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KAWASAKI<br />
Ninja 650<br />
<strong>11</strong><br />
NOVEMBER<br />
<strong>2016</strong><br />
HONDA<br />
Fireblade<br />
SP-2<br />
KAWASAKI<br />
Z 1000 SX<br />
NEUHEITEN<br />
2017<br />
BMW<br />
S 1000 RR<br />
BMW<br />
S 1000 R<br />
SUZUKI<br />
GSX-R 1000 R<br />
BMW<br />
R nineT Racer<br />
DUCATI<br />
SuperSport<br />
TRIUMPH<br />
Street Cup<br />
SUZUKI<br />
GSX-R 125<br />
SUZUKI<br />
GSX-S 750<br />
DAS<br />
<strong>PS</strong>-BATTLE<br />
RENNSTRECKE<br />
UND GELÄNDE<br />
Rennstrecken-Test<br />
IDM-MEISTERBIKE<br />
Yamaha YZF-R1<br />
BMW R 1200 GS Adventure<br />
DUCATI 1200 Multistrada Enduro<br />
KTM <strong>11</strong>90 Adventure R<br />
Getestet<br />
Yamaha R1-<br />
Serien-Elektronik<br />
PITLANE-EXTRA<br />
14 Seiten<br />
Hobby-Racing<br />
Zonkos<br />
Attacke<br />
KAWASAKI<br />
ZX-10R<br />
Deutschland € 4,20<br />
Österreich € 4,80; Schweiz sfr 7,20;<br />
BeNeLux € 4,90; Dänemark DKR 47,00;<br />
Italien € 5,60; Slowenien € 5,60;<br />
Spanien € 5,60<br />
<strong>PS</strong>-ONLINE.DE
THE KING IS BACK.<br />
AB FRÜHJAHR<br />
2017<br />
Das setzt dem Ganzen die Krone auf.<br />
Die neue GSX-R1000 kann man nicht mit bloßen Worten beschreiben, dafür umso<br />
besser mit Superlativen: Sie hat den kraftvollsten GSX-R-Motor aller Zeiten, ist<br />
leichter, aerodynamischer und kompakter zu fahren als jede ihrer Vorgänger und<br />
setzt mit schlankem Design und elektronischen Fahrassistenzsystemen ganz<br />
neue Gixxer-Maßstäbe. Das liest sich gut? Warte, wie es sich erst bei einer Probefahrt<br />
anfühlt – ab Frühjahr 2017 bei deinem Suzuki Vertragshändler.<br />
DIE NEUE SUZUKI<br />
MOTORRAD APP<br />
Suzuki Motorrad<br />
Deutschland<br />
www.suzuki.de
INHALT <strong>11</strong>/<strong>2016</strong><br />
08<br />
Viel Neues konnten die Besucher der Kölner INTERMOT bestaunen –<br />
darunter einen ganz starken Auftritt von Weltmarktführer Honda<br />
Fotos: Slawomir Niewrzol, Andreas Weinand<br />
Titelfotos: andreasriedmann.at, Jacek Bilski, Tanja O’Kelly, Hersteller<br />
SZENE<br />
04 NEWS/PRODUKTE<br />
Triumph-Weltrekordversuch;<br />
Yamaha MT-07 Bestseller im August<br />
TEST<br />
08 NEUHEITEN<br />
Von BMW bis Suzuki: Die supersportlichen<br />
INTERMOT-Highlights<br />
30 GROSSENDURO-VERGLEICH<br />
Ein Biathlon mit Dickschiffen von<br />
BMW, Ducati und KTM<br />
44 ZONKOS ATTACKE<br />
Meisterhaft: ZX-10R aus Österreich<br />
52 FAHRASSISTENZEN<br />
Das optimale Setup für die YZF-R1<br />
56 IDM-MEISTERBIKE<br />
Track-Test der R1 von Marvin Fritz<br />
SERVICE<br />
60 TECHNIK-FRAGEN<br />
SPORT<br />
72 PITLANE<br />
Die spannenden Finalrennen im<br />
Yamaha- und Triumph-Cup<br />
88 SUPERBIKE-WM<br />
Comeback der Serie am Lausitzring<br />
96 SPORT-NEWS<br />
RUBRIKEN<br />
62 MARKT<br />
71 LESERPOST<br />
86 DSK-NACHRICHTEN<br />
98 VORSCHAU/IMPRESSUM<br />
72<br />
Endspurt: <strong>PS</strong>-Racer Tobi<br />
(#21) gab alles beim R6-<br />
Cup-Finale in Hockenheim<br />
Das komplette Heft gibt es auch als E-Paper fürs iPad.<br />
Mehr Infos: www.ps-online.de/ps-epaper<br />
Offizielle<br />
Mitgliederzeitschrift<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 3
SZENE<br />
NEWS<br />
GUY SCHEITERT<br />
ERNEUT<br />
BONNEVILLE/USA Schon zum zweiten<br />
Mal in diesem Jahr zog der Triumph-<br />
Tross im September mit seinem Streamliner-Motorrad<br />
und Pilot Guy Martin zu<br />
den legendären Salzseen in den US-<br />
Bundesstaat Utah. Dort sollte der hippe<br />
Brite, bekannt aus Werbung, Fernsehen<br />
und der TT auf der Isle of Man, für den<br />
Motorradhersteller den Landspeed-<br />
Rekord für Motorräder brechen. Um die<br />
aktuelle Bestmarke von 606 km/h zu<br />
knacken, wurden zwei Rocket III-Dreizylinder<br />
mit Turbos auf über 1000 <strong>PS</strong><br />
gepimpt und in ein ultraleichtes Karbon-<br />
Zigarren-Chassis gesteckt.<br />
Leider herrschte auch beim zweiten<br />
Versuch gänzlich ungünstiges Wetter,<br />
Regen verwandelte die sonst harte Salzseen-Kruste<br />
in eine unbefahrbare<br />
Schmiermasse. Als die Offiziellen<br />
des Weltverbands FIM nach Tagen<br />
die Strecke schließlich doch<br />
noch für Rekordfahrten freigaben,<br />
kippte der Streamliner<br />
leider gleich zwei Mal um.<br />
Das erste Mal passierte das<br />
schon beim Anschleppen, der zweite<br />
Umfaller ereignete sich bei der nötigen<br />
Qualifikationsfahrt. Guy Martin blieb unverletzt,<br />
das „Motorrad“ kam mit leichten<br />
Blessuren davon. Das Team gibt<br />
jedoch nicht auf und möchte schon bald<br />
einen neuen Anlauf wagen. In der Szene<br />
wird schon geunkt, ob es Triumph nicht<br />
mal mit einem TT-Sieger versuchen<br />
sollte statt mit dem zwar populären Guy<br />
Martin, der selbst aber noch nie einen<br />
TT-Titel erringen konnte und mit dem<br />
Streamliner bisher überhaupt nur<br />
knapp über 400 km/h erreicht hat.<br />
Auf dem Salzsee in Utah<br />
so erfolgreich wie auf der<br />
Isle of Man? Guy Martin<br />
muss noch liefern<br />
Der Triumph-Streamliner mit<br />
zwei Rocket III-Turbo-Dreizylindern<br />
und 1000 <strong>PS</strong> fiel um<br />
4 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Fotos: Dainese<br />
Fette elf Jahre hielt die BMW R 1200<br />
GS hartnäckig die Spitze der deutschen<br />
Motorrad-Verkaufsstatistiken. Doch<br />
dann kam der August <strong>2016</strong> und die<br />
Bayerin war ihren Spitzenplatz los.<br />
Das schaffte weder ein potenter Supersportler<br />
noch eine der zahlreichen<br />
direkten Konkurrentinnen, die das<br />
Erfolgskonzept der GS seit Jahren anzuzapfen<br />
versuchen. Ausgerechnet die<br />
D-AIR ÜBERARBEITET<br />
DER DOKTOR EMPFIEHLT<br />
Im Vorfeld des MotoGP-Rennens in Misano modelte<br />
Valentino Rossi für seine Ausstatter Dainese und<br />
AGV und deren neue Kollektion für 2017. Darunter<br />
war auch die stark überarbeitete D-Air-Kombi „Mugello“,<br />
deren neue Airbags sich über den Nacken,<br />
die Schultern und das Schlüsselbein jetzt noch<br />
weiter nach unten erstrecken und so auch weite<br />
Bereiche der Rippen schützen. Verbessert wurde<br />
die Rennkombi auch im Bereich der Beine und der<br />
Ellbogen. In den Handel<br />
kommt die Mugello im<br />
Frühjahr 2017 und soll<br />
dann 3999 Euro kosten.<br />
VERKAUFSSTATISTIK<br />
BMW GS VOM THRON GESCHUBST<br />
Topmodel Valentino<br />
Rossi mit den Neuheiten<br />
von Dainese in Misano<br />
kleine Yamaha MT-07 schubste die GS<br />
auf den zweiten Platz. Der japanische<br />
Zweizylinder verkaufte sich im August<br />
345-mal, während die BMW 3<strong>11</strong>-mal<br />
neu zugelassen wurde. Doch das dürfte<br />
wohl nur ein Ausreißer-Monat dank<br />
der Sommerpause gewesen sein, denn<br />
schon in der Jahreswertung führt die<br />
GS wieder mit einsamen 5780 Einheiten<br />
gegen 2790 MT-07.<br />
EDITORIAL<br />
ES GEHT VORAN<br />
Die INTERMOT war eine gute Messe!<br />
Endlich war aus Sicht eines Sport-<br />
Motorrad-Magazins nicht schon nach<br />
einer einzigen Präsentation eines<br />
Herstellers mit einer leichten Retusche<br />
am schon bekannten Superbike<br />
Schluss mit dem Thema für die ganze<br />
Veranstaltung. Die letzten Jahre verhielt<br />
sich das so. Dann stand man als<br />
Sportler-Fan da und staunte über die<br />
Brot-und-Butter-Kübel, die als der<br />
Motorradentwicklung letzter Schluss<br />
gepriesen wurden, so als bauten<br />
Porsche und Ferrari Lieferwagen und<br />
wären auch noch stolz darauf.<br />
Doch diesmal gab es am ersten<br />
Messetag viel zu sehen und zu erfahren,<br />
was die Vorfreude auf das nächste<br />
Modelljahr und die kommenden Präsentationen<br />
in Schwung brachte. BMW<br />
hat das Superbike ohne Leistungseinbußen<br />
und unschöne Kompromisse in<br />
das Euro 4-Zeitalter gehievt. Kawasaki<br />
spendierte der für <strong>2016</strong> präsentierten<br />
ZX-10R eine Doppel-R-Version, peppte<br />
den Sporttourer sichtlich auf und<br />
machte aus der biederen ER-Baureihe<br />
mit der Ninja 650 einen sehr ansehnlichen<br />
kleinen Einsteiger-Sportler. Und<br />
dann Suzuki: Kevin Schwantz fuhr die<br />
neue GSX-R 1000 auf die Bühne, und<br />
die Japaner überraschten mit einem<br />
schön gemachten 125er-Sportler und<br />
einer ebensolchen GSX-S 750. Honda<br />
hat tatsächlich eine neue Fireblade<br />
und Ducati die SuperSport – es bewegt<br />
sich wieder was im Sportsegment.<br />
Weitere Modelle werden noch dieses<br />
Jahr folgen, schon auf der EICMA<br />
nächsten Monat. Hier in <strong>PS</strong> <strong>11</strong> gibt es<br />
jetzt schon mal die Highlights der<br />
INTERMOT – viel Spaß!<br />
Die Sportlerfaust zum Gruß<br />
Uwe Seitz, leitender Redakteur<br />
Fotos: fact, BMW<br />
Die GS musste im August der MT-07 weichen<br />
Fotos: Triumph<br />
<strong>11</strong>27<br />
AUSSTELLER AUS RUND 100 LÄNDERN NUTZTEN<br />
DIE INTERMOT ALS PLATTFORM, UM IHRE PRO-<br />
DUKTE RUND UM DAS THEMA MOTORRAD DEN HÄNDLERN,<br />
DER FACHPRESSE UND DEN MOTORRAD-ENTHUSIASTEN<br />
ZU PRÄSENTIEREN. DAS SIND GUT 60 MEHR ALS NOCH 2014.<br />
Foto: Yvonne Hertler<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE
Foto: Helly<br />
KURZ & KNAPP<br />
++ BRILLE MIT TUCH ++<br />
Helly Bikereyes bietet im<br />
Oktober allen Bestellern im<br />
Online-Shop, die für mindestens<br />
20 Euro einkaufen,<br />
als Dankeschön ein<br />
Multifunktionstuch in<br />
recht morbider Optik,<br />
das auch als Buff getragen<br />
werden kann.<br />
www.bikereyes.de<br />
++ KORREKTUR ++<br />
Der in <strong>PS</strong> 10 zitierte<br />
Gerhard Lindner ist<br />
nicht wie angegeben<br />
Projektleiter der BMW S 1000<br />
RR, sondern in der Qualitätsabteilung<br />
von BMW. Projektleiter<br />
ist von Vertriebsseite<br />
Sepp Mechler, Baureihenleiter<br />
aller Vierzylinder ist<br />
Rudolf Schneider. Sorry nach<br />
München!<br />
++ NEUE CHEFIN++<br />
Die 39-jährige Natalie Kavafyan<br />
hat zum 1. September<br />
<strong>2016</strong> als General Manager<br />
für die<br />
Triumph<br />
Motorrad<br />
Deutschland<br />
GmbH die<br />
Verantwortung<br />
für die<br />
Märkte<br />
Deutschland<br />
& Österreich und die<br />
deutschen Niederlassungen<br />
übernommen.<br />
Foto: Triumph<br />
++ STRASSENBAU ++<br />
Das Bundesverkehrsministerium<br />
hat den Bundesverkehrswegeplan<br />
2030 vorgestellt,<br />
bei dem 49,3 Prozent<br />
der über 1000 Projekte für<br />
die Straße vorgesehen sind.<br />
Bei einer Gesamtinvestition<br />
von 269,6 Milliarden Euro<br />
wären das etwa 132,9 Milliarden<br />
Euro für Bundesfernstraßen.<br />
Andere Straßen<br />
fallen in die Zuständigkeit<br />
der Länder.<br />
Fotos: Jacek Bilski, KFV<br />
IDEALLINIE<br />
HILFE BEIM EINLENKEN<br />
Laut einer Studie aus Österreich fahren fast alle Motorradfahrer vor allem Linkskurven<br />
falsch an und geraten deshalb viel zu schnell an die Fahrbahnmitte oder direkt<br />
in den Gegenverkehr. Aus diesem Grund läuft nun auf zehn Strecken in der Alpenrepublik<br />
ein Pilotprojekt, bei dem große Kreise entlang der Mittellinie den Piloten<br />
helfen sollen, die Kurven so zu „hinterschneiden“, dass sie sicher um die Kurven<br />
kommen und auch in Schräglage nicht mit dem Kopf Gefahr laufen, mit dem Gegenverkehr<br />
zu kollidieren. Das Wiener „Kuratorium für Verkehrssicherheit“ ist als Initiator<br />
optimistisch, dass diese Maßnahme hilft und nach der Erprobungsphase auf<br />
besondere Gefahrenstellen in ganz Österreich ausgeweitet werden könnte. In besagter<br />
Studie wurden 800 Fahrer ausgewertet, von denen 95 Prozent die Linkskurven<br />
falsch genommen hätten.<br />
REDAKTIONS-TIPP<br />
AM ANSCHLAG<br />
Ein Schaden am Lenkanschlag führt<br />
schnell zum wirtschaftlichen Totalschaden.<br />
Besonders gefährdet sind für<br />
die Rennstrecke umgebaute Bikes, da<br />
die Gabeln bei Bodenkontakt gern so<br />
vehement einklappen, dass der Lenkanschlag<br />
der unteren Gabelbrücke abbricht.<br />
Schützen kann man sich dagegen<br />
mit zusätzlichen Lenkanschlägen,<br />
die an den Gabelholmen befestigt werden<br />
und beim starken Lenkeinschlag<br />
am Rahmen im Bereich des Lenkkopfes<br />
anstehen. Angeboten werden solche<br />
Teile etwa von ABM (Bild, 32,90 Euro).<br />
Foto: ABM<br />
Foto: Suzuki<br />
Wer in Linkskurven rechts von den Kreisen<br />
bleibt, läuft laut Modellversuch nicht Gefahr,<br />
mit dem Gegenverkehr zu kollidieren<br />
GSX-S 1000<br />
LIMITED EDITION<br />
Passend zum Erfolg von Maverick Vinales<br />
und Co. gibt es die Suzuki GSX-S 1000 jetzt<br />
66-mal in MotoGP-Optik. Noch mehr Anreiz<br />
für Suzuki-Fans bietet das limitierte Bike<br />
mit einem Yoshimura-Auspuff und einem<br />
klappbaren Kennzeichenhalter. Der Preis<br />
von 12 995 Euro liegt außerdem 650 Euro<br />
unter dem empfohlenen Verkaufspreis der<br />
Serien-GSX-S 1000. Anfragen nach der<br />
Limited Edition an den offiziellen Suzuki-<br />
Händler. www.suzuki.de<br />
6 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
KLEIDER-<br />
BÖRSE<br />
Leider ist der Sommer längst<br />
vorbei, und statt dem Ledereinteiler<br />
sind wieder wetterfeste<br />
Klamotten hoch im Kurs.<br />
Aber ein neuer Helm lässt<br />
schon an die nächste Saison<br />
denken und Schleifer am Ellbogen<br />
passen auch zum Wintertrainings-Turn<br />
im Süden.<br />
Foto: agv<br />
AGV legt für Rossi-Fans den<br />
in Misano so spektakulär<br />
in Szene gesetzten Helm im<br />
Blues Brothers-Design auf.<br />
Dabei handelt es sich um<br />
den für 2017 noch einmal<br />
beim Sichtfeld, der Aerodynamik<br />
und im Komfort<br />
verbesserten Pista GP R.<br />
Kostenpunkt für das Blues<br />
Brothers-Design:<br />
1200 Euro. www.agv.com<br />
RUKKA I „Thund-R“<br />
nennt sich die Einsteiger-Jacke<br />
in das<br />
Obersegment der<br />
schwedischen Bekleidungsspezialisten.<br />
Die Jacke gibt es ab<br />
Ende <strong>2016</strong> in den<br />
Größen 40 bis 66 in<br />
Schwarz oder mit<br />
Neon-Applikationen<br />
für 699 Euro.<br />
Foto: Rukka<br />
SKILLSKIN bietet für<br />
alle Nachwuchs-Márquez<br />
eine Nachrüstung<br />
der eigenen Kombi mit<br />
Ellbogenschleifern.<br />
Die Preise variieren je<br />
nach Kombi zwischen<br />
165 und 195 Euro. Die<br />
Schleifer kommen von<br />
Held oder Gimoto und<br />
sind nach der Umrüstung<br />
einfach austauschbar.<br />
www.skill-skin.de<br />
Foto: Skillskin<br />
Foto: Rukka<br />
RUKKA II Keine Jacke<br />
ohne Hose: Das<br />
„Thund-R“-Beinkleid<br />
kommt allerdings nur<br />
in Schwarz, in Normalgrößen<br />
von 46 bis<br />
62 und Sondergrößen<br />
bei der Beinlänge.<br />
Preis: 579 Euro.<br />
www.rukka.com<br />
Foto: AC-Schnitzer<br />
Hebel für BMW<br />
KURZE HEBEL SIND GENERELL EIN TIPP<br />
FÜR ZWEIFINGER-BREMSER, DA SIE NICHT<br />
SO LEICHT ABBRECHEN. AC SCHNITZER<br />
BIETET SIE SECHSFACH VERSTELLBAR FÜR<br />
ALLE WASSERGEKÜHLTEN BMW-BOXER<br />
UND DIE R-NINE-T-MODELLE IN ALU-CNC-<br />
QUALITÄT FÜR 259,90 EURO (PAAR) AN.<br />
WWW.AC-SCHNITZER.DE<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 7
NEUHEITEN<br />
INTERMOT<br />
SCHARFE<br />
SACHEN<br />
