Anatomie der Staatssicherheit - BStU
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behandelt werden, sollen hier überblicksartig zwei weitere Hauptaufgaben mehrerer Abteilungen<br />
<strong>der</strong> Hauptabteilung VII dargestellt werden: die Grenzsicherung und die Westarbeit.<br />
Denn obwohl die Hauptabteilung VII zu den klassischen Abwehrdiensteinheiten zählte,<br />
hatte ihre Tätigkeit auch starken Westbezug. Die Diensteinheit kümmerte sich um Spionageabwehr<br />
in den Einrichtungen <strong>der</strong> Volkspolizei sowie des Ministeriums des Innern und<br />
untersuchte die »gegnerische Kontaktpolitik/Kontakttätigkeit«. Es galt beispielsweise Informationen<br />
über westliche Journalisten und Wissenschaftler zu gewinnen, die sich für die<br />
ostdeutsche Volkspolizei interessierten. Auch im Zuge <strong>der</strong> Aufnahmeverfahren in Röntgental<br />
fielen zahlreiche Informationen über die Bundesrepublik an; zudem sollte das Einschleusen<br />
von Agenten verhin<strong>der</strong>t werden. Ferner galt es, die politischen Gefangenen im<br />
DDR-Strafvollzug gegenüber dem Westen zusätzlich abzuschirmen und die Möglichkeiten<br />
zur Schleusung eigener IM auf dem Wege des Häftlingsfreikaufs auszuloten. In diesem<br />
Zusammenhang sollten die Verbindungen von amnesty international in die DDR unterbunden<br />
werden, und es wurden auch IM <strong>der</strong> Linie VII in den Westen geschickt. 34 Ferner<br />
berührte die Bekämpfung internationaler Schmuggelbanden den Westen. 35<br />
Obwohl für Mitarbeiter von Volkspolizei und Ministerium des Innern <strong>der</strong> Westen eigentlich<br />
tabu war, hatten auch die IM unter ihnen teilweise verwandtschaftliche o<strong>der</strong> private<br />
Kontakte dorthin – was wie<strong>der</strong>um die Linie VII als Informationsquelle nutzte. 36 Auch<br />
die Inoffiziellen Kriminalpolizeilichen Mitarbeiter (IKM), die nicht zur Westarbeit eingesetzt<br />
werden sollten, wurden von <strong>der</strong> K I und <strong>der</strong> Linie VII nach privaten Westreisen über<br />
gewonnene »Kenntnisse über die allgemeinen Regimeverhältnisse während des Aufenthaltes«<br />
(wie etwa zu den Grenzkontrollen) befragt. Zudem sollten Versuche zur Beeinflussung<br />
o<strong>der</strong> gar Anwerbung <strong>der</strong> IKM durch gegnerische Geheimdienste aufgedeckt werden.<br />
Der Beitrag <strong>der</strong> IKM zur Westarbeit lag allerdings mehr in einem nachträglichen Abschöpfen<br />
als in <strong>der</strong> Ausführung gezielter Aufträge. 37<br />
Ferner schickte die <strong>Staatssicherheit</strong> die eigenen IM mit gezielten Instruktionen in den<br />
Westen. Insgesamt waren 19 IM <strong>der</strong> Hauptabteilung VII im »Operationsgebiet« wohnhaft<br />
(darunter 16 IMB und 3 IMS), die hauptsächlich von den Abteilungen 13 und 3 geführt<br />
wurden. Zusätzlich ließen sich 22 IM bei Dienstreisen und 47 IM bei Privatreisen unmittelbar<br />
gegen den Westen einsetzen. 38 Die West-IM <strong>der</strong> Linie VII sollten in den achtziger<br />
Jahren, wie die an<strong>der</strong>er Linien, auch als Frühwarnsystem gegen befürchtete militärische<br />
Angriffe <strong>der</strong> NATO dienen. 39 Auch die Abteilungen VII <strong>der</strong> Bezirksverwaltungen verfüg-<br />
34 Vgl. Bericht <strong>der</strong> Abt. 8 <strong>der</strong> HA VII über eingeleitete Maßnahmen und Ergebnisse bei <strong>der</strong> politischoperativen<br />
Bearbeitung personeller Stützpunkte und Verbindungen <strong>der</strong> Organisation »Amnesty International«<br />
v. 22.6.1979; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII/8, ZMA 322/79, S. 10–19; Arbeitsmaterial [des 1. Stellv. des<br />
Leiters <strong>der</strong> HA VII Spange] zum Thema »Einschätzung des Standes und <strong>der</strong> Ergebnisse bei <strong>der</strong> Durchsetzung<br />
<strong>der</strong> Aufgabenstellungen <strong>der</strong> DA 5/85« [v. 25.6.1987]; <strong>BStU</strong>, MfS, BV Potsdam, Abt. VII<br />
Nr. 747, S. 89–105.<br />
35 Vgl. Entwurf <strong>der</strong> HA VII zur Orientierung für die Arbeit <strong>der</strong> HA und Linie VII im und nach dem Operationsgebiet<br />
v. September 1985, 25 S., 1 Anlage; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Bdl. 19, o. Pag.<br />
36 Vgl. Übersicht <strong>der</strong> Abt. 7 <strong>der</strong> HA VII zu IM v. 29.7.1989, 3 S.; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Bdl. 1001, o. Pag.<br />
37 Vgl. Abt VII <strong>der</strong> BV Potsdam: Übersicht über die Reisetätigkeit <strong>der</strong> operativen Basis des AG I <strong>der</strong> K des<br />
Bezirkes Potsdam v. 23.6.1988; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Nr. 992, S. 6.<br />
38 Vgl. Zusammenfassung <strong>der</strong> HA VII über den im Operationsgebiet dislozierten und durch Ausreisemöglichkeiten<br />
nach dem NSW direkt einsetzbaren IM-/GMS-Bestand <strong>der</strong> operativen Abteilungen v. 31.1.1989, 3 S.<br />
mit 2 S. Anlage; <strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Bdl. 543, o. Pag. Im Januar 1986 verfügte die HA VII noch über 85<br />
IMB, doch sank <strong>der</strong>en Zahl durch 35 Umkategorisierungen. Entwicklung des IM-/GMS-Bestandes im<br />
1. Hj. 1989 sowie Mitarbeiter- und Bestandsentwicklung seit dem 1.1.1988 v. Juli 1989, 7 S. mit 2 S. Anlage;<br />
<strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Bdl. 543, o. Pag.<br />
39 Vgl. Leiter <strong>der</strong> HA VII: Aufgaben <strong>der</strong> HA VII zur frühzeitigen Aufklärung akuter Aggressionsabsichten<br />
und überraschen<strong>der</strong> militärischer Aktivitäten imperialistischer Staaten und Bündnisse v. 15.10.1985;<br />
<strong>BStU</strong>, MfS, HA VII Bdl. 1011, o. Pag.