VSAO JOURNAL Nr. 5 - Oktober 2016
Symbol Gastroenterologie / Nephrologie Vaterschaftsinitiative IFAS
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PERSPEKTIVEN<br />
AUS DER «THERAPEUTISCHEN UMSCHAU»*<br />
Renale Hypertonie – die Rolle<br />
der Nieren bei der Entstehung<br />
der arteriellen Hypertonie<br />
und die Nieren als Endorgan<br />
Die Nieren spielen eine entscheidende Rolle bei der Blutdruckregulation, indem sie bei der Salz-Wasserregulation<br />
beteiligt sind und durch das Renin-Angiotensin-Aldosteronsystem selber über Instrumente<br />
zur Blutdruckregulation verfügen. Sie sind ebenfalls Effektororgan des sympathischen Nervensystems.<br />
Das Verständnis der Pathophysiologie führt zu einem gezielten Einsatz der Sub stanzklassen, welche zur<br />
Behandlung der arteriellen Hypertonie heute zur Verfügung stehen. Als renale Hypertonie bezeichnet<br />
man eine auf dem Boden einer Nierenerkrankung bestehende arterielle Hypertonie, wobei die Nieren<br />
auch Endorgan sind und der antihypertensiven Behandlung im Sinne einer optimalen «Nephroprotektion»<br />
eine besondere Bedeutung zukommt. Dies be inhaltet die Blutdruckbehandlung innerhalb der<br />
Zielwerte < 130/80 mmHg und ein Absenken der Proteinurie auf < 1 g/d.<br />
Nephrologie, Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital Baselland, Liestal<br />
Ineke Grendelmeier<br />
Pathogenese der<br />
arteriellen Hypertonie<br />
Das Verständnis der Entstehung der arteriellen<br />
Hypertonie wurde wesentlich durch<br />
die Arbeiten von Arthur Guyton in den<br />
1970er Jahren beeinflusst. A. Guyton postulierte,<br />
dass der Blutdruck vor allem<br />
durch die Kapazität der Nieren, Natrium<br />
auszuscheiden gesteuert wird und diese<br />
eine zentrale Rolle bei der Blutdruckregulation<br />
spielen [1]. Neuere Erkenntnisse<br />
unterstützen dies, zeigen aber auch, dass<br />
der Blutdruck nicht durch die Salz-Wasserregulation<br />
allein sondern zusätzlich<br />
durch Änderungen des Gefässsystems und<br />
des vegetativen Nervensystems im Langzeitverlauf<br />
beeinflusst wird [2].<br />
Renale Salz-/Wasserregulation<br />
Die renale Wasser-und Salzretention führt<br />
zu einer Erhöhung des Extrazellulärvolumens,<br />
des Blutvolumens und damit zu ei-<br />
* Der Artikel erschien ursprünglich in der «Therapeutischen<br />
Umschau» (2015; 72 (6): 369-374). <strong>VSAO</strong>-Mitglieder<br />
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nem gesteigerten kardialen Output und<br />
einem Blutdruckanstieg. Dabei gelingt es<br />
der Niere durch Natrium-/Wasserretention<br />
respektive- Exkretion so fein zu regulieren,<br />
dass das Extrazellulärvolumen unter normalen<br />
Bedingungen lediglich um 10 %<br />
variiert. Diese Effekte sind gestört bei Patienten<br />
mit eingeschränkter Nierenfunktion.<br />
Das Guyton-Modell der Blutdruckregulation<br />
postuliert, dass Langzeitänderungen<br />
des Blutdruckes entweder durch Änderungen<br />
der Kapazität der Niere bei der Natriumexkretion<br />
und/oder der Natriumzufuhr<br />
bedingt sind.<br />
Neben der Salzausscheidung in Abhängigkeit<br />
der Nierenfunktion scheint der Salzkonsum<br />
eine Rolle bei der Entstehung der<br />
arteriellen Hypertonie zu spielen. In Populationen<br />
mit einem Salzkonsum von<br />
über 2.3 g Natrium/d (entspricht etwa 6 g<br />
Kochsalz/d) ist die Prävalenz der sogenannten<br />
«essentiellen Hypertonie» wesentlich<br />
grösser als in Populationen, welche<br />
einen Salzkonsum von unter 1.2 g<br />
Natrium/d (etwa 3 g Kochsalz/d) aufweisen,<br />
in welchen diese Form der Hypertonie<br />
fast nicht existent ist [3]. Eine salzreduzierte<br />
Diät führt zu einem Absinken des<br />
systolischen sowie des diastolischen Blutdrucks<br />
vor allem bei Individuen mit Hypertonie<br />
und in Abhängigkeit des Alters<br />
[4]. Somit scheint es zumindest Kochsalz-<br />
Grenzwerte zu geben, welche langfristig<br />
das Entstehen einer Hypertonie begünstigen<br />
oder diese verhindern respektive rückgängig<br />
machen.<br />
Kurzfristige Steigerungen der Salz zufuhr<br />
führen bei unterschiedlichen Probanden<br />
zu einer variablen Blutdruck erhöhung mit<br />
interindividuellen und intraindividuellen<br />
Unterschieden zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />
[4]. Dies wird als «Salzsensitivität»<br />
bezeichnet. Dabei reagieren Menschen<br />
afroamerikanischer Herkunft, Patienten<br />
mit metabolischem Syndrom oder<br />
Nierenerkrankungen sensibler auf eine<br />
abrupte Salzerhöhung und haben dadurch<br />
möglicherweise ein erhöhtes Risiko<br />
für die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie<br />
(s. Abb. 1).<br />
Die genauen Mechanismen der Salzsensitivität<br />
sind nicht gut verstanden. Bei Patienten<br />
mit eingeschränkter Natriumexkretion<br />
kann die Blutdruckerhöhung als<br />
physiologische Antwort verstanden werden,<br />
indem die Niere via eine Druck-Diurese<br />
versucht eine erhöhte renale Perfusion<br />
und Natriumexkretion zu erreichen.<br />
Patienten mit einer normalen Nierenfunktion<br />
ist es möglich ohne eine Blutdruckerhöhung<br />
über die Suppression des<br />
Renins und eine Erhöhung des Atrial<br />
Natriuretic Peptides (ANP) die Natrium<br />
Ausscheidung zu steigern (s. Abb. 2).<br />
<strong>Nr</strong>. 5 <strong>Oktober</strong> <strong>2016</strong><br />
<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />
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