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Anatomie der Staatssicherheit - BStU

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40<br />

Der Aufgabenbereich <strong>der</strong> Linie VII erweiterte sich, als im Spätherbst 1953 die für<br />

Strafvollzug zuständige Abteilung XV aufgelöst wurde. Der Linie VII wurde nun die Zuständigkeit<br />

für die geheimpolizeiliche Kontrolle des gesamten Gefängniswesens des Ministeriums<br />

des Innern übertragen. 256 Somit glie<strong>der</strong>te sich die Abteilung VII auf zentraler<br />

Ebene nun in drei Referate, die für die Bereiche operative Polizei (Referat 1), administrative<br />

Polizei (Referat 2) und den Strafvollzug (Referat 3) verantwortlich waren. Am Jahresende<br />

1954 verfügte die Diensteinheit über 24 Mitarbeiter. 257 Neuer Leiter <strong>der</strong> Abteilung<br />

VII wurde im November diesen Jahres Gustav Szinda, <strong>der</strong> als Stabschef und Kommandeur<br />

<strong>der</strong> XI. Internationalen Brigade am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen und<br />

die folgende Kriegszeit im Moskauer Exil zugebracht hatte. Ab 1949 hat er als Abteilungsleiter<br />

für Polizeifragen beim Parteivorstand gewirkt, war 1951 in die Reihen <strong>der</strong><br />

<strong>Staatssicherheit</strong> getreten und hatte in <strong>der</strong> Auslandsspionage gearbeitet. 258 Allerdings erfolgte<br />

sein Einsatz auf dem neuen Posten »nicht freiwillig«. 259 Zu seinen ersten Erfolgen<br />

in <strong>der</strong> Abteilung VII zählten die Aufdeckung von Spionage in <strong>der</strong> Druckerei <strong>der</strong> HV DVP<br />

sowie <strong>der</strong> erfolgreiche Abschluss des Gruppenvorgangs zu einer »großen Schieberbande«.<br />

260<br />

Als die <strong>Staatssicherheit</strong> im Sommer 1955 nach erfolgreichen Schlägen gegen die inneren<br />

Gegner ihr »Gesicht dem Westen zu« wandte, 261 sollte auch die Linie VII nach dem<br />

Willen von <strong>Staatssicherheit</strong>schef Ernst Wollweber neue Schwerpunkte setzen und die Kapazitäten<br />

<strong>der</strong> Volkspolizei stärker für sich nutzen.<br />

»Die VII hat doch bis jetzt gearbeitet auf ihrem Gebiet rein abwehrmäßig, aber zum Teufel, in<br />

<strong>der</strong> Volkspolizei gibt es doch sehr viele Möglichkeiten um anzuknüpfen und für die Aufklärung<br />

etwas herauszuholen. Ja? Durch die Hände <strong>der</strong> Volkspolizei laufen doch Tausende von Menschen,<br />

von denen man einige ausnutzen kann. Das soll die VII nicht machen, aber die soll organisieren,<br />

dass die Möglichkeiten ausgenutzt werden im Interesse <strong>der</strong> Aufklärung.« 262<br />

So wurde im Herbst 1955 die Abteilung VII umstrukturiert. Neu zugeschnitten wurde das<br />

Referat 1 unter Harry Otto, »welches sich ausschließlich mit Westarbeit beschäftigte«. 263<br />

Für die Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> HV DVP war jetzt das Referat 2 <strong>der</strong> Abteilung VII verantwortlich.<br />

264 Als Leiter des sogenannten Abwehrreferates 3 fungierte Helmut Patelczyk,<br />

<strong>der</strong> für die Abwehrarbeit in <strong>der</strong> HV DVP und <strong>der</strong> Linie Volkspolizei bis in die Bezirksverwaltungen<br />

verantwortlich zeichnete. Er schuf in <strong>der</strong> HV DVP eine »Operativgruppe von<br />

Inoffiziellen Mitarbeitern […], welche den Charakter einer Abwehr-Residentur trägt«. 265<br />

Die Linie VII wurde 1955 wegen einer viel zu geringen Spitzeldichte in den Einheiten<br />

<strong>der</strong> Bereitschaftspolizei kritisiert 266 und musste diese Zuständigkeit Ende des Jahres an die<br />

256 Vgl. Zusammenfassung zur Zentralen Dienstkonferenz des SfS o. D. [1953]; <strong>BStU</strong>, MfS, ZAIG Pressestelle<br />

Abt. 1 200, o. Pag.; siehe auch Sélitrenny, Rita: Doppelte Überwachung. Geheimdienstlicher Ermittlungsmethoden<br />

in den DDR-Untersuchungshaftanstalten. Berlin 2003, S. 340.<br />

257 Vgl. Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter (Anm. 25) Beilage.<br />

258 Vgl. <strong>BStU</strong>, MfS, KS I 1/89.<br />

259 Vgl. Schreiben Gustav Szinda an Minister für <strong>Staatssicherheit</strong> v. 18.9.1958; <strong>BStU</strong>, MfS, KS I 1/89,<br />

Bd. 2, S. 150 f.<br />

260 Vgl. Prämierungsvorschlag v. 20.1.1955; <strong>BStU</strong>, MfS, KS I 1/89, Bd. 1, S. 26.<br />

261 Vgl. Fricke, Karl Wilhelm; Engelmann, Roger: »Konzentrierte Schläge«. <strong>Staatssicherheit</strong>saktionen und<br />

politische Prozesse in <strong>der</strong> DDR 1953–1956. Hg. <strong>BStU</strong>. Berlin 1998, S. 223.<br />

262 Referat des Staatssekretärs auf <strong>der</strong> Dienstbesprechung im MfS am 5.8.1955; <strong>BStU</strong>, MfS, SdM Nr. 1921,<br />

S. 43–77.<br />

263 <strong>BStU</strong>, MfS, BV Potsdam, KS II 132/88, S. 60.<br />

264 Vgl. <strong>BStU</strong>, MfS, KS 240/66; <strong>BStU</strong>, MfS, AIM 2767/58.<br />

265 Schreiben <strong>der</strong> Abt. VII v. 11.9.1958; <strong>BStU</strong>, MfS, KS 240/66, S. 30.<br />

266 Vermerk über Dienstbesprechung mit <strong>der</strong> Abt. VII v. 12.1.1955; <strong>BStU</strong>, MfS, SdM Nr. 1920, S. 100–104.

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