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Anatomie der Staatssicherheit - BStU

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4<br />

Der Verantwortungsbereich <strong>der</strong> Linie VII reichte teilweise über das Ministerium des<br />

Innern und die Volkspolizei weit hinaus. In <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> fünfziger Jahre etwa<br />

hatte sie auch das Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (AZKW) zu sichern,<br />

welches seinerseits dem Ministerium für Außenhandel unterstand, operativ jedoch von <strong>der</strong><br />

Grenzpolizei im Ministerium des Innern angeleitet wurde. 4 Die Zivilverteidigung zählte<br />

sogar bis 1989 zum Verantwortungsbereich <strong>der</strong> Linie VII, obwohl seit 1977 dem Ministerium<br />

für Nationale Verteidigung zugeordnet – welches grundsätzlich durch die Hauptabteilung<br />

I abgesichert wurde. 5<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Aufgabenbereich <strong>der</strong> Linie VII ergaben sich häufig aus strukturellen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Ministerium des Innern, was eine entsprechende Anpassung <strong>der</strong> geheimpolizeilichen<br />

Überwachung erfor<strong>der</strong>te. Mit <strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Grenzpolizei aus<br />

dem Ministerium des Innern 1961 etwa verlor auch die Linie VII die entsprechende Zuständigkeit.<br />

Solche Funktionseinbußen setzten sich in den siebziger und achtziger Jahren<br />

fort. Beispiele hierfür sind die Zuständigkeit für die Bekämpfung <strong>der</strong> Ausreisebewegung,<br />

die Grenzsicherung und die Westarbeit, was streckenweise zu den wichtigen Aufgaben <strong>der</strong><br />

Hauptabteilung VII gehörte, jedoch nach und nach an an<strong>der</strong>e Linien abgegeben und im<br />

Jahre 1989 von <strong>der</strong> Linie VII nur noch »nebenbei« erledigt wurde. Immer wie<strong>der</strong> wurden<br />

Strukturen aus <strong>der</strong> Linie VII ausgeglie<strong>der</strong>t und als selbstständige Einheiten etabliert. Hierzu<br />

zählten Vorstufen <strong>der</strong> Hauptabteilung VI, des Zentralen Operativstabs (ZOS) und <strong>der</strong><br />

Fahndungsführungsgruppe (FFG). Weitere Strukturteile wurden aus arbeitsökonomischen<br />

Gründen an an<strong>der</strong>e Diensteinheiten abgetreten ohne strukturelle Eigenständigkeit zu erlangen.<br />

Dies betraf die das Wachkommando Missionsschutz sichernde Abteilung sowie<br />

Strukturen zur Sicherung <strong>der</strong> Staatsgrenze o<strong>der</strong> zur Bekämpfung <strong>der</strong> Internationalen Gesellschaft<br />

für Menschenrechte (IGfM). 6<br />

Schon aus diesen Gründen wurde die innere Struktur <strong>der</strong> Hauptabteilung VII vielfach<br />

umgestaltet. Beson<strong>der</strong>s in den sechziger Jahren wurden Pläne zur Neustrukturierung <strong>der</strong><br />

Diensteinheit entwickelt, aber nicht o<strong>der</strong> nur halbherzig umgesetzt, sodass sich organisatorische<br />

Verän<strong>der</strong>ungen nur noch schwer bis in die Einzelheiten nachvollziehen lassen.<br />

Probleme <strong>der</strong> archivarischen Überlieferung kommen hinzu, denn die Diensteinheit betrieb<br />

vor 1989 eine beson<strong>der</strong>s gründliche Kassation älterer Unterlagen. Bei eigentlich hoher<br />

»Aktenproduktion« betreffen die verbliebenen Unterlagen daher überwiegend die späten<br />

achtziger Jahre.<br />

Erkennbar sind jedoch einige Grundzüge <strong>der</strong> Strukturentwicklung <strong>der</strong> (Haupt-)Abteilung<br />

VII: die zunehmende strukturelle Ausdifferenzierung (von anfänglich drei Referaten<br />

auf zuletzt acht Abteilungen) und die enorme personelle Aufstockung (von 38 Mitarbeitern<br />

im Jahre 1958 auf zuletzt 319 Mitarbeiter). War die Aufgabenverteilung innerhalb<br />

<strong>der</strong> Abteilung VII in den fünfziger Jahren stark an Strukturen gebunden (für bestimmte<br />

Bereiche des Ministeriums des Innern waren bestimmte Referate <strong>der</strong> Abteilung VII umfassend<br />

verantwortlich), setzte sich in den sechziger Jahren mit den Stellvertreterbereichen<br />

Innere und Äußere Abwehr eine Teilung <strong>der</strong> Aufgaben nach funktionalen bzw. »wissenschaftlichen«<br />

Gesichtspunkten durch. Bei den Umstrukturierungen <strong>der</strong> achtziger Jahre<br />

tendierte die Hauptabteilung VII erneut dazu, ihre Aufgaben gegenüber dem Ministerium<br />

des Innern nach funktionalen Kriterien zu verteilen.<br />

4 Vgl. Diedrich, Torsten: Die Grenzpolizei <strong>der</strong> DDR (1946–1961). In: Ders.; Ehlert; Wenzke (Hg.): Im<br />

Dienste <strong>der</strong> Partei (Anm. 2), S. 201–223 u. 213.<br />

5 »Berührungspunkte« mit <strong>der</strong> für die Nationale Volksarmee zuständigen HA I existierten auch hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> für die Einziehung <strong>der</strong> Wehrpflichtigen zuständigen Wehrkommandos, da hier auch die Bereitschaftspolizei<br />

ihren Nachwuchs rekrutierte. Vgl. DA 7/84 des Ministers für <strong>Staatssicherheit</strong> über die politisch-operativen<br />

Sicherung <strong>der</strong> Wehrkommandos v. 9.10.1984; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok 5059.<br />

6 Vgl. Thesen <strong>der</strong> HA VII zur Entwicklung <strong>der</strong> HA VII v. Juni 1986, 24 S.; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Bdl. 193, o. Pag.

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