele Besucher – mit o<strong>der</strong><br />

ohne Behin<strong>der</strong>ung –, wenn sie die Kantine wie<strong>der</strong> verlassen.<br />

Noch ist nicht Mittag. Doch die Vorbereitungen für<br />

die Essensausgabe an rund 350 hungrige Mitarbeiter<br />

laufen auf Hochtouren: Melanie Hammelsbeck füllt<br />

Salate in kleine Schälchen, schöpft Suppe in an<strong>der</strong>e,<br />

Stefanie Thomann wischt die letzten Frühstückstische,<br />

während sich Carmen Schwarzbauer auf das<br />

Front-Cooking vorbereitet: Sie platziert den Wagen<br />

mit dem klein geschnittenen rohen Gemüse und den<br />

Kartoffeln neben <strong>der</strong> Kochplatte, den Fisch im Kühlschrank<br />

hinter sich. Heute wird sie vor den Augen<br />

des jeweiligen Gastes Lachs auf Gemüse in Folie grillen,<br />

auf Wunsch mit Dill- o<strong>der</strong> Dauphine-Kartoffeln<br />

servieren und mit Zitronenschaum garnieren. Sie<br />

freut sich auf die Gespräche, das Interesse an <strong>der</strong><br />

Zubereitung und ist bereit, individuelle Wünsche zu<br />

erfüllen: „Gerne mehr Dill“, „Danke, bitte das kleinere<br />

Stück“ o<strong>der</strong> „Ja, gerne extra scharf“ wird sie später<br />

hören.<br />

Jede einzelne <strong>der</strong> zehn Kantinen-Mitarbeiterinnen,<br />

zwei davon mit Behin<strong>der</strong>ung, ist konzentriert bei <strong>der</strong><br />

Sache, weiß, was zu tun ist. „Über das vergangene<br />

halbe Jahr sind wir als Team zusammengewachsen“,<br />

sagt Susanne Walser, „für jedes Ding haben wir<br />

gemeinsam einen Platz gefunden, haben diskutiert,<br />

ob <strong>der</strong> Suppenschöpfer besser bei den Schüsseln o<strong>der</strong><br />

neben <strong>der</strong> Suppe liegt. Außerdem haben wir die Abläufe<br />

eigenverantwortlicher gestaltet, was die Arbeit<br />

für alle vielseitiger macht.“ Plötzlich springt sie auf<br />

und geht zur Kasse. Eine Besucherin mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

möchte ihren Kaffee und ihren Schokoriegel<br />

bezahlen. „Sie können die Schokolade nicht kaufen.<br />

Das Geld reicht nicht“, sagt Susanne Walser freundlich<br />

und zeigt auf die Kaffeemaschine und auf das<br />

Regal mit den Süßigkeiten. An beiden Orten ist <strong>der</strong><br />

Preis jeweils auch in Münzen abgebildet. Die Frau<br />

schaut zur Kaffeemaschine und zum Regal, dann in<br />

ihre Hand. Langsam nickend legt sie den Schokoriegel<br />

zurück. „Unsere Waren und Preise sind immer<br />

auch in Bil<strong>der</strong>n dargestellt, so dass Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung besser zurechtkommen“, erklärt die<br />

Kantinenleiterin. Trotzdem bleibe ein gewisser „Assistenzfaktor“,<br />

auf den alle Kantinen-Mitarbeiterinnen<br />

eingestellt sind. „Auch Besucher helfen und erklären<br />

immer mal wie<strong>der</strong> was. Das soziale Bewusstsein<br />

wächst.“<br />

„Inklusion soll erfahrbar werden“, formulierte <strong>der</strong><br />

Vorstand und setzte dieses Ziel schon während <strong>der</strong><br />

Planungs- und Sanierungsphase um: So waren an<br />

den handwerklichen Bauarbeiten rund 80 Prozent<br />

<strong>der</strong> WfbM-Mitarbeiter <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> beteiligt.<br />

12 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


In <strong>der</strong> neuen Kantine gibt es verschiedene Essensangebote<br />

von freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeiterinnen.<br />

Fotos: Baumbusch<br />

Frank Moscherosch, Geschäftsführer <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Service GmbH, Carmen Martin, Bereichsleitung Produktion,<br />

und Susanne Walser haben auch bei <strong>der</strong><br />

Auswahl <strong>der</strong> Kaffeemaschine und an<strong>der</strong>er Ausstattungsgegenstände<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung mit<br />

eingebunden, sie die unterschiedlichen Modelle testen<br />

lassen. Und alle WfbM-Mitarbeiter wurden bereits<br />

vor <strong>der</strong> Eröffnung gruppenweise in die Kantine eingeladen,<br />

wo ihnen die Kantinen-Mitarbeiterinnen in<br />

aller Ruhe erklärten, wie was funktioniert. „Ich bin<br />

begeistert von dieser Art <strong>der</strong> Umsetzung“, sagt Vorstand<br />

Dr. Markus Nachbaur. „Es ist ein großer Unterschied,<br />

ob man etwas nur für jemanden o<strong>der</strong> mit<br />

jemandem baut. Nicht nur interne, auch externe<br />

Besucher sind eingeladen, sich vom Essen und dem<br />

Konzept unserer neuen Kantine überzeugen zu<br />

lassen.“Gegen halb zwölf Uhr füllt sich die Kantine<br />

sichtbar, während <strong>der</strong> Geräuschpegel erstaunlich<br />

niedrig bleibt. „Dafür sorgen <strong>der</strong> Parkettfußboden,<br />

die schalldämmende Decke, die lärmschluckenden<br />

Bildpaneelen und die Stofflampen“, erklärt Susanne<br />

Walser. Für mehr Ruhe sorgen außerdem die neuen<br />

Laufwege, die den Besucher nach wie vor führen, wo<br />

jetzt aber auch überholt werden darf: Wer Menü 2,<br />

das vegetarische Angebot, möchte, kann an <strong>der</strong><br />

Schlange von Menü 1 vorbeigehen und sich direkt<br />

dort anstellen. Susanne Walser verabschiedet sich.<br />

Jetzt in <strong>der</strong> „heißen“ Phase <strong>der</strong> Essensausgabe sorgt<br />

sie dafür, dass alles reibungslos klappt, delegiert und<br />

hilft aus, wo es einen Engpass gibt. Und während<br />

sich die Gäste des Front-Cooking noch gegrillten<br />

Lachs an Dill- o<strong>der</strong> Dauphine-Kartoffeln schmecken<br />

lassen, haben sie bereits den Speiseplan für die kommende<br />

Woche in ihrem digitalen Postfach.<br />

Die Kantine ist neu<br />

Seit November 2013 ist die Kantine<br />

von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> neu.<br />

Sie ist hell und mo<strong>der</strong>n.<br />

Viele essen in <strong>der</strong> Kantine.<br />

Zum Beispiel<br />

- Mitarbeiter<br />

- Bewohner<br />

- Gäste von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

- Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

- Menschen ohne Behin<strong>der</strong>ung.<br />

Viele Besucher finden die Kantine toll.<br />

Mitarbeiter in <strong>der</strong> Kantine<br />

helfen den Gästen gerne.<br />

Bil<strong>der</strong> und Farben helfen beim Lesen.<br />

Für Rollstühle gibt es breite Wege<br />

und beson<strong>der</strong>e Plätze.<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung und<br />

Menschen ohne Behin<strong>der</strong>ung<br />

haben die Kantine gebaut.<br />

Alle haben zusammen entschieden,<br />

wie die Kantine aussieht.<br />

Die Chefs von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

freuen sich über die schöne Kantine.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

13


„Cure and Care“ im Quartier<br />

Neue Impulse für die überfällige Pflegereform<br />

von Helga Raible<br />

Die Herausfor<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Altenpflege sind längst bekannt: Die Versorgungslücke<br />

wächst, die Chancen <strong>der</strong> demografischen Entwicklung<br />

liegen brach, Mittel werden ineffizient eingesetzt. Auf eine Reform <strong>der</strong><br />

Pflegepolitik haben Verbände und Betroffene aber bisher vergebens<br />

gehofft. Nun liegen große Hoffnungen auf <strong>der</strong> neuen Bundesregierung.<br />

Wie <strong>der</strong> pflegepolitische Reformstau aufzulösen ist, erläutern vier große<br />

sozialpolitische Reform-Motoren – das Kuratorium Deutsche Altershilfe,<br />

die AGP Sozialforschung Freiburg, die Bertelsmann <strong>Stiftung</strong> und das Netzwerk:<br />

Soziales neu gestalten (SONG) – in einem gemeinsamen Positionspapier.<br />

Die notwendige Strukturreform muss sich an den<br />

Menschen und ihrem Bedarf orientieren, regional<br />

und ressourcenschonend ausgestaltet werden, so die<br />

Experten. Ein Meilenstein wäre die – schon lange<br />

gefor<strong>der</strong>te – zügige Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs.<br />

Einen Vorschlag dafür hat <strong>der</strong><br />

Expertenrat <strong>der</strong> Bundesregierung längst vorgelegt.<br />

Seine wesentliche Neuerung: Menschen mit Demenz<br />

sollten besser berücksichtigt, ihre Pflege und Betreuung<br />

gesetzlich verankert werden.<br />

Unter dem Stichwort „Cure and Care“ sollen die<br />

bestehenden Leistungssysteme nach dem Vorschlag<br />

des Positionspapiers neu geordnet werden. Alle fachpflegerischen<br />

Leistungen einschließlich Behandlungspflege<br />

und <strong>der</strong> Rehabilitation sollen nach Vorstellung<br />

<strong>der</strong> Experten bei <strong>der</strong> Krankenversicherung<br />

gebündelt werden („Cure“). Alle weiteren Leistungen<br />

zur Alltagsbewältigung (haushalts- und personenbezogenen<br />

Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung, Hilfe<br />

zur Pflege, Einglie<strong>der</strong>ungshilfe) sollen Teilhabe im<br />

umfassenden Sinne ermöglichen („Care“), eventuell<br />

in Verbindung mit einem neuen Bundesleistungsgesetz<br />

zur Teilhabe. Der Vorteil einer solchen Neuorientierung:<br />

Prävention und Rehabilitation bekommen<br />

einen höheren Stellenwert in <strong>der</strong> Krankenversicherung;<br />

so könnte Pflegebedürftigkeit im Vorfeld verhin<strong>der</strong>t<br />

o<strong>der</strong> hinausgezögert werden.<br />

Um sicherzustellen, dass die „Care“-Leistungen dem<br />

individuellen Bedarf angepasst werden können, sollen<br />

diese in Form von Sachleistungsbudgets gewährt<br />

werden. Somit lassen sich für jeden pflegebedürftigen<br />

Menschen unabhängig von seiner Wohnform<br />

(im eigenen Haushalt o<strong>der</strong> im Pflegeheim) und unabhängig<br />

von leistungsrechtlichen Zuordnungen die<br />

individuell nötigen Pflege- und Unterstützungsarrangements<br />

organisieren.<br />

Die vierte wesentliche Än<strong>der</strong>ung sehen die Experten<br />

in einer Stärkung lokaler Verantwortungsgemeinschaften:<br />

Nur mit Hilfe lokaler Unterstützungsnetzwerke,<br />

mit einem Hilfemix aus professioneller, familiärer<br />

und bürgerschaftlicher Verantwortung lässt<br />

sich die drohende Versorgungslücke bewältigen. Solche<br />

Netzwerke lassen sich jedoch nicht zentral planen<br />

und steuern. Um Pflege vor Ort zu organisieren,<br />

muss die Rolle <strong>der</strong> Kommunen gestärkt werden:<br />

durch zusätzliche Mittelzuweisungen (im Rahmen<br />

des Finanzausgleichs) und grundlegende Planungsrechte.<br />

Über Gewährleistungsverpflichtungen und<br />

Anreizsysteme sollen Quartiersmanagement und<br />

ambulante Versorgung beför<strong>der</strong>t werden.<br />

Das vollständige Positionspapier finden Sie unter<br />

Schriften <strong>der</strong> Stabsstelle Sozialpolitik<br />

www.stiftung-liebenau.de/sozialpolitik<br />

14 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Nachgefragt<br />

Ulrich Kuhn, Leiter <strong>der</strong> Stabsstelle<br />

Sozialpolitik <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> und Geschäftsführer<br />

