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Anatomie der Staatssicherheit - BStU

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gen Mitarbeiter an den Standorten <strong>der</strong> Bereitschaftspolizei in den Bezirken vor Ort im<br />

Einsatz waren. 356 Neben den in den Abteilungen 4 und 5 organisierten Mitarbeitern verfügte<br />

die Hauptabteilung VII noch über zwölf weitere Offiziere im beson<strong>der</strong>en Einsatz,<br />

von denen die Hälfte in <strong>der</strong> Zollverwaltung eingesetzt war. 357<br />

Mit <strong>der</strong> Ernennung des vormaligen stellvertretenden Verteidigungsministers, Friedrich<br />

Dickel, zum neuen Minister des Innern im November 1963 wandelte sich das Verhältnis<br />

zwischen Volkspolizei und <strong>Staatssicherheit</strong>. Leitende Ka<strong>der</strong> des Ministeriums des Innern<br />

waren auf einmal zur Zusammenarbeit bereit, auch wenn sie bisher eigensinnig und wenig<br />

kooperativ gegenüber <strong>der</strong> Geheimpolizei agiert hatten. 358 Von hoher symbolischer wie<br />

praktischer Bedeutung war ferner, dass ab 1964 <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Hauptabteilung VII mit<br />

seinem Stellvertreter regelmäßig an den Kollegiumssitzungen des Ministeriums des Innern<br />

teilnehmen konnte. 359<br />

Aufgrund des Nomenklatursystems hatte die SED-Führung einen nachhaltigen Einfluss<br />

auf die Personalpolitik des Ministeriums des Innern. So wurden Ka<strong>der</strong>entscheidungen auf<br />

<strong>der</strong> obersten Führungsebene unmittelbar zwischen dem seinerzeit für Sicherheitsfragen im<br />

ZK verantwortlichen Erich Honecker, seinem Stellvertreter Bruno Wansierski und Innenminister<br />

Friedrich Dickel ausgehandelt. Die <strong>Staatssicherheit</strong> hatte dabei nicht nur die<br />

Betreffenden auf Zuverlässigkeit hin zu überprüfen, son<strong>der</strong>n bei weniger wichtigen Posten<br />

auch mehrere Kandidaten zur Entscheidung vorzuschlagen. 360 Insgesamt ist davon auszugehen,<br />

dass sich das Verhältnis von <strong>Staatssicherheit</strong> und Volkspolizei im Verlauf <strong>der</strong> sechziger<br />

Jahre mehr als nur »etwas verbesserte«. 361<br />

In den Jahren 1962 bis 1964 kam es allerdings wie<strong>der</strong>holt zu Konflikten zwischen<br />

<strong>Staatssicherheit</strong> und Kriminalpolizei. Leitende Mitarbeiter aus <strong>der</strong>en Reihen »kritisierten«<br />

offen »die Arbeitsergebnisse <strong>der</strong> damaligen Operativ-Abteilung« und zielten auf Stellenabbau<br />

dieser Diensteinheit, was jedoch nicht den Wünschen <strong>der</strong> Parteiführung entsprach.<br />

»Im Ergebnis <strong>der</strong> Überprüfung einer eingesetzten Arbeitsgruppe des ZK <strong>der</strong> SED wurde<br />

festgestellt, dass die Linie <strong>der</strong> genannten Genossen politisch falsch ist« – und die Beschwerdeführer<br />

von ihren Posten entfernt. 362 Stattdessen erhielten die Operativgruppen im<br />

Jahre 1964 die bis zuletzt gültige Bezeichnung als Arbeitsgebiet I <strong>der</strong> Kriminalpolizei.<br />

Ausdrücklich wurde <strong>der</strong> K I nun die Zuständigkeit für die Verfolgung von »Verbrechen<br />

gegen den Staat«, Verbrechen gegen die »allgemeine Sicherheit« sowie »an<strong>der</strong>er schwerer<br />

Verbrechen« übertragen. 363 Im Zuge <strong>der</strong> vorbeugenden Verbrechensbekämpfung, gerade<br />

im Bereich <strong>der</strong> Wirtschaftskriminalität, sollte die Kriminalpolizei ihre Arbeit mit »speziellen<br />

operativen Mitteln und Methoden [...] verstärken«. In diesem Zusammenhang wurde<br />

jetzt innerhalb <strong>der</strong> Kriminalpolizei auch ein eigenes Arbeitsgebiet II (Untersuchung) gebildet,<br />

<strong>der</strong> die Mord-, Unfall- und Brandkommissionen zugeschlagen wurden und die beson<strong>der</strong>s<br />

eng mit <strong>der</strong> Linie IX <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong> zusammenarbeiten sollte. 364<br />

Im Jahre 1964 wurde die Zuständigkeit für die Abwehrarbeit in <strong>der</strong> Bereitschaftspolizei<br />

bei <strong>der</strong> Abteilung 7 <strong>der</strong> Hauptabteilung VII zentralisiert und die Planstellen <strong>der</strong> Abwehrof-<br />

356<br />

Vgl. Stellenplan <strong>der</strong> HA VII v. 4.9.1962; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Nr. 519, S. 373–388.<br />

357<br />

Vgl. [Aufstellung <strong>der</strong>] weiteren OibE v. 19.9.1962; ebenda, S. 398.<br />

358<br />

Vgl. MfS-Beurteilung des OMR Dr. F. O. v. 4.2.1965; <strong>BStU</strong>, MfS, AKK 10740/88, S. 59–64.<br />

359<br />

Vgl. Schreiben von Dickel an Mielke v. 23.12.1963; <strong>BStU</strong>, MfS, SdM Nr. 1162, S. 8.<br />

360<br />

Vgl. Aktennotiz <strong>der</strong> HA VII v. 27.1.1964; <strong>BStU</strong>, MfS, GH 121/86, Bd. 1, S. 95–96.<br />

361<br />

Lindenberger: Volkspolizei (Anm. 235), S. 76.<br />

362<br />

Vgl. Einschätzung <strong>der</strong> Abt. 1 <strong>der</strong> HA VII über den stellv. Leiter <strong>der</strong> HA Kriminalpolizei v. 11.4.1979;<br />

<strong>BStU</strong>, MfS, AP 3108/88, S. 15–27.<br />

363<br />

Vgl. Rosinger, Hartmut: K I. Studie z. Tätigkeit des Arbeitsgebietes I <strong>der</strong> Kriminalpolizei und seines<br />

Zusammenwirkens mit dem MfS <strong>der</strong> ehem. DDR. Suhl 2003, S. 15.<br />

364<br />

Befehl 22/64 des Ministers des Innern v. 9.11.1964 betr. Aufgaben und Arbeitsorganisation <strong>der</strong> Kriminalpolizei;<br />

<strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 15866.

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