Die INTERMOT in Köln war dieses Jahr für einige Überraschungen<br />
gut. Gerade im <strong>PS</strong>-Revier der Supersportler<br />
tut sich für 2017 viel. Von BMW bis Suzuki gibt es<br />
viel Neues, ganz stark tritt Honda auf.<br />
Text: Michael Pfeiffer und Uwe Seitz; Fotos: Hersteller<br />
Wer dachte, Honda würde jetzt<br />
von Suzuki & Co. endgültig<br />
abgehängt, sieht sich angenehm<br />
enttäuscht. Die neue Feuerklinge<br />
wurde richtig nachgeschärft. <strong>11</strong> <strong>PS</strong><br />
mehr und sensationelle 14 Kilogramm<br />
leichter: Respekt!<br />
Als vor Kurzem die ersten Bilder<br />
der neuen Honda Fireblade durch das<br />
weltweite Netz geisterten, konnte man<br />
noch wenig damit anfangen. Das Design<br />
mit der weit nach hinten gezogenen<br />
Verkleidung wirkte fremd, aber<br />
darunter schien derselbe Motor und<br />
dasselbe Fahrwerk zu stecken. Weit<br />
gefehlt! Honda überarbeitete nicht nur<br />
den Reihenvierzylinder grundlegend,<br />
sondern auch das Fahrwerk. Heraus<br />
kommt nun eine neue Generation Superbike,<br />
die es in sich hat. 141 kW, also<br />
193 <strong>PS</strong> soll der Motor nun liefern, und<br />
damit er es leichter hat, wiegt die Neue<br />
nur noch 196 Kilogramm vollgetankt.<br />
Die noch schärfere SP-2-Version soll<br />
sogar noch ein Kilo weniger auf die<br />
Waage bringen. Das sind stramme Werte,<br />
aber noch längst nicht alles. Zum<br />
ersten Mal verwendet Honda ein Driveby-Wire-System<br />
für die Motorsteuerung<br />
und ein elektronisches Fahrwerk<br />
mit variabler Dämpfung. Es fehlt also<br />
erst einmal an nichts mehr, auch nicht<br />
an einer Blipperfunktion, Race-ABS,<br />
wählbarem Motorbremsmoment,<br />
TFT-Dashboard und diversen Riding-<br />
Modes. Endlich.<br />
Honda spannte seine Supersport-<br />
Fans ja auch schon ziemlich lange auf<br />
die Folter. Ja, nach den letzten beiden<br />
Weltmessen konnte man schon vermuten,<br />
der weltgrößte Motorradhersteller<br />
würde sich endgültig aus dem Hightech-Rennen<br />
der teuren Motorräder<br />
ausklinken. Zumal erst vor Kurzem<br />
durchsickerte, dass die CBR 600 RR<br />
eingestellt würde. Erst die Präsentation<br />
des V4-Renners RCV213-S und die<br />
deutliche Leistungssteigerung der<br />
Honda in der Superbike-WM gaben<br />
wieder Hoffnung auf neues Schnelles.<br />
Jetzt darf man sich freuen auf ein<br />
wirklich toll entwickeltes und sauber<br />
verarbeitetes Superbike mit teilweise<br />
einzigartigen Features.<br />
Thema Gewicht: Wie schafften es<br />
die Honda-Ingenieure, 14 Kilogramm<br />
an der Fireblade zu sparen? Mit viel<br />
Aufwand, aber auch cleveren Entscheidungen.<br />
So zieht der Anlasser seinen<br />
Saft aus einer sehr leichten Lithium-<br />
HONDA<br />
8 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Ionen-Batterie. Macht Sinn, spart mindestens<br />
ein Kilo. Fast drei Pfund spart<br />
der neue Tank, der erstmals aus Titan<br />
gefertigt wird. Wie auch der Auspufftopf,<br />
der dadurch zwei Kilogramm<br />
leichter ausfällt. Leichtere Räder, eine<br />
leichtere, aber verdrehsteifere Schwinge,<br />
ein ebenfalls leichterer, aber steiferer<br />
Heckrahmen und ein leichterer<br />
Hauptrahmen gehören zur Schlankheitskur.<br />
Letzterer wurde mit dünneren<br />
HONDA<br />
FIREBLADE<br />
SP-2<br />
Wandungen ausgestattet, die nicht nur<br />
500 Gramm sparen, sondern auch zehn<br />
Prozent mehr Flexibilität zulassen. So<br />
soll die schnelle 1000er besser liegen.<br />
Man wird sehen. Der Motor wurde um<br />
gut zwei Kilogramm abgespeckt, obwohl<br />
er deutlich erstarkte. Klingt gut.<br />
Dem Vierzylinder wurde durch<br />
schärfere Nockenwellen eine höhere<br />
Nenndrehzahl verpasst, wobei<br />
die 12 500/min, bei denen<br />
er seine Höchstleistung erreichen soll,<br />
noch eher zahm sind. Grund: Bohrung<br />
und Hub blieben mit 76 zu 55,1 Millimetern<br />
gleich. Dafür steuert ihn das<br />
volle Elektronikpaket. Throttle-by-Wire<br />
mit nun 48er-Drosselklappen, elektronischer<br />
Gasgriff, drei Leistungskurven,<br />
Fünfachsen-Sensorbox, Drehmoment-<br />
Kontrolle in neun Stufen, Wheelie-<br />
Control, einstellbare Motorbremse,<br />
Quickshifter, Blipper, verschie-<br />
DATEN<br />
Vierzylinder-Reihenmotor, 1000 cm3, Bohrung/Hub 76,0/55,1 mm,<br />
141 KW (193 <strong>PS</strong>) bei 13 000/min, <strong>11</strong>6 Nm bei <strong>11</strong> 000/min, Spezial-<br />
Zylinderkopf, semiaktives Fahrwerk mit variabler Dämpfung<br />
(Öhlins), Kurven-ABS, Fahrdynamik-Regelung, Wheelie-Control,<br />
Gewicht vollgetankt 195 Kilogramm, Marchesini-Schmiederäder<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 9
NEUHEITEN<br />
Honda Fireblade SP: Nackt zeigt sich erst die aufwendige Konstruktion der neuen<br />
Klinge. Titantank, Titan-Auspufftopf, dicke Auspuffklappe, sehr leichte Motordeckel<br />
und extrem abgespeckte Fahrwerksteile. Auch die SP erhält das elektronische<br />
Öhlins-Fahrwerk, Blipper, Fahrmodi und Motorbremsmoment-Einstellung<br />
HONDA<br />
FIREBLADE<br />
SP/SP-2<br />
10 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Die optische Verschlankung<br />
tut der ehemals etwas<br />
pummeligen Blade<br />
gut. Nun wirkt sie<br />
viel schlanker und<br />
gestreckter und<br />
somit deutlich<br />
sportlicher. Effektiv<br />
ist sie nur 20 Millimeter<br />
schmäler<br />
als die Vorgängerin<br />
INTERMOT<br />
DATEN<br />
HONDA<br />
CB <strong>11</strong>00 RS<br />
Luftgekühlter Vierzylinder-Reihenmotor, <strong>11</strong>40 cm3, Bohrung/Hub: 73,5/67,2 mm,<br />
66 kW (90 <strong>PS</strong>) bei 7500/min, 91 Nm bei 5500/min, Verdichtungsverhältnis 9,5:1,<br />
Sechsganggetriebe, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Zünd-/<br />
Einspritzanlage, 32-mm-Drosselklappen, 252 kg vollgetankt, Preis k. A.<br />
dene Riding-Modes. Die<br />
Logik der Fahrdynamik-<br />
Regelung soll dabei auf den<br />
Algorithmen der Steuerung<br />
des humanoiden Asino<br />
fußen. Jenem netten Roboter,<br />
den Honda immer mal<br />
wieder lustige Dinge wie<br />
Treppensteigen oder „hello“<br />
sagen lässt.<br />
Das elektronische Fahrwerk liefert<br />
Öhlins. Feinste Federware, die in Millisekunden<br />
die Dämpfung an die aktuellen<br />
Anforderungen anpasst. Auch hier<br />
kann zwischen drei Grundeinstellungen<br />
gewählt werden, die manuell noch<br />
feinjustiert werden können. Neben<br />
der durch die blitzschnell optimierte<br />
Dämpfung unterstützten Wheelie-<br />
Kontrolle wird auch das gefährliche<br />
Abheben des Hinterrads beim Bremsen<br />
verhindert. Richtig bremsen geht<br />
durch die Brembo-Monoblocks und<br />
einem sensibel abgestimmten Kurven-<br />
ABS sicher ganz fantastisch.<br />
Noch wissen wir nichts über den<br />
Preis. Aber klar ist, diese Hightech-<br />
Maschine wird nicht im Sonderangebot<br />
zu haben sein. Dagegen spricht schon<br />
die offensive Verwendung von teurem<br />
Titan. Aber man kann sich bei Honda<br />
ja auch sicher sein, dass in zwei Jahren<br />
nicht schon wieder die nächste<br />
Fire blade-Generation im Laden stehen<br />
wird. Freuen wir uns auf die nächste<br />
Saison!<br />
Hier abgebildet sind die Versionen<br />
Fireblade SP und SP-2. Die SP-2 unterscheidet<br />
sich von der etwas weniger<br />
hochwertigen Version durch Marchesini-Schmiederäder,<br />
einen speziellen<br />
Zylinderkopf mit vergrößerten Ventilen<br />
und engerem Ventilwinkel und speziellen,<br />
leichteren Kolben. Damit soll die<br />
SP-2 perfekt auf die Verwendung der<br />
HRC-Rennkits vorbereitet und voll<br />
rennstreckentauglich sein. Die Rennabteilung<br />
HRC will zwei verschiedene<br />
Kits anbieten, das wird sicher ins Geld<br />
gehen. Honda möchte von der SP-2<br />
lediglich 500 Exemplare bauen. Das<br />
reicht, um die Homologation für die<br />
Superbike-Weltmeisterschaft zu bekommen.<br />
So wird die SP-2 auch die<br />
Basis für die Renneinsätze sein. Sozusagen<br />
das zukünftige Arbeitsgerät<br />
von Noch-MotoGP-Pilot Stefan Bradl<br />
und Nicky Hayden.<br />
In vier Wochen wird wohl auf der<br />
Messe in Mailand (EICMA) die Basis-<br />
Fireblade vorgestellt. Noch ist nichts<br />
über die dritte Blade zu erfahren.<br />
Aber man kann sich ausmalen, dass<br />
diese Version ohne das teure Öhlinsfahrwerk<br />
auskommen muss, dafür aber<br />
voll soziustauglich sein wird. Sitzbankpolster<br />
und Fußrasten für den Beifahrer<br />
werden dann das Gewicht wieder<br />
über 200 Kilogramm treiben.<br />
Honda CB <strong>11</strong>00 RS:<br />
dicke Retro-Wumme<br />
Eine ganz andere Klientel spricht die<br />
Retro-Vierzylinder CB <strong>11</strong>00 RS an. Verehrern<br />
luftgekühlter Triebwerke wird<br />
ein schön verarbeiteter <strong>11</strong>00er präsentiert,<br />
der mit 90 <strong>PS</strong> nicht übermäßig<br />
motorisiert scheint, aber dafür mit einem<br />
deutlich aufgewerteten Fahrwerk<br />
im Vergleich zur bisherigen CB <strong>11</strong>00<br />
aufwartet. Auf den nahtlos verarbeiteten<br />
Tank und die hochwertige Lackierung<br />
des 252-Kilo-Brockens ist Honda<br />
besonders stolz.<br />
Noch konservativer wird die CB<br />
<strong>11</strong>00 EX ausgelegt. Bei ihr verbinden<br />
Drahtspeichen die Felgen mit den<br />
Naben, und die Federelemente kommen<br />
ganz klassisch in Chrom und<br />
poliertem Aluminium daher.<br />
Die neue Fireblade und auch die<br />
<strong>11</strong>00er zeigen, dass Honda inzwischen<br />
wieder das Ohr am europäischen<br />
Markt hat. Was gut ist, wie man an dem<br />
tollen Erfolg der Africa Twin sehen<br />
kann. Weiter so, keep on racing!<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> <strong>11</strong>
NEUHEITEN<br />
Die neue GSX-R 1000 ist deutlich<br />
schlanker und kompakter geworden<br />
als ihre Vorgängerin. Die<br />
Lufteinlässe für die Airbox zitieren<br />
die ehemaligen Scheinwerfer<br />
der Gixxer-K-Modelle<br />
SUZUKI<br />
GSX-R 1000 R<br />
DATEN<br />
Wassergekühlter Vierzylinder-Reihenmotor,<br />
999,8 cm³, Bohrung/Hub 76,0 x 55,1 mm, Verdichtungsverhältnis<br />
13,2:1, 148,6 kW (202 <strong>PS</strong>) bei<br />
13 200/min, <strong>11</strong>7,6 Nm bei 10 800/min, Sechsganggetriebe,<br />
Traktionskontrolle, Launch-Control (nur<br />
R-Modell), Blipper (nur R-Modell), Schräglagen-ABS,<br />
Balance-Free-Dämpfung (nur R-Modell), Preis k. A.<br />
SUZUKI<br />
Endlich – darf man zur Präsentation<br />
von Suzuki sagen, denn die<br />
neue GSX-R 1000 war schließlich<br />
schon letztes Jahr als Konzept in Mailand<br />
zu sehen. Jetzt ist die Gixxer aber<br />
endlich echt und greifbar. Auf der<br />
EICMA 2015 sickerten zwar schon diverse<br />
technische Lösungen durch, etwa<br />
die variable Ventilsteuerung und die<br />
ultraleichten Schlepphebel, oder das<br />
komplexe Elektronikpaket und das<br />
Fahrwerk mit den Free-Balance-Dämpfern,<br />
wie wir sie von der aktuellen<br />
Kawasaki ZX-10R schon aus der Praxis<br />
kennen. Aber das neue Suzuki-Superbike<br />
hat noch viel mehr zu bieten.<br />
Da wäre zunächst die Leistung, die mit<br />
brutalen 202 <strong>PS</strong> bei 13 200/min angegeben<br />
wird. Das wäre etwa die gleiche<br />
Power wie die letzte von uns gemessene<br />
BMW S 1000 RR – nur noch ein paar<br />
Umdrehungen früher! Zur bisherigen<br />
GSX-R 1000 steigt die Leistung damit<br />
um satte 17 <strong>PS</strong>. Auch beim Drehmoment<br />
liegt die neue Suzuki mit <strong>11</strong>7,6 Nm bei<br />
10 800/min im Bereich der bisher so<br />
dominanten BMW. Sollte der Leistungsverlauf<br />
entsprechend linear ausfallen,<br />
haben wir gerne etwas länger auf eine<br />
würdige Nachfolgerin der legendären<br />
K5/K6 gewartet, die vor zehn Jahren<br />
alle anderen Superbikes eingedost hat.<br />
Der neue Reihenvierzylinder<br />
Dafür haben die Ingenieure das Grundkonzept<br />
des Reihenvierzylinders mit<br />
regelmäßiger Zündfolge nicht verändert,<br />
während das jüngste MotoGP-<br />
Bike versetzte Zündzeitpunkte hat.<br />
Doch der GSX-R-Motor ist dennoch<br />
komplett neu. Das System der variablen<br />
Einlasssteuerzeiten stammt trotzdem<br />
direkt aus dem MotoGP und funktionierte<br />
in der GSV-R 800 prächtig,<br />
wie der Projektleiter der neuen GSX-R,<br />
Sinichi Sahara, gegenüber <strong>PS</strong> erklärte.<br />
Sahara war Technikchef im damaligen<br />
MotoGP-Team und zeichnet auch für<br />
die neuartigen Schlepphebel verantwortlich,<br />
die mit ihrer bewegten Masse<br />
von lediglich drei Gramm noch schärfere<br />
Steuerzeiten erlauben. Ganz oben<br />
in der neuen Airbox sitzt jetzt eine<br />
neue Sekundär-Einspritzdüse, die Pri-<br />
12 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
INTERMOT<br />
märdüse liegt unterhalb der über Rideby-Wire<br />
gesteuerten Drosselklappen.<br />
Der eigentliche Clou sind hier die<br />
Ansaugtrichter, denn neben zwei herkömmlichen<br />
Trichtern über Zylinder<br />
zwei und drei sind die beiden äußeren<br />
so konstruiert, dass sie komplett ohne<br />
Stellmotor wie variable Ansaugtrichter<br />
funktionieren (siehe Seite 14). In unteren<br />
Drehzahlen kommt das Gemisch<br />
hauptsächlich über den langen Trichterverlauf<br />
und hilft so zu mehr Power<br />
bei niedrigen Touren. Bei hohen Drehzahlen<br />
drückt die Luft jedoch seitlich<br />
in den Trichter und generiert so viel<br />
Top-End-Power. Dieses Ziel eines<br />
breiten Leistungsbandes unterstützt<br />
auch die Auspuffanlage mit Interferenzrohren<br />
im Krümmer inklusive servogesteuerten<br />
Ventilen. Durch ein komplett<br />
neues Gehäuse mit effektiverer Wasserkühlung<br />
ist der neue Motor 6,6 Millimeter<br />
schmaler und zusätzlich durch<br />
eine geringere Neigung nach vorn<br />
22,2 Millimeter kürzer. In der kommenden<br />
<strong>PS</strong> können wir in unserem Neuheiten-Spezial<br />
zu den Superbikes 2017<br />
noch weitere spannende Details zum<br />
GSX-R-Motor erläutern. Etwa zum<br />
neuen Bohrung/Hub-Verhältnis und<br />
zur gestiegenen Verdichtung.<br />
Rahmen und Elektronik<br />
Der neue Aluminium-Rahmen ist wesentlich<br />
filigraner als der des Vorgängermodells,<br />
dazu ist er schmaler, was<br />
man dem Motorrad sofort anmerkt. Die<br />
neue GSX-R wirkt sehr kompakt und<br />
ist insgesamt drei Kilo leichter als die<br />
aktuelle, deutlich weniger umfangreich<br />
ausgestattete GSX-R 1000. Auch der<br />
Tank der Neuen ist viel flacher. Die<br />
Schwinge ist ebenfalls komplett neu.<br />
Auch dazu in <strong>PS</strong> 12 noch mehr Infos.<br />
Kommen wir deshalb gleich zur<br />
Elektronik der GSX-R 1000, wobei man<br />
spätestens hier zwischen der GSX-R<br />
1000 und dem zweiten Modell, der<br />
GSX-R 1000 R unterscheiden muss.<br />
Beide teilen sich die neue IMU mit der<br />
Neigungs-, Schräglagen- und Ausbrech-Sensorik.<br />
Dadurch verfügt die<br />
GSX-R 1000 generell ab sofort über<br />
eine zehnstufige Traktionskontrolle.<br />
Beiden Varianten gemein sind auch die<br />
drei Fahrmodi, die alle die 202 <strong>PS</strong> freisetzen.<br />
Allerdings ist der Leistungsverlauf<br />
entsprechend programmiert, setzt<br />
in Modus C sehr sanft ein und erlaubt<br />