Netzwerk: Soziales neu<br />

gestalten (SONG).<br />

Foto: Kästle<br />

Herr Kuhn, als Leiter<br />

<strong>der</strong> Stabsstelle Sozialpolitik<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und Geschäftsführer<br />

des Netzwerk: Soziales neu gestalten (SONG)<br />

waren Sie maßgeblich beteiligt an dem gemeinsamen<br />

Positionspapier zur Pflege. Was ist das<br />

Neue an diesem Papier?<br />

Es ist bemerkenswert, dass hier vier wichtige Institutionen<br />

gemeinsam eine grundlegende Strukturreform,<br />

ja einen Paradigmenwechsel in <strong>der</strong> Pflegepolitik<br />

for<strong>der</strong>n. Sie sind <strong>der</strong> Überzeugung: Nur mehr Geld<br />

in das bestehende System zu geben, wird die Probleme<br />

nicht nachhaltig lösen. Um zu einer sozialraumorientierten<br />

Pflegepolitik zu kommen, die Prävention,<br />

Rehabilitation und Bürger-Profi-Mix-Netzwerke<br />

vor Ort ermöglicht, brauchen wir diese Reform.<br />

Die beteiligten Institutionen haben hierzu umfassende<br />

Reformkonzepte ausgearbeitet und veröffentlicht.<br />

Darauf basiert das gemeinsame Positionspapier.<br />

Wird es in dieser Legislaturperiode tatsächlich zu<br />

<strong>der</strong> erhofften Pflegereform kommen?<br />

Nochmals vier Jahre Stillstand können wir uns nicht<br />

erlauben. Ich gehe davon aus, dass die Umsetzung<br />

des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs mit den<br />

erwähnten Leistungsverbesserungen für demenzkranke<br />

Menschen kommt. Inwieweit es schon in dieser<br />

Legislaturperiode zu weitergehenden Strukturreformen<br />

kommt, bleibt abzuwarten. Die Vorschläge<br />

liegen auf dem Tisch. Die Stichworte „Sozialraumund<br />

Quartiersorientierung“ sowie „Kommunalisierung“<br />

prägen zunehmend die Fachdiskussion. Das<br />

wird auf Dauer Wirkung zeigen.<br />

Sehen Sie Anknüpfungspunkte für die hier vorgelegten<br />

For<strong>der</strong>ungen im Koalitionsvertrag?<br />

Neben <strong>der</strong> versprochenen Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs<br />

sehe ich unter an<strong>der</strong>em<br />

einen Anknüpfungspunkt darin, dass im Koalitionsvertrag<br />

eine sozialraumorientierte Pflege in<br />

Kooperation von Familien, Bürgern, Ehrenamtlichen<br />

und professionellen Diensten erwähnt wird.<br />

Darüber hinaus sollen die Schnittstellen zwischen<br />

SGB V (Krankenversicherung) und SGB XI (Pflegeversicherung)<br />

auf die konsequente Umsetzung <strong>der</strong><br />

Grundsätze ambulant vor stationär und Prävention<br />

vor Rehabilitation vor Pflege überprüft werden.<br />

Schließlich soll eine Bund-Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe<br />

klären, wie die Rolle <strong>der</strong> kommunalen Ebene bei<br />

<strong>der</strong> Pflege gestärkt und ausgebaut werden kann.<br />

Wie lange wird es dauern, bis pflegebedürftige<br />

Menschen konkret etwas von den Verän<strong>der</strong>ungen<br />

spüren werden?<br />

Der Verän<strong>der</strong>ungsprozess ist bereits im Gange.<br />

Leistungen für Demenzkranke wurden mit Blick<br />

auf den künftigen Pflegebedürftigkeitsbegriff in<br />

einem ersten Schritt durch das Pflegeneuordnungsgesetz<br />

ausgeweitet. Der Auf- und Ausbau neuer<br />

Wohn- und Versorgungsarrangements in Wohnquartieren<br />

wird durch fortschrittliche Bürger, Träger<br />

und Kommunen vorangetrieben. Bundeslän<strong>der</strong><br />

wie Nordrhein-Westfalen stützen den Prozess durch<br />

einen „Masterplan Quartier“. Für den echten<br />

Durchbruch bräuchten wir aber die Strukturreform<br />

auf Bundesebene.<br />

Woran liegt es, dass die Reform immer wie<strong>der</strong><br />

ins Stocken geraten ist?<br />

Beim sogenannten Querdenker-Treffen unseres<br />

Netzwerks SONG in Worpswede zeigte sich, dass es<br />

sich bei <strong>der</strong> Pflege für viele Politiker immer noch<br />

um ein Negativ- o<strong>der</strong> Tabu-Thema handelt. Daher<br />

steht es nicht oben auf <strong>der</strong> politischen Agenda.<br />

Außerdem gibt es festgefügte Machtstrukturen.<br />

Man streitet sich mit viel Energie um Einzelthemen,<br />

statt das große Ganze zu sehen. Wir müssen<br />

also noch deutlicher machen, was passiert wenn<br />

nichts passiert. Es geht um das künftige gesellschaftliche<br />

Zusammenleben und die Versorgung im<br />

Alter von uns allen.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

15


Ganzheitliche Bildung bis zum Abitur<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> beteiligt sich an Gymnasium in Friedrichshafen<br />

von Helga Raible<br />

LIEBENAU/FRIEDRICHSHAFEN – Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> beteiligt sich an<br />

einem neuen Katholischen Freien Sozialwissenschaftlichen Gymnasium<br />

in Friedrichshafen. Zum Schuljahr <strong>2014</strong>/2015 werden die ersten Schülerinnen<br />

und Schüler aufgenommen.<br />

Um das neue Gymnasium realisieren zu können,<br />

haben sich drei katholische Bildungsträger im<br />

Bodenseekreis zusammengeschlossen: Die Bodensee-<br />

Schule St. Martin, die Sießener Schulen mit ihrer<br />

Realschule St. Elisabeth und die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

Bisher enden die Bildungsgänge an den beiden<br />

katholischen Schulen in Friedrichshafen spätestens<br />

nach Klasse 10 mit <strong>der</strong> Mittleren Reife. Mehr als die<br />

Hälfte <strong>der</strong> Absolventen entscheidet sich nach dem<br />

10. Schuljahr für den Weg zum Abitur. Viele Eltern<br />

und Schüler bedauern den damit verbundenen Schulwechsel.<br />

„Das Sozialwissenschaftliche Gymnasium ist<br />

vor allem die konsequente Fortführung <strong>der</strong> Konzeptionen<br />

von St. Elisabeth und <strong>der</strong> Bodensee-Schule St.<br />

Martin“, sagt Sabine Schuler-Seckinger, Schulleiterin<br />

von St. Elisabeth. „Es ist geprägt von dem Bewusstsein,<br />

jungen Menschen auf dem Weg in unsere<br />

Gesellschaft wertvolle Erfahrungen über den Unterricht<br />

hinaus zu ermöglichen.“<br />

Das beson<strong>der</strong>e Bildungskonzept des neuen Gymnasiums<br />

basiert auf bewährten Elementen: Nach dem<br />

Marchtaler Plan <strong>der</strong> katholischen Schulen werden<br />

Schüler individuell geför<strong>der</strong>t und zur eigenständigen,<br />

aktiven Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

und mit ihrem Umfeld befähigt. Praktika, Projektarbeiten<br />

und Profilfächer wie Pädagogik, Psychologie,<br />

Global studies und Sozialmanagement schaffen<br />

gute Bedingungen für Persönlichkeitsentwicklung<br />

und Studierfähigkeit. „Die Jugendlichen sollen Haltungen<br />

entwickeln, die von dem Bewusstsein getragen<br />

sind, dass in <strong>der</strong> Gesellschaft je<strong>der</strong> von uns<br />

gebraucht wird und je<strong>der</strong> auch seine Aufgabe verantwortungsvoll<br />

übernehmen muss“, erläutert Gerhard<br />

Schöll, Schulleiter <strong>der</strong> Bodensee-Schule.<br />

Eine wichtige Rolle spielt das Thema Inklusion. Der<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ist es wichtig, Brücken zu bauen<br />

zwischen Schulen und <strong>der</strong> alltäglichen Lebenswelt<br />

von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. „In <strong>der</strong> Bodenseeschule<br />

ist das Miteinan<strong>der</strong> von Kin<strong>der</strong>n mit und ohne<br />

Behin<strong>der</strong>ung bereits heute Realität“, sagt Prälat<br />

Michael H. F. Brock, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

Weitere Begegnungen werden über Praktika und Orientierungstage,<br />

Patenschaften und Alltagsbegleitungen<br />

geschaffen. Brock ist sicher: „Mit dem Gymnasium<br />

in gemeinsamer Trägerschaft haben wir ideale<br />

Ausgangsbedingungen, um ausgehend vom christlichen<br />

Menschenbild beispielhaft Modelle inklusiven<br />

Lernens zu entwickeln, zu erproben und zu leben.“<br />

Gemeinsam haben sie das Katholische Freie Sozialwissenschaftliche<br />

Gymnasium in Friedrichshafen auf den Weg<br />

gebracht: (v.l.) Prälat Michael H. F. Brock (Vorstand <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>, Gerhard Schöll (Schulleiter Bodensee-Schule),<br />

Sabine Schuler-Seckinger (Schulleiterin Realschule St.<br />

Elisabeth), Christoph Sedlmeier (Projektverantwortlicher <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>), Bernd Fessler (<strong>Stiftung</strong>srat Bodensee-<br />

Schule St. Martin Schulstiftung). Foto: Raible<br />

16 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Wir sagen Danke!<br />

Hohe Spendenbereitschaft für Projekte <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

von Helga Raible<br />

Gemeinsam für schwerkranke Kin<strong>der</strong><br />

Mit 50.000 Euro aus <strong>der</strong> Weihnachtsaktion unterstützt die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> die<br />

Sozialmedizinische Nachsorge „Gemeinsam für Kin<strong>der</strong>“. Die Nachsorge im Raum Allgäu-Oberschwaben-Bodensee<br />

wurde 2008 gegründet und ist eine Kooperation <strong>der</strong><br />

Oberschwabenklinik und <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. Ein interdisziplinäres Team unter<br />

<strong>der</strong> Leitung von Krankenschwester und Case-Managerin Susanne Dietrich kümmert<br />

sich um Familien mit extrem frühgeborenen und schwerstkranken Kin<strong>der</strong>n. Bisher<br />

hat <strong>der</strong> Dienst über 200 Familien nach dem Klinikaufenthalt ins häusliche Umfeld<br />

begleitet. Knapp die Hälfte <strong>der</strong> Kosten wird von den Krankenkassen getragen, <strong>der</strong><br />

Rest muss über Spenden finanziert werden.<br />

EADS-Mitarbeiter helfen Kin<strong>der</strong>hospizdienst<br />

Mehr als 3.000 Euro haben die Mitarbeiter <strong>der</strong> EADS-Unternehmen Astrium und<br />

Cassidian dem Kin<strong>der</strong>hospizdienst Bodensee gespendet. Das Geld stammt aus dem<br />

Verkauf von Kaffee und Kuchen beim diesjährigen Familienfest <strong>der</strong> EADS. Koordinator<br />

Christoph Gräf (Mitte) von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> nahm den Spendenscheck<br />

aus den Händen <strong>der</strong> Standortleiter Jens Nielsen (Cassidian, links) und Eckard Settelmeyer<br />

(Astrium, rechts) entgegen. Die Unterstützung durch die EADS-Mitarbeiter<br />

sei höchst willkommen, betonte Gräf. Denn etwa 70 Prozent <strong>der</strong> Kosten für den<br />

Kin<strong>der</strong>hospizdienst, <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendliche mit ihren Familien zu Hause in<br />

ihrem gewohnten Umfeld begleitet, müssen aus eigenen Mitteln und Spenden<br />

finanziert werden.<br />

Ein neuer Garten für Rosenharz<br />

Einen neuen Garten für Rosenharz hat Peter Ziemer aus Tettnang möglich gemacht.<br />

Er überreichte <strong>der</strong> Grünlandgruppe <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe in Rosenharz eine großzügige<br />

Spende über 12.000 Euro. Peter Ziemer kennt die Grünlandgruppe als zuverlässige<br />

Gartenpfleger. Regelmäßig kommt Georg Nothacker-Lüdke, Fachkraft für<br />

Arbeit und Bildung, mit zwei Beschäftigten zum Rasenmähen. Der Eifer <strong>der</strong><br />

Beschäftigten hat den Ingenieur und Familienvater beeindruckt. Er entschied: „Sie<br />

sollen einen eigenen Garten haben.“<br />

Kurz vor Weihnachten überreichte er einen Spendenscheck. Zur Freude <strong>der</strong><br />

Beschäftigten besuchte er <strong>der</strong>en Adventsfeier. „Der Nachmittag bei Ihnen in<br />

Rosenharz hat mich tief beeindruckt“, so Ziemers Resümee.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

17


Impulse für innovativen Hilfemix<br />

Gerhard Schiele neues Mitglied im Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA)<br />

von Anne Oschwald<br />

LIEBENAU – Post vom Bundespräsidenten erhielt die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Ende vergangenen Jahres. Um genau zu sein, war sie an Gerhard Schiele,<br />

den Geschäftsführer <strong>der</strong> Altenhilfe Deutschland <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>,<br />

gerichtet. In dem Anschreiben steht: „Auf Vorschlag des Vorstandes<br />

berufe ich Sie zum Mitglied des Kuratoriums Deutsche Altershilfe“. Der<br />

Bundespräsident ist Schirmherr des Kuratoriums, kurz KDA. Gerhard<br />

Schiele reiht sich somit in das Gremium bestehend aus etwa 70 Fachleuten<br />

aus ganz Deutschland und den Nie<strong>der</strong>landen ein.<br />

Das KDA setzt sich seit über 50 Jahren erfolgreich<br />

dafür ein, Menschen eine hohe Lebensqualität im<br />

Alter zu sichern. Unzählige Konzepte, Projekte, aber<br />

auch die Beratung, Fortbildungen, Tagungen sowie<br />

Veröffentlichungen belegen seither den Einsatz für<br />

eine mo<strong>der</strong>ne Altenhilfe und Altenarbeit.<br />

Das interdisziplinäre, vernetzt tätige Team besteht<br />

neben Sozial-, Gesundheits- und Pflegewissenschaftlern<br />

aus Fachleuten aus den Bereichen Volkswirtschaft,<br />

Architektur, Psychologie, Sozialarbeit, Pädagogik,<br />

Sozialpädagogik, Biologie sowie Geographie.<br />

Die KDA-Angebote richten sich an haupt- und ehrenamtliche<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Entscheidungsträger<br />

und Verantwortliche in allen politischen<br />

und gesellschaftlichen Bereichen sowie auf allen<br />

Ebenen <strong>der</strong> Altenhilfe und Altenarbeit.<br />

Schiele gilt als Experte in Sachen gemeinwesen- und<br />

sozialraumorientierte Altenhilfe, die auf Selbst- und<br />

Nachbarschaftshilfe sowie ganzheitlichen Ansätzen<br />

aufbaut und Prävention zum Ziel hat. Hierfür hat er<br />

viel Erfahrung bei <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> „Lebensräume<br />

für Jung und Alt“ <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> gesammelt,<br />

