Evaluierung der Wohnform „Co-housing“ am Beispiel von ...
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ARGE Brugger Matosic Studie Cohousing<br />
So wie die deutsche Gartenstadtgesellschaft in Berlin schon vor 1914 Hinterslichtführungen<br />
und sprachliche Falschmünzerei zu verhin<strong>der</strong>n versuchte, tat dies in Wien Max Ermers. Er<br />
betonte neben allen an<strong>der</strong>en Kriterien beson<strong>der</strong>s das Reihenhaus und den unmittelbar<br />
verbundenen Hausgarten als Wesensmerkmal <strong>der</strong> Gartenstadt. Ermers 1926: „Die grüne Hof-<br />
und Gartenanlage, auf die die Höhenbewohner <strong>der</strong> dritten o<strong>der</strong> fünften Etage herabblicken,<br />
ist gewiss vom Standpunkte des ehemaligen Bewohners einer proletarischen Vorkriegswoh-<br />
nung eine ganz ausgezeichnete Sache; aber zum Besitzer einer Gartenstadtwohnung ist er<br />
dadurch noch nicht geworden. Zinskaserne bleibt Zinskaserne. Man kann sie verbessern,<br />
verschönern, begrünen o<strong>der</strong> mit Orn<strong>am</strong>entik bekleben… barock, heimatkünstlerisch,<br />
altdeutsch-giebelig, palladianisch o<strong>der</strong> oberbayrisch… aus <strong>der</strong> Kategorie <strong>der</strong> Zinskasernen-<br />
architektur kann man sie durch terminologische Sch<strong>am</strong>haftigkeit nicht herausheben.“ Trotz<br />
aller Bemühungen ließ sich nicht verhin<strong>der</strong>n, dass aus dem progr<strong>am</strong>matischen Begriff Garten-<br />
stadt immer mehr ein pragmatischer wurde. Schließlich machte man sogar aus dem Haupt-<br />
wort ein Eigenschaftswort und nannte den Karl-Marx-Hof „gartenstadtähnlich“. (19)<br />
Schon im Jahre 1922 tauchte ein neuer Begriff auf, <strong>der</strong> dem <strong>der</strong> Gartenstadt Konkurrenz<br />
machte und ihn dann in den Jahren nach 1945 fast völlig verdrängte. Ernst May entwickelte<br />
im Wettbewerb für den Bebauungsplan <strong>der</strong> Stadt Breslau eine Lösung für die Stadterweite-<br />
rung im Sinne <strong>der</strong> Howardschen Dezentralisierungsgedanken, nannte aber die neuen Ein-<br />
heiten nicht Garten-, son<strong>der</strong>n Trabantenstädte. May: „Diese Bezeichnung wurde gewählt, um<br />
zum Ausdruck zu bringen, dass die neuen Organismen <strong>der</strong> Vergrößerung sich um den alten<br />
Kern gruppieren sollen, wie Planeten um die Sonne schweben; als freie Körper, die doch in<br />
vielen Funktionen abhängig sind vom Zentralgestirn. Die Zentralstadt wird nach <strong>der</strong> Abrun-<br />
dung auf ihren bisherigen Raum beschränkt. Das sie umgebende Freiland wird <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
Zentralgemeinde erworben und als Ackerfläche und Erholungsgrün ausgewertet.“ (20) Mays<br />
Trabantenstadt entsprach also Howards Gartenstadt.<br />
Mit inhaltlicher Konsequenz wurden diese Gedanken nach 1945 nur in Großbritannien verwirk-<br />
licht. Unter den 15 ersten New Towns entstanden allein acht zur Entlastung Londons außerhalb<br />
des die Hauptstadt umgebenden, rechtlich gesicherten Grüngürtels. In Mitteleuropa sind die<br />
Begriffe Gartenstadt, Gartensiedlung, Wohnsiedlung, Wohnanlage, Großsiedlung, Trabanten-<br />
stadt, Satellitenstadt, Neue Stadt, Entlastungsstadt und an<strong>der</strong>e zu teils werbewirks<strong>am</strong>en, groß-<br />
teils aber berüchtigten Schlagworten geworden, die allein vom N<strong>am</strong>en her meist keine Rück-<br />
schlüsse auf die Qualität des Gebauten im Sinne <strong>der</strong> einstigen reformatorischen Ansprüche<br />
zulassen. Dies trifft beson<strong>der</strong>s auf die oft auch Satellitenstädte genannten – (Großfeldsiedlung<br />
Wien, Märkisches Viertel Berlin u.a.) <strong>der</strong> zweiten Grün<strong>der</strong>zeit nach 1965 zu. Gerd Albers 1980:<br />
„Schon bald erwies die Ernüchterung um die Mitte <strong>der</strong> siebziger Jahre die Urbanitäts- und<br />
Verdichtungswelle als das, was sie war: als einen Ausbruchsversuch aus <strong>der</strong> Kontinuität <strong>der</strong><br />
städtebaulichen Vernunft, als Reaktion vielleicht erklärbar, aber als Progr<strong>am</strong>m nicht fundiert<br />
und daher nicht tragfähig.“ (21)<br />
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