es auch im Regen, mit der 202-<strong>PS</strong>-<br />
Wumme sicher ans Gas zu gehen. Damit<br />
Abwürger an der Ampel oder im<br />
Stadtverkehr quasi unmöglich sind, hat<br />
Suzuki übrigens eine Hilfe eingebaut,<br />
die die Drehzahl bei solchen Manövern<br />
automatisch anhebt. Ein Feature, das<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 13
NEUHEITEN<br />
01<br />
03<br />
01 Die variablen Steuerzeiten ergeben sich durch Fliehkraft,<br />
indem die Kugelgewichte im Steuerzahnrad der Einlassnocke<br />
bei hohen Drehzahlen nach außen wandern 02 Statt mit einem<br />
Stellmotor für variable Ansaugtrichterlängen behilft sich<br />
Suzuki mit einem Trick bei den beiden äußeren Trichtern.<br />
Bei hohen Drehzahlen drückt das Gemisch (gelb) hauptsächlich<br />
seitlich ein und „simuliert“ so kürzere Trichter<br />
02<br />
04<br />
03 Per Wahlschalter<br />
lassen sich die<br />
drei Modi der GSX-R<br />
anwählen. Auch die<br />
Traktionskontrolle<br />
kann damit über<br />
zehn Stufen variiert<br />
werden 04 Die IMU<br />
ist das Superhirn<br />
der neuen Superbike-Generation<br />
05 Das LCD-Display<br />
der Standard-GSX-<br />
R mit allen Infos<br />
05<br />
Bei niederen<br />
Drehzahlen<br />
Bei hohen<br />
Drehzahlen<br />
mit Modus B Stadtfahrten angenehmer<br />
machen soll, aber in allen Modi aktiv<br />
ist. Absolut linear und kompromisslos<br />
soll die Gixxer dann in Modus A zur<br />
Sache gehen.<br />
Das Schräglagen-sensible ABS ist<br />
auch Teil beider Modelle, ebenso wie<br />
die neuen 320-Millimeter-Bremsscheiben<br />
und die Monoblocks von Brembo.<br />
Beim Elektronikpaket unterscheiden<br />
sich die beiden Modelle jedoch in<br />
Sachen Schaltautomat und Launch-<br />
Control, was exklusiv der Racing-Basis,<br />
dem R-Modell, vorbehalten bleibt. Dieser<br />
Schaltautomat funktioniert dann<br />
auch in beide Richtungen. Die Launch-<br />
Control ist so programmiert, dass sie<br />
sich nach dem Startvorgang im dritten<br />
Gang automatisch abschaltet. Bei der<br />
Elektronik war es das aber dann schon<br />
mit dem Unterschied, sieht man vom<br />
LCD-Dashboard einmal ab, das bei<br />
der R umfangreicher ausfällt und für<br />
bessere Ablesbarkeit in Rennaction<br />
schwarz hinterlegt ist.<br />
Das Fahrwerk<br />
Den offensichtlichsten Unterschied der<br />
„einfachen“ Gixxer zur GSX-R 1000 R<br />
macht das Fahrwerk aus. Kommt Erstere<br />
mit einer herkömmlichen Showa-<br />
Upside-down-Gabel und einem Federbein<br />
aus demselben Haus aus, besitzt<br />
die R die Balance Free-Dämpfer von<br />
Showa. Wie gut diese funktionieren,<br />
dürfen wir gegenwärtig schon bei der<br />
Kawasaki ZX-10R erleben, die mit sehr<br />
gutem Feedback, feinem Ansprechverhalten<br />
und sportlich-knackiger<br />
Dämpfung glänzt.<br />
Die Preise für die neuen 1000er sind<br />
noch nicht bekannt. Aber bei unserem<br />
exklusiven Besuch in Japan vor wenigen<br />
Wochen zeigte man sich bei Suzuki optimistisch,<br />
das einstige Credo mit „viel<br />
14 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Bike für einen guten Preis“ beim neuen<br />
Superbike wieder in die Tat umzusetzen.<br />
Das Basismodell für um die 15 000 Euro<br />
wäre eine echte Kampfansage an die<br />
Konkurrenz. Dass bei einem solch ehrgeizigen<br />
Vorhaben an einigen Stellen<br />
besondere Kompromisse nötig sind, versteht<br />
sich von selbst. Und so ist sicher<br />
auch zu erklären, warum Suzuki auf<br />
einen Vorschalldämpfer, wie ihn BMW,<br />
Yamaha oder auch Kawasaki einsetzen,<br />
um die Euro 4-Normen bei Abgas und<br />
Geräusch einzuhalten und trotzdem<br />
einen vergleichsweise schlanken Endschalldämpfer<br />
verbauen zu können,<br />
verzichtet. Entsprechend wuchtig fällt<br />
der Seriendämpfer der GSX-R 1000 aus.<br />
Racern wird das relativ egal sein, sie<br />
greifen sowieso auf deutlich schlankere,<br />
leichtere und dazu noch leistungssteigernde<br />
Zubehörtöpfe zurück. Wir freuen<br />
uns jedenfalls schon mächtig auf<br />
den ersten Fahrtermin, der kurz nach<br />
dem Jahreswechsel erfolgen dürfte.<br />
Die Baby-Gixxer kommt!<br />
Dass Suzuki ein supersportliches Einsteiger-Bike<br />
anbieten möchte, haben<br />
wir schon längere Zeit vermutet. Dass<br />
so eine „Baby-Gixxer“ aber schon zur<br />
Messe in Köln präsentiert wird, hat<br />
uns dann aber doch überrascht. Die<br />
brandneue GSX-R 125 ist<br />
dann der perfekte erste<br />
Schritt für kommende<br />
Supersportler.<br />
Optisch ist die 125er<br />
schon jetzt ein voller Erfolg<br />
– gerade im MotoGP-Look.<br />
Dazu locken ein paar technische<br />
Features wie ein<br />
Funkschlüssel, mit dem das Bike lediglich<br />
mit einem Knopfdruck gestartet<br />
wird, und ein für die Klasse sehr<br />
erwachsen gestaltetes LCD-Cockpit die<br />
Youngster an.<br />
Der wassergekühlte Einzylinder hat<br />
im Vergleich zur etablierten Konkurrenz<br />
– etwa der Yamaha YZF-R 125 –<br />
eine deutlich größere Bohrung (Suzuki:<br />
62 mm/Yamaha: 52 mm), dafür<br />
weniger Hub und könnte somit höhere<br />
Drehzahlen generieren. Hier bewegen<br />
wir uns aber freilich im Bereich der<br />
Spekulation, denn bisher verheimlicht<br />
Suzuki noch die Leistungsdaten der<br />
125er. Aber Klassen-typische 10 bis<br />
<strong>11</strong> kW (um die 15 <strong>PS</strong>) dürfte der dohc-<br />
Motor mit Einspritzung bringen. Das<br />
Gewicht der Floh-Gixxer ist noch nicht<br />
öffentlich. Die Konkurrenz von Aprilia<br />
und Yamaha liegt bei 140 respektive<br />
145 Kilo. Entsprechend dürfte sich die<br />
Suzuki da einordnen lassen. Die<br />
INTERMOT<br />
Messe info von Suzuki verspricht<br />
aber schon mal<br />
den potentesten Motor der<br />
Klasse und das beste Gewichts/Leistungsverhältnis.<br />
Da sind wir schon mal<br />
gespannt.<br />
Die Sitzhöhe gibt Suzuki<br />
mit 785 Millimetern an.<br />
Dem kommt unter den vollverkleideten<br />
125ern lediglich die Honda CBR 125 R<br />
mit 793 Millimetern nahe. Alle anderen,<br />
auch die KTM RC 125, liegen deutlich<br />
über 800 Millimeter.<br />
Selbstverständlich verfügt die<br />
GSX-R 125 als Euro 4-Bike über ein<br />
ABS. Hinterher hinkt die Suzuki gegenüber<br />
den scharfen 125ern aus Österreich,<br />
Italien und Japan bei der Gabel.<br />
Die Konkurrenz setzt dort auf eine<br />
sehr erwachsene Upside-down-Gabel,<br />
der Suzuki-Youngster muss sich mit<br />
einer herkömmlichen Telegabel zufriedengeben.<br />
Aus GSR 750 wird GSX-S 750<br />
Der bisherige Topseller im Suzuki-Motorrad-Programm,<br />
die GSR 750, wurde<br />
für 2017 erheblich modernisiert. Der<br />
nackte Straßenflitzer erfüllt nun nicht<br />
nur die Euro 4-Norm, sondern macht<br />
aus <strong>PS</strong>-Sicht sowohl optisch als auch<br />
SUZUKI<br />
GSX-R 1000<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 15
NEUHEITEN<br />
DATEN<br />
Wassergekühlter Einzylindermotor,<br />
124,4 cm³, Bohrung/Hub 62,0 x 41,2<br />
mm, Verdichtung k. A., Leistung/<br />
Drehmoment k. A., Sechsganggetriebe,<br />
ABS, Länge 1975 mm,<br />
Sitzhöhe 785 mm, Radstand 1300<br />
mm, Preis k. A.<br />
technisch große Lust. Die Neue wirkt<br />
nicht nur dynamischer und hat ein<br />
deutlich aggressiveres Äußeres im Stil<br />
ihrer großen Schwester GSX-S 1000<br />
bekommen, auch bei den Leistungsdaten<br />
deutet alles auf eine wesentlich<br />
sportlichere Ausrichtung. Gegenüber<br />
der Vorgängerin soll die GSX-S 750<br />
trotz Euro 4 um acht <strong>PS</strong> zugelegt haben.<br />
Für den Motor griffen die Techniker<br />
interessanterweise zurück auf die<br />
GSX-R 750 von 2005, statt den aktuellen<br />
Vierzylinder weiter für ein Naked<br />
Bike anzupassen. Der Hauptgrund liegt<br />
allerdings in der äußeren Konstruktion<br />
des älteren Triebwerks, wodurch für<br />
das neue Modell ein nach wie vor kurzer<br />
Radstand von 1455 Millimetern<br />
ermöglicht wird. Dass es Suzuki auf<br />
sportlich-agiles Handling ankommt, zeigen<br />
schon die Serienreifen. Die GSX-S<br />
kommt mit Bridgestones Hypersportreifen<br />
S 21 auf neuen Alu-Gussrädern.<br />
Doch kurz noch mal zurück zum<br />
Antrieb. Der bekam neue und effektivere<br />
Einspritzdüsen verpasst. Die Auspuffanlage<br />
wurde leichter und Abgaseffektiver.<br />
Dazu gibt es eine kürzere<br />
Übersetzung, damit die 750er ordentlich<br />
lossprintet.<br />
Elektronisch wurde das Naked Bike<br />
richtig aufgerüstet. Die GSX-S 750 bekam<br />
eine dreistufige Traktionskontrolle.<br />
Diese funktioniert über den Abgleich<br />
von Vorder- und Hinterrad-Drehzahl,<br />
den Drosselklappen-Sensor sowie Sensoren<br />
für die Positionen von Kurbelwelle<br />
und Gang. Diese Daten werden alle<br />
vier Millisekunden abgeglichen. Sollten<br />
diese Daten dem hinterlegten Muster<br />
widersprechen, regelt die Traktionskontrolle<br />
via Zündung. Das gleiche<br />
System steckt auch im großen 1000er-<br />
Naked Bike und kann über einen Wahlschalter<br />
an die Straßenverhältnisse<br />
und die Fahrervorlieben angepasst<br />
werden. Ähnlich der 1000er hat nun<br />
Das LCD-<br />
Dashboard<br />
der kleinen<br />
Gixxer wirkt<br />
sehr „erwachsen“<br />
SUZUKI<br />
GSX-R 125 ABS<br />
16 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
INTERMOT<br />
SUZUKI<br />
GSX-S 750<br />
DATEN<br />
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, 749 cm³, Bohrung/Hub<br />
72,0 x 46,0 mm, Verdichtungsverhältnis 12,3:1, 84 kW (<strong>11</strong>4,2 <strong>PS</strong>) bei 10 500/<br />
min, 81 Nm bei 9000/min, Sechsganggetriebe, dreistufige Traktionskontrolle,<br />
ABS, Länge 2125 mm, Sitzhöhe 820 mm, Radstand 1455 mm, Preis: k. A.<br />
auch die GSX-S 750 ein LCD-Display im<br />
Cockpit. Wie alle Suzuki-Modelle seit<br />
<strong>2016</strong> besitzt auch die 750er das Easy-<br />
Start-System, bei dem ein kurzer Druck<br />
auf den Startknopf genügt. Den Rest<br />
übernimmt die Elektronik. Auch die<br />
Anfahrhilfe ist an Bord.<br />
Am Chassis ist zur Vorgängerin<br />
nicht viel verändert worden. Die<br />
Schwinge ist neu, und die Dämpfung<br />
wurde etwas überarbeitet. Ob sich<br />
durch die optischen Retuschen auch<br />
am Heck und mit einem offensichtlich<br />
neuen Lenker die etwas inaktive Sitzposition<br />
der GSR jetzt in Richtung sportlich<br />
verbessert hat, bleibt bis zur ersten<br />
Probefahrt abzuwarten. Auf jeden Fall<br />
hat Suzuki mit der GSX-S 750 anscheinend<br />
jetzt ein weiteres scharfes Naked<br />
Bike im Programm.<br />
Nicht ganz im <strong>PS</strong>-Fokus sind die beiden<br />
anderen Neuheiten von Suzuki auf<br />
der INTERMOT. Die V-Strom 1000 und<br />
650 sind markant überarbeitet worden.<br />
Die hochbeinigen Tourer sind aber auch<br />
nicht die letzten Neuheiten von Suzuki,<br />
denn die Japaner haben für die EICMA<br />
im November vier weitere neue Modelle<br />
versprochen. Hoffen wir, dass noch etwas<br />
Sportliches dabei ist. Auf jeden Fall<br />
kann man sagen: Suzuki is back!<br />
Nicht gerade <strong>PS</strong>-Material<br />
sind die Zweizylinder-DL-<br />
Modelle, wie hier die V-<br />
Strom 1000. Aber sie sind<br />
auch Beleg dafür, dass Suzuki<br />
nach langer Durststrecke wieder<br />
angreift und die Fans mit Neuheiten<br />
erfreut<br />
SUZUKI<br />
DL 1000 V-STROM<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 17
NEUHEITEN<br />
Die anderen machen das nicht?<br />
Dann tun wir es erst recht! So<br />
lautet offenbar das Motto bei<br />
Ducati. Denn während die meisten Hersteller<br />
das Segment der gemäßigten<br />
Supersportler praktisch aufgegeben<br />
haben, will Ducati nun mit genau einem<br />
solchen Modell einen Trend setzen. Die<br />
Neue kann natürlich nicht anders heißen<br />
als „SuperSport“, angelehnt an die<br />
vielgerühmte SS aus den 90er-Jahren.<br />
„Sport Road Bike“ nennen sie das<br />
Konzept in Bologna, und es handelt<br />
DUCATI<br />
sich, das betonen die Verantwortlichen,<br />
keineswegs um ein Sportmotorrad für<br />
Einsteiger, sondern für routinierte Fahrer.<br />
Vom mächtigen Superbike Panigale<br />
unterscheidet es sich vor allem durch<br />
eine deutlich bequemere Sitzposition<br />
DUCATI<br />
SUPERSPORT/S<br />
und gebändigte Power. „Natürlich kann<br />
man mit der SuperSport auch auf die<br />
Rennstrecke“, erklärt Produktmanager<br />
Paolo Quattrini. „Aber die große Stärke<br />
des Motorrads liegt darin, dass es auf<br />
der Landstraße perfekt funktioniert.<br />
Ein ganzer Tag auf Alpenpässen, eine<br />
Kurve nach der anderen – das macht<br />
mit der SuperSport richtig Spaß.“ Während<br />
ein solcher Tag mit der Panigale<br />
eher zur Qual ausarten würde, auch<br />
wenn Quattrini das natürlich nicht sagt.<br />
DATEN<br />
Wassergekühlter Zweizylinder-V-Motor, 937 cm3, <strong>11</strong>3 <strong>PS</strong> bei 9000/min,<br />
96,7 Nm bei 6500/min, Sechsganggetriebe, Ölbadkupplung, Gitterrohrrahmen,<br />
Einarmschwinge, Gewicht vollgetankt 210 kg, Tankinhalt 16 Liter,<br />
3 Riding-Modes, Traktionskontrolle, Preis 12 990 Euro; S-Version mit<br />
Öhlins-Fahrwerk, Quickshifter up/down und Seatcover, Preis 14 590 Euro<br />
18 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Im informativen LCD-Cockpit ist ein<br />
Anschluss ans Ducati-Multimediasystem<br />
und damit ans Smartphone vorgesehen.<br />
Das Windschild lässt sich mit<br />
einer Hand in der Höhe verstellen<br />
Sport, Touring und Urban<br />
den jeweiligen Situationen<br />
anpassen, wobei sich im<br />
Urban-Modus die Leistung<br />
auf 75 <strong>PS</strong> reduziert.<br />
„Unser Ziel“, so Paolo<br />
Quattrini, „ist eine perfekte<br />
Balance zwischen Motor<br />
und Fahrwerk.“ Dass die gelungen<br />
sei, habe auch Testfahrer Alessandro<br />
Valia bestätigt, der die Super-<br />
Sport tagelang um den Testkurs von<br />
Nardò in Süditalien jagte. „Sie ist stabil<br />
und präzise wie ein Superbike, lässt<br />
sich aber leichter kontrollieren.“ Gemessene<br />
48 Grad Schräglage schafft<br />
die Neue; das sollte sowohl für die<br />
Landstraße als auch für gelegentliche<br />
Ausflüge auf die Rennstrecke reichen.<br />
Das Design lehnte Ducati an das<br />
der Panigale an, achtete aber auf eine<br />
eigenständige Linie. Die wird schon<br />
durch die seitlich positionierten Auspuff-Endrohre<br />
bedingt. Sie wirken kompakt,<br />
leicht und ansprechend; zudem<br />
lassen sie darauf hoffen, dass die<br />
SuperSport, anders als die Panigale,<br />
keine unerwünschte Sitzheizung entwickelt.<br />
Die Sitzposition ist durchaus<br />
sportlich ausgelegt, verlagert aber<br />
dank der höheren Stummellenker und<br />
der weiter vorn platzierten Fußrasten<br />
viel weniger Gewicht auf die Handgelenke<br />
als die Panigale. Aussparungen<br />
an der Verkleidung sorgen dafür, dass<br />
selbst große Fahrer eine komfortable<br />
Position mit gutem Knieschluss finden.<br />
Und – Achtung, Novum bei einem<br />
Ducati-Sportler! – selbst für den Sozius<br />
ist ein erstaunlich bequemes Plätzchen<br />
vorgesehen, mit gut erreichbaren Haltegriffen<br />
unterm Sitz. Sogar Seitenkoffer<br />
sollen kommen, damit sich die SuperSport<br />
für den Wochenend ausflug zu<br />
zweit eignet. Zum Sporttourer mutiert<br />