Gerhard Schiele, Geschäftsführer <strong>der</strong> Altenhilfe Deutschland<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und neues Mitglied im Kuratorium<br />

Deutsche Altershilfe (KDA).<br />

die er mitentwickelt hat und in verschiedenen Quartiersprojekten<br />

fortführt.<br />

Schon vor mehr als 20 Jahren wurde in <strong>Liebenau</strong> mit<br />

<strong>der</strong> Umsetzung dieses Mehrgenerationen-Konzeptes<br />

das Zeichen <strong>der</strong> Zeit erkannt: Mit neuen Ideen wollte<br />

man <strong>der</strong> demografischen Entwicklung früh entgegentreten.<br />

Auch in Österreich wurde inzwischen dieses<br />

Konzept umgesetzt (s.S.20).<br />

Dies wird auch von an<strong>der</strong>en bestätigt. Dr. h. c. Jürgen<br />

Gohde, Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> des KDA sagt: „Die<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> hat mit dem Konzept <strong>der</strong> Lebensräume<br />

für Jung und Alt wesentliche Impulse für das<br />

Zusammenleben <strong>der</strong> Generationen und einen innovativen<br />

Hilfemix im Quartier gegeben. Viele Beiträge<br />

auch im Netzwerk SONG sind mit Gerhard Schiele<br />

verbunden. Wir freuen uns auch in Zukunft auf eine<br />

gute Zusammenarbeit.“<br />

www.altenhilfe-liebenau.de<br />

www.kda.de<br />

18 Altenhilfe


Essen wird zur Chefsache<br />

Küchenleiter <strong>der</strong> St. Anna-Hilfe Österreich definieren einheitlichen Standard<br />

von Elke Benicke<br />

STADL PAURA – Ihr gemeinsames Ziel ist Qualität auf möglichst hohem<br />

Niveau. Ende September trafen sich in Stadl Paura bei ihrer ersten<br />

Klausur 14 Küchenleiter aus den Häusern <strong>der</strong> St. Anna-Hilfe Österreich.<br />

Gemeinsam definierten sie einen Standard für die Produktion <strong>der</strong> Mahlzeiten,<br />

<strong>der</strong> vom regionalen Einkauf bis zur ansprechenden Gestaltung zu<br />

Tisch reicht.<br />

Bei <strong>der</strong> ersten Klausur <strong>der</strong> Küchenleiterinnen in Stadl Paura<br />

aktualisierten 14 Teilnehmerinnen den Standard, <strong>der</strong> für alle<br />

Küchen <strong>der</strong> St. Anna-Hilfe Österreich gilt. Foto: privat<br />

von <strong>der</strong> Heimleitung über die Küchen- und Hauswirtschaftsleitung<br />

bis hin zum Pflegeleiter sind für die<br />

Kette <strong>der</strong> Essensproduktion mitverantwortlich. „Das<br />

Essen für die rund 700 Bewohner wurde quasi zur<br />

Chefsache, denn nur so kann es funktionieren“, sagt<br />

Verwaltungsleiter Winfried Grath, <strong>der</strong> die Klausurtagung<br />

mo<strong>der</strong>ierte.<br />

Mit am Tisch: Ästhetik und Autonomie<br />

Oft sind es Kleinigkeiten, an denen es hapert. „Was<br />

nützt ein gutes Essen, das nicht schön angerichtet<br />

ist? Was nützt ein schön angerichtetes Essen, wenn<br />

<strong>der</strong> Bewohner nicht wählen kann?“, fragte eine<br />

Küchenleiterin. Einig waren sich alle, dass das Essen<br />

immer nur so gut sein kann wie das schwächste Glied<br />

in <strong>der</strong> Kette <strong>der</strong> Essensproduktion. Festgeschrieben<br />

wurde auch, dass die Qualität durch bereichsübergreifende<br />

intensive Zusammenarbeit, enge Kommunikation<br />

und Schulung <strong>der</strong> Mitarbeiter sichergestellt<br />

werden soll. Die Küchenleiter nahmen die gesamte<br />

Essensproduktion von Menüauswahl und Einkauf<br />

über Kochen und Liefern bis zum Essen am Tisch<br />

unter die Lupe. Wichtig ist ihnen dabei, die individuellen<br />

Bedürfnisse <strong>der</strong> Bewohner zu achten.<br />

„Selbstbestimmtheit und individuelle Lebensqualität<br />

sind ein hohes Gut und stehen oft in Konkurrenz zu<br />

gesundheitlichen Risiken. Dabei gilt es genau abzuwägen,<br />

wo nicht doch Autonomie vor Sicherheit<br />

gehen kann“, fasst Winfried Grath die Diskussion<br />

zusammen.<br />

„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“,<br />

lautet ein bekanntes Sprichwort. Alle Teilnehmer <strong>der</strong><br />

Küchenleiterklausur waren sich über den hohen Stellenwert<br />

des Essens für die Bewohner <strong>der</strong> St. Anna-<br />

Hilfe Österreich einig. Der neue Küchenstandard legt<br />

nun fest, dass die Kette <strong>der</strong> Essensproduktion durchgängig<br />

und auf einem gleichbleibend hohen Niveau<br />

gehalten wird. Ebenfalls formuliert sind Hygiene-<br />

Richtlinien, gesetzliche Vorschriften und Essenszeiten.<br />

Der neue Standard nimmt aber vor allem die<br />

Führungskräfte in die Pflicht. Alle Führungsebenen,<br />

Verschiedene Küchen – dasselbe Ziel<br />

Durch die Verschiedenartigkeit <strong>der</strong> Küchen <strong>der</strong><br />

St. Anna-Hilfe Österreich ergab sich ein bereichern<strong>der</strong>,<br />

multiprofessioneller Austausch. Der neue Standard<br />

gilt sowohl für die Großküchen, die täglich 500<br />

Essen produzieren, als auch für die Verteilerküchen,<br />

die Essenskomponenten kochen und aufbereiten,<br />

sowie für die Hausgemeinschaftsküchen, die das<br />

Essen bei den Bewohnern zubereiten. „Es ist gelungen,<br />

trotz <strong>der</strong> Unterschiedlichkeit gemeinsame Ziele<br />

für den Alltag zu entwickeln“, so Winfried Grath.<br />

Altenhilfe<br />

19


„Ein in Österreich einzigartiges Wohnkonzept“<br />

10 Jahre Lebensräume für Jung und Alt in Bregenz<br />

von Elke Benicke<br />

BREGENZ – Im Herbst 2003 sind die ersten Mieter in die 38 Wohnungen<br />

<strong>der</strong> Lebensräume für Jung und Alt ins Sozialzentrum Mariahilf eingezogen.<br />

Die rund 60 jüngeren und älteren Menschen – Singles, Ehepaare und<br />

Familien – leben das Prinzip <strong>der</strong> aktiven Nachbarschaftshilfe, realisieren<br />

eigene Ideen und sind stolz auf gemeinsame Aktionen. Anfang Oktober<br />

haben sie das Jubiläum mit Vertretern <strong>der</strong> Kirche, <strong>der</strong> Stadt, <strong>der</strong> Vogewosi<br />

(Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau und Siedlungsgesellschaft)<br />

und <strong>der</strong> St. Anna-Hilfe Österreich gefeiert.<br />

„Die Lebensräume für Jung und Alt, entwickelt von<br />

<strong>der</strong> deutschen <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, sind ein in Österreich<br />

immer noch einzigartiges Wohnkonzept“,<br />

begann Klaus Müller, Geschäftsführer <strong>der</strong> St. Anna-<br />

Hilfe Österreich, seine Grußworte <strong>der</strong> Jubiläumsfeier.<br />

„Wir haben eine Vision umgesetzt, die Vision des<br />

sozialen Miteinan<strong>der</strong>s. Dafür brauchte es nicht nur<br />

die Initialzündung durch die St. Anna-Hilfe, son<strong>der</strong>n<br />

auch das fortlaufende Mitwirken von Politik und<br />

Gesellschaft. Die Praxis zeigt, dass es gelingt.“ Elisabeth<br />

Mathis, Stadträtin für Seniorinnen und Senioren,<br />

betonte, dass viele <strong>der</strong> jüngeren und älteren Menschen,<br />

die vor zehn Jahren in die Lebensräume eingezogen<br />

seien, immer noch dort wohnten und sich<br />

wohl fühlten. „Das ist ein gutes Zeichen!“, sagte sie.<br />

10 Jahre sind die Lebensräume in<br />

Maria Hilf in Bregenz. Das Konzept<br />

ist in Österreich bislang einmalig.<br />

Foto: Kästle<br />

Günther Willi,<br />

Gemeinwesenarbeiter in Bregenz<br />

Ließ sich die Idee Lebensräume für Jung und<br />

Alt ohne weiteres in Österreich realisieren?<br />

Günther Willi: Abgesehen von einem etwas an<strong>der</strong>en<br />

Vergabemodus, <strong>der</strong> die direkte Mitsprache <strong>der</strong><br />

Bewohner ausschließt, lässt sich das Wohnmodell<br />

in Österreich genauso verwirklichen wie in Süddeutschland.<br />

Wie haben sich die Lebensräume in Bregenz<br />

entwickelt?<br />

Günther Willi: In den letzten Jahren sind vor allem<br />

im Hinblick auf den Stadtteil Mariahilf neue Initiativen<br />

gewachsen wie zum Beispiel das Frühstück<br />

im Park, das von Besuchern aus dem Stadtteil<br />

gerne aufgesucht und von Frauen mitorganisiert<br />

wird, die nicht in den Lebensräumen wohnen. Die<br />

Bewohner <strong>der</strong> Lebensräume wie<strong>der</strong>um engagieren<br />

sich bei den verschiedenen Stadtteilmärkten<br />

wie Flohmarkt, Advent- o<strong>der</strong> Ostermärktle. Die<br />

Verknüpfung <strong>der</strong> Wohnanlage mit dem Stadtteil<br />

wird seit einem Jahr noch dadurch verstärkt, dass<br />

ich als Leiter des Stadtteilbüros Mariahilf auch<br />

Gemeinwesenarbeiter <strong>der</strong> Lebensräume bin.<br />

Wird sich das Wohnkonzept <strong>der</strong> Lebensräume in<br />

Österreich weiter verbreiten?<br />

Günther Willi: Die gesellschaftliche Entwicklung<br />

hin zu kleineren Haushalten, zu einer Verdichtung<br />

<strong>der</strong> Wohngebiete, zu einer Differenzierung <strong>der</strong><br />

Lebenswelten und zu kultureller Vielfalt macht das<br />

Zusammenleben komplizierter und konfliktbehafteter.<br />

Darauf muss das Gemeinwesen reagieren und<br />

Impulse setzen, die ein friedliches Miteinan<strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft för<strong>der</strong>n. Insofern meine ich, dass<br />

das Wohnkonzept <strong>der</strong> Lebensräume in Zukunft an<br />

Bedeutung gewinnt.<br />

20 Altenhilfe


Bildung für mehr Selbstständigkeit<br />

Spende <strong>der</strong> HypoVereinsbank ermöglicht „Lernen fürs Leben“<br />

von Helga Raible<br />

ROSENHARZ – Mit einer Spende in Höhe von 14.750,50 Euro unterstützt<br />

die HypoVereinsbank ein Bildungsprogramm <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe. Unter<br />

dem Motto „Lernen fürs Leben“ werden Kurse angeboten, die zu mehr<br />

Selbstständigkeit ermutigen.<br />

Die Spende stammt aus <strong>der</strong> Rest-Cent-Initiative <strong>der</strong><br />

HypoVereinsbank, bei <strong>der</strong> zahlreiche Mitarbeiter <strong>der</strong><br />

HypoVereinsbank und vieler Tochterunternehmen<br />

soziale Projekte in Deutschland unterstützt haben –<br />

durch die freiwillige, monatliche Spende <strong>der</strong> Cent-<br />

Beträge hinter dem Komma ihres Nettolohnes. Diese<br />

Cents wurden in einem Topf gesammelt und am Ende<br />

des Jahres von <strong>der</strong> UniCredit Foundation verdoppelt.<br />

„Wir sind sehr froh über die Unterstützung. Die Aktion<br />

zeigt, dass sich die Mitarbeiter <strong>der</strong> HypoVereinsbank<br />

ebenso wie ihr Arbeitgeber für Menschen mit<br />

Benachteiligung einsetzen“, sagt Jörg Munk,<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe. Mit <strong>der</strong> Spende<br />

kann ein Bildungsprogramm realisiert werden, für<br />

das es keine öffentliche Finanzierung gibt. In verschiedenen<br />

Kursen können Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

alles das lernen, was sie für ein selbstständiges<br />

Leben brauchen. Haushaltstätigkeiten wie Kochen,<br />

Waschen, Bügeln, aber auch Rechnen, Schreiben am<br />

PC und Umgang mit Geld. „Viele Menschen, die von<br />

<strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe betreut werden, wünschen sich,<br />

in einer eigenen Wohnung o<strong>der</strong> Wohngemeinschaft<br />

leben zu können“, berichtet Munk. „Aber sie brauchen<br />

dafür eine gute Vorbereitung.“ Die ersten Kursangebote<br />

waren sehr begehrt. Dank <strong>der</strong> Spende kann<br />

das Kursprogramm auch im nächsten Jahr fortgesetzt<br />

werden.<br />

„Wir freuen uns, dass wir die St. Gallus-Hilfe bei<br />

ihrem Einsatz für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung unterstützen<br />

können. Es ist wichtig, dass auch sie die<br />

Möglichkeit erhalten, ein selbstständiges Leben zu<br />

führen. Gerne leisten wir dazu einen Beitrag. Bedanken<br />

möchte ich mich auch bei den vielen Kolleginnen<br />

und Kollegen, ohne die ein Betrag in dieser<br />

Höhe nicht zustande gekommen wäre“, sagt Matthias<br />

Böhmer, Nie<strong>der</strong>lassungsleiter Privatkunden <strong>der</strong><br />

