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Anatomie der Staatssicherheit - BStU

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47<br />

lungsleiter, Gustav Szinda, im Jahre 1958 nach Neubrandenburg versetzt wurde. Nun<br />

wurde Erich Jamin in <strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> Sicherheitskommission des Politbüros vom<br />

13. Mai 1959 als neuer Leiter <strong>der</strong> Hauptabteilung VII bestätigt. 309 Jamin hatte von August<br />

1948 bis 1949 das geheimpolizeiliche Referat (zuletzt Abteilung) K 5 in <strong>der</strong> Deutschen<br />

Verwaltung des Innern geleitet. 310 Seit 1953 arbeitete er in <strong>der</strong> Hauptabteilung V, war dort<br />

für die bundesdeutsche SPD zuständig und zuletzt als stellvertreten<strong>der</strong> Leiter dieser<br />

Diensteinheit tätig. 311 Jamin war nach Amtsantritt in <strong>der</strong> Hauptabteilung VII offenkundig<br />

sehr um Festigung seiner eigenen Position bemüht, denn er ließ die ihm unterstellten Leiter<br />

bis zu zweieinhalb Jahre die Dienstgeschäfte kommissarisch führen. So machte er sie<br />

beson<strong>der</strong>s von sich abhängig, bis er sie schließlich förmlich bestätigte. 312 Jamin ging angeblich<br />

»nicht mehr mit <strong>der</strong> alten lückenhaften Vorstellung« <strong>der</strong> »Bearbeitung« <strong>der</strong><br />

Volkspolizei an seine Arbeit heran, son<strong>der</strong>n verstand »die gleiche Zielstellung im Zusammenwirken«<br />

mit <strong>der</strong> Volkspolizei zu erreichen und <strong>der</strong> Tätigkeit <strong>der</strong> Linie VII so einen<br />

»tieferen Inhalt als bisher« zu geben. 313<br />

Jamin galt als hochmotiviert, in <strong>der</strong> Anleitung seiner Mitarbeiter jedoch als heikel, weswegen<br />

das Verhältnis zu den drei ihm unterstellten Abteilungsleitern angespannt war. 314<br />

Als unmittelbarer Stellvertreter Jamins fungierte anfänglich Erich Bär. Er wurde bereits<br />

nach wenigen Wochen (mit Zustimmung <strong>der</strong> Abteilung für Sicherheitsfragen) wie<strong>der</strong> von<br />

seinem Posten entbunden und ab August 1960 als Offizier im beson<strong>der</strong>en Einsatz als Leiter<br />

<strong>der</strong> Operativ-Dienststellen <strong>der</strong> HV DVP verwendet. Auch dort blieb er jedoch gerade<br />

ein Jahr auf seinem Posten. 315<br />

Die Bekämpfung <strong>der</strong> fortwährenden Abwan<strong>der</strong>ung von DDR-Bürgern in den Westen<br />

erfor<strong>der</strong>te eine Abstimmung zwischen <strong>Staatssicherheit</strong>, Grenzpolizei, Volkspolizei und<br />

dem Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs 316 und erhöhte die Bedeutung <strong>der</strong><br />

Linie VII als »Scharnier«. Der Mauerbau brachte dann erhebliche Verän<strong>der</strong>ungen für die<br />

Volkspolizei und auch die Linie VII mit sich. So waren schon an <strong>der</strong> im August 1961 erfolgten<br />

Abriegelung <strong>der</strong> Westsektoren Einheiten <strong>der</strong> Volkspolizei beteiligt, die unmittelbar<br />

von <strong>der</strong> Hauptabteilung VII gesichert wurden. 317 Der Mauerbau verän<strong>der</strong>te vor allem mittelfristig<br />

die Aufgabenstellung <strong>der</strong> Sicherheitsorgane – so hatte die Abteilung VII <strong>der</strong><br />

Verwaltung Groß-Berlin jetzt beispielsweise jene VP-Dienststellen zu kontrollieren, die<br />

Berechtigungsscheine für das Passieren <strong>der</strong> Sektorengrenze ausgaben. 318<br />

Im September 1961 wurde die Deutsche Grenzpolizei aus dem Ministerium des Innern ausgeglie<strong>der</strong>t<br />

und mit <strong>der</strong> Bezeichnung Grenztruppen <strong>der</strong> NVA dem Ministerium für Nationale<br />

Verteidigung unterstellt. 319 Die bisher an <strong>der</strong> innerstädtischen Grenze in Berlin und am »Ring<br />

um Berlin« dislozierten Einheiten <strong>der</strong> Grenzpolizei wurden (als 1. und 2. Grenzbrigade Berlin)<br />

vorübergehend <strong>der</strong> Bereitschaftspolizei unterstellt. »Durch diese strukturelle Verän<strong>der</strong>ung und<br />

<strong>der</strong> damit verbundenen Erweiterung des Arbeitsgebietes <strong>der</strong> Bereitschaftspolizei ergeben sich<br />

für die HA VII neue Aufgaben.« 320 Die geheimpolizeiliche Zuständigkeit für den letztgenann-<br />

309<br />

Vgl. Protokollauszug zur 25. Sitzung <strong>der</strong> Sicherheitskommission des Politbüros am 13.5.1959; <strong>BStU</strong>,<br />

MfS, SdM Nr. 408, S. 94–96.<br />

310<br />

Vgl. Gieseke, Jens (Hg.): Wer war wer im Ministerium für <strong>Staatssicherheit</strong>. Hg. <strong>BStU</strong>. Berlin 1998, S. 34.<br />

311<br />

Vgl. <strong>BStU</strong>, MfS, KS I 2/84.<br />

312<br />

Vgl. <strong>BStU</strong>, MfS, KS 30/83, S. 97–101.<br />

313<br />

Vgl. Beurteilung über Erich Jamin v. 11.4.1961; <strong>BStU</strong>, MfS, KS I 2/84, S. 41–48.<br />

314<br />

Vgl. vorgenannte Beurteilung v. 11.4.1961; ebenda.<br />

315<br />

Vgl. <strong>BStU</strong>, MfS, KS 31/73.<br />

316<br />

Vgl. Anweisung 1/60 des Ministers v. 4.5.1960; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 3499.<br />

317<br />

Vgl. Vorschlag <strong>der</strong> HA VII v. 25.3.1969; <strong>BStU</strong>, MfS, KS 5713/90, S. 108–110.<br />

318<br />

Vgl. Bericht <strong>der</strong> Abt. VII <strong>der</strong> Verwaltung Groß-Berlin v. 22.8.1961; <strong>BStU</strong>, MfS, SdM Nr. 2615, S. 47–49.<br />

319<br />

Vgl. Diedrich: Die Grenzpolizei (Anm. 4), S. 219.<br />

320<br />

Vorlage an die Abt. für Sicherheitsfragen v. 12.10.1961; <strong>BStU</strong>, MfS, KS I 3/85, Bd. 2, S. 60.

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