sie deswegen aber nicht. „Unser Sporttourer<br />
ist die Multistrada“, hebt Paolo<br />
Quattrini hervor, „die SuperSport ist ein<br />
Sportler reinsten Wassers.“ Nur eben<br />
unkomplizierter als die Panigale.<br />
Der Motor stammt von<br />
der Ducati Hypermotard<br />
und leistet <strong>11</strong>3 <strong>PS</strong>, wurde<br />
für den Einsatz im neuen<br />
Modell aber überarbeitet<br />
und soll gerade aus dem<br />
Drehzahlkeller mächtig anschieben.<br />
„Bei 3500/min<br />
bringt die SuperSport<br />
schon 80 Prozent ihres maximalen<br />
Drehmoments“, sagt Quattrini. Das liegt<br />
bei 96,7 Nm und wird bereits bei 6500/<br />
min erreicht, danach geht es allmählich<br />
auf gut 90 Prozent zurück, bis bei<br />
9000/min der Begrenzer einsetzt. Wer<br />
auf klassische Zweizylinder steht, wird<br />
sich über diese Motorcharakteristik<br />
ganz besonders freuen.<br />
Präzise wie ein Superbike, aber<br />
leichter zu kontrollieren<br />
Um eine komplette Neukonstruktion<br />
handelt es sich beim Gitterrohrrahmen,<br />
der den Motor als mittragendes<br />
Element integriert. Mit einem<br />
Radstand von 1478 Millimetern,<br />
einem Lenkkopfwinkel von 66<br />
Grad und einem Nachlauf von 91<br />
Millimetern ist die SuperSport voll<br />
auf agiles Handling getrimmt, unterstützt<br />
von einem 180/55er-Reifen<br />
hinten und einem moderaten<br />
Gewicht von 210 Kilogramm vollgetankt.<br />
Das Motorrad rollt auf 17-Zoll-<br />
Rädern, als Erstaustattung spendiert<br />
Ducati die hochwertigen Pirelli Diablo<br />
Rosso III-Reifen. Die Bremsanlage<br />
stammt von Brembo und setzt vorn auf<br />
radial montierte Bremszangen und<br />
zwei 320er-Scheiben, hinten auf eine<br />
245er-Scheibe. ABS und Traktionskontrolle<br />
lassen sich über die Fahrmodi<br />
INTERMOT<br />
S-Version mit mehr Ausstattung,<br />
dazu viel Zubehör<br />
Solide präsentiert sich das Fahrwerk.<br />
Vorn arbeitet eine voll einstellbare<br />
43er-Marzocchi-Gabel, hinten ein<br />
Sachs-Federbein, bei dem sich Federbasis<br />
und Zugstufendämpfung anpassen<br />
lassen.Wer es noch hochwertiger<br />
möchte, greift zur S-Version, die Ducati<br />
gleichzeitig mit der Basis auf den Markt<br />
bringt. Sie verfügt über ein komplett<br />
einstellbares Öhlins-Fahrwerk mit dicker<br />
48er-Gabel und einen serienmäßigen<br />
Up/down-Quickshifter, der das<br />
Rauf- und Runterschalten ohne Kuppeln<br />
ermöglicht. Als Zubehör gibt‘s<br />
den Quickshifter auch für die Basis.<br />
Womit die Um- und Ausbaumöglichkeiten<br />
für die SuperSport noch längst<br />
nicht erschöpft sind, denn Ducati bietet<br />
gleich mehrere Ausstattungspakete an.<br />
So gehören zum Sportpaket unter anderem<br />
Schutzbleche aus Karbon und<br />
Racing-Handhebel, im Touring-Paket<br />
gibt es eine höhere Scheibe, Heizgriffe<br />
und die erwähnten Seitenkoffer, und im<br />
Urban-Paket finden sich ein kleiner<br />
magnetischer Tankrucksack und eine<br />
Alarmanlage. Die serienmäßige Sitzbank<br />
mit 81 Zentimetern Sitzhöhe lässt<br />
sich zudem gegen je zwei Zentimeter<br />
niedrigere oder höhere Modelle tauschen.<br />
Und falls es den einen oder anderen<br />
SuperSport-Fahrer unwiderstehlich<br />
auf die Rennstrecke ziehen sollte,<br />
kann er zum nicht homologierten<br />
Akrapovic-Auspuff mit Endtöpfen unter<br />
der Sitzbank greifen, der die Leistung<br />
um zwei Prozent steigert.<br />
Ducati hat also offenbar wirklich an<br />
alles gedacht, um sportliche Fahrer<br />
glücklich zu machen. Auch der Preis<br />
scheint angemessen: Die Basis kostet<br />
12 990 Euro, die S-Version 14 590 Euro.<br />
Zu haben ist die rasante neue Schönheit<br />
aus Bologna ab März.<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 19
NEUHEITEN<br />
BMW<br />
S 1000 RR<br />
DATEN<br />
Vierzylinder-Reihenmotor, 999 cm3,<br />
Bohrung/Hub 80,0 x 49,7 mm, 146 kW<br />
(199 <strong>PS</strong>) bei 13 500/min, <strong>11</strong>3 Nm bei<br />
10 500/min, Verdichtung 13,0:1,<br />
Zünd-/Einspritzanlage, 48-mm-Drosselklappen,<br />
Sechsganggetriebe,<br />
mechanisch betätigte Mehrscheiben-<br />
Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung, ABS<br />
Pro, 208 kg vollgetankt, Preis k. A.<br />
Auffälligstes Merkmal der neuen S 1000 RR gegenüber der Vorgängerin<br />
(unten) ist die aufgebrochene Kielwanne, um ausreichend Platz für den größeren<br />
Vorschalldämpfer zu haben<br />
BMW<br />
Im Zuge der Euro 4-Bestimmungen<br />
musste auch BMW ran ans Superbike.<br />
Deshalb hat die S 1000 RR ein<br />
paar Änderungen bekommen, die sie<br />
vor allem optisch von der Vorgängerin<br />
trennen. Bei den Leistungsdaten macht<br />
BMW keine Unterschiede zwischen der<br />
neuen RR und dem direkten Vorgängermodell.<br />
Nach wie vor sind es offiziell<br />
199 Pferde, die die Beemer bei<br />
13 500/min vorwärtstreiben. Auffälligste<br />
Neuerung ist dann tatsächlich der<br />
veränderte Vorschalldämpfer und die<br />
Verbindung zum Endschalldämpfer,<br />
wodurch sich Letzterer aber dankenswerterweise<br />
nicht groß verändert hat.<br />
Für die Maßnahmen musste die Verkleidung<br />
der RR allerdings hinten an<br />
der Kielwanne aufgebrochen werden.<br />
Sonst hat sich tatsächlich nichts<br />
verändert, außer dass BMW die RR<br />
jetzt grundsätzlich mit Soziusabdeckung<br />
ausliefert. Dazu gekommen ist<br />
aber optional das „ABS Pro“. Dabei<br />
handelt es sich um das oft als „Kurven-<br />
ABS“ bezeichnete System, das BMW allerdings<br />
bei der RR in drei Modi anbietet,<br />
die dann auch gleich heißen wie<br />
die schon bekannten, aber serienmäßigen<br />
Power-Modi, nämlich „Rain“, „Sport“<br />
und „Race“. Und einen Blipper kann<br />
der RR-Kunde ebenfalls dazu ordern.<br />
20 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Die nackten Vierzylinder<br />
Mehr ging bei der Überarbeitung der<br />
R und XR. Deren Vierzylindermotor<br />
legte trotz Euro 4 und der gleichen<br />
Vorschalldämpferlösung wie bei der<br />
RR um fünf <strong>PS</strong> zu und soll jetzt 165 <strong>PS</strong><br />
bei <strong>11</strong> 000/min leisten. Die R ist außerdem<br />
zwei Kilogramm leichter geworden.<br />
Neu ist auch der Endschalldämpfer<br />
aus Titan, der den Sound<br />
nachhaltig sportlicher machen<br />
soll. Ungeduldig warten wir auf die<br />
erste Hör-, aber vor allem Fahrprobe,<br />
was wohl noch bis Januar dauern<br />
wird. Zwei Fahrmodi und<br />
die abgespeckte Traktionskontrolle<br />
ASC sind bei<br />
der R genauso serienmäßig<br />
wie das Race-<br />
ABS, die alle aufeinander<br />
abgestimmt sind.<br />
Am Chassis haben die<br />
BMW-Ingenieure Gewicht<br />
gespart und dazu am Hauptrahmen<br />
den hinteren Teil im<br />
Bereich Schwinge und Heck<br />
verändert. In diesem Zuge<br />
wurden die Fußrasten neu<br />
konstruiert. Die S 1000 R ist<br />
ab Werk schon mit 2,4 Kilo<br />
leichteren Schmiederädern zu haben.<br />
Und damit wären wir schon bei der<br />
neuen Optik der R. Die Lampenmaske<br />
und die Schürzen an der Seite haben<br />
einen moderaten, aber sichtbaren Feinschliff<br />
bekommen. Erstere ist deutlich<br />
kleiner geworden. Die Gabelbrücke<br />
ist neu und nimmt den neuen, gegen<br />
Vibrationen entkoppelten Lenker auf.<br />
Boxer mit Sport<br />
Der BMW-Boxer war über Jahre sicher<br />
nicht besonders im <strong>PS</strong>-Fokus. Aber<br />
schon mit dem jüngst<br />
modernisierten Roadster<br />
R 1200 R bewies BMW,<br />
dass dieses Zweizylinder-<br />
Konzept schon zum sportlichen<br />
Landstraßenfeger<br />
taugt. Auch in der R nineT,<br />
dem ersten Retro-Bike der<br />
Bayern aus 2015, setzte<br />
sich der Boxer sportlich in Szene. Während<br />
er aber heute in den modern gestylten<br />
Modellen wassergekühlt wird<br />
und 125 <strong>PS</strong> leistet, baut BMW in der<br />
Retro-Serie die luft-/ölgekühlte Version<br />
ein, die mit etwas Überarbeitung auch<br />
die Euro 4-Norm schafft. Nun wird<br />
das Retro-Programm um zwei weitere<br />
Modelle erweitert. Am kräftigsten ins<br />
Auge sticht dabei sicherlich die R<br />
nineT Racer. Schon als Studie unter<br />
Mitwirkung von Design-Star Roland<br />
Sands setzte die Racer auf den Look<br />
INTERMOT<br />
BMW<br />
S 1000 R<br />
DATEN<br />
Vierzylinder-Reihenmotor, 999 cm3, Bohrung/Hub 80,0 x 49,7 mm, 121 kW (165 <strong>PS</strong>)<br />
bei <strong>11</strong> 000/min, <strong>11</strong>4 Nm bei 9250/min, Verdichtungsverhältnis 12,0:1, Sechsganggetriebe,<br />
mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung, Zünd-/Einspritzanlage,<br />
48-mm-Drosselklappen, 205 kg vollgetankt, Preis k. A.<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 21
NEUHEITEN<br />
der Sportbikes der 70er-Jahre (siehe<br />
auch <strong>PS</strong> 10/<strong>2016</strong>). Dieser Grundgedanke<br />
rettete sich wirklich apart in<br />
die Serie. Angesichts der schönen<br />
Fahrbarkeit der R nineT erwarten wir<br />
ein charakterstarkes Bike, das nicht<br />
nur einem Zeitgeist hinterher hechelt,<br />
sondern tatsächlich sportliche Gene<br />
mit coolem Look vereinigt. Da sind die<br />
<strong>11</strong>0 <strong>PS</strong> Spitzenleistung bei 7750/min<br />
INTERMOT<br />
aus dem <strong>11</strong>70 cm³ großen,<br />
luftgekühlten Twin<br />
zwar nicht ganz so kräftig<br />
wie die 125 <strong>PS</strong> des<br />
Roadsters. Aber wenn<br />
man bei der Racer keine<br />
aktuellen Sportlerwerte<br />
ansetzt, darf man<br />
sich auch hinter der<br />
weit nach vorn reichenden runden<br />
Halbschale als Racer fühlen. Wenn<br />
auch etwas altmodisch, denn die Lenkerstummel<br />
sitzen weit vorn<br />
und spannen den R nineT<br />
Racer-Piloten Old Schoolmäßig<br />
weit über den wuchtigen<br />
Tank. Das Klientel<br />
wünscht sich das aber so<br />
und nicht anders.<br />
Das Fahrwerk dürfte<br />
sportliche Attacken mitmachen,<br />
denn wie beim ersten Retro-<br />
Bike R nineT verzichtet BMW auf den<br />
Telelever, der sonst bei den Naked<br />
Authentische Rundinstrumente für den stimmigen<br />
70er-Look der R nineT Racer und auch der Pure,<br />
den beiden neuen Retro-Boxermodellen<br />
DATEN<br />
Zweizylinder-Boxermotor, <strong>11</strong>70 cm3, Bohrung/Hub 101,0 x 73,0<br />
mm, 81 kW (<strong>11</strong>0 <strong>PS</strong>) bei 7750/min, <strong>11</strong>6 Nm bei 6000/min,<br />
Verdichtung 12,0:1, Sechsganggetriebe, hydraulisch betätigte<br />
Einscheiben-Trockenkupplung, 50-mm-Drosselklappen,<br />
konventionelle Telegabel, 220 kg vollgetankt, Preis 13 300 Euro<br />
BMW<br />
R nineT RACER<br />
22 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Sportliches Fahren im rückwärtsgewandten<br />
Look – den Racer hätte<br />
so nicht jeder aus Bayern erwartet<br />
Bikes aus München bis zur R 1200 R<br />
quasi Pflicht war. Jedoch ist im Fall<br />
der Racer nicht die wuchtige und<br />
hochwertige Upside-down-Gabel der<br />
R nineT verbaut, sondern eine herkömmliche<br />
Telegabel. Diese passt zwar<br />
perfekt ins Bild der 70er, ist aber im<br />
Sinne der Performance etwas im Nachteil.<br />
Allerdings hilft das auch mit, den<br />
Preis bei 13 300 Euro zu halten.<br />
Wer es günstiger braucht, aber<br />
trotzdem bayerischen Retro-Stil haben<br />
möchte, der kann für 12 300 Euro die<br />
R nineT Pure ordern. Das Naked Bike<br />
BMW<br />
R nineT PURE<br />
kommt ohne Schnickschnack aus und<br />
ist BMWs „günstigste“ Einladung, nach<br />
Lust und Laune das Motorrad umzubauen<br />
– gern natürlich aus dem reichhaltigen<br />
Angebot, das die Bayern<br />
dafür bereithalten. Sogar der modulare<br />
Rahmen mit leicht abnehmbarem Heck<br />
schreit nach Customizing.<br />
Auch bei BMW sind Bärte, Tattoos<br />
und cooles Hipster-Dasein hoffähig<br />
geworden. Entsprechend gestaltet<br />
sich die Retro-Boxer-Palette immer<br />
breiter, und Umbauen ist ausdrücklich<br />
erlaubt<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 23
NEUHEITEN<br />
KAWASAKI<br />
DATEN<br />
Vierzylinder-Reihenmotor, 147 kW (200 <strong>PS</strong>) bei 13 000/min, <strong>11</strong>4 Nm bei <strong>11</strong> 500/<br />
min, 998 cm3, Bohrung/Hub 76,0 x 55,0 mm, Verdichtung 13,0:1, mechanisch betätigte<br />
Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung, geschmiedete Siebenspeichen-Leichtmetallräder,<br />
Schaltautomat mit Blipperfunktion, Preis ca. 20 000 Euro<br />
KAWASAKI<br />
ZX-10RR<br />
Die Ninja ZX-10R wurde Anfang<br />
diesen Jahres als brandneues<br />
Superbike von Kawasaki vorgestellt.<br />
Der Reihenvierzylinder macht<br />
ja in der Superbike-Klasse Furore, war<br />
jetzt auch in der österreichischen<br />
Meisterschaft erfolgreich (siehe Zonkos<br />
Attacke S. 44) und zeigte beim <strong>PS</strong>-TunerGP<br />
wie auch in <strong>PS</strong> 10 als Kit-Bike,<br />
was für ein heißes Eisen die Grüne ist.<br />
Doch jetzt hat Kawasaki noch einmal<br />
nachgefeilt und die ZX-10R als Doppel-<br />
R-Version auf der INTERMOT präsentiert.<br />
Das Besondere an dem Bike ist<br />
die betonte Ausrichtung auf den Einsatz<br />
auf der Rennstrecke, was schon<br />
die Single-Seat-Auslegung andeutet.<br />
Dennoch hat die RR alle nötigen Voraussetzungen,<br />
um auch auf der Straße<br />
den Extremsportler zu geben.<br />
Dennoch dürften sich wohl hauptsächlich<br />
Rennstreckenfahrer in die<br />
Kundenlisten eintragen, denn von den<br />
Verbesserungen am Vierzylinder profitieren<br />
vor allem jene, die der RR-Basis<br />
noch Kit-Teile und weitere Tuningmaßnahmen<br />
angedeihen lassen wollen.<br />
Die erste wichtige Maßnahme betrifft<br />
dann auch den Zylinderkopf. Wie beim<br />
äußerst erfolgreichen Kawasaki-Werksteam<br />
in der Superbike-WM bietet der<br />
nun speziell Platz für schärfere Nockenwellen,<br />
die höhere Ventilöffnungen erlauben,<br />
und die Kawasaki als Kit-Teile<br />
verkauft. Darüber hinaus sind die Kipphebel<br />
der RR jetzt DLC-beschichtet, um<br />
24 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
den Reibungsverlust weiter<br />
zu reduzieren.<br />
Im Unterschied zum<br />
Serienbike hat die RR ein<br />
robusteres Kurbelwellengehäuse<br />
bekommen, das der<br />
höheren Beanspruchung<br />
eines Rennmotors genügen<br />
soll. Die Verbindungsöffnungen<br />
zu den Zylindern sind jetzt enger,<br />
und die Wandstärken in diesem Bereich<br />
wurden erhöht.<br />
Leichter als die Serienräder sind<br />
die Felgen von Marchesini. Statt Leichtmetallguss<br />
bei der ZX-10R sind es geschmiedete<br />
Siebenspeichen-Räder aus<br />
Alu bei der RR. Diese sind als Zubehör<br />
jetzt auch für die Standard-Ninja zu<br />
haben. Die dafür nötigen Teile, wie<br />
etwa den Speedsensor-Ring, hält Kawasaki<br />
vorrätig. Da die RR durch die Einzelsitzauslegung,<br />
was beispielsweise<br />
die Soziusfußrasten überflüssig macht,<br />
allein schon etwas leichter ist, haben<br />
die Kawasaki-Tester ein neues Setup<br />
herausgefahren, das knackiger sein<br />
dürfte. Allerdings betrifft das keine<br />
technischen Veränderungen an der<br />
Free-Balance-Gabel und dem Federbein.<br />
Der Quickshifter der RR hat<br />
serienmäßig eine Blipperfunktion, die<br />