HypoVereinsbank Württemberg Ost, <strong>der</strong> die Spende<br />

an Jörg Munk übergab.<br />

Die Rest-Cent-Initiative ist Teil <strong>der</strong> Corporate Citizienship-Strategie<br />

<strong>der</strong> HypoVereinsbank. Sie umfasst<br />

eine Reihe von Maßnahmen, bei denen die Bank das<br />

soziale Engagement ihrer Mitarbeiter unterstützt und<br />

honoriert. Neben <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe erhalten drei<br />

weitere gemeinnützige Einrichtungen eine Spende.<br />

Groß ist die Freude über<br />

die Rest-Cent-Spende<br />

<strong>der</strong> Hypovereinsbank an<br />

die St. Gallus-Hilfe in<br />

Rosenharz.<br />

Foto: Raible<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

21


Wer mitreden kann, gehört dazu<br />

Mehr Lebensqualität und Teilhabe durch Unterstützte Kommunikation (UK)<br />

von Prof. Gabriela Antener, Elke Schätzle, Lioba Scheidel<br />

LIEBENAU – Mit an<strong>der</strong>en Menschen zu kommunizieren, ist ein großes<br />

Bedürfnis von uns allen. Kommunikation bestimmt wesentlich darüber<br />

mit, wie wir uns fühlen, welche Erfahrungen wir sammeln, wie wir unsere<br />

Persönlichkeit entwickeln und an welchen sozialen Ereignissen wir teilnehmen.<br />

Unterstützte Kommunikation (UK) zeigt, wie Kommunizieren<br />

gelingen kann, wenn anstelle <strong>der</strong> gesprochenen o<strong>der</strong> geschriebenen<br />

Sprache alternative Kommunikationsformen verwendet werden.<br />

Denn häufig liegen die Kommunikationsbarrieren<br />

nicht bei <strong>der</strong> Person mit <strong>der</strong> Beeinträchtigung, son<strong>der</strong>n<br />

in ihrer Umwelt.<br />

UK ersetzt zum einen die gesprochene Sprache, wird<br />

aber auch ergänzend zur Lautsprache eingesetzt,<br />

etwa in Form von Gebärden o<strong>der</strong> mit Hilfe von Piktogrammen.<br />

UK fungiert quasi als ein alternatives Verständigungsystem.<br />

Die Ersatzsprache hat einen reduzierten<br />

Wortschatz und einfache Regeln. Angewendet<br />

wird UK in <strong>der</strong> Regel für Menschen mit schweren<br />

mehrfachen Entwicklungs- beziehungsweise Sinnesund<br />

Wahrnehmungsbeeinträchtigungen.<br />

Viele Kin<strong>der</strong>, Jugendliche und Erwachsene mit Entwicklungsbeeinträchtigungen<br />

haben Schwierigkeiten<br />

zu sprechen o<strong>der</strong> gesprochene Sprache zu verstehen.<br />

Sie erleben, dass ihre feinen, leisen und an<strong>der</strong>sartigen<br />

Zeichen nicht o<strong>der</strong> nur von sehr wenigen<br />

Gesprächspartnern verstanden werden. Unterstützte<br />

Kommunikation (UK) kann Alternativen bieten.<br />

Gegenstand <strong>der</strong> UK ist aber auch, die sozialen Bedingungen<br />

so zu verän<strong>der</strong>n, damit Interaktionen gelingen<br />

können.<br />

Talker<br />

Ein Beispiel ist <strong>der</strong> Einsatz von so genannten Talkern,<br />

das heißt von Sprachcomputern mit Schaltknöpfen,<br />

die mit Schrift und Bild unterlegt sind.<br />

Wird ein Schaltknopf berührt, öffnet sich passend<br />

zum Thema ein Untermenü mit neuen Schaltknöpfen.<br />

Wird ein Knopf gedrückt, spricht <strong>der</strong> Computer<br />

das Wort. Ferner gibt es Talker, die mit Hilfe <strong>der</strong><br />

Augen bedient werden. Dieses Gerät ermöglicht Menschen,<br />

die sich sonst kaum mitteilen können, ihre<br />

Bedürfnisse zu äußern. Dabei werden die Augenbewegungen<br />

von einer Kamera erfasst. Über die Blickrichtung<br />

wird <strong>der</strong> Mauszeiger auf dem Bildschirm<br />

bewegt. „Hallo“ sagt <strong>der</strong> Computer o<strong>der</strong> „Nein, ich<br />

möchte lieber Saft“.<br />

Talker sind ein wichtiges Hilfsmittel im Rahmen <strong>der</strong><br />

Unterstützten Kommunikation. Wenn ein Schaltknopf<br />

gedrückt wird spricht <strong>der</strong> Computer das Wort.<br />

Foto: Scheidel<br />

22 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung


Gestützte Kommunikation<br />

Ein an<strong>der</strong>es Beispiel für UK ist die Gestützte Kommunikation<br />

(Facilitated Communication). Dabei dient<br />

ein „Stützer“ <strong>der</strong> kommunikationsbeeinträchtigten<br />

Person physisch, verbal und emotional als Stütze.<br />

Auf diese Weise gelingt es ihr, gezielt zu zeigen. Ziel<br />

ist immer, die (körperliche) Stütze auf ein Minimum<br />

zu reduzieren. Gestützte Kommunikation wird sehr<br />

kontrovers diskutiert, da eine gewisse Gefahr von<br />

Beeinflussung, Überfor<strong>der</strong>ung, Abhängigkeit und<br />

falscher Interpretation besteht. Reflexion und<br />

Begleitung sind daher grundsätzlich erfor<strong>der</strong>lich.<br />

TEACCH-Konzept<br />

Sehr gute Erfahrungen gibt es innerhalb <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe<br />

mit dem Konzept TEACCH (Treatment and<br />

Education for Autistic and related Communication<br />

handicapped Children). Das individuelle För<strong>der</strong>programm<br />

hilft beim Erlernen neuer Verhaltensweisen<br />

und ermöglicht weitere Aktivitäten. Ein wesentlicher<br />

Punkt ist dabei die Strukturierung und Visualisierung.<br />

Dies bezieht sich auf die räumliche Struktur<br />

(zum Beispiel unsichtbare Grenzen am Esstisch sichtbar<br />

machen), die zeitliche Struktur (zum Beispiel<br />

Vorhersehbarkeit schaffen durch einen Tagesplan)<br />

und Strukturierung von Aktivitäten. Dabei ist es<br />

wichtig, die Informationen zu vermitteln: Was ist zu<br />

tun? Wie viel davon? Wann ist es beendet?<br />

meine Hände an“, eine Gebärdensammlung, die 1991<br />

von Ernst Blickle in <strong>der</strong> Haslachmühle entwickelt<br />

wurde. Sie arbeitet mit Bil<strong>der</strong>n und Symbolen, die<br />

sich im Unterricht und im Alltag wi<strong>der</strong>spiegeln. Jede<br />

Woche lernen die Schüler eine neue Gebärde und<br />

erweitern ihre Möglichkeiten <strong>der</strong> Kommunikation.<br />

Die Verständigung mit den Händen hilft den Schülern<br />

zu kommunizieren, weckt die Fantasie und<br />

stärkt ihr Selbstwertgefühl.<br />

Gemeinsame Sprache<br />

UK hat immer das Ziel, die kommunikativen Bedingungen<br />

sowohl <strong>der</strong> Menschen mit schweren Beeinträchtigungen<br />

als auch ihrer Gesprächspartner zu<br />

verbessern. Gerade Menschen mit schweren und<br />

mehrfachen Entwicklungsbeeinträchtigungen erhalten<br />

durch UK die Möglichkeit, an <strong>der</strong> sozialen Welt<br />

teilzuhaben. Wichtig dabei ist, auf den individuellen<br />

Fähigkeiten und Bedürfnissen aufzubauen. Grundsätzlich<br />

kann Kommunikation nur dort gelingen, wo<br />

alle Beteiligten eine gemeinsame Sprache sprechen.<br />

UK muss gelernt, geübt und im alltäglichen Leben<br />

angewandt werden. Das kann für alle manchmal<br />

anstrengend sein. Die Mühe lohnt sich aber in jedem<br />

Fall, wenn Menschen mit Kommunikationsbeeinträchtigungen<br />

dadurch mehr Einfluss auf ihre Lebensgestaltung<br />

erhalten. Eben „mitreden“ können.<br />

Leichte Sprache<br />

Leichte Sprache ist eine beson<strong>der</strong>s leicht verständliche<br />

sprachliche Ausdrucksweise. Beson<strong>der</strong>s hilfreich<br />

ist sie für Menschen mit Lernschwierigkeiten, die aus<br />

unterschiedlichen Gründen über eine geringe Kompetenz<br />

in <strong>der</strong> deutschen Sprache verfügen. Sie dient<br />

damit auch <strong>der</strong> Barrierefreiheit. Es werden zum Beispiel<br />

nur kurze Sätze verwendet. Je<strong>der</strong> Satz enthält<br />

eine Aussage. Die Schrift ist größer. Es gibt Fremdwörter<br />

nur im Ausnahmefall. Auch Metaphern, Konjunktiv<br />

und Passivformulierung haben in Texten in<br />

Leichter Sprache nichts verloren.<br />

Gebärden<br />

Zur UK gezählt werden auch die Gebärden. Sie för<strong>der</strong>n<br />

die persönliche Ausdrucksweise, sorgen für<br />

mehr Teilhabe und für eine größtmögliche Selbstbestimmung.<br />

So lernen etwa Schüler <strong>der</strong> Don-Bosco-<br />

Schule in Hegenberg Gebärden nach „Schau doch<br />

Die St. Gallus-Hilfe verfolgt das Ziel, Unterstützte<br />

Kommunikation stärker einzusetzen,<br />

damit auch Menschen mit schweren Beeinträchtigungen<br />

an Kommunikation teilhaben<br />

können. Beim UK-Fachtag sprach Prof. Gabriela<br />

Antener von <strong>der</strong> Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

über den Hintergrund, den Rechtsanspruch<br />

auf Kommunikation durch die UN-<br />

Rechtskonvention und die Voraussetzungen<br />

für UK. Die Partizipation von Menschen mit<br />

schweren Beeinträchtigungen könne nur gelingen,<br />

wenn das Umfeld ebenso bereit dazu<br />

sei UK einzusetzen, wie die Nutzer. Kommunikation<br />

braucht immer ein Gegenüber. „Das<br />

Umfeld ist oft schwerer zu bearbeiten“, so<br />

eine ihrer Erfahrungen. Ihre gute Nachricht:<br />

„Es ist nie zu spät, mit UK zu beginnen.“<br />

www.st.gallus-hilfe.de<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

23


Der 40-jährige Romeo Würz hielt beim UK-Fachtag einen ungewöhnlichen Vortrag. Seine Freude daran kommunizieren zu können, ist im anzusehen.<br />

Fotos: Oschwald<br />

Kann nicht sprechen, aber plau<strong>der</strong>t gern<br />

Erfahrungen eines Nutzers von Unterstützter Kommunikation<br />

von Anne Oschwald<br />

LIEBENAU – Mit seinem Charme zog Romeo Würz die Zuhörer in seinen<br />

Bann: Er erzählte aus seinem Leben, berichtete über seine eigenen<br />

Erfahrungen. „Ich plau<strong>der</strong>e gerne…“, ließ er das Publikum wissen.<br />

Das Erstaunliche dabei: Der Mann im Rollstuhl kann gar nicht sprechen.<br />

Wie geht das? Sein Sprachcomputer macht für ihn Plau<strong>der</strong>n möglich. Der<br />

Einsatz dieser Unterstützten Kommunikation bedeute für ihn Lebensqualität,<br />

„sagte“ er selbst beim UK-Fachtag <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe für<br />

