08.12.2012 Aufrufe

Anatomie der Staatssicherheit - BStU

Anatomie der Staatssicherheit - BStU

Anatomie der Staatssicherheit - BStU

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

42<br />

Ab 1957 übernahm die Volkspolizei die Posten von Kommandeuren und Stabschefs in<br />

den SED-Einsatzleitungen in den Bezirken und Kreisen, was in einem engen Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> kurz zuvor erfolgten Übernahme <strong>der</strong> Transport-, Bereitschafts- und Grenzpolizei<br />

stand und einen vorübergehenden Bedeutungszuwachs des Ministeriums des Innern dokumentierte.<br />

278 In den Reihen <strong>der</strong> VP registrierte man mit Genugtuung, dass im Falle eines<br />

inneren Konfliktes nicht länger die Dienststellenleiter <strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong> das Sagen hatten,<br />

weil diese sich bei »Probeübungen« überfor<strong>der</strong>t gezeigt hätten, son<strong>der</strong>n die Bezirkschefs <strong>der</strong><br />

DVP. 279 Möglicherweise vor diesem Hintergrund ermahnte <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Abteilung VII die<br />

Mitarbeiter des zuständigen Referates VII/2 im Jahre 1957, sich einer kooperativeren Haltung<br />

gegenüber <strong>der</strong> Volkspolizei zu befleißigen: Man müsse »davon abkommen von <strong>der</strong><br />

Bearbeitung <strong>der</strong> Volkspolizei zu sprechen«, son<strong>der</strong>n in »enger Zusammenarbeit mit den<br />

leitenden Organen <strong>der</strong> Volkspolizei die Tätigkeit von Agenten und Feinden innerhalb <strong>der</strong><br />

Organe <strong>der</strong> VP […] bekämpfen«. Die westlichen Dienste hätten ihre Strategien verfeinert<br />

und verbessert, weswegen das Entlarven von Agenten und Feinden immer seltener möglich<br />

sei. »Die bisherige Methode <strong>der</strong> Arbeit brachte in den letzten zwei Jahren kaum noch irgendwelche<br />

Erfolge auf <strong>der</strong> Linie <strong>der</strong> Abteilung VII.« Deswegen sollte die geheimpolizeiliche<br />

Arbeit in <strong>der</strong> Volkspolizei möglichst über Geheime Hauptinformatoren (GHI) geschehen<br />

und stärker den Privat- bzw. Freizeitbereich <strong>der</strong> Volkspolizisten einschließen. 280<br />

Auch <strong>der</strong> Minister für <strong>Staatssicherheit</strong>, Wollweber, kritisierte die Abteilung VII, <strong>der</strong>en<br />

Arbeitsweise »grundlegend verän<strong>der</strong>t werden« müsse. »Zur Bekämpfung <strong>der</strong> feindlichen<br />

Tätigkeit ist es erfor<strong>der</strong>lich, dass die Möglichkeiten, die die VP hat, für uns richtig ausgenutzt<br />

werden.« 281 So beklagte Gustav Szinda im Jahre 1957 in einer Kollegiumssitzung,<br />

dass bei <strong>der</strong> Bearbeitung <strong>der</strong> verschiedenen Zweige des Ministeriums des Innern »sich<br />

alles überschneidet«. Das Ministerium werde von den Hauptabteilungen I, III, V und XIII<br />

als auch <strong>der</strong> Abteilung VII bearbeitet. Das (im August 1952 aus Vorgängerstrukturen gebildete)<br />

Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs beispielsweise, das dem Ministerium<br />

für Außenhandel unterstand, werde in Berlin von <strong>der</strong> Abteilung VII, in den Bezirken<br />

aber von <strong>der</strong> Abteilung III bearbeitet. Doch Mielke mochte an <strong>der</strong> Aufgabenverteilung in<br />

<strong>der</strong> <strong>Staatssicherheit</strong> nicht rütteln:<br />

»Die Objekte müssen so bearbeitet werden, dass wir alles wissen. Für die Bearbeitung <strong>der</strong> Trapo<br />

kann nur die HA XIII verantwortlich sein. Bereitschaftspolizei und Grenzpolizei können<br />

aufgrund ihres Charakters nur durch die HA I bearbeitet werden. Die Abteilung VII ist verantwortlich<br />

für die Bearbeitung <strong>der</strong> Volkspolizei einschließlich Luftschutz, Brandschutz, Haftwesen,<br />

Rotes Kreuz usw., AZKW sowie die Rückkehrerlager in den Bezirken. Grundsätzliche<br />

Fragen mit <strong>der</strong> Spitze des MdI werden so geregelt, dass <strong>der</strong> 1. Stellvertreter des Ministers direkte<br />

Verbindung mit Minister Maron aufnimmt.«<br />

Wollweber bestätigte abschließend die von Mielke vorgeschlagene Abgrenzung <strong>der</strong> Zuständigkeiten,<br />

lediglich die Verantwortung für die Bereitschaftspolizei wollte er unter<br />

Hinzuziehung <strong>der</strong> sowjetischen Berater noch einmal geprüft wissen. Allgemein herrschte<br />

Übereinstimmung in <strong>der</strong> Ministeriumsspitze, dass die Abteilung VII personell sogar noch<br />

reduziert werden könne, wozu Szinda dem zuständigen Stellvertreter des Ministers Beater<br />

einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten sollte. 282<br />

278 Vgl. Wagner, Armin: Walter Ulbricht und die geheime Sicherheitspolitik <strong>der</strong> SED. Der Nationale Verteidigungsrat<br />

<strong>der</strong> DDR und seine Vorgeschichte (1953–1971). Berlin 2002, S. 135–137; Lindenberger:<br />

Volkspolizei (Anm. 235), S. 164.<br />

279 Vgl. [Bericht des GI] »Robert« v. 21.5.1957; <strong>BStU</strong>, MfS, AIM 794/61, Bd. 1, S. 99 f.<br />

280 Vgl. Arbeitsrichtlinie v. 1.2.1957 für die Abwehrarbeit <strong>der</strong> Abt. VII/2; <strong>BStU</strong>, MfS, BdL/Dok. 2389, S. 1.<br />

281 Protokoll <strong>der</strong> Dienstbesprechung im MfS am 24.2.1956; <strong>BStU</strong>, MfS, SdM Nr. 1921, S. 25–33.<br />

282 Protokoll <strong>der</strong> Kollegiumssitzung im MfS v. 29.5.1957; <strong>BStU</strong>, MfS, SdM Nr. 1553, S. 33–44.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!