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Anatomie der Staatssicherheit - BStU

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69<br />

zuständigen Abteilungen <strong>der</strong> Hauptabteilung VII in Abstimmung mit den ›Richtungsoffizieren<br />

Volkspolizei‹ <strong>der</strong> jeweiligen Diensteinheit wahrgenommen werden«. 482 Die Einhaltung<br />

klar definierter (Dienst-)Wege bei <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit dem Ministerium des<br />

Innern entsprechend den Hierarchien sei unverzichtbar. »Grundsätzlich muss geregelt<br />

sein, welcher Leiter o<strong>der</strong> Mitarbeiter mit wem zusammenzuwirken hat. Es ist zu sichern,<br />

dass kein Mitarbeiter ohne Genehmigung des Abteilungsleiters Probleme im politischoperativen<br />

Zusammenwirken realisiert.« Der Leiter <strong>der</strong> Abteilung 9 war dafür »verantwortlich,<br />

dass die teilweise noch bestehenden ›schwarzen‹ Kontakte und Verbindungen<br />

von an<strong>der</strong>en Diensteinheiten im MdI unterbunden« werden. 483 Diese Kanäle sollten in den<br />

verschiedenen Diensteinheiten des <strong>Staatssicherheit</strong>sdienstes bei den sogenannten Richtungsoffizieren<br />

gebündelt werden, die »gewissermaßen zu echten Spezialisten ihrer HA,<br />

Verwaltungen für Probleme des POZW mit dem MdI und seinen Organen entwickelt werden«.<br />

In welchen Diensteinheiten tatsächlich Richtungsoffiziere benannt wurden, war eine<br />

»Ermessensfrage« und hing vom zuständigen Leiter ab. Über Routine- und Detailfragen<br />

durften sich auch an<strong>der</strong>e Mitarbeiter verständigen. 484<br />

Eine wichtige organisatorische Voraussetzung für die geheimpolizeiliche Überwachung<br />

<strong>der</strong> Volkspolizei war die Einrichtung sogenannter Abwehroffiziere <strong>der</strong> Volkspolizei im<br />

Jahre 1980 (siehe Kapitel 4.2). 485 Zugleich billigte <strong>der</strong> Mielke-Apparat <strong>der</strong> Volkspolizei in<br />

den achtziger Jahren etwas größere Eigenständigkeit zu. »Die Meinung, dass eine Zusammenarbeit<br />

nur dann effektiv wäre, wenn beide Partner davon profitieren, schien langsam<br />

Fuß zu fassen.« 486 Auch schienen Disziplin und Linientreue <strong>der</strong> Volkspolizei im Vergleich<br />

zu früheren Jahren tatsächlich stabilisiert, sodass weniger Angriffsfläche geboten<br />

wurde. Aus arbeitsökonomischen – o<strong>der</strong> auch nur taktischen – Gründen plädierte Mielke<br />

jetzt in deutlicheren Worten für eine Arbeitsteilung <strong>der</strong> beiden Apparate.<br />

»Genau wie Ihr gehen wir davon aus«, so erklärte <strong>der</strong> Minister für <strong>Staatssicherheit</strong> Leitungska<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Volkspolizei,<br />

»dass je<strong>der</strong> seine spezifischen Aufgaben in hoher Qualität erfüllt und seiner spezifischen Verantwortung<br />

voll nachkommt. [...] Wir müssen davon wegkommen, dass Diensteinheiten des<br />

MfS und Dienststellen <strong>der</strong> DVP im Grunde genommen mit den gleichen Mitteln und auf die<br />

gleiche Art und Weise die gleichen Aufgaben realisieren. Doppelarbeit zu vermeiden, ist ein<br />

Gebot <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Effektivität <strong>der</strong> gesellschaftlichen Arbeit, das auch voll auf die Tätigkeit<br />

unserer Organe zutrifft. Zugleich dürfen wir nicht zulassen, dass es irgendwo ›weiße Flecken‹<br />

[...] gibt. Wir müssen uns so effektiv abstimmen, dass es keinen Bereich gibt, [...] über<br />

den wir nicht rechtzeitig informiert sind. Überall brauchen wir Patrioten und Vertraute, freiwillige<br />

Helfer und Kontaktpersonen, die uns in unserem Kampf unterstützen. Es darf keine Stelle<br />

geben, wo nicht wenigstens eines unserer Organe präsent ist.« 487<br />

Büchner unterstrich später noch einmal, Mielke habe die »weitere Erhöhung <strong>der</strong> Eigenverantwortung«<br />

bei<strong>der</strong> Apparate »betont«. »Was dem entgegensteht, ist zu unterbinden«,<br />

zumal die dienstlichen Grundsatzbestimmungen <strong>der</strong> DVP vor dem Erlass in <strong>der</strong> Regel mit<br />

482<br />

Vorläufige Festlegungen des Leiters <strong>der</strong> HA VII v. 16.5.1980 zur Durchsetzung <strong>der</strong> DA 2/79, 11 S.;<br />

<strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Bdl. 424, o. Pag.<br />

483<br />

Vortrag von Büchner am 21.3.1980; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Nr. 1188, S. 3–17.<br />

484<br />

Abt. 9 <strong>der</strong> HA VII: Feinglie<strong>der</strong>ung des Referates des Leiters <strong>der</strong> HA VII v. 28.2.1980; ebenda, S. 29–53.<br />

485<br />

Vgl. Schreiben des Leiters <strong>der</strong> HA VII, Jochen Büchner, an Erich Mielke v. 30.6.1980; <strong>BStU</strong>, MfS, Neiber<br />

Nr. 152, S. 140–143.<br />

486<br />

Sélitrenny, Rita: Doppelte Überwachung. Geheimdienstliche Ermittlungsmethoden in den DDR-<br />

Untersuchungshaftanstalten. Berlin 2003, S. 373.<br />

487<br />

Vgl. Vortrag Mielkes auf <strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong> Politorgane <strong>der</strong> DVP und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Organe des MdI v.<br />

8.11.1982; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 7704, S. 77–79; Unterstreichung im Originaltext. Zu einer an<strong>der</strong>en Interpretation<br />

des Vortrags vgl. Mörke, Gerhard (Hg.): Die offizielle und inoffizielle Zusammenarbeit zwischen<br />

Volkspolizei und <strong>Staatssicherheit</strong>. Schleiz 2005, S. 24–27.

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