Mitarbeiter.<br />

„Ich bin 40 Jahre alt. Ich komme aus Münchwilen im<br />

Kanton Thurgau. Und ich bin Fan vom FC St. Gallen“,<br />

spricht eine Stimme zu den Gästen. Sie ist von<br />

Romeo Würz geliehen. Der nickt währenddessen<br />

zustimmend. Durch die Bedienung eines Kopfschalters<br />

an <strong>der</strong> Lehne seines Rollstuhls benötige er etwas<br />

mehr Zeit für die Kommunikation. Für die Zuhörer ist<br />

das zunächst ungewohnt. Geduld ist gefor<strong>der</strong>t. Der<br />

Mangel an Kommunikationsmöglichkeiten bedeutet<br />

nicht selten, ausgeschlossen zu sein. Würz machte<br />

diese Erfahrung. „In die Schule ging ich nicht gerne,<br />

weil meine Klasse sehr gut war. Der Lehrer kam<br />

immer für zwei Stunden. Da hatte ich Pause.“ Durch<br />

die Anwendung von UK – die er von <strong>der</strong> Pike auf lernen<br />

musste und immer noch lernt – ist er heute in<br />

<strong>der</strong> Lage zu telefonieren. Etwa mit seiner Familie.<br />

„Ich telefoniere gerne mal 15 Minuten“, hört man,<br />

die etwas sperrige Stimme. Würz grinst und bestätigt<br />

das Gesagte mit einem leisen Brummen. Er finde es<br />

sehr gut, wenn eine Frau über UK mitteilen kann,<br />

dass sie gerne lange Haare hätte. Und: „Die Betreuer<br />

denken, alle wollen ein Einzelzimmer und alle wollen<br />

kurze Haare. Aber das ist nicht so“, sagt Würz‘ Stimme,<br />

<strong>der</strong> dazu lacht. So wie die Besucher.<br />

Würz formuliert damit einen ganz wichtigen Punkt.<br />

Nämlich, dass UK eine höhere Selbstbestimmung<br />

ermöglicht, indem jemand, <strong>der</strong> in seiner Sprache eingeschränkt<br />

ist, an<strong>der</strong>e Möglichkeiten erhält, zu kommunizieren.<br />

Der Kommunikationspartner muss sich<br />

jedoch ebenfalls darauf einlassen. UK erfor<strong>der</strong>t mitunter<br />

mehr Zeit und mehr Genauigkeit, wie etwa<br />

einfachere, konkretere Fragestellungen.<br />

Zum Fachtag <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe kam Würz mit seinem<br />

Assistenten Reiner Gschwend nicht nur als Nutzer<br />

von UK, son<strong>der</strong>n auch als ausgebildeter UK-Referent.<br />

Die Weiterbildung hat er 2012 abgeschlossen.<br />

„Seither bin ich immer mal wie<strong>der</strong> als UK-Referent<br />

unterwegs“. Sein ganz persönliches Ziel sei es, dass<br />

UK noch bekannter wird. Und das noch mehr Menschen<br />

befähigt werden, über UK zu kommunizieren.<br />

24<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung


„Leser sollen wissen, was uns wichtig ist“<br />

Das Redaktionsteam <strong>der</strong> „wir–mittendrin“<br />

von Claudia Wörner<br />

LIEBENAU – Anfang 2013 erschien die erste Ausgabe <strong>der</strong> „wir–mittendrin“,<br />

eine Zeitschrift von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung aus <strong>der</strong> St. Gallus-<br />

Hilfe. Inzwischen hat das zehnköpfige Redaktionsteam bereits drei Ausgaben<br />

produziert. Je<strong>der</strong> bringt seine Fähigkeiten ein. Den einen macht es<br />

Spaß, Interviews zu führen und Texte zu schreiben. An<strong>der</strong>e fotografieren<br />

gerne. Alle haben gute Ideen und Themen.<br />

„Wir wollen uns mitteilen und an<strong>der</strong>e Leute erreichen,<br />

damit sie wissen, was wir tun und was für uns<br />

wichtig ist“, sagt Irmgard Weiland zu ihrer Motivation,<br />

in ihrer Freizeit bei <strong>der</strong> Zeitschrift „wir–mittendrin“<br />

mitzumachen. Der Besuch von Ex-Fußball-Nationalspielerin<br />

Steffi Jones beim Turnier in <strong>Liebenau</strong>,<br />

ein Bericht über den Fahrdienst für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> die Biografie von Samuel Koch, <strong>der</strong><br />

bei einer Wette in <strong>der</strong> Sendung von Thomas Gottschalk<br />

verunglückt ist – die Themen, für die sich<br />

Irmgard Weiland interessiert, sind sehr vielfältig.<br />

„Bis jetzt hat mir je<strong>der</strong> Artikel Spaß gemacht. Ich<br />

muss nur aufpassen, dass die Texte nicht zu lang<br />

werden“, erzählt sie lachend.<br />

Ingrun Matthauer interessiert sich sehr für die<br />

Museen in <strong>der</strong> Umgebung. Einen Bericht wert war ihr<br />

auch <strong>der</strong> Besuch eines Konzerts <strong>der</strong> Band „Pur“ in<br />

Altusried. „Ich glaube schon, dass Kultur ein Schwerpunkt<br />

von mir ist“, stellt sie nach <strong>der</strong><br />

dritten Ausgabe fest. Der Auslöser<br />

für ihre Mitarbeit war die Abi-<br />

Zeitung ihrer Schwester.<br />

„Das hat mich motiviert.“<br />

Mario Miltz braucht beim<br />

Schreiben Assistenz. Aber<br />

er hat viel zu erzählen,<br />

zum Beispiel von seinen<br />

Hasen o<strong>der</strong> über das Musizieren.<br />

Er wünscht sich ein<br />

eigenes Diktiergerät.<br />

Damit könnte er selbst festhalten, was seine<br />

Gesprächspartner sagen.<br />

Nicole Weiß fotografiert gerne. Auf ihren Fotos zur<br />

Verkehrssituation in <strong>Liebenau</strong> sieht man förmlich die<br />

Geschwindigkeit <strong>der</strong> Autos und Lkws. Für die junge<br />

Frau stehen Themen mit gesellschaftlicher o<strong>der</strong> politischer<br />

Relevanz im Mittelpunkt. Die meisten Mitglie<strong>der</strong><br />

des Redaktionsteams schreiben ihre Texte<br />

selbst. Peter Böhringer ist bislang <strong>der</strong> einzige, <strong>der</strong><br />

seine Texte mit dem Computer schreibt.<br />

Im Sommer 2012 hat das Redaktionsteam seine<br />

Arbeit aufgenommen. Zwei Ausgaben <strong>der</strong> „wir–mittendrin“<br />

sind pro Jahr geplant, etwa zwei bis drei<br />

Mal kommen alle Mitglie<strong>der</strong> zusammen, um Ideen zu<br />

sammeln und Themen zu besprechen. Unterstützung<br />

dabei erhalten sie von Redakteurin Anne Oschwald<br />

und Ruth Hofmann, pädagogischer Fachdienst <strong>der</strong><br />

St. Gallus-Hilfe.<br />

„Ich habe von Kollegen, meiner Mutter und von<br />

einer Gruppenleiterin viele positive Rückmeldungen<br />

bekommen und möchte auf jeden Fall dabei bleiben“,<br />

sagt Ingrun Matthauer. Dem können ihre Kollegen<br />

im Redaktionsteam nur zustimmen.<br />

Das Redaktionsteam <strong>der</strong> „wir-mittendrin“: „Die Leser sollen<br />

wissen, was uns wichtig ist.“ Foto: Roland Weiß, (Schwäbische<br />

Zeitung)<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

25


Fernes Ziel mit hohem Anspruch<br />

WM in Brasilien rückt in greifbare Nähe<br />

von Claudia Wörner<br />

HEGENBERG – Auf Marcus Stehle und Florian Schuhmacher von <strong>der</strong> Fußballmannschaft<br />

„Lokomotive Hegenberg“ wartet in diesem Jahr möglicherweise<br />

eine ganz beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung: Mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

fahren sie als Nationalspieler mit zur Fußballweltmeisterschaft<br />

für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung in Brasilien. Geför<strong>der</strong>t werden<br />

sie vom Deutschen Behin<strong>der</strong>tensportverband.<br />

Ihr Hobby ist Fußballspielen. Und das tun sie mit<br />

großer Leidenschaft in <strong>der</strong> Mannschaft „Lokomotive<br />

Hegenberg“. Zusammen mit ihrem Team holten sich<br />

Marcus Stehle und Florian Schuhmacher im vergangenen<br />

Jahr bei den Baden-Württembergischen Fußballhallenmeisterschaften<br />

<strong>der</strong> Special Olympics in<br />

Mosbach den Pokal und damit die Qualifikation für<br />

die Deutsche Meisterschaft in Dortmund. Dort fand<br />

sich die Mannschaft, die zuvor einen wahren Höhenflug<br />

erlebte, im hinteren Drittel wie<strong>der</strong>. Kein Wun<strong>der</strong><br />

Sie haben die WM<br />

im August <strong>2014</strong> für<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

in Brasilien<br />

fest im Blick: Florian<br />

Schuhmacher (links)<br />

und Marcus Stehle<br />

gehören zur Deutschen<br />

Fußballnationalmannschaft.<br />

Wenn alles<br />

klappt, heißt es am<br />

9. August Abflug nach<br />

Brasilien.<br />

Foto: Wörner<br />

trainieren doch fast alle an<strong>der</strong>en Kicker auf diesem<br />

Spielniveau zusätzlich in lokalen Vereinen. „Bei Marcus,<br />

Florian und einem weiteren Spieler stellte <strong>der</strong><br />

Bundestrainer <strong>der</strong> Nationalmannschaft des Deutschen<br />

Behin<strong>der</strong>tensportverbands, Jörg Dittwar, aber<br />

sehr gute Anlagen fest, und er wollte sie näher kennenlernen“,<br />

berichtet Wohngruppenmitarbeiter Marcel<br />

Wohlgemuth, <strong>der</strong> die Spieler von „Lokomotive<br />

Hegenberg“ zusammen mit dem ehrenamtlich tätigen<br />

Erwin Hecht trainiert.<br />

Es folgte ein erstes Sichtungstraining in <strong>der</strong> DFB-<br />

Sportschule Ruit bei Stuttgart mit 30 potenziellen<br />

Nationalspielern und Ende September ein weiteres in<br />

Wetzlar. „Das war ein richtig aufregendes Erlebnis“,<br />

erzählt Marcus Stehle von seinen Erfahrungen. Das<br />

Training zusammen mit Spielern aus ganz Deutschland<br />

sei anstrengen<strong>der</strong> gewesen als in Hegenberg<br />

und man hätte sich mehr konzentrieren müssen.<br />

„Aber wir waren eigentlich ein ganz gutes Team“,<br />

erzählt <strong>der</strong> 20-Jährige. „Und wir konnten auf jeden<br />

Fall was dazulernen“, ergänzt Florian Schuhmacher.<br />

Die WM-Teilnahme in Brasilien rückt für die beiden<br />

in greifbare Nähe. Verletzungen o<strong>der</strong> abfallende<br />

Spielleistung könnten noch dagegen sprechen.<br />

Marcus Stehle und Florian Schuhmacher sind natürlich<br />

überglücklich, top motiviert und haben gute<br />

Vorsätze, ihr Ziel zu erreichen. So will <strong>der</strong> 18-jährige<br />

Schuhmacher mit dem Rauchen aufhören und regelmäßig<br />

joggen. „Ich habe den Eindruck, dass beide<br />

gut mit <strong>der</strong> Situation umgehen können und immer<br />

noch mit beiden Beinen auf dem Boden sind“, so die<br />

Einschätzung von Trainer Wohlgemuth. Wenn es<br />

seine Dienstzeiten erlauben, begleitet er Schuhmacher<br />

und Stehle zu den monatlich stattfindenden<br />

dreitägigen Trainingslehrgängen. „Das ist mir sehr<br />

wichtig, immerhin trainiere ich die Jungs seit vielen<br />

Jahren, und sie haben bei mir das Kicken angefangen.“<br />

Nun wünscht sich Wohlgemuth nur noch einen<br />

ordentlichen Fußballplatz in Hegenberg. Auch sonst<br />

sei „Lokomotive Hegenberg“ nach wie vor auf Sponsoren<br />

angewiesen, damit die rund 40 Mitglie<strong>der</strong><br />

ihren Sport ausüben können.<br />

26 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung


Rund 30 Teilnehmer besuchten das Vierteljahrestreffens<br />

<strong>der</strong> LAG KJPP in Wangen.<br />

Foto: Benicke<br />

Das System muss inklusiv sein<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiater diskutieren über Versorgungssituation<br />

von Elke Benicke<br />

WANGEN – Die kin<strong>der</strong>- und jugendpsychiatrische Versorgung war Thema<br />

des Vierteljahrestreffens <strong>der</strong> Landesarbeitsgemeinschaft für Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie (LAG KJPP) im<br />

Herbst 2013. Rund 30 angehende Ärzte, Pflegekräfte und Pädagogen<br />

haben an Vorträgen und Workshops teilgenommen. Konkret ging es um<br />

die immer noch schwierige Diagnose Autismus, die Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

