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Anatomie der Staatssicherheit - BStU

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74<br />

Ab Mitte <strong>der</strong> achtziger Jahre setzte <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong>sdienst im Leitungsbereich des<br />

Ministeriums des Innern stärker auf offizielle Zusammenarbeit als auf inoffizielle Verbindungen.<br />

Dies mag mit dadurch bedingt gewesen sein, dass Ende 1984 durch eine Strukturreform<br />

im Ministerium des Innern in den verschiedenen Hauptabteilungen die Zahl <strong>der</strong><br />

Stellvertreter auf einen reduziert worden war; lediglich die größeren Hauptabteilungen<br />

behielten zwei Posten dieser Art. Vor allem erlaubte die Verlagerung auf das »politischoperative<br />

Zusammenwirken« in hinreichendem Maße die Einflussnahme auf die zumeist<br />

kopperationswilligen Leitungska<strong>der</strong>. An<strong>der</strong>e waren gegenüber subtilem Druck empfänglich.<br />

»Die Positionen <strong>der</strong> leitenden Genossen zu unserem Organ sind positiv, Hinweise zu<br />

Ka<strong>der</strong>n und Arbeitsprozessen wurden angenommen und mit unterschiedlicher Intensität<br />

umgesetzt.« Im Zuge dieser neuen Strategie wurde die inoffizielle Zusammenarbeit vielfach<br />

beendet bzw. mit dem neu hinzuversetzten Leitungska<strong>der</strong> keine begonnen. So führte<br />

die Geheimpolizei unter den Leitern <strong>der</strong> zehn wichtigsten Hauptabteilungen und ihren<br />

Stellvertretern im Jahre 1988 keine Zuträger mehr. 523 Eine Ausnahme war die fortdauernden<br />

IM-Tätigkeit des Leiters <strong>der</strong> Hauptabteilung Kampfgruppen, Wolfgang Krapp, 524 und<br />

bereits in <strong>der</strong> zweiten Reihe verfügte die <strong>Staatssicherheit</strong> unverän<strong>der</strong>t über eine hohe Zahl<br />

von Zuträgern. Auch auf Ebene <strong>der</strong> Kreisdienststellen galt jetzt für die Abwehroffiziere<br />

die Maßgabe, den »aufgeblähten IM-Bestand unter Leitern und an<strong>der</strong>en Vorgesetzten« zu<br />

reduzieren und verstärkt unter gewöhnlichen Wachtmeistern Zuträger zu werben. 525<br />

Das von <strong>der</strong> Hauptabteilung VII fe<strong>der</strong>führend gepflegte Verhältnis zwischen dem Ministerium<br />

für <strong>Staatssicherheit</strong> und dem Ministerium des Innern wurde bisweilen von an<strong>der</strong>en<br />

Diensteinheiten beeinträchtigt. Da solche Eigenmächtigkeiten den Richtlinien wi<strong>der</strong>sprachen,<br />

beschwerten sich dann die Leitungska<strong>der</strong> im Ministerium des Innern bei den<br />

Mitarbeitern <strong>der</strong> Linie VII. Der Leiter <strong>der</strong> Hauptabteilung VII versuchte diesen Kompetenzüberschreitungen<br />

– wohl auch aus Ressortegoismus – ein Ende zu bereiten. Die Regelungen<br />

zur Zusammenarbeit zwischen den Ministerien seien schließlich vor dem Inkrafttreten<br />

auf Ministerebene mit beraten worden, weswegen die Mitarbeiter an<strong>der</strong>er Linien <strong>der</strong><br />

<strong>Staatssicherheit</strong> nicht eigenmächtig darüber hinweggehen könnten. 526 Es sei nicht hinnehmbar,<br />

dass etwa bei <strong>der</strong> K I »alle Diensteinheiten und Linien ein und aus gehen« –<br />

allein <strong>der</strong> zuständige Mitarbeiter <strong>der</strong> Linie VII dürfe gegenüber <strong>der</strong> Kriminalpolizei als<br />

»Partner« im »politisch-operativen Zusammenwirken« auftreten. 527 Um ihre starke Stellung<br />

gegenüber <strong>der</strong> DVP zu wahren, zielte die Hauptabteilung VII auf die »erfolgreiche<br />

Unterbindung direkter Beziehungen und Kontakte an<strong>der</strong>er Diensteinheiten des MfS über<br />

die Festlegungen <strong>der</strong> Dienstanweisung Nr. 2/79 hinaus«. Mitarbeiter <strong>der</strong> Linie VII sollten<br />

daher verstärkt an den Arbeitsberatungen an<strong>der</strong>er Linien teilnehmen und Arbeitsvereinbarungen<br />

mit <strong>der</strong> HV A sowie den Hauptabteilungen VIII, IX und VI/Auslandstourismus<br />

abschließen. Zur Bündelung <strong>der</strong> Kontakte existierten in den Hauptabteilungen II, VI, VIII,<br />

XIX, XX und XXII sowie <strong>der</strong> HV A und dem OTS als Ansprechpartner bereits sogenannte<br />

Richtungsoffiziere Volkspolizei. Diese in weiteren Diensteinheiten wie ZAIG, ZKG,<br />

ZOS o<strong>der</strong> Hauptabteilung PS einzusetzen war indes nicht möglich, denn »die Breite <strong>der</strong> zu<br />

523<br />

Vgl. Einschätzung <strong>der</strong> HA VII/1 des Aufklärungsstandes <strong>der</strong> Nomenklaturka<strong>der</strong> des MdI v. 4.7.1988;<br />

<strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Nr. 3935, S. 155–167.<br />

524<br />

Vgl. <strong>BStU</strong>, MfS, AIM 11087/91.<br />

525<br />

Vgl. HA VII/AKG: Einschätzung <strong>der</strong> Wirksamkeit im Zusammenhang mit dem Einsatz <strong>der</strong> Abwehroffiziere<br />

Volkspolizei v. 12.1985 mit Anlagen; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII/AKG PK 1/5.1., S. 43–66.<br />

526<br />

Auszug aus dem unkorrigierten Manuskript <strong>der</strong> Rede von GL Gerhard Neiber auf <strong>der</strong> zentralen Dienstkonferenz<br />

<strong>der</strong> Linie VII am 13./14.12.1984; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 8131, S. 122.<br />

527<br />

Schreiben des Leiters <strong>der</strong> HA VII an den Minister für <strong>Staatssicherheit</strong>, Entwurf o. D. [1985/86]; <strong>BStU</strong>,<br />

MfS, HA VII Nr. 513, S. 90–94.

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