an der Standard-ZX-10R nur mit der<br />
Kit-ECU aktiviert werden kann.<br />
Dabei belässt es Kawasaki mit Änderungen<br />
bewenden, außer, dass die<br />
RR nur in Schwarz mit dem Schneeflocken-Logo<br />
des WM-Teams aus den<br />
Wintertests zu kaufen sein wird. Das<br />
befindet sich an der Frontscheibe und<br />
an der nur bei der RR serienmäßigen<br />
INTERMOT<br />
Single-Heckabdeckung.<br />
Wer so eine RR haben<br />
möchte, muss wohl knapp<br />
20 000 Euro berappen.<br />
Neuer Sporttourer<br />
Wesentlich umfangreicher<br />
fielen die Umbauarbeiten<br />
an der Z 1000 SX aus. Der<br />
sehr sportliche Tourer ist eines der erfolgreichsten<br />
Kawasaki-Modelle der<br />
letzten Jahre und konnte sich drei Jahre<br />
lang in der <strong>PS</strong>-Leserwahl ganz oben in<br />
der Kategorie Sporttourer und damit<br />
in der Beliebtheit der Leser etablieren.<br />
Das dürfte sich mit dem neuen Modell<br />
sicher nicht ändern, da die Z 1000 SX<br />
für 2017 allem Anschein nach noch<br />
einmal an Sportlichkeit zugelegt hat.<br />
Das betrifft erst einmal ihr Äußeres. Die<br />
Vollverkleidung soll zwar noch mehr<br />
Windschutz bieten und in Sachen<br />
Aerodynamik verbessert worden sein,<br />
aber die Front ist deutlich schärfer geschnitten<br />
und sieht dem Superbike<br />
doch sehr ähnlich. Bis zu 28 Millimeter<br />
breiter je Seite ist die Verkleidung bei<br />
der neuen SX. Die neue Scheibe ist<br />
weiterhin in drei Stufen höhenverstellbar,<br />
ist an sich aber größer (plus 15<br />
Millimeter) als die der Vorgängerin.<br />
In die Verkleidung sind jetzt kleinere<br />
LED-Lichter eingelassen, die<br />
dennoch eine bessere Ausleuchtung<br />
bringen sollen. Das neue Cockpit der<br />
SX bietet erstmals eine Ganganzeige.<br />
Der analoge Tacho nutzt die Infos vom<br />
Gangsensor nun als Schalthilfe. Je nach<br />
Drehzahl und Gang ändert die Tachonadel<br />
ihr Licht von Weiß zu Pink und<br />
Bei der ZX-10RR setzt Kawasaki<br />
trotz Homologation für die<br />
Straße auf echte Racer. Die Marchesini-Felgen<br />
sparen Gewicht und<br />
steigern das Handling erheblich<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 25
NEUHEITEN<br />
Die aggressivere Verkleidung soll auch mehr Windschutz<br />
bieten. Neu in der Z 1000 SX ist die „Inertial Measurement<br />
Unit“ (IMU). Sie erkennt den Fahrzustand und managt<br />
den Motor und die elektronischen Fahrassistenzen<br />
KAWASAKI<br />
Z 1000 SX<br />
dann zu Rot, um dem Fahrer anzuzeigen,<br />
in den nächsthöheren Gang zu<br />
schalten. Das geschieht 500/min vor<br />
der hinterlegten Idealdrehzahl für den<br />
Gangwechsel. Der SX-Treiber kann diese<br />
Anzeige jedoch nach eigenem Gusto<br />
neu abstimmen oder auch abschalten.<br />
Die Cockpitanzeige musste auch um<br />
die Informationen für die Riding-Modes<br />
und die Funktion der Traktionskontrolle<br />
erweitert werden, denn die Z 1000<br />
SX für 2017 besitzt wie das Superbike<br />
ZX-10R auch die 40 Gramm leichte IMU<br />
(Inertial Measurement Unit) von Bosch.<br />
Damit wird alle fünf Millisekunden der<br />
Fahrzustand ermittelt und bei vom<br />
Normalzustand abweichenden Daten<br />
über die Zündung eingegriffen. Für die<br />
SX gibt es drei Power-Modi. Auch die<br />
Traktionskontrolle ist dreifach einstellbar,<br />
wobei hier die Modi eins und zwei<br />
sportlich ausgelegt sind und das System<br />
Schlupf in unterschiedlicher Form<br />
zulässt. Eliminiert werden aber in<br />
jedem Fall ungewollte Slides. Power-<br />
Wheelies lässt das System in diesen<br />
Modi ebenso zu, wenn es dem vollen<br />
Vortrieb dient, greift aber sofort ein,<br />
wenn das Bike zu hoch steigt. Wem das<br />
zu aufregend ist oder wenn das Wetter<br />
absolut nicht zu echtem Sporteinsatz<br />
taugt, sollte die TC auf Modus drei setzen,<br />
der jegliche Attacke unterbinden<br />
dürfte. Die SX-Piloten können ihr jeweiliges<br />
Setup selbst erstellen, sodass aus<br />
drei Traktionskontrollen-Modi und den<br />
drei Power-Modi sowie der Möglichkeit,<br />
die TC zu deaktivieren, viele Kombinationen<br />
wählbar sind.<br />
Neu ist auch das „Kurven-ABS“.<br />
Die Z 1000 SX besitzt damit das gleiche<br />
System wie die ZX-10R, allerdings wurden<br />
die Parameter der Ausrichtung der<br />
SX angepasst. Die Hinterrad-Abhebeerkennung<br />
spielt genauso in die Regeleingriffe<br />
mit hinein wie die Anstiegsgeschwindigkeit<br />
des Bremsdrucks.<br />
Mit Hilfe der IMU können Fahrer jetzt<br />
wesentlich sicherer in Kurven hineinbremsen<br />
oder bei einem überraschend<br />
auftauchenden Objekt in der Kurve<br />
nachbremsen, ohne dass sich das<br />
Motorrad plötzlich aufstellt und die<br />
Linie dann nicht mehr passt.<br />
Das Fahrwerk der SX wurde unter<br />
anderem der neuen Verkleidung angepasst.<br />
Dadurch hat sich die Sitzhöhe<br />
nochmals um fünf Millimeter verringert.<br />
Profitieren dürften der Pilot wie<br />
auch der Beifahrer von neuen Sitzpolstern,<br />
die längere Fahrten angenehmer<br />
machen sollen. Allein hinten sorgt der<br />
neue Füllstoff für ein drei Millimeter dickeres<br />
Polster. Aber noch mehr freuen<br />
dürfte es SX-Mitreisende, dass der hintere<br />
Sitz 25 Millimeter länger geworden<br />
ist. Durch die neu platzierten Spiegel<br />
soll sich die rückwärtige Sicht verbessern,<br />
und als Ausstattungsplus darf<br />
man den fünffach verstellbaren Kupplungshebel<br />
werten.<br />
Verteuern soll sich die Z 1000 SX<br />
für 2017 gegenüber der Vorgängerin<br />
nur minimal, sodass der Verkaufspreis<br />
unter 13 000 Euro liegen dürfte.<br />
Kleiner Sportler<br />
Das dritte Modell der Kawa-Neuheiten<br />
aus Köln ist die Ninja 650. Sie basiert<br />
auf dem Reihenzweizylinder der ER-<br />
Baureihe, kommt aber ab 2017 in einem<br />
26 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
deutlich aggressiveren Look mit Vollverkleidung<br />
und löst die ER-6f ab.<br />
Gut so, finden wir und erkennen die<br />
Anlehnung an die beliebten ER-6-Umbauten<br />
für die Lightweight-Rennen<br />
etwa auf der Isle of Man. Damit ist der<br />
Twin raus aus dem langweiligen Alltags-Bike-Sektor<br />
und steht mitten im<br />
Sport-Fokus, obwohl sich am 649-cm³-<br />
Twin wohl nicht viel verändert hat. 72<br />
<strong>PS</strong> dürfte der auch mit der neuen Euro<br />
4-Auspuffanlage liefern, soll aber im<br />
mittleren Drehzahlbereich an Vortrieb<br />
zugelegt haben. Trotzdem nicht der<br />
ganz große Sport, aber für Einsteiger<br />
ins Sportsegment oder Fans etwa<br />
der German Twin Trophy die richtige<br />
Grundlage und für eine flotte Hausstrecken-Runde<br />
für die zahlreichen ER-<br />
Fans der Vergangenheit immer gut.<br />
Dass es nicht ganz so supersportlich<br />
zugeht wie auf einem echten <strong>PS</strong>-<br />
Brenner, signalisiert neben den relativ<br />
hohen Lenkerstummeln und dem entspannteren<br />
Kniewinkel auch die Verkleidungsscheibe,<br />
die um 60 Millimeter<br />
dreifach verstellbar ist und damit auch<br />
die Verwandtschaft zum Sporttourer SX<br />
herstellt. Dagegen spricht das geringe<br />
Gewicht des neuen Gitterrohrrahmens<br />
von 15 Kilo wieder für Sport. Fast 20<br />
Kilo soll die Ninja 650 jetzt leichter<br />
sein als ihre ER-6f-Vorgängerin. Komplett<br />
neu sind die Schwinge und die<br />
hintere Dämpfung, denn das horizontal<br />
außen liegende Federbein der ER<br />
ist einem neuen Dämpfer gewichen,<br />
der wieder zentral im Fahrzeug liegt.<br />
Aufgewertet wird der neue kleine<br />
Twin-Brenner durch ein anspruchsvolles<br />
Cockpit, das einen analogen Tacho<br />
und ein LCD-Kino inklusive Ganganzeige<br />
beherbergt. Auch in der Ninja 650<br />
zeigt die Tachonadel durch farbliche<br />
Veränderung an, wann es Zeit zum<br />
Gangwechsel ist. Das lässt sich auch<br />
nach Vorliebe verändern oder ausschalten.<br />
Eine nackte Version der Ninja 650<br />
kommt dann als Z 650 auf der EICMA<br />
nächsten Monat. Wichtig ist für Fans<br />
der 650er natürlich auch immer ein<br />
attraktiver Preis. Kawasaki kann dazu<br />
gegenwärtig noch nichts sagen, aber<br />
die Ninja soll im Idealfall wohl unter<br />
7000 Euro bleiben.<br />
KAWASAKI<br />
NINJA 650<br />
Das neue Cockpit mit vielen Infos und<br />
Gimmicks wertet die günstige Ninja<br />
650 auf. Die soll sportlich orientierte<br />
junge Kunden für den Zweizylinder<br />
rekrutieren<br />
Die Ninja 650 basiert auf den beliebten ER-6-Modellen und<br />
löst die verkleidete F-Version ab. Der deutlich sportlichere<br />
Look macht an. Der überarbeitete 649-cm³-Reihentwin soll<br />
vor allem im mittleren Drehzahlbereich mehr Power liefern<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 27
NEUHEITEN<br />
TRIUMPH<br />
STREET CUP<br />
DATEN<br />
Zweizylinder-Reihenmotor, 899 cm3, 40,5 kW (55 <strong>PS</strong>) bei 5900/min, 80 Nm bei<br />
3200/min, Fünfganggetriebe, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Gewicht trocken 200 kg, Preis 10 500 Euro (zzgl. Nebenkosten)<br />
TRIUMPH<br />
Wir wissen von Erlkönig-Bildern,<br />
dass Triumph den<br />
Nachfolger der Street Triple<br />
so gut wie fertig entwickelt hat. Allerdings<br />
war dieses sportliche Naked<br />
Bike leider noch nicht in Köln zu bewundern.<br />
Stattdessen setzen die Briten<br />
die Renovierung ihrer Retro-Modelle<br />
konsequent fort und stellten auf der<br />
INTERMOT die Bonneville T100 in zwei<br />
Versionen und die Street Cup vor.<br />
Letztere spricht wie die BMW R nineT<br />
Racer Fans der Café Racer an und<br />
ist wie die Bonneville T100 mit einem<br />
900er-Twin ausgestattet, der 55 <strong>PS</strong><br />
leisten soll. Also kein echter Sportler,<br />
gemessen an der Leistung und am<br />
Gewicht von über 200 Kilo fahrfertig.<br />
Aber das will die Street Cup auch nicht<br />
sein – auch wenn sie so aussieht. Ihre<br />
Lockmittel sind das Styling, der drehmomentstarke,<br />
wassergekühlte Motor<br />
mit 80 Nm und eine recht umfangreiche<br />
Ausstattung beispielsweise mit<br />
Traktionskontrolle und ABS. Damit soll<br />
der Street Cup-Kunde cool durch die<br />
Stadt schwingen und ab und an auch<br />
den Ritt ins Umland wagen. Die Cup<br />
liegt nicht nur preislich, sondern auch<br />
dynamisch unterhalb der großen<br />
Schwester, der Thruxton R. Wer aber<br />
etwas richtig Sportliches von den<br />
Briten haben möchte, muss wohl noch<br />
eine Weile auf die dann wohl hubraumstärkere<br />
Street Triple warten.<br />
TRIUMPH<br />
BONNEVILLE<br />
T100<br />
TRIUMPH<br />
BONNEVILLE T100<br />
BLACK<br />
Bonneville T100 und<br />
Bonneville T100<br />
Black nennen sich<br />
die beiden Versionen,<br />
die wie die<br />
Street Cup mit einem<br />
wassergekühlten<br />
Reihentwin bestückt<br />
sind, der 55<br />
<strong>PS</strong> leisten soll. Alle<br />
drei Modelle liegen<br />
preislich unter den<br />
hubraumstärkeren<br />
120er-Bonnies, die<br />
letztes Jahr neu<br />
vorgestellt wurden<br />
28 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
KTM<br />
1290 SUPER<br />
ADVENTURE R<br />
DATEN<br />
Zweizylinder-75-Grad-V-Motor,<br />
<strong>11</strong>8 kW (160 <strong>PS</strong>) bei 8750/min,<br />
140 Nm bei 6750/min, 1301 cm3,<br />
Bohrung/Hub 108,0 x 71,0 mm,<br />
Verdichtung 13,1:1, hydraulisch<br />
betätigte Mehrscheiben-Ölbad-<br />
Anti-Hopping-Kupplung,<br />
Leichtmetall-Speichenräder,<br />
2.50 x 21/4.50 x 18, Gewicht<br />
trocken 217 Kilo, Preis k. A.<br />
INTERMOT<br />
KTM<br />
1090<br />
ADVENTURE R<br />
KTM<br />
Wie Triumph hat auch KTM<br />
ein 800er-Naked Bike kurz<br />
vor der Serienreife. Doch der<br />
Reihentwin für die nächste Duke-Variante<br />
war nicht in Köln. KTM stellte dort<br />
nur die großen Adventure-Modelle vor,<br />
von denen vor allem die 1290 Super<br />
Adventure R mit der Schlagzeile „leistungsstärkste<br />
Offroad-Reiseenduro“<br />
von sich reden machte. 160 <strong>PS</strong> leistet<br />
der Twin, bekannt auch aus der Super<br />
Duke. Das Motorrad, dessen auffällige<br />
Front komplett neu ist, kommt 2017<br />
in drei Modellvarianten, einer S, eher<br />
für die Straße, der R und einer Super<br />
Adventure T mit Touring-Ausstattung.<br />
Ähnlich sieht es bei der zumindest<br />
vorn weniger auffälligen neuen 1090<br />
Adventure aus. Hier kommt der Twin mit<br />
125 <strong>PS</strong> in zwei Versionen, einem Standardmodell<br />
und einer R-Adventure für<br />
alle, die schon mal gern abseits der<br />
Asphaltroute angreifen wollen.<br />
Allgemein stehen die R-<br />
Modelle von KTM für den Geländeeinsatz<br />
mit schwerem<br />
Gerät. Wir haben es ja ausprobiert<br />
(siehe Test ab Seite 30) –<br />
das macht höllischen Spaß.<br />
DATEN<br />
Zweizylinder-75-Grad-V-Motor, 1050 cm3, 92 kW (125 <strong>PS</strong>) bei 8500/min,<br />
109 Nm, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung,<br />
Leichtmetall-Speichenräder, 2.50 x 21/4.50 x 18, Gewicht trocken 207 Kilo,<br />
Tankinhalt zirka 23 Liter, Preis k. A.<br />
Die SP-Version der MT-10 unterscheidet<br />
sich von der Basis-Variante<br />
hauptsächlich durch das semiaktive<br />
Fahrwerk (ERS)<br />
YAMAHA<br />
MT-10 SP<br />
YAMAHA<br />
Bei Yamaha warteten wir am<br />
Stand vergeblich auf die übers<br />
Internet angekündigte Präsentation<br />
der neuen R6. Die gab es leider<br />
nach Redaktionsschluss in den USA.<br />
Aber mit der neuen MT-09 und der MT-<br />
10 SP wurden zwei sportliche Naked<br />
Bikes von Yamaha auf der INTERMOT<br />
präsentiert. Der MT-09-Dreizylinder<br />
bekam ein anderes Outfit, eine Anti-<br />
Hopping-Kupplung, einen Schaltautomat<br />
und Euro 4-Notwendigkeiten.<br />
Die MT-10 SP ist eigentlich eine R1M<br />
im Naked Bike-Ornat, zeichnet sich<br />
vor allem durch das elektronische<br />
Fahrwerk von Öhlins aus und hat<br />
auch sonst alle technischen Features<br />
der R1M an Bord. Der nackte Racer<br />
kommt im Februar zu den Händlern.<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 29
TEST<br />
VERGLEICH GROSSENDUROS<br />
BMW<br />
R 1200 GS ADVENTURE<br />
DUCATI<br />
MULTISTRADA 1200 ENDURO<br />
KTM<br />
<strong>11</strong>90 ADVENTURE R<br />
SIE KÖNNEN<br />
30 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
AUCH.. .<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 31
... ANDE<br />
Wer ist mit dieser<br />
Überschrift gemeint,<br />
die Motorräder<br />
oder die<br />
<strong>PS</strong>-Tester? Beide,<br />
ist doch klar. Beste<br />
Voraussetzungen<br />
also für einen<br />
Vergleichstest<br />
der anderen Art,<br />
ein Biathlon mit<br />
Großenduros.<br />
Text: Ralf Schneider<br />
Fotos: Tanja O‘Kelly<br />
32 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
RS<br />
Himmeldonnerwetter, gehen<br />
Sie doch in den Steinbruch.“<br />
Diese Aufforderung bekam<br />
ich zu hören, als die Sitten<br />
noch rauer waren, und genervte Lehrer<br />
sich gegenüber mindermotivierten<br />
Schülern dergleichen erlauben konnten.<br />
Heute kann ich – mit jahrzehntelanger<br />
Verspätung – Vollzug melden.<br />
Ich durfte als Autor meine Kollegen<br />
von <strong>PS</strong> begleiten, die sich wie schon<br />
in den vergangenen Jahren für ihre<br />