‚Inklusion‘ und den Irrgarten <strong>der</strong> Sozialmedizin.<br />

same Unterricht kann im besten Interesse des Kindes<br />

sein, muss aber nicht“, sagte Prändl und wies darauf<br />

hin, dass <strong>der</strong> eigentlich zentrale Begriff <strong>der</strong> Menschenrechtskonvention<br />

von 2009 „in the best interest<br />

of the child“ sei und dass <strong>der</strong> Begriff „inclusive education<br />

system“ oft nicht richtig übersetzt würde:<br />

„Das System muss inklusiv sein, nicht die einzelne<br />

Schule“, korrigierte er. Nachdem es bis vor ein paar<br />

Jahren noch darum ging, das Schulsystem auszudifferenzieren,<br />

sei heute wie<strong>der</strong> eine Pädagogik <strong>der</strong> Vielfalt<br />

gefragt.<br />

„Wir erleben jedes Jahr Patienten, die sehr offenkundig<br />

autistisch sind mit nicht gestellter Diagnose.<br />

Dagegen erleben wir bisweilen auch das Gegenteil:<br />

Dass Kin<strong>der</strong> mit einer Autismus-Spektrum-Diagnose<br />

vorgestellt werden, die sich im Verlauf nicht autistisch<br />

zeigen“, sagte Sebastian Schlaich, Chefarzt<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik<br />

im Rahmen seines Vortrags. In diesem Dilemma seien<br />

die Eltern selbst oft die besten Fachleute und auch<br />

die besten Therapeuten für ihr Kind und sollten<br />

daher bestmöglich über die Krankheit aufgeklärt<br />

sein. „Mit <strong>der</strong> Diagnose Autismus fällt oft ein großes<br />

Schuldgefühl von den Eltern ab. Aufklärung ist <strong>der</strong><br />

erste Schritt“, betonte Schlaich.<br />

„Herausfor<strong>der</strong>ung Inklusion“ war <strong>der</strong> Titel des Vortrags<br />

von Stephan Prändl. Er ist Rektor <strong>der</strong> Heinrich-<br />

Brügger-Schule in Wangen, in <strong>der</strong>en Aula das Vierteljahrestreffen<br />

stattfand und die mit 40 Son<strong>der</strong>schulpädagogen<br />

zu den größten ihrer Art in Deutschland<br />

gehört. „Die gemeinsame Beschulung, <strong>der</strong> gemein-<br />

Sozialmedizin: vorausschauend denken<br />

In einem dritten Vortrag stellte Dr. Dirk Dammann,<br />

Chefarzt <strong>der</strong> Fachkliniken Wangen, den Forschungszweig<br />

<strong>der</strong> Sozialmedizin vor: „Stellen Sie sich vor,<br />

ein Intensivmediziner geht an einem Fluss spazieren.<br />

Da schwimmt ein lebloser Körper vorbei. Selbstverständlich<br />

zieht er ihn heraus und reanimiert ihn.<br />

Gerade ist er fertig, schwimmt noch einer vorbei.<br />

Auch diesen reanimiert er, da kommt schon <strong>der</strong><br />

nächste. Nach einer Weile kommt ein Sozialmediziner<br />

des Wegs und geht flussaufwärts einfach weiter. Der<br />

Intensivmediziner fragt ihn entrüstet, ob er nicht<br />

helfen wolle. Darauf <strong>der</strong> Sozialmediziner: ‚Ich helfe<br />

doch! Ich schaue nach, wo die alle herkommen!‘“<br />

Im Zusammenhang mit den zum Teil unterschiedlichen<br />

Eigeninteressen <strong>der</strong> Rentenanstalt, Krankenkassen,<br />

Versicherungen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Agentur für Arbeit –<br />

dem Irrgarten <strong>der</strong> Sozialmedizin – seien eindeutige<br />

Diagnosen das A und O: „Wenn sich die Ämter streiten,<br />

ist das zum Nachteil für die Jugendlichen“, sagte<br />

<strong>der</strong> Chefarzt.<br />

<br />

Gesundheit<br />

27


Inklusion ist kein Sparprogramm<br />

Autismus-Fachtag im Berufsbildungswerk Adolf Aich<br />

von Christof Klaus<br />

RAVENSBURG – Junge Menschen mit einer autistischen Störung in Schule<br />

und Beruf. Mit diesem Thema befasste sich <strong>der</strong> achte Fachtag des Kompetenznetzwerkes<br />

Autismus Bodensee-Oberschwaben. Über 200 Teilnehmer<br />

aus Nah und Fern waren in das Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW)<br />

gekommen, um die Vorträge namhafter Referenten zu hören und darüber<br />

zu diskutieren.<br />

Inklusion – ein Begriff, <strong>der</strong> in aller Munde ist. Doch<br />

was bedeutet er eigentlich für die Praxis in Schule<br />

und Ausbildung? Dass es überhaupt keine Spezialeinrichtungen<br />

mehr geben darf? Doch, die seien weiterhin<br />

notwendig, denn sonst müsse man ja auch Universitäten<br />

und Spezialkliniken abschaffen. Diese<br />

Überzeugung vertritt Herbert Lüdtke, Geschäftsfüh-<br />

rer des gastgebenden Ravensburger BBW, in dem<br />

auch zahlreiche Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung<br />

auf das Berufsleben vorbereitet werden.<br />

Er wehrt sich vehement gegen das Etikett <strong>der</strong><br />

Exklusion: „Wir produzieren hier Inklusion, denn<br />

unsere Azubis gelten nach <strong>der</strong> Ausbildung und <strong>der</strong><br />

überwiegend erfolgreichen Vermittlung in den<br />

Arbeitsmarkt in den meisten Fällen als nicht mehr<br />

behin<strong>der</strong>t.“ Inklusion bezeichnete er als eine Utopie,<br />

die aber als Vision für eine Gesellschaft anzustreben<br />

sei. Dabei müsse man aber aufpassen, das im Laufe<br />

<strong>der</strong> Zeit angeeignete Know-how <strong>der</strong> Spezialeinrichtungen<br />

nicht zulasten <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen zu<br />

verlieren. Dieses Wissen in ein an<strong>der</strong>es System zu<br />

transferieren, brauche Jahre.<br />

Was bedeutet überhaupt Inklusion?<br />

Auch Roland Berner vom Paritätischen Wohlfahrtsverband<br />

Baden-Württemberg machte sich in seinem<br />

„Wissen über Autismus nützt!“ Der Schweizer<br />

Psychologe Matthias Huber sprach über die Integration<br />

autistischer Menschen in die Arbeitswelt.<br />

„Wissen über Autismus<br />

nützt!“ Dieser Überzeugung<br />

ist auch Matthias Huber.<br />

Anhand seiner eigenen Biografie<br />

schil<strong>der</strong>te <strong>der</strong> selbst<br />

von Autismus betroffene<br />

Schweizer den schwierigen<br />

Weg in den Job. Er, <strong>der</strong> sich<br />

einst geschworen hatte, „nie<br />

mit Menschen zu arbeiten“,<br />

und <strong>der</strong> nun als Psychologe<br />

an <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrischen<br />

Poliklinik <strong>der</strong><br />

KJPP Bern arbeitet. Er, <strong>der</strong><br />

anfangs ganz behutsam und<br />

tageweise an den Arbeitsalltag<br />

heran geführt wurde, sich<br />

selbst dabei aber „nie als<br />

Integrationsobjekt gefühlt“<br />

habe.<br />

Anhand von Beispielen gab Huber einen eindrucksvollen<br />

Einblick in die Welt von Autisten. Wie viele<br />

Reize im Alltag auf sie einwirken, und wie leicht es<br />

zu Missverständnissen am Arbeitsplatz kommt. Doch<br />

wie können diese vermieden werden? Indem Kollegen<br />

und Chefs etwa lernen, autismustypisches Verhalten<br />

richtig zu interpretieren: Dass die Vermeidung<br />

von Blickkontakt eben oft kein Zeichen von Unmotiviertheit<br />

sei, son<strong>der</strong>n vielmehr ein Zeichen von Konzentration<br />

und Aufmerksamkeit. O<strong>der</strong> dass es sinnvoll<br />

sein kann, einem Autisten zunächst seine räumliche<br />

Arbeitsumgebung zu zeigen und erst dann die<br />

Kollegen vorzustellen – sein Wahrnehmungsfeld also<br />

„vom Detail zum Ganzen“ zu öffnen. Als Berufsstarter<br />

bräuchten Autisten eben mehr Eingewöhnungszeit,<br />

möglicherweise ein reduziertes Arbeitspensum,<br />

feste Bezugspersonen und eine individuelle Pausengestaltung.<br />

Dann könne es – wie in seinem Falle –<br />

für alle Beteiligten zu einer „Win-Win-Situation“<br />

kommen.<br />

28 Bildung


Namhafte Referenten, spannende Themen<br />

und großes Interesse: Zahlreiche<br />

Teilnehmer kamen zur achten Auflage<br />

des Autismus-Fachtages. Fotos: Klaus<br />

Vortrag Gedanken um die Definition von Inklusion.<br />

Wo hört Exklusion auf, wo fängt Inklusion an? Ist<br />

Inklusion tatsächlich vielleicht sogar eine „Floskel<br />

ohne Inhalt“, ein „sozialpolitischer Kampfbegriff“?<br />

Für Berner geht es um die aktive Umsetzung inklusiver<br />

Werte wie Teilhabe, Gemeinschaft, Anerkennung<br />

von Vielfalt – und um aufgeschlossene Fachkräfte:<br />

„Inklusion beginnt in unseren Köpfen.“ Und sich<br />

darauf einzulassen, erfor<strong>der</strong>e „Mut und die partnerschaftliche<br />

Zusammenarbeit <strong>der</strong> Systeme.“ Als ein<br />

Beispiel nannte er die Vernetzung von Schulen im<br />

Sozialraum. Klipp und klar räumte er mit <strong>der</strong> falschen<br />

Vorstellung auf, durch Inklusion werde es billiger<br />

für die öffentlichen Kassen: „Inklusion ist kein<br />

Sparprogramm.“ Im Vor<strong>der</strong>grund stehe immer das<br />

Wohl des einzelnen Menschen. In Bezug auf Einrichtungen<br />

gelte deshalb die Maxime „sowohl als auch“ –<br />

und das schließe Son<strong>der</strong>schulen ausdrücklich mit<br />

ein. Berners For<strong>der</strong>ung: „Inklusion braucht zur Verwirklichung<br />

den Sozialraum, ein inklusives Gemeinwesen<br />

und vor allen Dingen konkrete, gelebte<br />

Praxis.“<br />

Wie diese aussehen kann, davon berichtete Barbara<br />

Edel. Sie arbeitete lange als Lehrerin in integrativen<br />

Klassen an rheinland-pfälzischen Gesamtschulen und<br />

erlebte dort die Vielfalt <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nach eigener Aussage<br />

„als Chance“. Auf dem Weg zur Inklusion gehe<br />

es darum, ein „Klima <strong>der</strong> gegenseitigen Akzeptanz“<br />

zu schaffen. Indem man etwa die Verhaltensweisen<br />

<strong>der</strong> autistischen Kin<strong>der</strong> zu verstehen lernt, ihnen<br />

geeignete Hilfsmittel zur Verfügung stellt – zum Beispiel<br />

eine Trennwand, hinter <strong>der</strong> sie sich bei Bedarf<br />

zurückziehen können – und auf die individuellen<br />

Bedürfnisse eingeht.<br />

„Gerecht sein heißt nicht, alle gleich zu behandeln“,<br />

betonte Edel. Unterricht müsse nicht für alle Schüler<br />

in <strong>der</strong> gleichen Zeit, mit den gleichen Materialien,<br />

Methoden und Zielen stattfinden. Ihre Tipps:<br />

Teamstrukturen schaffen, Rollen reflektieren, das<br />

An<strong>der</strong>ssein klar ansprechen und erklären. Bewährt<br />

habe es sich, die Schüler mit einzubeziehen. Durch<br />

das gemeinsame Finden von Lösungen seien sie zu<br />

echten „Partnern in <strong>der</strong> Gestaltung von Unterricht“<br />

geworden. Auch <strong>der</strong> regelmäßige Kontakt mit den<br />

Eltern sei wichtig, denn: „Die Mütter und Väter von<br />

beson<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n sind Spezialisten im Umgang mit<br />

ihnen.“<br />

SAP sucht Menschen mit beson<strong>der</strong>en Fähigkeiten<br />

Eine „Win-Win-Situation“ verspricht sich auch <strong>der</strong><br />

Softwareriese SAP. Die Nachricht, <strong>der</strong> Konzern wolle<br />

bis zum Jahr 2020 ein Prozent <strong>der</strong> Belegschaft mit<br />

autistischen Mitarbeitern besetzen, hatte im Frühjahr<br />

2013 für großes Aufsehen gesorgt. „Wir haben<br />

einen Nerv getroffen“, so Stefanie Lawitzke. Die Leiterin<br />

des SAP-Projektes „Autism at Work“ berichtete<br />

über jene Initiative, die bisher fünf jungen autistischen<br />

Männern eine Festanstellung beim Walldorfer<br />

Weltkonzern eingebracht hat. Dass es diesem bei <strong>der</strong><br />

Rekrutierung von Autisten insbeson<strong>der</strong>e auch um<br />

eigene Interessen geht, ist klar. „Uns interessiert als<br />

Arbeitgeber: Was kann <strong>der</strong> Mensch? Wo sind seine<br />

Talente und Fähigkeiten, und wie kann er diese in<br />

unser Unternehmen mit einbringen?“ Und gerade so<br />

autismustypische Aspekte wie Verlässlichkeit,<br />

Genauigkeit, Präzision seien gefragt, wenn es zum<br />

Beispiel darum gehe, Programm-Quellcodes nach<br />

Fehler zu durchforsten. Für Lawitzke ist das Projekt<br />

mehr als nur ein Job. Sie selbst hat ein autistisches<br />

Kind und versteht die Zukunftsängste <strong>der</strong> betroffenen<br />

Eltern nur zu gut. „Als Mutter macht man sich<br />

Sorgen: Was passiert denn nach <strong>der</strong> Schule?“ Und so<br />

habe die SAP-Initiative auch ein Zeichen gesetzt, das<br />

hoffentlich auch in an<strong>der</strong>en Unternehmen Nachahmer<br />

finde: „Wir haben damit ganz viel Hoffnung in<br />

die Familien und Verbände getragen.“<br />

Bildung<br />

29


Die meisten Absolventen haben einen Job<br />

Ausbildung im Berufsbildungswerk Adolf Aich Ravensburg<br />

von Christof Klaus<br />

RAVENSBURG – Eine Ausbildung im Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW)<br />

lohnt sich: Das zeigen auch die neuesten Vermittlungszahlen <strong>der</strong> Ravensburger<br />

