sportFACHHANDEL 12_2016 Leseprobe
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
13.<strong>2016</strong><br />
Outdoor | INDUSTRIE | 19<br />
müssen dafür breite Koalitionen schmieden. Und:<br />
Die Definition von dem, was Outdoor ist, muss<br />
offen geführt werden!“<br />
Aber reicht das, um die bereits jetzt von Wachstumsschwäche<br />
gezeichnete Branche zu retten?<br />
Francois Beauchard Vorsitzender des European<br />
Network of Outdoor Sports (ENOS) berichtet<br />
von einer Studie aus dem Jahr 1966, in der Segeln<br />
zum großen Trend erklärt wird. „ Eine von vier<br />
Familien in Frankreich hätten bald ein Boot, hieß<br />
es“, so der Franzose. „In den 80ern wurde Windsurfing<br />
zum Trend und zum wichtigsten Wassersport<br />
Frankreichs erklärt. Und 1992 sagte der damalige<br />
Adidas-Chef Bernard Tapie Outdoor eine große<br />
Zukunft voraus – nur hat man das bei Adidas nicht<br />
verstanden und den Markt verpasst.“ Fazit: „Vor 20<br />
Jahren haben wir nicht in die Zukunft sehen können<br />
und heute können wir das ebenso wenig!“ Und die<br />
Entwicklung anhand der Zahlen vom letzten Jahr<br />
vorauszusagen, sei wie in den Rückspiegel zu<br />
schauen beim Autofahren.<br />
Wie man eine Branche über Jahrzehnte hinweg<br />
ändert und anpasst, erklärte Anders Selling<br />
(Management Consultant) an Beispielen aus der<br />
Automobil-Industrie. Sie habe insbesondere in der<br />
Entwicklung der Supply Chain Vorbildfunktion,<br />
darüber hinaus basierten alle erfolgreichen Entscheidungen<br />
auf umfangreichen Datensammlungen,<br />
Auswertungen und Analysen. „Konequentes<br />
Marken-Management ist der Schlüssel zum Erfolg“,<br />
berichtet Selling. Für die Outdoor-Industrie sieht<br />
er vor allem die folgenden Herausforderungen:<br />
Die Supply Chain müsse konsequent durchforstet<br />
und optimiert werden, man müsse den Aspekt<br />
der Nachhaltigkeit ernst nehmen, Innovationen<br />
und Einzigartigkeit groß schreiben. Sie seien der<br />
Schlüssel zu Profitabilität. Und: „Fordert euch<br />
selbst heraus, oder jemand anderes wird es tun!“<br />
Zum Thema Retail referierte Frédéric Hufkens,<br />
CEO von A.S. Adventure mit seinen Marken<br />
Bever, A.S. Adventure, Cotswold und Snow &<br />
Rock. „Man muss heutzutage schon einen verdammt<br />
guten Grund haben, um jemanden in ein<br />
echtes Ladengeschäft zu locken,“ so der Niederländer.<br />
Dazu seien die Vorteile, die Online-Händler<br />
zu bieten haben, einfach zu groß: Ein weltweites<br />
Netzwerk, ein effizienter Versand, mittlerweile auch<br />
Experten-Tipps, Nutzer-Kommentare, die Breite<br />
der Kollektionen und günstige Preise ... „die reinen<br />
Online-Player sind eine Bedrohung für die Industrie<br />
und für die Marken“, erklärt Hufkens. „Über den Preis<br />
zu verkaufen ist der einfachste Weg. Aber man wird<br />
immer jemanden finden, der noch günstiger ist.“<br />
Aktuell könne man von einen Kampf „Marktanteile<br />
gewinnen vs. Geld machen“ sprechen, was zu einer<br />
Art Dumping-Wettlauf führe. Das Problem: „Es gibt<br />
immer noch Investmentfirmen, die so ein Business-<br />
Modell finanzieren!“<br />
Für Ladengeschäfte<br />
spräche nach wie vor das<br />
Einkaufserlebnis, die<br />
persönliche Beratung,<br />
sofortige Lieferung,<br />
einfache Rückgabe, bequemes<br />
Einkaufen, echte<br />
Menschen und natürlich<br />
die Möglichkeit, Materialien<br />
zu fühlen und berühren<br />
zu können. Doch<br />
die traurige Realität habe<br />
zum Beispiel in Großbritannien<br />
dazu geführt,<br />
dass es keinen einzigen<br />
Multi-Marken-Store<br />
mehr auf der Insel gäbe.<br />
Durch den Internethandel<br />
hätten die<br />
Marken kurzfristig von<br />
einem zusätzlichen<br />
Distributionskanal profitiert. Hier dürfe man aber<br />
nicht vergessen, dass Aufbau und Pflege eigener<br />
Internetshops auch Geld kosteten. Hufkens’ Fazit:<br />
„Nur Omnichannel-Händler helfen dabei, Marken<br />
aufzubauen, während Pure Players Marken nur<br />
benutzen.“ Doch: „Wir können nicht so viel für unser<br />
digitales Marketing ausgeben<br />
wie die Pure<br />
Player, weil wir auch<br />
noch in Shopflächen,<br />
Mitarbeiter und in den<br />
After Sales investieren<br />
müssen.“ Hufkens<br />
berichtet davon, dass<br />
beispielsweise knapp<br />
die Hälfte aller<br />
Reklamationen mit<br />
Polar von Käufern<br />
käme, die die Uhren im<br />
Internet gekauft haben.<br />
„Wir übernehmen das<br />
trotzdem.“ Unterstützen<br />
könnten die Marken<br />
Omnichannel-Händler<br />
auf vielfältige Weise, zum Beispiel mit exklusiven<br />
Produktlaunches, speziellen Konditionen, POS-<br />
Werbung, Schulungen und Support sowie mit einer<br />
selektiven Vertriebspolitik, die Omnichannel-Händler<br />
von Pure Playern unterscheide. „Die Verlängerung<br />
der Kollektionen ist die Omnichannel-Antwort auf<br />
die Pure-Player“, so Hufkens. Die Vorteile für die Marken:<br />
sofortige Extra-Verkäufe, Informationen über<br />
Kundenverhalten, vielfältige, neue Möglichkeiten.<br />
„Get out, change, think up“ lautete ein Motto des<br />
diesjährigen European Outdoor Summits. Möglichkeiten<br />
dazu gibt es viele. Die Frage bleibt, inwieweit<br />
sie genutzt werden.