Anatomie der Staatssicherheit - BStU
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46<br />
wie<strong>der</strong>um sollte im Zusammenwirken mit <strong>der</strong> Volkspolizei, <strong>der</strong> Transportpolizei und dem<br />
AZKW Fahndungsmaßnahmen beson<strong>der</strong>s nach geflüchteten Volkspolizisten organisieren.<br />
Hinzu kam die »Aufklärung und Erkundung von Dienststellen westlicher Geheimdienste,<br />
die sich beson<strong>der</strong>s für Dienststellen <strong>der</strong> DVP« interessierten (Referat A). Das Referat B<br />
leistete die Abwehrarbeit unter Rückkehrern und Erstzuziehenden in den ostdeutschen<br />
Aufnahmeheimen und überprüfte das dort beschäftigte Personal. 300<br />
Neben <strong>der</strong> Aufwertung zur Hauptabteilung bedeutete das Jahr 1959 vor allem deswegen<br />
eine Zäsur für die Linie VII, weil jetzt geheimpolizeiliche Operativstrukturen in <strong>der</strong><br />
Kriminalpolizei gebildet wurden (Operativabteilung in <strong>der</strong> HA K, Operativgruppen in den<br />
Abteilungen K <strong>der</strong> BDVP und Arbeitsgruppen in den Abteilungen K <strong>der</strong> VPKÄ), die unter<br />
<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Obhut des MfS standen. 301 Bei den Operativgruppen handelte es sich um<br />
eigene Organisationseinheiten innerhalb <strong>der</strong> Kriminalpolizei, die oftmals von Offizieren<br />
im beson<strong>der</strong>en Einsatz geleitet wurden. Begründet wurde diese straffere Anbindung damit,<br />
dass die Volkspolizei mit ihren Spitzeln (nach Befehl 49/55) bisher angeblich zu unprofessionell<br />
arbeiten würde. So bildeten die zur Arbeit mit inoffiziellen Mitarbeitern berechtigten<br />
Mitarbeiter <strong>der</strong> Volkspolizei jetzt »Kollektive <strong>der</strong> Mitarbeiter nach Befehl 24«, die<br />
durch einen Verbindungsmann von <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong> angeleitet wurden. 302<br />
Auf den führenden Positionen in den Operativgruppen wurden entwe<strong>der</strong> Offiziere im beson<strong>der</strong>en<br />
Einsatz eingesetzt o<strong>der</strong> die Leitungska<strong>der</strong> wurden nach <strong>der</strong> sogenannten Anordnung<br />
6/61 verpflichtet. 303 Diese Ka<strong>der</strong> des Ministeriums des Innern verpflichteten sich<br />
schriftlich zur engen Kooperation mit <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong>, doch ist dies nicht mit einer Bereitschaftserklärung<br />
zur inoffiziellen Mitarbeit für die <strong>Staatssicherheit</strong> zu verwechseln. Die<br />
Verpflichtungserklärung bedeutete auch keine arbeitsrechtliche Gleichstellung mit den Offizieren<br />
im beson<strong>der</strong>en Einsatz, son<strong>der</strong>n sollte wohl »die beson<strong>der</strong>e politisch-moralische Bindung<br />
an das MfS« erhöhen. 304 Gerne versetzte die <strong>Staatssicherheit</strong> auch eigene ehemalige<br />
Mitarbeiter zur Kriminalpolizei, die aus moralischen o<strong>der</strong> fachlichen Gründen für eine Tätigkeit<br />
im Ministerium für <strong>Staatssicherheit</strong> nicht mehr geeignet schienen, denen aber <strong>der</strong><br />
Dienst in den Operativgruppen bzw. in an<strong>der</strong>en Bereichen <strong>der</strong> Volkspolizei noch zugetraut<br />
wurde. 305 Insgesamt waren im Jahre 1961 in <strong>der</strong> gesamten DDR auf allen Ebenen 2 051<br />
Kriminalisten für die Arbeit mit Spitzeln »bestätigt«, während 5 895 Kriminalisten in den<br />
an<strong>der</strong>en Dezernaten <strong>der</strong> Kriminalpolizei wirkten. 306 Die <strong>Staatssicherheit</strong> schuf sich somit<br />
ein festes Standbein innerhalb <strong>der</strong> Kriminalpolizei, auch, weil <strong>der</strong> seit 1955 amtierende Leiter<br />
<strong>der</strong> Hauptabteilung Kriminalpolizei, Paul Odpadlick, offenbar kooperierte. 307<br />
Als Stellvertreter des Leiters <strong>der</strong> Abteilung VII fungierte seit März 1956 Helmut Böhm,<br />
<strong>der</strong> laut einer Beurteilung <strong>der</strong> Ka<strong>der</strong>abteilung »wie ein Quirl« zu arbeiten pflegte und seine<br />
Mitarbeiter so in manche Verlegenheit stürzte. 308 Dies trug wohl dazu bei, dass Böhm<br />
nur kommissarisch als Leiter <strong>der</strong> Abteilung VII eingesetzt wurde, als <strong>der</strong> bisherige Abtei-<br />
In: Effner, Bettina; Heidemeyer, Helge (Hg.): Flucht im geteilten Deutschland. Erinnerungsstätte Notaufnahmelager.<br />
Berlin 2005, S. 153–169.<br />
300<br />
Vgl. [Struktur <strong>der</strong> HA VII] o. D. [1959]; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Nr. 519, S. 405–420.<br />
301<br />
Vgl. Befehl 24/59 des Ministers des Innern zur Bildung einer Operativ-Abteilung <strong>der</strong> HV DVP v.<br />
16.5.1959; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 50174.<br />
302<br />
Vgl. u. a. <strong>BStU</strong>, MfS, HA KuSch Nr. 23426, S. 407.<br />
303<br />
Vgl. Anordnung 6/61 <strong>der</strong> HA KuSch des MfS v. 31.7.1961; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 2917.<br />
304<br />
Die Landesbeauftragten: Der Beitrag des Arbeitsgebietes I. Dresden 1996, S. 28.<br />
305<br />
Vgl. u. a. <strong>BStU</strong>, MfS, BV Magdeburg, KS 42/64.<br />
306<br />
Vgl. Aktennotiz <strong>der</strong> Operativ-Abteilung <strong>der</strong> HV DVP v. 24.7.1961; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 50174.<br />
307<br />
Es sei zu konstatieren, dass dieser »uns in je<strong>der</strong> Hinsicht unterstützt, wenn wir irgendwelche Hilfe benötigen«.<br />
Einschätzung <strong>der</strong> Abt. VII/3 v. 5.1.1959; <strong>BStU</strong>, MfS, AP 2194/55, S. 39.<br />
308<br />
Stellungnahme <strong>der</strong> HA KuSch v. 10.12.1958; <strong>BStU</strong>, MfS, KS 30/83, S. 91.