Bildungseinrichtung. Vom Absolventenjahrgang 2013 haben<br />

bereits kurz nach dem Abschluss die allermeisten Azubis eine Beschäftigung<br />

gefunden. Gut 70 Prozent von ihnen stehen in Lohn und Brot o<strong>der</strong><br />

machen <strong>der</strong>zeit eine Weiterbildung. Und das trotz zum Teil erheblicher<br />

Benachteiligungen.<br />

Im vergangenen Sommer hatten sie ihre Ausbildung<br />

im BBW erfolgreich abgeschlossen und waren als<br />

frisch gebackene Fachkräfte in den Ernst des Lebens<br />

gestartet – sei es als Autofachwerker, Beiköche,<br />

Metallfeinbearbeiter o<strong>der</strong> Hauswirtschaftshelferinnen.<br />

Im Herbst 2013, wenige Monate nach <strong>der</strong><br />

Die allermeisten von Zeugnisübergabe, erkundigte sich das BBW nach <strong>der</strong><br />

ihnen haben den beruflichen Situation seiner Absolventen: Wie viele<br />

Sprung ins Arbeitsleben<br />

geschafft: die geschafft? Und was machen die an<strong>der</strong>en?<br />

von ihnen haben den Sprung auf den Arbeitsmarkt<br />

BBW-Absolventen 62 Ex-Azubis bekamen Post vom BBW, immerhin 51<br />

des Jahrgangs 2013. Fragebögen kamen zur Auswertung zurück. Das<br />

Foto: Klaus<br />

Ergebnis: 34 <strong>der</strong> befragten Absolventen gingen Ende<br />

2013 einer Beschäftigung nach. Ein Großteil davon<br />

arbeitete im erlernten Beruf, <strong>der</strong> Rest war in einem<br />

an<strong>der</strong>en Job tätig. Unter Ausblendung <strong>der</strong> nicht<br />

beantworteten Bögen ergibt das eine Vermittlungsquote<br />

von rund 67 Prozent. Zwei weitere Ex-Azubis<br />

absolvieren <strong>der</strong>zeit eine Weiterbildung. Somit sind<br />

insgesamt gut 70 Prozent <strong>der</strong> Absolventen beruflich<br />

voll auf Kurs.<br />

Für Oliver Schweizer, Leiter <strong>der</strong> Abteilung Bildungsbegleitung<br />

im BBW, sind diese Zahlen „sehr erfreulich“.<br />

Zumal viele Jugendliche darunter sind, die<br />

noch vor wenigen Jahren als überaus schwer vermittelbar<br />

galten. Die etwa von einer Autismus-Spektrum-Störung<br />

betroffen sind, die psychische Probleme<br />

haben o<strong>der</strong> einfach mit einer schwierigen Vorgeschichte<br />

seinerzeit ins BBW kamen. „Auf dem ‚normalen‘<br />

Ausbildungsmarkt hätten die allermeisten<br />

von ihnen ohnehin keine Chance gehabt“, so Schweizer.<br />

Doch mit viel Geduld, einer intensiver För<strong>der</strong>ung<br />

und Unterstützung durch Sozialpädagogen und Psychologen<br />

sowie einer betont betriebsnahen Ausbildung<br />

habe man es geschafft, die jungen Menschen<br />

mit beson<strong>der</strong>em Teilhabebedarf auf Kurs zu bringen.<br />

Nicht nur beruflich, son<strong>der</strong>n auch persönlich.<br />

Dass <strong>der</strong> überwiegende Teil von ihnen nun in <strong>der</strong><br />

Lage ist, auf dem freien Arbeitsmarkt zu bestehen,<br />

beweisen die Zahlen. Am besten untergekommen<br />

sind diesmal übrigens unter an<strong>der</strong>em die Maurer. Sie<br />

haben allesamt einen Job gefunden. Und auch die<br />

Metaller waren auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Insgesamt<br />

suchen laut Ergebnis aus allen Berufsgruppen<br />

noch 15 BBW-Absolventen eine Arbeit.<br />

Die Allermeisten aber sind schon angekommen im<br />

Berufsleben. „Dieses Ergebnis freut uns sehr“, so<br />

Oliver Schweizer. Doch lasse sich die Arbeit des BBW<br />

nicht nur an nackten Zahlen messen. Schweizer:<br />

„Unabhängig von allen Vermittlungsquoten profitieren<br />

unsere Absolventen von ihrer Zeit im BBW. Sie<br />

haben sich dort eine Vielzahl lebenspraktischer<br />

Fähigkeiten angeeignet und sind nun meist in <strong>der</strong><br />

Lage, ein selbstständiges Leben zu führen. Das ist<br />

unser Beitrag zur Inklusion.“<br />

30 Bildung


Kin<strong>der</strong>rechte-Rallye bei<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> St. Elisabeth<br />

in Ingerkingen (Wohnen<br />

+ Begleiten): Die Kin<strong>der</strong><br />

und Jugendlichen <strong>der</strong> teilnehmenden<br />

Einrichtungen<br />

erfahren dabei erste<br />

Zwischenergebnisse des<br />

Projektes von Stephanie<br />

Rundel, <strong>der</strong> Projektkoordinatorin.<br />

Foto: Simon Eitel<br />

Kin<strong>der</strong>n eine Stimme geben<br />

Träger kooperieren in Sachen Kin<strong>der</strong>rechte<br />

von Anne Oschwald<br />

HEGENBERG – <strong>2014</strong> ist in Baden-Württemberg das „Jahr <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendrechte“. Dies trifft auch das Anliegen des Kooperationsprojekts<br />

Kin<strong>der</strong>rechte: Sieben Heime für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

in Baden-Württemberg haben das Projekt ins Leben gerufen. Ziel<br />

ist, die Perspektive <strong>der</strong> jungen Bewohnerinnen und Bewohner zu erfahren:<br />

Woran machen Kin<strong>der</strong> fest, dass ihre Rechte im Heimalltag geachtet<br />

werden? Zugesichert sind sie durch die UN-Kin<strong>der</strong>rechts- und UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtscharta.<br />

„Das Entscheidende ist die Sichtweise <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendlichen. Wie sehen sie ihren Alltag im Heim?<br />

Was ist ihnen beson<strong>der</strong>s wichtig? Wo fühlen sie sich<br />

beachtet, beteiligt, geför<strong>der</strong>t und beschützt?“, so die<br />

brennendsten Fragen von Christoph Gräf, Fachbereichsleiter<br />

Kin<strong>der</strong>, Jugend und Familie <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe,<br />

<strong>der</strong> das zweijährige Kooperationsprojekt ins<br />

Leben gerufen hat. Christoph Gräf ist außerdem Sprecher<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendeinrichtungen <strong>der</strong><br />

„Arbeitsgemeinschaft Hilfen für behin<strong>der</strong>te und psychisch<br />

kranke Menschen in <strong>der</strong> Diözese Rottenburg-<br />

Stuttgart und Freiburg“ des Caritas-Verbandes (kurz:<br />

AGBEPS), die das Kooperationsprojekt gemeinsam<br />

verantwortet. „Wir müssen uns fragen: Durchdringen<br />

die UN-Kin<strong>der</strong>rechte wirklich unsere Organisationen?<br />

Wir bekommen die Verantwortung für Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendliche übertragen – doch wie betrachten sie<br />

selbst ihren Alltag? Wo und warum fühlen sie sich<br />

geachtet, beteiligt, geför<strong>der</strong>t, beschützt?“, lauten<br />

weitere Fragen, die es während <strong>der</strong> Projektphase zu<br />

untersuchen gilt.<br />

Die Antworten auf diese Fragen zu erheben, ist die<br />

Aufgabe von Projektkoordinatorin Stephanie Rundel.<br />

Inzwischen führte sie über 60 Interviews mit jungen<br />

Menschen aus den beteiligten Heimen. Zuvor hat sie<br />

in jedem Heim hospitiert, um Kin<strong>der</strong>, Jugendliche<br />

sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen zu<br />

lernen.<br />

Bei den Interviews fiel ihr beson<strong>der</strong>s auf, wie sehr<br />

sich die Kin<strong>der</strong> mit „ihrer Wohngruppe in ihrem<br />

Heim“ identifizieren. Fast alle erzählen sehr offen<br />

und bereitwillig von ihrem Alltag und was ihnen<br />

dabei beson<strong>der</strong>s wichtig ist.<br />

Das Projekt ist auf zwei Jahre bis Ende <strong>2014</strong> angelegt.<br />

Es wird geför<strong>der</strong>t von Aktion Mensch. Die<br />

Ergebnisse werden zum Projektende detailliert veröffentlicht.<br />

Projektkoordination:<br />

St. Gallus-Hilfe, Stephanie Rundel<br />

Tel.: 07542 10-2402<br />

E-Mail: stephanie.rundel@st.gallus-hilfe.de<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

31


Kin<strong>der</strong> trauern an<strong>der</strong>s<br />

Sonja Reischmann <strong>Stiftung</strong> ruft Kin<strong>der</strong>trauergruppe ins Leben<br />

von Helga Raible<br />

LANDKREIS RAVENSBURG/BODENSEEKREIS – Kin<strong>der</strong> erleben den Verlust<br />

eines nahestehenden Menschen oft ganz an<strong>der</strong>s als die Erwachsenen und<br />

reagieren auf beson<strong>der</strong>e Weise darauf. Nicht immer finden sie in ihrem<br />

Umfeld Verständnis und Unterstützung in ihrer Trauer. Um hier zu helfen,<br />

hat <strong>der</strong> Ambulante Kin<strong>der</strong>hospizdienst für den Bodenseekreis und<br />

den Landkreis Ravensburg ein spezielles Angebot zur Trauerbegleitung<br />

für Kin<strong>der</strong> entwickelt. Durch den Anstoß <strong>der</strong> Sonja Reischmann <strong>Stiftung</strong><br />

wurde es im Januar <strong>2014</strong> realisiert.<br />

Eine Familie hat durch Suizid den Vater verloren. Die<br />

junge Mutter leidet sehr unter dem traumatischen<br />

Verlust. Ihre Kraft reicht kaum aus, um für die drei<br />

Kin<strong>der</strong> (5, 6 und 8 Jahre alt) zu sorgen. Die Kin<strong>der</strong><br />

spüren das Leid ihrer Mutter und bemühen sich, sie<br />

zu schonen. In diesem Beispiel wurde <strong>der</strong> Ambulante<br />

Kin<strong>der</strong>hospizdienst über die Notlage informiert und<br />

sprang ein. Seither besuchen zwei erfahrene ehrenamtliche<br />

Patinnen die Familie regelmäßig, sind für<br />

die Kin<strong>der</strong> da und entlasten die Mutter. Bisher mussten<br />

solche Einsätze des Kin<strong>der</strong>hospizdienstes eine<br />

Ausnahme bleiben, denn für Trauerarbeit gibt es<br />

keine Finanzierung.<br />

Zukünftig sollen trauernde Kin<strong>der</strong> beim Kin<strong>der</strong>hospizdienst<br />

eine regelmäßige Anlaufstelle finden. Mit<br />

insgesamt 13.500 Euro, verteilt auf drei Jahre, finanziert<br />

die Sonja Reischmann <strong>Stiftung</strong> den Aufbau und<br />

die Durchführung einer speziellen Trauerbegleitung<br />

für Kin<strong>der</strong>. „Die Idee kam meiner Schwester Angelika<br />

Klingenthal und mir dadurch, dass unser Vater, also<br />

auch <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Stifterin, sehr früh verstarb und<br />

wir Kin<strong>der</strong> damals keinen Raum zur Trauer fanden“,<br />

sagt Sabine Reischmann.<br />

„Der Bedarf für eine Trauergruppe ergab sich aus<br />

Gesprächen mit betroffenen Familien, aber auch<br />

Jugendämter und Beratungsstellen in <strong>der</strong> Region<br />

haben bereits nach solchen Angeboten gefragt“,<br />

berichtet Barbara Weiland, Koordinatorin des Kin<strong>der</strong>hospizdienstes<br />

für den Bodenseekreis.<br />

In dieser Gruppe werden zwei ehrenamtliche Mitarbeiter,<br />

die speziell zu diesem Thema geschult sind,<br />

einmal monatlich einen festen Treffpunkt für Kin<strong>der</strong><br />

aus <strong>der</strong> Region (Landkreis Ravensburg und Bodenseekreis)<br />

bieten. Diese Gruppe soll einen stabilen Raum<br />

und geschützten Ort für Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit<br />

dem schweren Verlust verschaffen. Geplant sind<br />

neben Gesprächen vor allem kreative und kunsttherapeutische<br />

Angebote. Außerdem wird die Kin<strong>der</strong>trauergruppe<br />

auch Freizeitangebote durchführen, die<br />

<strong>der</strong> Entlastung <strong>der</strong> Familie dienen.<br />

Barbara Weiland (v. l.) vom Kin<strong>der</strong>hospizdienst Bodenseekreis,<br />

ihre Kollegin Elisabeth Mogg vom Kin<strong>der</strong>hospizdienst<br />

Landkreis Ravensburg und Sabine Reischmann von <strong>der</strong> Sonja<br />

Reischmann <strong>Stiftung</strong>. Foto: Droste-Gräff<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-ravensburg.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-bodensee.de<br />