Novemberausgabe eine sogenannte<br />
„besondere Geschichte“ ausgedacht<br />
haben. Besonders heißt dann meist besonders<br />
gaga. Dieses Jahr sollen sich<br />
drei Reiseenduros der Superschwergewichtsklasse<br />
an den Extrempunkten<br />
ihres Einsatzspektrums beweisen, im<br />
Gelände und auf der Rennstrecke. Man<br />
kann es auch drastischer ausdrücken:<br />
Die Jungs von <strong>PS</strong> wollten sich im<br />
Schlamm suhlen, Staub fressen, sich<br />
Schotterfontänen an die Köpfe schleudern,<br />
später dann auf Asphalt mit<br />
möglichst schräg gelegtem Horizont<br />
ein paar Fußrasten den Feinschliff verpassen<br />
und Hinterreifen zerreiben. Mit<br />
Motorrädern, die weder fürs eine, noch<br />
fürs andere Geläuf optimiert sind, sondern<br />
durch die berühmt-berüchtigte<br />
„Summe ihrer Eigenschaften“ überzeugen<br />
sollen. Auf die Gefahr hin, mit der<br />
Summe ihrer Massen tiefe Krater in die<br />
Landschaft zu stanzen.<br />
Das Gelände ist schwieriger,<br />
als es aussieht<br />
Die Landschaft bestand bei der ersten<br />
Prüfung aus dem schon erwähnten<br />
Steinbruch auf der Schwäbischen Alb,<br />
und was der an Schwierigkeiten bereithielt,<br />
sieht auf den Fotos harmloser<br />
aus, als es ist. Zwanzigprozentige Steilauffahrten<br />
mit tiefen, ausgewaschenen<br />
Spurrillen, etliche davon mit nachgerutschtem<br />
grobem Schotter verfüllt,<br />
staubige Steinwüsten en miniature,<br />
Schlamm, glatte, nackte Kalkplatten,<br />
trialähnliche Passagen und Sprunghügel<br />
– für sensible Ertaster der Rutschgrenzen<br />
von Vorderreifen war es der<br />
permanente Aufenthalt im Katastrophenbereich.<br />
<strong>PS</strong>-Chef Uwe Seitz ist einer von diesen<br />
bekennenden Offroad-Skeptikern,<br />
besonders bei Maschinengewichten<br />
von über 200 Kilogramm. Deshalb teilte<br />
er die Motorräder zu: Die KTM <strong>11</strong>90<br />
Adventure R, mit schlanken 244 Kilogramm<br />
das leichteste Bike, behielt er<br />
für sich selbst, seinem jüngsten Tester<br />
Tobias Münchinger gab er die 272 Kilo<br />
schwere BMW R 1200 GS Adventure<br />
zu fahren. Die gravitätische GS mit ih-<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 33
Anstellen zum Shoot-out: Auf losem Untergrund ist der Grat zwischen zu viel<br />
Wheelspin und dem Abwürgen des Motors beim Start schwer zu finden<br />
rer bärig-freundlichen Motorcharakteristik<br />
sollte „Sir Tobi’s“ Temperament<br />
etwas zügeln, das mit einer sehr<br />
kurzen Lunte versehen ist. Blieb die<br />
dritte, neueste und mit 277 Kilogramm<br />
schwerste Maschine, die Ducati Multistrada<br />
Enduro, für Volkmar Jacob. Der<br />
langjährige <strong>PS</strong>-Tester verfügt off- wie<br />
onroad über beste Referenzen, gibt<br />
aber freimütig zu, dass sich sein Endurotraining<br />
in den letzten Jahren darauf<br />
beschränkte, den Staubschichten auf<br />
seiner Honda XR 600 R beim Dickerwerden<br />
zuzusehen.<br />
Doch gelernt ist gelernt. Jacob trieb<br />
die Multistrada Enduro zügig bis an<br />
ihre und seine Grenze. „Die Sitzposition<br />
ist durch den hohen und weit nach hinten<br />
gezogenen Lenker ziemlich passiv.<br />
Ich kriege nicht genug Gewicht aufs<br />
Vorderrad. Außerdem schwappt der<br />
Sprit im Tank sehr weit oben heftig hin<br />
und her. Schon das Rangieren ist eine<br />
kippelige Sache, das Fahren erst recht“,<br />
lautete seine Charakterisierung.<br />
Unter diesen Umständen ließ es<br />
sich kaum vermeiden, dass er als Erster<br />
eine Bodenprobe nahm. Man hätte<br />
ihm zwar sagen können, dass er auf<br />
Kalksplitt der Körnung 2 bis 8 driftete,<br />
aber er wollte es wie immer ganz<br />
genau wissen. Die Gelegenheit ergab<br />
sich, als ihm ein Drift etwas zu rechtwinklig<br />
geriet und er kurz vom Gas<br />
musste. Das reichte, um übers einklappende<br />
Vorderrad den Untergrund in<br />
den Nahsichtbereich zu bekommen.<br />
Der Schaden hielt sich in Grenzen, und<br />
über den zuvor wegen seiner billigen<br />
Machart geschmähten, stählernen<br />
Schalthebel lassen die <strong>PS</strong>-Tester nun<br />
nichts mehr kommen. Er ließ sich problemlos<br />
wieder geradebiegen.<br />
Sir Tobi machte derweil andere Erfahrungen.<br />
„Gar nicht schlecht“, lobte<br />
er die BMW. „Ich fühle mich sicher, die<br />
Ergonomie passt, und ich habe hinten<br />
gute Traktion. Wenn schon mit zu viel<br />
Leistung und Drehmoment ins Gelände,<br />
dann am liebsten auf der GS.“ Kurz darauf<br />
entdeckte er eine verheißungsvolle<br />
Kante auf einem ausgewaschenen Weg,<br />
welche ihm geeignet schien, die Ausgewogenheit<br />
seiner Maschine zu demonstrieren.<br />
150 Meter Anlauf, knappe 60<br />
km/h, Kante ... Der sonor brummende<br />
Boxermotor schien kurz die Luft anzuhalten,<br />
und die BMW erhob sich mit-<br />
BMW R 1200 GS ADVENTURE<br />
01 02<br />
01 Je nachdem, wie dick die Sohlen<br />
der Fahrerstiefel sind und ob der Fahrer<br />
eher sitzt oder steht, kann der Fußbremshebel<br />
der BMW mit oder ohne<br />
den klappbaren zweiten Ausleger<br />
bedient werden<br />
02 Dynamic ESA: Dieser schwarze Kasten<br />
ist das Symbol für das semiaktive<br />
Fahrwerk der BMW. Je nach Beladung<br />
werden verschiedene Federvorspannungen<br />
fest eingestellt, die Dämpfung<br />
wird während der Fahrt ständig nachgeregelt.<br />
Auch bei Sprüngen<br />
34 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
„WAR JA KLAR: UWE HAT DIE CHEF-<br />
KARTE GEZOGEN UND SICH DIE<br />
KTM GEKRALLT. IST ABER NICHT<br />
SCHLIMM. DIE DICK GEPAN-<br />
ZERTE BMW ADVENTURE<br />
FÄHRT ECHT GUT UND FLIEGT<br />
NOCH VIEL BESSER!“<br />
Tobias „Tobi“ Münchinger<br />
RUNDENZEIT<br />
STEINBRUCH<br />
1.33,04 MIN<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 35
RUNDENZEIT<br />
STEINBRUCH<br />
1.29,83 MIN<br />
„HÄ, HÄ, HÄ, HABE DEN JUNGS<br />
AUF DER DUC IM GELÄNDE<br />
ORDENTLICH EINGESCHENKT.<br />
AUF ASPHALT IMMERHIN DIE<br />
ZWEITBESTE ZEIT, GESAMTSIEG!<br />
IT’S THE MAN, NOT THE MACHINE!“<br />
Volkmar „Jacko“ Jacob<br />
36 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Man merkte den <strong>PS</strong>-Musketieren schon an, dass es nicht gerade zur Routine gehört, im Gelände herumzufräsen. Und dann<br />
erwischte es ausgerechnet den erfahrensten Enduristen als ersten. Der Autor versenkte sich unterdessen ohne Motorrad<br />
samt Fahrer elfengleich in die Luft. Die<br />
Landung erfolgte ziemlich genau eine<br />
Sekunde später nach einem Flug von<br />
rund 16 Metern synchron auf beiden<br />
Rädern. Sauber, sauber, nur nicht mehr<br />
ganz so elfenhaft.<br />
KTM-Pilot Seitz erschloss sich sein<br />
Motorrad auf weniger spektakuläre<br />
Weise. Zunächst übte er vorsichtig seine<br />
Fähigkeit, die Maschine mit dem<br />
Gasgriff, beziehungsweise ausbrechendem<br />
Hinterrad zu lenken und gewann<br />
rasch genug Vertrauen, um schnellere<br />
Kurven mit gleichmäßig durchgezogenen<br />
Drifts zu durchfräsen. „Die Adventure<br />
ist vergleichsweise leicht und<br />
schmal, ich kann mich gut auf ihr<br />
bewegen und die Traktion hinten ist<br />
richtig gut. Auch das ABS im Enduro-<br />
Modus ist klasse. Nur in diesen langsamen<br />
Umfallerkehren, wo man entweder<br />
nicht genug oder zu viel driftet<br />
und dann je nachdem übers Vorderoder<br />
Hinterrad abschmiert, da macht<br />
mir der Brocken immer noch Angst.“<br />
Mittlerweile hatten Jacob und<br />
Münchinger einen Offroadkurs für das<br />
Einzelzeitfahren abgesteckt. Und als<br />
hätten sie die abschließende Aussage<br />
ihres Chefs gehört, legten sie mitten in<br />
die Steilauffahrt eine 270-Grad-Schlinge,<br />
in der die Fahrlinie quer über eine<br />
Spurrille und eine scharfe Kante führte.<br />
Extrem schwierig zu nehmen, eher<br />
eine Trial- als eine Endurosektion. Zum<br />
Ausgleich bauten sie zwei schnelle<br />
Rechtskurven und einige weit herumgezogene<br />
Schlingen für mittelschnelles<br />
Tempo in den Kurs ein. Linksherum,<br />
rechtsherum, von allem etwas.<br />
Nur eine gezeitete Runde –<br />
alles muss sitzen. Eigentlich<br />
Letztlich erwies sich die Kehre im Steilhang<br />
als Schlüsselstelle, aber nicht<br />
etwa deshalb, weil dort besonders viel<br />
Zeit zu gewinnen gewesen wäre. Eher<br />
schon konnte man dort besonders viel<br />
Zeit verlieren, und das passierte ausgerechnet<br />
dem BMW-Fahrer Münchinger.<br />
Ausgerechnet, weil die GS mit ihrem<br />
großen Lenkeinschlag und ihrem gut<br />
dosierbaren Leistungseinsatz für solche<br />
Trial-Einlagen eigentlich gut geeignet<br />
ist. Aber wer drückt schon gerne<br />
ein 272-Kilo-Schlachtross hangabwärts<br />
in eine enge Kurve? Sir Tobi traute<br />
sich, doch leider missriet ihm der stützende<br />
Gasstoß am Scheitelpunkt und<br />
die BMW legte sich upside-down in<br />
den Steilhang. Es spricht für die Fitness<br />
und Entschlossenheit des jungen<br />
Fahrers, wie schnell er die massige GS<br />
wieder auf den Rädern stehen hatte<br />
und die Runde mit ziemlichem Zorn am<br />
Gasgriff zu Ende fuhr. Doch die Rundenzeit<br />
war natürlich verdorben, weshalb<br />
er einen zweiten Versuch zugestanden<br />
bekam. Fast hätte er sich an<br />
derselben Stelle wieder verhakt, doch<br />
mit einem Quäntchen mehr Schwung<br />
und Glück umschiffte er die Klippe und<br />
erreichte die zweitbeste Zeit.<br />
Die beste Rundenzeit schaffte nicht<br />
Seitz auf der KTM, was er in der ihm<br />
eigenen Ehrlichkeit auf seine Kappe<br />
nimmt. „Mit diesem Motorrad müsste<br />
ich die beiden anderen eigentlich in<br />
Grund und Boden fahren. Man merkt<br />
der KTM ihre Offroad-Gene auf jedem<br />
Meter an. Sie hat mir sogar gut durch<br />
den dämlichen Haken dort oben geholfen.<br />
Aber in den Passagen, wo sie<br />
bergab übers Vorderrad schiebt, bin<br />
ich einfach zu vorsichtig.“<br />
So ging die Geländerunde des <strong>PS</strong>-<br />
Biathlons eindeutig an Volkmar Jacob,<br />
der die Eigenarten „seiner“ Ducati im<br />
Zuge ausdauernder Geländebolzerei<br />
bestens in sein Fahrprogramm integriert<br />
hatte. Als Einziger schaffte er<br />
eine Rundenzeit von unter eineinhalb<br />
Minuten. Es war schön anzusehen, wie<br />
DUCATI MULTISTRADA 1200 ENDURO<br />
01 02<br />
01 Cooles Auspuff-Design: Schön<br />
schmal verläuft der Schalldämpfer<br />
entlang des rechten Schwingenarms.<br />
Die Abdeckung aus Edelstahlblech<br />
hält heiße Abgase vom<br />
Koffer fern<br />
02 Die Wasserpumpe ist gegenüber<br />
dem breiten Aufbau von Tank<br />
und Verkleidung sehr weit eingezogen.<br />
Ein größerer Stein sollte aber<br />
nicht dort liegen, wo sie bei einem<br />
Sturz einschlägt. Der stählerne<br />
Schalthebel wurde schon gelobt<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 37
Volkmar Jacob (links): „Endurofahren heißt schauen, die Spur lesen.“ Heute gehört<br />
aber auch dazu, den richtigen Modus für ABS und Traktionskontrolle zu wählen<br />
er die sperrige Multistrada Enduro um<br />
den Kurs trieb. Je nach Sektion sehr<br />
gefühlvoll, rund fahrend mit wenig<br />
Drehzahl im dritten Gang oder hart am<br />
Gas im ersten oder zweiten, wenn er<br />
zackig vor den Kehren die Hinterhand<br />
der Ducati anstellte. Ziemlich unspektakulär<br />
fuhr er den weiten Rechtsbogen<br />
am Ende der Runde, doch das war keine<br />
Langweilernummer, sondern eine<br />
Demonstration effizienten Einsatzes<br />
von Motorleistung. Ein verdienter Etappensieg,<br />
großes Kompliment.<br />
Das Fazit über die Geländeeigenschaften<br />
der drei Motorräder wird erfahrene<br />
Enduristen wenig überraschen.<br />
Wenn es richtig rau wird, ist weniger<br />
mehr. Weniger <strong>PS</strong> und Newtonmeter<br />
sind mehr, und weniger Kilos gefühlt<br />
gleich fünfmal mehr. Fahrhilfen wie<br />
die passend gewählte Stufe einer Traktionskontrolle<br />
oder ABS am Vorderrad<br />
sind mittlerweile auch im Gelände sehr<br />
hilfreich. Solange die Strecke nicht allzu<br />
verwinkelt und verblockt ist, helfen<br />
sie dabei, auch große und schwere<br />
Motorräder sportlich zu bewegen. Und<br />
unser aller Bewunderung für die Leistungen<br />
der Dakar-Fahrer ist durch<br />
das eigene Herumrutschen im Gelände<br />
ins Unermessliche gestiegen.<br />
Nachdem eine Handvoll Euromünzen<br />
beim Reinigen der Motorräder verdampft<br />
war, galt es für den zweiten Teil<br />
der Prüfung andere Reifen aufzuziehen.<br />
Mit Conti TKC 80 und Pirelli Scorpion<br />
Rally, wie sie BMW, KTM und Ducati getragen<br />
hatten, ist auf Asphalt nicht viel<br />
zu bestellen. Deshalb wurden sie ersetzt<br />
durch Michelin Anakee 3, Conti Trail<br />
Attack 2 und Pirelli Scorpion Trail 2.<br />
Die zweite Runde: vom Dreck<br />
auf saubersten Asphalt<br />
Frisch bereift ging es am nächsten Tag<br />
von Stuttgart auf der Autobahn nordwärts<br />
auf das Bosch-Testgelände in<br />
Boxberg. Seit Anfang des Jahres sind<br />
dort zwei neu gebaute Handlingkurse<br />
in Betrieb, die <strong>PS</strong> für den zweiten Teil<br />
des Shootouts nutzen durfte. Es wurde<br />
eine Fahrt auf wunderbarem Feinschmecker-Asphalt,<br />
ein höchst angenehmer<br />
Kontrast zur rauen Streckenbeschaffenheit<br />
vom Vortag. Dass der<br />
feinkörnige Belag nicht ganz so viel<br />
Grip bietet wie ein zünftiger Rennstrecken-Makadam,<br />
kam den Testern<br />
gerade recht. So verringerte sich das<br />
Risiko, die Reifen zu überhitzen und<br />
die Herausforderung, die Rutschgrenze<br />
zu ertasten, wuchs.<br />
KTM <strong>11</strong>90 ADVENTURE R<br />
01 02<br />
01 Anders als bei den 950er- und<br />
990er-Adventures ist das Reservoir<br />
der Trockensumpfschmierung ins<br />
Gehäuse-Vorderteil integriert. Sein<br />
schützender Überzug aus Plastik<br />
erfüllte die Tester deshalb mit einiger<br />
Skepsis, blieb aber ohne Schäden<br />
02 Bodenständig, aber komfortabel<br />
zu bedienen: Die Vorspannung des hinteren<br />
Federbeins erfolgt per Handrad,<br />
während die Konkurrenz elektrisch<br />
einstellbare Federelemente mit<br />
elektronischer Steuerung aufbietet
RUNDENZEIT STEINBRUCH<br />
1.34,65 MIN<br />
„DER BEKANNTE KTM-SLOGAN<br />
‚READY TO RACE‘ GILT<br />
SELBST FÜR DIESEN DICKEN<br />
EIMER. NICHT UNBEDINGT<br />
MEIN FAVORIT IN ORANGE,<br />
ABER ON- WIE OFFROAD<br />
EIN KLARES STATEMENT“<br />
Uwe „Super-U“ Seitz<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 39
BMW R 1200 GS ADVENTURE<br />
RUNDENZEIT RENNSTRECKE<br />
1.02,28 MIN<br />
KTM <strong>11</strong>90 ADVENTURE R<br />
RUNDENZEIT RENNSTRECKE<br />
0.59,53 MIN<br />
40 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Gleiche Prozedur, andere Strecke: drei, zwei, eins und los! Mit Asphalt und Schräglagen geht die <strong>PS</strong>-Truppe wesentlich<br />
routinierter um als mit Schotter. Das könnte sich ändern, denn angefixt vom Gelände sind sie jetzt wieder alle drei<br />
DUCATI MULTISTRADA 1200 ENDURO<br />
RUNDENZEIT RENNSTRECKE<br />
1.01,40 MIN<br />
Nach einigen Proberunden auf<br />
beiden Kursen entschied man sich für<br />
Variante 2. Wäre dieser Kurs ein Slalom,<br />
würde man ihn als stark drehend<br />
bezeichnen. Tatsächlich besteht er<br />
überwiegend aus Kurven, die Winkel<br />
