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Anatomie der Staatssicherheit - BStU

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es als Entwurf auszuweisen«. Im gleichen Atemzug ermahnte <strong>der</strong> Minister des Innern aber<br />

seine Untergebenen zur engen Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong>. 429<br />

Für das Verhältnis <strong>der</strong> beiden Ministerien zueinan<strong>der</strong> war ferner entscheidend, dass<br />

sich unter den fünf Stellvertretern Dickels Mitte <strong>der</strong> siebziger Jahre zwei aktive und zwei<br />

vormalige IM befanden. Bis zu dieser Leitungsebene sammelte die Hauptabteilung VII<br />

Informationen (über Gesundheitszustand, Westkontakte o<strong>der</strong> Linientreue) und hielt sich<br />

bereit, um gegebenenfalls einzugreifen o<strong>der</strong> ihre IM zu protegieren. 430 Von an<strong>der</strong>en<br />

Diensteinheiten des MfS angebotene IM-Übernahmen, die aufgrund von Versetzungen in<br />

das Ministerium des Innern nahelagen, lehnte die Hauptabteilung VII in dieser Zeit teilweise<br />

ab, 431 was eine gewisse »Übersättigung« mit Quellen anzeigen könnte.<br />

Im Jahre 1974 wurde die Zusammenarbeit <strong>der</strong> K I mit <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong> durch die<br />

Dienstanweisung 1/74 neu geregelt. Demzufolge hatte die K I durch »konzentrierten Einsatz<br />

<strong>der</strong> inoffiziellen Mitarbeiter sowie <strong>der</strong> speziellen Mittel und Methoden« zumeist kleinere<br />

politische Delikte sowie Delikte <strong>der</strong> allgemeinen Kriminalität von hoher politischer Bedeutung<br />

zu verfolgen. Hierzu zählten organisierte Kriminalität, beson<strong>der</strong>s folgenschwere<br />

Verbrechen sowie die Allgemeinheit stark beunruhigende Vorfälle. Zu den Aufgaben <strong>der</strong><br />

K I zählte jedoch auch die Kriminalprävention (durch Aushorchen des kriminellen Milieus)<br />

und die Überwachung entlassener Straftäter. Aufgrund <strong>der</strong> Vorrangstellung <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong><br />

durfte die K I allerdings keine ausgewiesenen Feindorganisationen, nicht die großen<br />

Kirchen und natürlich auch keine MfS-Mitarbeiter bearbeiten, nicht in den Westen wirken<br />

und keine Auslän<strong>der</strong> anwerben. Als Leiter <strong>der</strong> Diensteinheiten des Arbeitsgebietes I, so<br />

hieß es weiter im Jahre 1974, sollten auf allen Ebenen Offiziere im beson<strong>der</strong>en Einsatz eingesetzt<br />

werden, mindestens aber »qualifizierte IM [in] Schlüsselpositionen«. Die übrigen<br />

Mitarbeiter des Arbeitsgebietes I sollten durch zuverlässige IM kontrolliert werden. 432<br />

Mitte <strong>der</strong> siebziger Jahre ging die Hauptabteilung VII dazu über, den Aufgabenbereich<br />

<strong>der</strong> Abteilung 1 auf die Überwachung des Kernbereiches <strong>der</strong> Volkspolizei zu konzentrieren.<br />

So wurden Anfang 1974 abermals Zuständigkeiten innerhalb <strong>der</strong> Hauptabteilung verschoben.<br />

Jetzt übergab die Abteilung 1 die Verantwortung für die weniger bedeutsamen<br />

Sicherungsbereiche Meteorologischer Dienst, die Verwaltung Vermessungs- und Kartenwesen<br />

sowie das VEB Kombinat Geodäsie und Kartographie an die Abteilung 7. Die Abteilung<br />

5 wie<strong>der</strong>um übertrug ihre Zuständigkeit für die Aufnahmeheime an die Abteilung<br />

3, die als ehemals »äußere Abwehr« zwischenzeitlich für die westlichen Notaufnahmelager<br />

zuständig war und nun offenbar den Fokus ihrer Tätigkeit wie<strong>der</strong> stärker auf die<br />

DDR richtete. 433 Die Abteilung 3 sollte jetzt die »Anleitung und Unterstützung <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

des MfS im zentralen Aufnahmeheim Barby« bewerkstelligen und die »politisch-operative<br />

Bearbeitung von Rückkehrern und Erstzuziehenden im Prozess des Aufnahmeverfahrens«<br />

leisten. 434 Auch war die Abteilung für die »Abwehr unter den in <strong>der</strong><br />

DDR wohnhaften Bürgern aus nichtsozialistischen Staaten« verantwortlich. 435 Die Aus-<br />

429 Auswertung <strong>der</strong> HA VII/5 zum Treff mit IMS »Klaus Günther« v. 23.10.1975; <strong>BStU</strong>, MfS, AIM<br />

22060/80, Bd. 1, S. 268–270.<br />

430 Vgl. Komplexauftrag <strong>der</strong> HA VII/7 für den IMS »Elster« v. 11.2.1975; <strong>BStU</strong>, MfS, AIM 11087/91,<br />

Bd. 1, S. 293–296.<br />

431 Vgl. Beschluss <strong>der</strong> Abt. VII/1 <strong>der</strong> BV Erfurt über die Archivierung <strong>der</strong> GMS-Akte v. 11.6.1980; <strong>BStU</strong>,<br />

MfS, BV Erfurt, AGMS 860/80, S. 5.<br />

432 Vgl. DA 1/74 v. 5.11.1974 zur operativen Sicherung des Arbeitsgebietes I <strong>der</strong> Kriminalpolizei und über<br />

das Zusammenwirken <strong>der</strong> Diensteinheiten des Ministeriums für <strong>Staatssicherheit</strong> mit dem Arbeitsgebiet I;<br />

<strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 2370.<br />

433 Vgl. Schreiben des Leiters <strong>der</strong> HA KuSch zum Stellenplanvorschlag <strong>der</strong> HA VII v. 15.1.1974; <strong>BStU</strong>,<br />

MfS, HA VII Nr. 519, S. 143–165.<br />

434 Vgl. Vorschlag <strong>der</strong> HA VII/3 v. 27.10.1975; <strong>BStU</strong>, MfS, Dos 1449/92, S. 38–40.<br />

435 Vgl. Vorschlag zur Prämierung v. 12.11.1971; <strong>BStU</strong>, MfS, KS 27646/90, S. 83.

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