32 Kin<strong>der</strong> und Jugend


Eine Mannschaft mit Energie (v.l.): Automatisierungstechniker<br />

Markus Buchholz, Auszubilden<strong>der</strong> Tobias Schollmayer,<br />

Ingenieur Oliver Hoppe, Projektleiter Joachim Locher, LiGAS-<br />

Geschäftsführer Michael Staiber, Daniel Pantel, Elektroniker<br />

für Betriebstechnik, Uwe Bittenbin<strong>der</strong> Energieelektroniker.<br />

Foto: Benicke<br />

Erfolg durch intelligente Energiesteuerung<br />

LiGAS-Abteilung Messen Steuern Regeln (MSR) sorgt für energetische Effizienz<br />

von Elke Benicke<br />

LIEBENAU – Überhitzte o<strong>der</strong> unterkühlte Zimmer, unangenehmer Geruch<br />

in den Unrein-Räumen und Störungen durch die Wärmepumpenanlage:<br />

Das Altenpflege-heim, das im Jahr 2011 zum ersten Projekt <strong>der</strong> Abteilung<br />

MSR wurde, wies insgesamt 349 technische Fehler auf. Aufgrund<br />

ihrer hohen Betreibererfahrung und mit mo<strong>der</strong>ner Software hat die LiGAS<br />

GmbH in diesem und bis heute elf weiteren Gebäuden die bestehende<br />

MSR-Technik repariert o<strong>der</strong> neu installiert und gleichzeitig den Energieverbrauch<br />

gesenkt.<br />

„Die Energieeinsparverordnung for<strong>der</strong>t eine hohe<br />

energetische Effizienz. Dabei spielt die Heizungsund<br />

Lüftungstechnik eine wesentliche Rolle. Neubauten<br />

sollen außerdem über regenerative Energiequellen<br />

verfügen“, erklärt Joachim Locher, Prokurist,<br />

Elektromeister und Leiter <strong>der</strong> MSR-Projekte bei <strong>der</strong><br />

LiGAS. „Um die verschiedenen Wärmeerzeuger und<br />

den Bedarf optimal aufeinan<strong>der</strong> abzustimmen,<br />

braucht es eine MSR-Anlage. Lei<strong>der</strong> werden diese aus<br />

Mangel an Zeit und Fachkräften oft nicht mit <strong>der</strong><br />

nötigen Sorgfalt und Kompetenz installiert, kaum<br />

auf ihre Qualität hin überprüft.“ Hier setzt die MSR-<br />

Abteilung <strong>der</strong> LiGAS an: Sie untersucht fehlerhafte<br />

Anlagen in Gebäuden <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> sowie<br />

externer Kunden, analysiert und behebt die Mängel.<br />

In Neubauten installiert sie CentraLine, eine führende<br />

Software in <strong>der</strong> Gebäudeautomatisierung.<br />

„Als ein Unternehmen im Verbund <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

bekommen wir die Wirkung unseres Tuns bei<br />

internen Projekten laufend mit“, sagt Michael Staiber,<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> LiGAS. „Das unterscheidet<br />

uns von an<strong>der</strong>en Firmen.“ Die vier Mitarbeiter <strong>der</strong><br />

MSR-Abteilung unter <strong>der</strong> Leitung des Informatik-<br />

Ingenieurs und Hauptprogrammierers Oliver Hoppe<br />

haben sich die Abläufe, die nötige Koordination und<br />

den Umgang mit <strong>der</strong> Software auf <strong>der</strong> Basis dieses<br />

ständigen Feedbacks in Abstimmung mit <strong>der</strong> Projektleitung<br />

selbst erarbeitet und in einem Pflichtenheft<br />

verankert. Eine spezielle Ausbildung zum MSR-Techniker<br />

gibt es <strong>der</strong>zeit noch nicht und: „Es reicht nicht<br />

aus, wenn einer nur programmieren kann“, bemerkt<br />

Joachim Locher. Zum Erfolg <strong>der</strong> MSR-Abteilung habe<br />

je<strong>der</strong> einzelne des LiGAS-Teams beigetragen. „Denn<br />

nur alle Leistungen zusammen machen die Erfahrung<br />

und Kompetenz <strong>der</strong> LiGAS aus.“<br />

Die MSR-Technik boomt und die LiGAS bereitet sich<br />

auf ein Wachstum <strong>der</strong> MSR-Abteilung vor. Im vergangenen<br />

Jahr seien verstärkt auch externe Kunden<br />

dazugekommen, darunter zum Beispiel die Stadt<br />

Stockach, die die MSR-Technik im Dorfgemeinschaftshaus<br />

Espasingen einbauen ließ. „Wir sind mit<br />

<strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> LiGAS sehr zufrieden“, sagt Ingenieur<br />

und Planer Franz Stadelhofer dem Projekt. „Die Mitarbeiter<br />

<strong>der</strong> LiGAS sind sehr zuverlässig, kompetent<br />

und pünktlich. Sie hatten kein Problem, die neue<br />

Anlage in eine vorhandene Gebäudeleittechnik zu<br />

implementieren.“<br />

<br />

Dienstleister<br />

33


Kommunikation leicht gemacht<br />

<strong>Liebenau</strong> Teamwork Kommunikation bietet Leichte Sprache und barrierefreie Kommunikation<br />

von Alexandra Freund-Gobs<br />

LIEBENAU – Post vom Amt bleibt gerne liegen. Denn die Amtssprache ist<br />

für Otto-Normal-Verbraucher „Fachchinesisch“, zum Lesen und Verstehen<br />

braucht man Zeit. Das ist eine von zahlreichen Situationen, in<br />

denen je<strong>der</strong> von uns schon über Kommunikationsbarrieren<br />

gestolpert ist. Spätestens dann stellt man<br />

sich die Frage: „Lässt sich ein komplexer Sachverhalt<br />

auch so darstellen, dass er verstanden<br />

wird?“ Die <strong>Liebenau</strong> Teamwork Kommunikation<br />

bietet hier Abhilfe. Sie erstellt Texte in<br />

Leichter Sprache und Websites ohne Barrieren.<br />

Damit Sie verstanden werden:<br />

Wir gestalten barrierefreie Kommunikationsmedien<br />

und Texte in Leichter Sprache.<br />

Dazu zählen Zeitschriften, Zeitungen, Prospekte,<br />

Magazine, Berichte, Flyer, Verträge,<br />

Erklär-Texte, Bücher, Websites, Erklär-Videos,<br />

Kurzfilme und mehr.<br />

www.teamwork-kommunikation.de<br />

© Mike-Fotografie-Fotolia.com<br />

Komplexe Sachverhalte verständlich darstellen: ob<br />

es nun um Formulare, Erklär-Texte, Broschüren o<strong>der</strong><br />

Websites geht. Das neue Angebot <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Teamwork Kommunikation, einer 100-Prozent-<br />

Tochter <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> heißt „Barrierefreie<br />

Kommunikation und Leichte Sprache“<br />

und richtet sich an je<strong>der</strong>mann. Denn auf<br />

Kommunikationsbarrieren stoßen wir alle<br />

irgendwann. Texte und Bücher in Leichter<br />

Sprache helfen zum Beispiel Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung, die mit komplexen Sachverhalten<br />

Schwierigkeiten haben, o<strong>der</strong> Menschen<br />

mit Migrationshintergrund, die auf einfache<br />

Formulierungen in deutscher Sprache angewiesen<br />

sind. Ältere Menschen o<strong>der</strong> Sehschwache<br />

wie<strong>der</strong>um tun sich leichter mit barrierefrei aufgebauten<br />

Websites. Der Prozentsatz älterer Menschen,<br />

<strong>der</strong> sich im Internet bewegt und auch dort einkauft,<br />

steigt kontinuierlich. Der Nutzen barrierefreier Websites<br />

liegt auf <strong>der</strong> Hand. Und von einem einfach<br />

getexteten Formular o<strong>der</strong> einer Gebrauchsanweisung<br />

profitiert je<strong>der</strong>. Barrierefreie Kommunikation unterstützt<br />

selbstbestimmtes Entscheiden und Handeln<br />

und ermöglicht Teilhabe. Darüber hinaus kann sie<br />

für jeden einzelnen das Leben an vielen Stellen<br />

leichter machen.<br />

Die <strong>Liebenau</strong> Teamwork Kommunikation möchte mit<br />

dem neuen Angebot alle Kunden unterstützen, die<br />

für ihre Zielgruppen Kommunikation leichter verständlich<br />

aufbereiten wollen. Das können aber nur<br />

Menschen beurteilen, die am Ende diese Kommunikation<br />

nutzen. Deshalb testen Prüfer die Kommunikationsprodukte<br />

erst einmal auf Verständlichkeit,<br />

bevor sie das Haus verlassen. Die Prüfer kommen aus<br />

dem Personenkreis, für den das Produkt letztendlich<br />

gedacht ist. Damit werden die Zielgruppen gleichzeitig<br />

gestärkt, denn sie werden zu Experten in eigener<br />

Sache.<br />

34 Dienstleister


Krimi-Theater<br />

inkl. 4-Gänge-Menü & Aperitif<br />

Kulinarisch! Kriminalistisch! Köstlich!<br />

Bei <strong>der</strong> spannenden Krimikomödie befinden Sie sich mitten<br />

im Geschehen. Sie spielen selbst mit o<strong>der</strong> genießen als<br />

stiller Beobachter – ganz nach Ihrem Geschmack.<br />

Erleben Sie die perfekte Verbindung aus Krimi, Komödie<br />

und kulinarischem Genuss.<br />

Krimi-Theater<br />

inkl. 4-Gänge-Menü & Aperitif<br />

Tickets + Infos<br />

www.zimtundzyankali.de<br />

Ticket-Hotline: 08382 9994099<br />

o<strong>der</strong> direkt im Kochwerk Ravensburg I Tel. 0751 24662 o<strong>der</strong><br />

im Kurhaus Bad Wurzach I Tel. 07564 93180<br />

Kurhaus Bad Wurzach<br />

69,- Euro p.P.<br />

Beginn 19 Uhr, Einlass 18:30 Uhr<br />

Spieltermine<br />

Sa. 29. März <strong>2014</strong><br />

So. 25. Mai <strong>2014</strong><br />

Kochwerk Ravensburg<br />

70,- Euro p.P.<br />

Beginn 19 Uhr, Einlass 18:30 Uhr<br />

Spieltermin<br />

Sa. 12. April <strong>2014</strong><br />

Bildnachweis: zimtundzyankali.de<br />

Jeden Sonnenstrahl genießen ...<br />

... können Sie<br />

bei uns!<br />

Ihr familienfreundliches Café direkt am Spielplatz<br />

Herrenstraße 43<br />

88212 Ravensburg<br />

Fon: 0751 76 49 256<br />

Fax: 0751 76 49 257<br />

mail@cafe-miteinan<strong>der</strong>.de<br />

www.cafe-miteinan<strong>der</strong>.de<br />

Öffnungszeiten: Mo.–Fr. 7.15 Uhr – 18.00 Uhr, Sa. 7.15 Uhr – 16.00 Uhr<br />

Sie erhalten mit diesem Gutschein eine Tasse Kaffee gratis. Gutschein gültig bis 01.10.<strong>2014</strong><br />

Gutschein<br />

1 Tasse Kaffee<br />

Gültig bis<br />

01.10.<strong>2014</strong><br />

Anzeigen<br />

35


an<br />

Spot an<br />

Ihre Meinung ist gefragt, Susanne Walser!<br />

Susanne Walser,<br />

47 Jahre, Leitung<br />

Kantine <strong>Liebenau</strong><br />

Seit wann arbeiten Sie in <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong>?<br />

Seit 1. August 2011.<br />

Was lesen Sie am liebsten?<br />

Kurzgeschichten.<br />

Welche Musik hören Sie gerne?<br />

Klassik und Pop.<br />

Ihr Traum vom Glück?<br />

Gesundheit für meine Familie und<br />

Freunde.<br />

Haben Sie Vorbil<strong>der</strong>?<br />

Meine Eltern.<br />

Ihr größtes Talent?<br />

Mit Herz und Verstand zu motivieren.<br />

Welche Fähigkeit möchten Sie<br />

besitzen?<br />

Ich bin zufrieden, wie ich bin.<br />

Wie halten Sie es mit <strong>der</strong><br />

Religion?<br />

Ich finde Kraft in meinem Glauben.<br />

Haben Sie ein Lebensmotto?<br />

Ich bleibe wie ich bin.<br />

(Franz Kafka)<br />

Was schätzen Sie an <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>?<br />

Ihr Bekenntnis zu christlichen Werten<br />

und <strong>der</strong> Würde jedes Einzelnen.<br />

Was gefällt Ihnen beson<strong>der</strong>s an<br />

Ihrer Tätigkeit?<br />

Täglich mit vielen verschiedenen<br />

Menschen zusammen zu kommen.<br />

Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit<br />

erreichen?<br />

Ein harmonisches und erfolgreiches<br />

Miteinan<strong>der</strong>.<br />

Ihre Meinung zum „<strong>Anstifter</strong>“?<br />

Interessante Informationen zu<br />

aktuellen Themen aus unterschiedlichen<br />

Bereichen.<br />

Christliche Werte in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

sind für mich...<br />

…nicht wegzudenken.<br />

Soziale Berufe sind wertvoll,<br />

weil ...<br />

…sie Menschen mit unterschiedlichen<br />

Begabungen zusammenbringen.<br />

Das Image sozialer Berufe könnte<br />

verbessert werden, wenn ...<br />

…die Bezahlung entsprechend <strong>der</strong><br />

Leistung wäre.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

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