von mindestens 120 Grad, oft über 180<br />
Grad umschließen. Das Ganze führt<br />
munter bergauf und bergab, in einer<br />
Rechtskurve liegt der Scheitelpunkt<br />
genau auf einer leichten Kuppe und<br />
als besonderen Leckerbissen haben<br />
die Planer noch einen zackig-schnellen<br />
Rechts-Links-Schräglagenwechsel<br />
bergab bei voller Beschleunigung<br />
eingebaut. Herrlich.<br />
Schräger ist schneller<br />
Anders als im Gelände zeigte sich<br />
auf dieser Strecke, dass die BMW tatsächlich<br />
so breit ist, wie sie aussieht.<br />
Wobei es nicht die herausragenden<br />
Zylinderköpfe des Boxers oder das sie<br />
umschließende Rohrgeflecht waren,<br />
welche die Schräglagenfreiheit begrenzten,<br />
sondern die Ergonomie. Man<br />
schafft es nicht, den kurveninneren<br />
Fuß aus dem Kratzbereich zu bringen.<br />
Zwar hat nur die linke Fußraste zarte<br />
Spuren vom Schrägfahren zurückbehalten,<br />
doch anhaltender Bodenkontakt<br />
der schon ganz nach hinten gestellten<br />
Stiefel fuhr als ständige Warnung mit,<br />
die GS noch tiefer zu legen. Was die<br />
Reifen wohl zugelassen hätten. Das<br />
extreme Hanging-off von BMW-Fahrer<br />
Münchinger möge deshalb bitte nicht<br />
als reines Posing missverstanden werden;<br />
es entsprang purer Notwendigkeit<br />
und ist Ausdruck seiner unbedingten<br />
Bereitschaft, alles zu geben.<br />
Die Ducati und erst recht die KTM<br />
lassen einige Grad mehr Schräglage<br />
zu, was ihre Fahrer zu nutzen wussten.<br />
Bei der Zeitenjagd, die nach dem gleichen<br />
Prozedere ablief wie im Gelände,<br />
fuhr Jacob mit der Multistrada gute<br />
neun Zehntel auf die BMW heraus.<br />
Ganz zufrieden war er trotzdem nicht.<br />
„Das Vorderrad ist auch hier der kritische<br />
Bereich. Ich kriege es einfach<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 41
nicht dazu, so sicher zu führen, wie ich<br />
es brauche. Mir fehlt die Rückmeldung.<br />
Außerdem verstehe ich den Motor<br />
nicht, und er versteht mich auch nicht“,<br />
gab er ernüchtert zu Protokoll.<br />
Letzteres umschreibt die Reaktion<br />
des Ride-by-Wire auf die Gasgriffbefehle<br />
und die Leistungscharakteristik<br />
des Ducati-Motors. Der V2 zieht erst ab<br />
5000/min energisch an, um ab 7000/<br />
min richtig loszufeuern. Die Frage muss<br />
erlaubt sein, ob man dafür wirklich<br />
variable Steuerzeiten braucht? Wohlgemerkt:<br />
Die Traktionskontrolle konnte<br />
nichts dafür, denn sie stand auf der<br />
zweitschärfsten Stufe.<br />
Man hätte eigentlich keine Stoppuhr<br />
gebraucht, um die Runde von Uwe<br />
Seitz zu evaluieren. Allein schon an der<br />
Präzision und Schärfe, mit der er um<br />
die weit herumgezogenen Bögen zirkelte,<br />
konnte man erkennen, dass hier die<br />
schnellste Symbiose von Fahrer und<br />
Maschine am Werk war. „Schaut euch<br />
den an“, entfuhr es Münchinger unwillkürlich,<br />
der dank seiner Saison im<br />
Yamaha-Cup ja doch einiges an Action<br />
zu sehen gewohnt ist. Fast zwei Sekunden<br />
schneller als Jacob auf Ducati<br />
umrundete Seitz auf KTM den Kurs<br />
und gab seiner Maschine danach einen<br />
Klaps auf den Tank wie einem treuen<br />
Pferd nach einem fehlerfreien Hindernisritt.<br />
Sie blieben als Einzige unter<br />
der Minutengrenze. „Anfangs hatte ich<br />
Zweifel, ob der große, schmale Vorderreifen<br />
ordentlich haften würde. Aber<br />
der fühlt sich super an. Da ist es mir<br />
völlig wurscht, dass ich fürs Einlenken<br />
mehr Kraft brauche. Dazu hat die KTM<br />
viel Schräglagenfreiheit und diesen<br />
sagenhaften Motor. Spontan am Gas,<br />
viel Druck unten raus und obenrum<br />
erst recht. Klasse.“<br />
Als würdiger Sieger der redaktionsinternen<br />
Fahrerwertung steht demnach<br />
Volkmar Jacob fest. Dieses Ergebnis<br />
ist umso mehr zu würdigen, als er das<br />
schwierigste Bike zu fahren hatte. Geht<br />
es nach der Addition der Platzziffern,<br />
teilen sich Seitz und Münchinger den<br />
zweiten Platz, in der Summe der Rundenzeiten<br />
erfährt Seitz dank seiner<br />
Boxberg-Zeit einen hauchdünnen Vorsprung<br />
vor Münchinger. Würde man<br />
jedoch einen Korrekturfaktor für die<br />
Geländequalitäten der KTM ansetzen...<br />
Nein, wir lassen das bleiben. Die drei<br />
wissen ohnehin genau, wo sie stehen.<br />
Wer bis zu diesem Zeitpunkt gedacht<br />
hatte, diese Geschichte würde<br />
sich zu einem organisierten Zerbrechen<br />
auswachsen, hat sich zum Glück<br />
getäuscht. Außer dem gerade gebogenen<br />
Schalthebel der Ducati gab es an<br />
Schäden nur noch einen gebrochenen<br />
Handprotektor und eine Delle im Vorderrad<br />
der BMW zu beklagen. Woher<br />
die bloß kommt? Von Personenschäden<br />
blieben alle Beteiligten verschont.<br />
Bleibt die Frage, welche „besondere<br />
Geschichte“ sich die <strong>PS</strong>-Jungs für die<br />
November-Ausgabe des nächsten Jahres<br />
ausdenken. In einem ersten Brainstorming<br />
wurde Roller-Weitsprung erwogen.<br />
Nicht schlecht, aber ich hätte<br />
noch eine andere Idee. Wie wäre es mit<br />
einer Rennstrecken-Rundreise durch<br />
Deutschland? Auf Elektro-Motorrädern.<br />
Ich würde mitstromern. Wochenlang.<br />
BMW R 1200 GS ADVENTURE<br />
DUCATI MULTISTRADA 1200 ENDURO<br />
KTM <strong>11</strong>90 ADVENTURE R<br />
Ein kleines Kurvenparadies: die beiden Handlingkurse des Bosch-Testgeländes<br />
in Boxberg. Das Einzelzeitfahren fand auf dem inneren Ring statt, ihren Gelüsten<br />
nach höheren Geschwindigkeiten frönten die Fahrer auf dem äußeren<br />
FAZIT<br />
Das beste Geländemotorrad ist auch<br />
auf Asphalt am schnellsten. Die<br />
schlanke und schnörkellose KTM <strong>11</strong>90<br />
Adventure R gewinnt deshalb zu Recht<br />
diesen speziellen Vergleich, der einem<br />
weiten Spagat gleichkommt. Als stringente<br />
Ausführung eines mehr auf<br />
Alltags- und Fernreisetauglichkeit<br />
gemünzten Konzepts verdient die BMW<br />
R 1200 GS Adventure den zweiten<br />
Platz. Ihr Motor glänzt mit einer ausgeruht-kräftigen<br />
Leistungsentfaltung,<br />
ihr Fahrwerk trotz hohem Gewicht mit<br />
angenehmer Handlichkeit. Die Ducati<br />
Multistrada Enduro ist wegen ihres hohen<br />
Gewichts und des hohen Schwerpunkts<br />
nicht so einfach zu fahren. Auch<br />
der Motor erfordert in den dynamischen<br />
Betriebszuständen Gewöhnung.
DATEN UND MESSWERTE<br />
BMW R 1200 GS<br />
ADVENTURE<br />
ANTRIEB<br />
Zweizylinder-Boxermotor, vier Ventile/<br />
Zylinder, 92 kW (125 <strong>PS</strong>) bei 7750/min,<br />
125 Nm bei 6500/min, Bohrung/Hub:<br />
101,0/73,0 mm, <strong>11</strong>70 cm³, Verdichtungsverhältnis:<br />
12,5:1, Zünd-/Einspritzanlage,<br />
52-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte<br />
Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-<br />
Kupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat,<br />
Kardan, Traktionskontrolle<br />
CHASSIS & BREMSEN<br />
Stahlrohr-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel:<br />
65,5 Grad, Nachlauf: 93 mm, Radstand:<br />
1510 mm, längslenkergeführte<br />
Telegabel, Ø Gabelinnenrohr: 37 mm. Mit<br />
ESA: elektrohydraulische Dämpfungseinstellung,<br />
einstellbar in Federbasis. Direkt<br />
angelenktes Zentralfederbein. Mit ESA:<br />
elektrohydraulische Dämpfungseinstellung,<br />
einstellbar in Federbasis. Federweg<br />
vorn/hinten: 210/220 mm, Leichtmetall-<br />
Speichenräder, 3.00 x 19/4.50 x 17, Reifen<br />
vorn: 120/70 R 19, hinten: 170/60 R 17,<br />
Erstbereifung: Michelin Anakee 3,<br />
305-mm-Doppelscheibenbremse mit<br />
radial angeschlagenen Vierkolben-Festsätteln<br />
vorn, 276-mm-Einzelscheibe mit<br />
Zweikolben-Schwimmsattel hinten, ABS<br />
PERFORMANCE<br />
MAX. HINTERRADLEISTUNG*<br />
87,0 kW (<strong>11</strong>8 <strong>PS</strong>) bei 200 km/h<br />
BESCHLEUNIGUNG*<br />
0 –100 km/h: 3,7 s; 0 –150 km/h: 6,8 s;<br />
0 –200 km/h: 14,5 s<br />
DURCHZUG*<br />
50 –100 km/h: 4,6 s; 100 –150 km/h: 5,3 s<br />
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT<br />
213 km/h<br />
MAßE UND GEWICHT<br />
Länge/Breite/Höhe: 2210/930/1520 mm,<br />
Sitz-/Lenkerhöhe: 890 bis 910/<strong>11</strong>60 mm,<br />
Lenkerbreite: 830 mm, 272 kg vollgetankt,<br />
v./h.: 50,9/49,1 %, Tankinhalt 30 Liter<br />
KRAFTSTOFFART<br />
Super bleifrei<br />
GRUNDPREIS<br />
16500 Euro**, Testmaschine: 21625 Euro**<br />
DUCATI MULTISTRADA<br />
1200 ENDURO<br />
ANTRIEB<br />
Zweizylinder-90-Grad-V-Motor, vier Ventile/Zylinder,<br />
<strong>11</strong>2 kW (152 <strong>PS</strong>) bei 9500/<br />
min, 136 Nm bei 7500/min, Bohrung/Hub:<br />
106,0/67,9 mm, <strong>11</strong>98 cm³, Verdichtungsverhältnis:<br />
12,5:1, Zünd-/Einspritzanlage,<br />
56-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte<br />
Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-<br />
Kupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat,<br />
Kette, Traktionskontrolle<br />
CHASSIS & BREMSEN<br />
Stahl-Gitterrohrrahmen mit angeschraubten<br />
Aluteilen, Lenkkopfwinkel: 65,0 Grad,<br />
Nachlauf: <strong>11</strong>0 mm, Radstand: 1554 mm,<br />
Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr:<br />
48 mm, einstellbar in Federbasis, elektrohydraulische<br />
Dämpfungseinstellung.<br />
Zentralfederbein mit Umlenkung, elektrohydraulische<br />
Dämpfungs- und Federbasiseinstellung.<br />
Federweg vorn/hinten:<br />
200/200 mm, Leichtmetall-Speichenräder,<br />
3.00 x 19/4.50 x 17, Reifen vorn: 120/70<br />
R 19, hinten: 170/60 R 17, Erstbereifung:<br />
Pirelli Scorpion Trail „D“, 320-mm-Doppelscheibenbremse<br />
mit radial angeschlagenen<br />
Vierkolben-Festsätteln vorn,<br />
265-mm-Einzelscheibe mit Zweikolben-<br />
Schwimmsattel hinten, ABS<br />
PERFORMANCE<br />
MAX. HINTERRADLEISTUNG*<br />
103 kW (140 <strong>PS</strong>) bei 246 km/h<br />
BESCHLEUNIGUNG*<br />
0 –100 km/h: 3,5 s; 0 –150 km/h: 6,0 s;<br />
0 –200 km/h: 10,9 s<br />
DURCHZUG*<br />
50 –100 km/h: 4,9 s; 100 –150 km/h: 5,2 s<br />
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT<br />
240 km/h<br />
MAßE UND GEWICHT<br />
Länge/Breite/Höhe: 2240/950/1480 mm,<br />
Sitz-/Lenkerhöhe: 870/1230 mm, Lenkerbreite:<br />
840 mm, 277 kg vollgetankt, v./h.:<br />
50,5/49,5 %, Tankinhalt 30 Liter<br />
KRAFTSTOFFART<br />
Super bleifrei<br />
GRUNDPREIS<br />
19990 Euro**<br />
KTM<br />
<strong>11</strong>90 ADVENTURE R<br />
ANTRIEB<br />
Zweizylinder-75-Grad-V-Motor, vier Ventile/Zylinder,<br />
<strong>11</strong>0 kW (150 <strong>PS</strong>) bei 9500/<br />
min, 125 Nm bei 7500/min, Bohrung/Hub:<br />
105,0/69,0 mm, <strong>11</strong>95 cm³, Verdichtungsverhältnis:<br />
12,5:1, Zünd-/Einspritzanlage,<br />
52-mm-Drosselklappen, hydraulisch<br />
betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-<br />
Hopping-Kupplung, Sechsganggetriebe,<br />
G-Kat, Kette, Traktionskontrolle<br />
CHASSIS & BREMSEN<br />
Stahl-Gitterrohrrahmen, Lenkkopfwinkel:<br />
64,0 Grad, Nachlauf: 108 mm, Radstand:<br />
1580 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr:<br />
48 mm, einstellbar in Federbasis,<br />
Zug- und Druckstufe. Direkt angelenktes<br />
Zentralfederbein, einstellbar in<br />
Federbasis, Zug- und Druckstufe. Federweg<br />
vorn/hinten: 220/220 mm, Leichtmetall-Speichenräder,<br />
2.50 x 21/4.50 x 18,<br />
Reifen vorn: 90/90 ZR 21, hinten: 150/70<br />
ZR 18, Erstbereifung: Continental Trail<br />
Attack 2, 320-mm-Doppelscheibenbremse<br />
mit radial angeschlagenen Vierkolben-<br />
Festsätteln vorn, 267-mm-Einzelscheibe<br />
mit Zweikolben-Festsattel hinten, ABS<br />
PERFORMANCE<br />
MAX. HINTERRADLEISTUNG*<br />
97,0 kW (132 <strong>PS</strong>) bei 243 km/h<br />
BESCHLEUNIGUNG*<br />
0 –100 km/h: 3,8 s; 0 –150 km/h: 6,2 s;<br />
0 –200 km/h: 10,4 s<br />
DURCHZUG*<br />
50 –100 km/h: 5,2 s; 100 –150 km/h: 5,2 s<br />
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT<br />
250 km/h<br />
MAßE UND GEWICHT<br />
Länge/Breite/Höhe: 2300/850/1460 mm,<br />
Sitz-/Lenkerhöhe: 890/1200 mm, Lenkerbreite:<br />
760 mm, 244 kg vollgetankt, v./h.:<br />
48,2/51,8 %, Tankinhalt 23 Liter<br />
KRAFTSTOFFART<br />
Super bleifrei<br />
GRUNDPREIS<br />
15 795 Euro**<br />
Motorleistung<br />
120 160 Ducati Multistrada 1200 Enduro<br />
<strong>11</strong>0 150 <strong>11</strong>1,1 kW (151 <strong>PS</strong>)<br />
100<br />
140 bei 9800/min<br />
123 Nm bei 7700/min<br />
130<br />
90 KTM <strong>11</strong>90 Adventure R<br />
120 107,6 kW (146 <strong>PS</strong>)<br />
80 <strong>11</strong>0 bei 9500/min<br />
100 <strong>11</strong>9 Nm bei<br />
70<br />
BMW R 1200 GS<br />
90<br />
7900/min<br />
Adventure<br />
60 80<br />
94,5 kW (128 <strong>PS</strong>)<br />
bei 7900/min<br />
50 70<br />
125 Nm bei<br />
60<br />
6600/min<br />
40<br />
50<br />
130<br />
30 40<br />
120<br />
<strong>11</strong>0<br />
20 30<br />
100<br />
20<br />
90<br />
10<br />
10<br />
80<br />
kW <strong>PS</strong><br />
70<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 <strong>11</strong> 12<br />
Motordrehzahl in 1/min x 1000<br />
Drehmoment in Nm<br />
Vergleicht man die Volllast-Leistungskurven, ist für die Ducati Multistrada alles in Ordnung.<br />
Im unteren Drehzahlbereich entfaltet sie sichtlich mehr Drehmoment als die KTM, geht<br />
dabei aber nicht so konsequent zu Werke wie die BMW. Deren wassergekühlter Boxer ist<br />
eindeutig für satten Druck im unteren und mittleren Bereich optimiert. Wie die nach dem<br />
Maximum stark abfallende Drehmomentkurve zeigt, ist alles über 8000/min nicht ihr Ding.<br />
Und obgleich die KTM nicht ganz die Spitzenleistung der Ducati erreicht, überzeugt sie<br />
doch in allen Drehzahlbereichen durch spontane Leistungsbereitschaft, auch bei häufigen<br />
Lastwechseln, wie sie im Gelände oder auf kurvigen Strecken nötig werden. Die Ducati<br />
wirkt dabei oft etwas zögerlich, lässt eine direkte Gasannahme vermissen.<br />
Herstellerangaben *<strong>PS</strong>-Messung **zzgl. Nebenkosten<br />
Leistung an der Kurbelwelle, Messungen auf Dynojet-Rollenprüfstand 250<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 43
ZONKOS ATTACKE<br />
MAYER-KAWASAKI ZX-10R<br />
MEISTE<br />
Julian Mayer und die Kit-Ninja holen 16 Jahre nach<br />
Meisterschaft für Kawasaki. Was kann die siegreiche<br />
Text: Zonko; Fotos: Andreas Riedmann
R MAYER<br />
Martin Bauers Titel endlich wieder die österreichische<br />
ZX-10R?<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 45
Man muss in den Archiven<br />
der Sportkommission weit<br />
zurückblättern, will man<br />
den letzten österreichischen<br />
Meistertitel für Kawasaki in der<br />
Klasse über 750 cm 3 finden: Im Jahr<br />
2000 war Martin Bauer auf einer ZX-9R<br />
der Gesamtsieger in der Klasse Superstock<br />
1000. Damals war das – im Gegensatz<br />
zum heutigen Superbike-Titel<br />
(Stocksport-Reglement) von Julian<br />
Mayer auf der ZX-10R – eine echte Sensation,<br />
weil die 9er-Ninja im Vergleich<br />
zur damaligen R1 eher wie ein „Tourensportler“<br />
wirkte. Der geniale (Fahr-)<br />
Techniker Bauer geigte in der Folge mit<br />
der unterlegenen Kawa auch im Rahmen<br />
der IDM immer wieder groß auf,<br />
seine deutschen Titel fuhr er aber auf<br />
