Verfahrenstechnik 10/2016
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VERFAHRENSTECHNIK IM ALLTAG<br />
I SERIE<br />
Ob blond, ob braun …<br />
In Haarfärbemitteln sorgt ein Chemiecocktail für das gewünschte Ergebnis<br />
Das Färben von Haaren hat eine<br />
lange Tradition. So nutzten<br />
beispielsweise schon die Römer<br />
Bleiacetat als Oxidationsmittel, um<br />
die Haarfarbe an modische<br />
Vorgaben anzupassen. Heute<br />
kommt statt Naturstoffen ein<br />
genau aufeinander abgestimmtes<br />
Potpourri an Spezialchemikalien<br />
zum Einsatz.<br />
Sollen Haare dauerhaft ihre Farbe ändern,<br />
führt kein Weg an einer permanenten<br />
Färbung vorbei. Im Gegensatz zu einer reversiblen<br />
Tönung, bei der sich der Farbstoff<br />
nur von außen um das Haar legt, dringen<br />
bei einer permanenten Färbung die Farbstoffteilchen<br />
in das Haar ein und verbinden<br />
sich dauerhaft mit der Haarstruktur.<br />
Bei der Haarfärbung werden Oxidationsbasen,<br />
das heißt, leicht oxidierbare aromatische<br />
Verbindungen (z. B. Phenylendiamin,<br />
Toluylendiamin, Aminophenol)<br />
zusammen mit Nuancierern auf das Haar<br />
gebracht. Diese unentwickelten Pigmente<br />
können aufgrund ihrer geringen molekularen<br />
Größe sehr gut ins Haar vordringen und<br />
damit eine gleichmäßige Anfärbung erreichen.<br />
Damit die Farbstoffteilchen überhaupt<br />
in das Haarinnere eindringen können,<br />
wird das Haar durch ein alkalisches<br />
Medium wie Ammoniak aufgequollen. Alkalien<br />
sind daher für das Haarefärben unabdingbar,<br />
da diese das Haar aufnahmefähig<br />
machen. Erst dadurch kann die Farbe in<br />
den Faserstamm (Cortex) vordringen.<br />
Oxidativer Vorgang<br />
Durch die Zugabe von Wasserstoffperoxid<br />
wird der oxidative Vorgang ausgelöst. Durch<br />
den aktiven Sauerstoff werden die farblosen<br />
Farbvorstufen zum sichtbaren Pigment entwickelt.<br />
Da sich diese Pigmente miteinander<br />
und mit dem Haarkeratin verbinden, entsteht<br />
eine Art „Käfigwirkung“. So können<br />
sich Pigmente im Cortex des Haares festhalten.<br />
Nuancierer sind teils entwickelte oder<br />
anoxidierte Farbbildner, die einer Farbe darüber<br />
hinaus eine bestimmte Farbrichtung/<br />
Nuancierung geben. Beim Blondieren wird<br />
Wasserstoffperoxid in Konzentrationen zwischen<br />
1,9 bis maximal 12 Prozent eingesetzt;<br />
höhere Konzentrationen würden die Haarstruktur<br />
verändern und schädigen.<br />
Das Haar besteht aus mehreren Peptidketten,<br />
deren Grundbausteine einzelne Aminosäuren<br />
sind. Die Aminosäuren in Peptiden<br />
enthalten funktionelle Gruppen, die<br />
durch Wechselwirkungen (Wasserstoffbrückenbindungen)<br />
mit anderen Aminosäuren<br />
und deren funktionellen Gruppen und Salzen<br />
dem Haar die bestimmte Festigkeit und<br />
Elastizität geben. Beim Blondieren wird das<br />
Farbpigment Melanin gelöst, viele Wasserstoffbrücken<br />
verlieren ihren Halt. Persulfate<br />
verstärken als Aufhellbeschleuniger die<br />
Wirkung.<br />
Weitere Zusatzstoffe<br />
Neben Farbstoffbasen und Oxidationsmitteln<br />
enthält ein Haarfärbeprodukt noch<br />
Verdickungsmittel, beispielsweise Fettalkohole<br />
und Lanolin, sodass die Mischung cremiger<br />
wird. Antioxidantien, zum Beispiel<br />
Natriumsulfit beziehungsweise Natriumformaldehydsulfoxylat<br />
oder Ascorbinsäure,<br />
sorgen dafür, dass die Oxidationsbasen<br />
nicht unter Lufteinfluss vorzeitig oxidiert<br />
werden. Um die Anwendung weiter zu verbessern,<br />
kommen außerdem Netzmittel,<br />
Pufferstoffe, Reduktionsmittel sowie Duftstoffe<br />
zum Einsatz. <br />
(kf)<br />
Foto: Fotolia<br />
48 VERFAHRENSTECHNIK <strong>10</strong>/<strong>2016</strong>