6 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 5 <strong>Oktober</strong> <strong>2016</strong>
POLITIK 20 Tage Vaterschaftsurlaub Heute steht einem frischgebackenen Vater in der Schweiz gleich viel bezahlte freie Zeit zu wie bei einem Wohnungswechsel: ein Tag! Das findet auch der <strong>VSAO</strong> unhaltbar und unterstützt deshalb die Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub». Diese fordert 20 Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub – flexibel und tageweise innert eines Jahres nach der Geburt. Lisa Loretan Krummen, Projektassistentin Politik und Kommunikation <strong>VSAO</strong> Nico van der Heiden, Stv. Geschäftsführer/Leiter Politik und Kommunikation <strong>VSAO</strong> Da es die nationale Politik abgelehnt hat, selbst einen moderaten Vorschlag für zwei Wochen Vaterschaftsurlaub weiterzuverfolgen, will nun eine breit abgestützte Allianz von Arbeitnehmerorganisationen mit einer Volksinitiative in dieser – auch für viele unserer Mitglieder – wichtigen Frage zu einer fortschrittlichen Lösung gelangen. Der <strong>VSAO</strong> unterstützt die Initiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub. Vereinbarkeit von Beruf und Familie Der <strong>VSAO</strong> engagiert sich für eine bessere Vereinbarkeit des Arztberufs mit Privatleben und Familie. Gerade für Ärztinnen und Ärzte im Spital ist es schwierig, ihre lange Arbeitswoche (sehr häufig im Schichtbetrieb) mit dem Wunsch, für die eigene Familie da zu sein, in Einklang zu bringen. Der <strong>VSAO</strong> bietet seinen Mitgliedern deshalb verschiedene Dienstleistungen: Via Onlineformular auf der Website kann die KiTa-Vermittlung in Anspruch genommen werden. Die Unterstützung bei der zeitraubenden Suche nach freien Plätzen in Kindertagesstätten ist mittlerweile seit mehreren Jahren erprobt. Gleiches gilt für das Coaching-Angebot, das der <strong>VSAO</strong> seinen Mitgliedern kostenlos anbietet. Es beinhaltet eine individuelle telefonische Beratung seitens einer Fachperson der Fachstelle UND. Im Rahmen dieses Coachings wird die berufliche und familiäre/private Situation reflektiert. Gestützt darauf werden Lösungs- und Handlungsansätze aufgezeigt mit dem Ziel, Arztberuf und Familie/Privatleben besser vereinbaren zu können. Auch auf Seiten der Arbeitgeber versucht der <strong>VSAO</strong>, Veränderungen zu initiieren. Die Liste von bewährten Beispielen aus Spitälern und Kliniken, welche auf unserer Website unter «Good Practice» aufgeführt ist, wächst erfreulich. Diese Beispiele zeigen auf, dass es möglich ist, die nötigen familienfreundlichen Strukturen zu schaffen. Informationen hierzu finden sich nicht zuletzt in der <strong>VSAO</strong>-Broschüre «Familienfreundliche Massnahmen im Spital». Vaterschaftsurlaub Die Geburt eines Kindes ist ein grosser Schritt und verändert jede Familie. Nach der Geburt wird der Vater zu Hause dringend benötigt; er unterstützt die Mutter, pflegt das Neugeborene und betreut vielleicht auch dessen Geschwister. Er übernimmt Verantwortung. Das wird heutzutage von Vätern auch erwartet und ist Die Initiative im Überblick Die Initiative will nach dem Vorbild des Mutterschaftsurlaubs einen bezahlten Vaterschaftsurlaub einführen. Dieser soll gemäss Initiativtext die Dauer von mindestens vier Wochen haben. Das entspricht in der Regel einer Abwesenheit von 20 Arbeitstagen. Es soll – im Gegensatz zum Mutterschaftsurlaub – der Grundsatz gelten, dass der Vaterschaftsurlaub flexibel bezogen werden kann und zwar innert eines Jahres nach der Geburt des Kindes. Die Flexibilität gilt sowohl für den Zeitpunkt des Bezugs wie auch für seine Aufteilung: So soll es auch möglich sein, den Vaterschaftsurlaub als einzelne freie Arbeitstage zu beziehen. Dahinter steht die Überlegung, dass der Vaterschaftsurlaub auch mit Teilzeitarbeit verbunden werden kann (z.B. Reduktion von 100% auf 80% während 20 Wochen). Eine Möglichkeit ist auch, beispielsweise gleich nach der Geburt zwei Wochen Vaterschaftsurlaub am Stück und die Resttage einzeln zu beziehen. Die mindestens 14 Wochen Mutterschaftsurlaub bleiben unangetastet. sinnvoll: Denn die Fähigkeit zu kompetenter Vaterschaft ist biologisch angelegt. Ob dieses Potenzial aktiviert wird, ist aber – stärker als bei Müttern – abhängig von der frühzeitigen Übernahme von Verantwortung und Betreuungsaufgaben für das Kind. 90 Prozent der Schweizer Männer wollen mehr Zeit und Flexibilität, um mehr für ihre Kinder da sein zu können. 1 Doch die Rahmenbedingungen stimmen nicht: Auch und gerade Männer haben Probleme, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen! Heute gibt es in der Schweiz keine gesetzliche Regelung für einen Vaterschaftsurlaub. Üblicherweise wird den frischgebackenen Vätern ein freier Tag gewährt, wobei einzelne Arbeitgeber die Zeichen der Zeit erkannt haben und freiwillig über dieses gesetzliche Minimum hinausgehen. Männer stehen heute also verstärkt in der Verantwortung für die Kinderbetreuung, treffen aber nicht mehr zeitgemässe Rahmenbedingungen an. So sind die Väter auf den Goodwill des Arbeitgebers angewiesen. Wer es sich leisten kann und das Einverständnis des Arbeitgebers hat, nimmt unbezahlten Urlaub. Der grosse Rest muss heute Ferien nehmen. Die Alternative ist, bei der Geburt und/oder in der Zeit nach der Geburt nicht präsent zu sein. Der <strong>VSAO</strong> ist der Ansicht, dass diese Regelung nicht im Sinne seiner Mitglieder ist und geändert werden sollte. Das Initiativprojekt Eine breite zivilgesellschaftliche Allianz von Frauen-, Männer-, Familien- und 1 Meier-Schatz, Lucrezia (2011). Was Männer wollen. Studie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Pro Familia Schweiz <strong>Nr</strong>. 5 <strong>Oktober</strong> <strong>2016</strong> <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC 7