Honda und KTM ein.<br />
Warum es 16 Jahre dauerte, bis<br />
Kawasaki wieder österreichischer<br />
Meister bei den 1000ern werden konnte,<br />
obwohl die erste, sehr scharfe ZX-<br />
10R bereits 2004 auf den Markt kam,<br />
hat höchstwahrscheinlich mehrere<br />
Ursachen (Rennsport ist ja ein extrem<br />
komplexes Unterfangen), aber eines<br />
darf als gesichert gelten: Die rennmäßige<br />
Abstimmung der traditionell<br />
aggressiven, im Grenzbereich schwer<br />
Rennbikes sind gestrippt nicht immer<br />
eine Augenweide. Im Fall der<br />
sauber aufgebauten Mayer-Zehner<br />
darf das aber ruhig gesagt werden
SCHARFES<br />
GRENZBEREICHS-<br />
SKALPELL<br />
zu kontrollierenden Maschine war<br />
eine Wissenschaft, die viele vor unüberwindbare<br />
Schwierigkeiten stellte.<br />
Etwas absurd und in gewissem Sinne<br />
erheiternd ist, dass gerade die <strong>2016</strong>er-<br />
ZX-10R, welche als erster 1000er-Supersportler<br />
überhaupt die restriktive<br />
Euro 4-Norm erfüllt, die von Haus aus<br />
schon renntauglichste 10er-Ninja aller<br />
Zeiten ist. Dass man in die Entwicklung<br />
sehr stark die Erfahrungen aus der<br />
Superbike-WM einfließen ließ, darf<br />
nicht als Marketing-Floskel missverstanden<br />
werden. Die <strong>2016</strong>er-ZX-10R<br />
hat tatsächlich das Zeug zum Siegen.<br />
Dazu gehört auch die überaus faszinierende,<br />
neue Kit-Elektronik, die sich<br />
im Vergleich zur letztjährigen Ware<br />
wie ein Chirurgenskalpell zu einer<br />
stumpfen Heimwerkerfeile verhält.<br />
Mayer fährt, Mayer schraubt,<br />
Mayer laptopt<br />
Julian Mayer, mittlerweile 20 Jahre alt,<br />
ist eines der größten Fahrtalente Österreichs<br />
und prügelt die am Hinterrad<br />
zirka 200 <strong>PS</strong> starke ZX-10R über den<br />
Pannoniaring, dass einem als Zuschauer<br />
der Atem stockt. Die Zeit von 1.54<br />
min liegt zwar noch eine Sekunde über<br />
dem Streckenrekord von Andy Meklau<br />
mit der Suzuki GSX-R 1000, aber die<br />
von außen fast locker lässig wirkende,<br />
mörderschnelle Mayer-Fahrt im Grenzbereich<br />
ist nicht nur äußerst beeindruckend,<br />
sondern auch ein Versprechen.<br />
Man weiß, dass im Rennsport neue<br />
Maschinen in der ersten Saison nie ihr<br />
volles Potenzial ausschöpfen können,<br />
weil die Erfahrungen mit der Abstimmung<br />
erst erarbeitet werden müssen.<br />
Dass das heuer mit der ZX-10R auf Anhieb<br />
relativ reibungslos funktionierte,<br />
dürfte im Wesentlichen daran liegen,<br />
dass die Kawa in Bezug auf die Geometrie<br />
tatsächlich äußerst nahe an den<br />
glorreichen und dominierenden Superbike-WM-Geräten<br />
dran ist und dass die<br />
mit weit über 100 einstellbaren Funktionen<br />
versehene Kit-Elektronik kompromisslos<br />
auf das Rennfahren zugeschnitten<br />
ist. „Das Elektronik-Paket ist<br />
einfach großartig, aber man muss sich<br />
eingehend damit beschäftigen. Die<br />
Wirkungsweise der verschiedenen Einstellungen<br />
ist äußerst hilfreich“, sagt<br />
Peter Mayer, der Vater des Teams – im<br />
wahrsten Sinne des Wortes. Er ist Inhaber<br />
eines Motorradgeschäfts in der<br />
Wiener Neustadt, voll Rennsport-verseucht,<br />
wie man so sagt, kümmert sich<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 47
als Chef um das Team und schraubt<br />
selbst. Für die Elektronik samt Laptop<br />
ist Julians Bruder Cedric zuständig.<br />
Peter Mayer: „Der kennt sich da einfach<br />
viel besser aus als ich.“ Ja, und Julian<br />
fährt – wie der Teufel. Family Business.<br />
Auch ein Geheimnis des Erfolgs: Im<br />
Team muss alles passen.<br />
Wie viel Leistung hat denn nun<br />
der Motor?<br />
„Ich schätze zwischen 195 und 200 <strong>PS</strong><br />
am Hinterrad“, sagt Peter Mayer, „jedenfalls<br />
genug. Es geht nicht darum, noch<br />
irgendwelche <strong>PS</strong> zu finden, sondern<br />
möglichst viel von der vorhandenen<br />
Leistung auf den Asphalt zu bringen.“<br />
Schätzung? Was sagt denn der Prüfstand?<br />
Nichts. Original null. Denn der<br />
Motor wird rein über die Auswertung<br />
der Lambda-Sonde und das Fahrer-<br />
Feedback abgestimmt. Einen Prüfstand<br />
hat die Meister-Kawa nie gesehen.<br />
Gemäß dem Stocksport-Reglement<br />
ist der Motor serienmäßig, allerdings<br />
brüllt er durch eine Akrapovic-Komplettanlage<br />
mit Arrow-Endtopf. Letzterer<br />
ist einfach wesentlich günstiger.<br />
„Die Anlage von Akrapovič ist top, aber<br />
der Endtopf ist in puncto Leistung und<br />
Performance unerheblich. Und ich will<br />
nicht bei jedem Rutscher sieben Hunderter<br />
für einen neuen Topf hinblättern<br />
müssen“, stellt der Teamchef fest, der<br />
weiß, wie verdammt schwer es ist,<br />
Sponsoren für den Motorradrennsport<br />
zu finden. Da muss man haushalten.<br />
Heuer hat der österreichische Kawasaki-Importeur<br />
(Moto GmbH) auf Julian<br />
Mayer gesetzt und sich dankenswerterweise<br />
großzügig gezeigt, weitere Geldgeber<br />
waren leider nicht zu finden.<br />
Aber zurück zum Motor. Etwas<br />
mehr Aggressivität und Spitzenleistung<br />
erreichte man durch das Steilerstellen<br />
der Nocken. Man fährt mit den originalen<br />
Nockenwellen, die anhand der geschlitzten<br />
Zahnräder vis à vis etwas<br />
gedreht worden sind. Das Ventilspiel<br />
wurde so justiert, das der Einlass im<br />
Vergleich zum Auslass länger öffnet.<br />
„Der Motor ist dadurch spürbar aggressiver<br />
geworden. Am Kurvenausgang<br />
beißt er jetzt einfach stärker an“, sagt<br />
Julian Mayer, der den Spagat zwischen<br />
dem unbekümmerten Abfeuern der<br />
Rakete und dem budgetbedingten<br />
Sturzverbot in bemerkenswerter Weise<br />
schafft. Julian ist sauschnell, wirft<br />
aber fast nie weg. Also vielleicht doch<br />
den Akrapo-Endtopf montieren?<br />
Zahlt Akrapovič denn gar nichts ein,<br />
lässt der slowenische Auspuffgigant<br />
gar nichts raus? Peter Mayer hebt die<br />
Brauen und winkt ab: „Nette Idee. Aber<br />
nein, das kostet uns Länge mal Breite.“<br />
Außen Showa, innen Öhlins<br />
Kawasaki hat der ZX-10R serienmäßig<br />
eine top Showa-Gabel mit<br />
Gasdruckbehälter spendiert, die<br />
richtig gut ist und bei Vergleichstests<br />
brillierte. Für den schnellen<br />
Hobbyracer ein großartiges Teil.<br />
„Bis zur Rundenzeit von 1.58 Minuten<br />
in Pannonien funktionierte<br />
die Seriengabel, dann aber standen<br />
wir an. Unter Druck drängte<br />
der Vorderreifen nach außen, ich<br />
konnte am Scheitel nicht enger ziehen,<br />
ohne Gefahr zu laufen, die Front<br />
zu verlieren“, erklärt Julian Mayer.<br />
Abhilfe schafften Öhlins TTX-Federelemente,<br />
hinten und vorne. Dem Stocksport-Reglement<br />
entsprechend ist die<br />
Gabel außen unverändert, das Innenleben<br />
ist jetzt aber schwedisches Gold.<br />
Der metallisch rot schimmernde Gasdruck-Ausgleichsbehälter<br />
ist nurmehr<br />
eine Attrappe ohne Funktion. Peter<br />
Mayer: „Öhlins setzt in jüngster Zeit bei<br />
den Superbike-Gabeln zum Druckausgleich<br />
auf spezielle Federn statt auf<br />
Gas, dessen Dichte sich bei wechselnden<br />
Temperaturen empfindlich ändert.“<br />
Mit dem Öhlins-Fahrwerk fielen<br />
dann die Rundenzeiten bis derzeit 1.54<br />
min. Kawasaki würde auch noch verschiedene<br />
Offsets für den Lenkkopf<br />
anbieten, aber die Seriengeometrie<br />
der ZX-10R dürfte Julian perfekt passen.<br />
Dasselbe gilt für die Bremse. Ohne<br />
ABS-Funktion beißen die M50-Monoblocks<br />
so harsch und bestens dosierbar<br />
in die beiden 330-Millimeter-Scheiben,<br />
dass kein Bedarf entsteht, hier<br />
nachzubessern. So ist der Serienanker<br />
ein Traum. Weltklasse.<br />
Wunderwaffe: Kit-Elektronik<br />
Die <strong>2016</strong>er-Kit-ECU von Kawasaki ist<br />
schlicht und ergreifend ein Wahnsinn.<br />
„Wenn Julian reinkommt und sagt, dass<br />
er gerne eingangs der Viererkurve et-<br />
LEIST<br />
GENU<br />
01<br />
01 Die Kit-Elektronik ist so umfangreich wie genial, erfordert<br />
aber enorme Abstimmungsarbeit. Fühlen ist gut, Wissen<br />
ist besser. 2D-Datarecording zur Untermauerung der Fahrereindrücke<br />
02 Seriencockpit mit Rundenzeiten-Anzeige<br />
48 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Der Meister und sein Lehrling. Julian<br />
Mayer erläutert die Feinheiten der<br />
Abstimmung seines Meister-Geräts<br />
DATEN<br />
UNG?<br />
G!<br />
02<br />
ANTRIEB<br />
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/<br />
Zylinder, Bohrung/Hub: 76,0/55,0 mm,<br />
998 cm³, Verdichtungsverhältnis 13:1,<br />
Zünd-/Einspritzanlage, 47-mm-Drosselklappen,<br />
mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung,<br />
Sechsganggetriebe, Kette, Traktionskontrolle,<br />
Kit-ECU, Rennkabelbaum,<br />
Zusatzkühler<br />
FAHRWERK<br />
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel:<br />
65 Grad, Nachlauf: 107 mm, Radstand:<br />
1440 mm, Showa-Upside-down-<br />
Gabel, Durchmesser Gabelinnenrohr: 43<br />
mm, Gabelinnereien: Öhlins TTX, Öhlins<br />
TTX-Federbein, Leichtmetall-Gussräder,<br />
3.50 x 17/6.00 x 17, Reifen vorn: 120/70<br />
ZR 17, hinten: 190/55 ZR 17, 330-mm-<br />
Doppelscheibenbremse mit radial angeschlagenen<br />
Vierkolben-Festsätteln vorn,<br />
220-mm-Scheibenbremse mit Einkolben-<br />
Schwimmsattel hinten, ABS deaktiviert<br />
MAX. HINTERRADLEISTUNG*<br />
ca. 195 bis 200 <strong>PS</strong> bei 13000/min<br />
MAX. DREHMOMENT AM HINTERRAD*<br />
ca. <strong>11</strong>0 Nm bei <strong>11</strong> 500/min<br />
MAβE UND GEWICHT<br />
Länge/Breite/Höhe: 2090/740/<strong>11</strong>45 mm,<br />
Gewicht: 175 kg mit allen Flüssigkeiten,<br />
aber leerem Tank<br />
* Herstellerangabe
VOLLES<br />
VERTRAUEN<br />
was mehr Querdrift haben möchte, gebe<br />
ich im Laptop ein, dass im zweiten<br />
Gang die Motorbremswirkung stärker<br />
einsetzen soll. Ich könnte auch den<br />
Gasstoß der Blipperfunktion verkürzen<br />
und die Drehzahl senken. Möchte er,<br />
dass die Maschine stabiler in der Linie<br />
bleibt, nehme ich die Motorbremse<br />
zurück. Das funktioniert für jeden einzelnen<br />
Gang“, erklärt Cedric Mayer,<br />
der Elektronik-Experte des Teams.<br />
Die Traktionskontrolle ist in fünf Positionen<br />
einstellbar, und in jeder Position<br />
gibt es dann noch zehn Unterstufen.<br />
Gang für Gang. „Das ist schon gewaltig,<br />
wie präzise man mit dieser Elektronik<br />
die Maschine auf die einzelnen Streckenabschnitte<br />
abstimmen kann“,<br />
schwärmt Cedric. „Man kann auch die<br />
maximale Drehzahl in allen Gängen gesondert<br />
verschieben, um sich zum Beispiel<br />
einen Schaltvorgang zu ersparen.<br />
Selbstverständlich ist es enorm wichtig,<br />
dass der Fahrer die feinen Nuancen<br />
im Fahrverhalten spürt und ein klares<br />
Feedback gibt, aber die Handhabung<br />
des Tools ist keine Hexerei. Die Kit-<br />
Elektronik ist zwar sehr umfangreich,<br />
aber auch sehr logisch aufgebaut.“<br />
Zusätzlich wird ein 2D-Datarecording<br />
eingesetzt, um neben den Aussagen<br />
des Fahrers auch empirisch erhobene<br />
Fakten zu bekommen.<br />
Nicht unterschätzt werden darf,<br />
dass die <strong>2016</strong>er-Kit-ECU, die man als<br />
digitale Wunderwaffe bezeichnen darf,<br />
nach sehr vielen Kilometern im Renntempo<br />
verlangt. Der Begriff „Abstimmungsarbeit“<br />
kommt nicht von ungefähr.<br />
Julian Mayer: „Sicher hat es sehr<br />
viele Kilometer gekostet, bis wir die Maschine<br />
so hatten, wie sie uns am besten<br />
erscheint, aber das Ergebnis ist einfach<br />
ein Hammer. Wenn beim Runterschalten<br />
ohne Kupplung die Motorsteuerung genau<br />
so viel beziehungsweise so wenig<br />
Zwischengas gibt, wie es am jeweiligen<br />
Kurveneingang optimal ist, kannst du<br />
dich voll auf die Linie und den Bremsdruck<br />
am Vorderreifen konzentrieren<br />
und dann kurz nach dem Scheitel<br />
sehr engagiert ans Gas gehen, weil du<br />
der bis auf Zehntelnuancen perfekt programmierten<br />
Traktionskontrolle volles<br />
Vertrauen schenken darfst.“ Volles<br />
Vertrauen? Gasgriff einfach nach unten<br />
reißen? Julian Mayer: „Man könnte<br />
wahrscheinlich sogar ganz umdrehen.<br />
De facto gibt man einfach sehr viel Gas<br />
und spürt, wie die Traktionskontrolle<br />
den Hinterreifen am Limit hält. Hat man<br />
die richtige Einstellung gefunden, kann<br />
man Runde für Runde einen extrem<br />
sauberen Beschleunigungsstrich fahren,<br />
ohne fürchten zu müssen, dass man<br />
es übertreibt. Das entlastet und macht<br />
wirklich Spaß. Verkrampfen ist sowieso<br />
immer schlecht.“<br />
Dann steigt er wieder in den Sattel<br />
der gelb-schwarzen Meister-Ninja<br />
und brennt Runde für Runde sehr<br />
schnelle Zeiten in den Asphalt. Locker<br />
und spielerisch. In welcher Rennserie<br />
wird er nächstes Jahr angreifen? Peter<br />
Mayer: „Schau‘n wir mal.“<br />
50 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Eine sehr appetitliche Kühlerwand<br />
bewahrt den Vierer vor dem Hitzetod.<br />
Öhlins-Innereien heben die Top-Seriengabel<br />
auf ein noch höheres Niveau<br />
FAZIT<br />
WENN ICH SO ÜBER DIE MAYER-<br />
ZX-10R NACHDENKE ...<br />
... habe ich eine große Freude, dass sie den internationalen<br />
österreichischen Meistertitel eingefahren hat.<br />
Die Durststrecke von Kawasaki war ja wirklich lang.<br />
Die entscheidenden Faktoren, die zum Erfolg führten,<br />
waren einerseits die schon serienmäßig klar für den<br />
Rennbetrieb konstruierte ZX-10R, die fantastische<br />
Kit-Elektronik und die Öhlins-Fahrwerksteile, andererseits<br />
das enorme Talent, die Unbekümmertheit und<br />
die Lockerheit des 20-jährigen Julian Mayer sowie<br />
die familiäre Teamstruktur. Der Blick in die <strong>2016</strong>er-<br />
Kit-Elektronik hat mich tief beeindruckt. Sie ist ein<br />
unfassbar ausgeklügeltes und perfekt funktionierendes<br />
Werkzeug, mit der man die Ninja auf<br />
jeden Track und auf jeden Fahrer perfekt abstimmen<br />
kann – sofern man sich damit eingehend<br />
beschäftigt. Den Satz des Tages lieferte<br />
Teamchef Peter Mayer auf die Frage, was denn<br />
das Schwierigste im Rennsport sei: „Das<br />
Finanzielle. Sponsoren sind wie die<br />
Stecknadel im Heuhaufen.“<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 51
TEST<br />
FAHRASSISTENZEN UND FAHRWERK AN DER YAMAHA YZF-R1 PERFEKT ABSTIMMEN<br />
FEUER-<br />
ALARM<br />
Für diesen Test verpasste uns Renntrainings-Veranstalter Speer die<br />
Startnummer <strong>11</strong>2. <strong>PS</strong> als Brandlöscher? Von wegen! Mit dem<br />
perfekten Setup von elektronischen Fahrassistenzen und Fahrwerk<br />
entflammen wir das wahre Feuer der Yamaha YZF-R1.<br />
Text: Volkmar Jacob; Fotos: Jacek Bilski<br />
52 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Feuer macht den Unterschied.<br />
Mit der Fähigkeit, selbiges<br />
zu entzünden, setzte sich der<br />
Urmensch von der grunzenden<br />
und im ewigen Dunkel lebenden<br />
Primatenkonkurrenz ab. Derart erleuchtet,<br />
erfand der moderne Homo<br />
sapiens schließlich den Feuerstuhl<br />
und jüngst sogar elektronische<br />
Fahrassistenzen. Heiß! Doch Fortschritt<br />
birgt auch immer Herausforderungen,<br />
in diesem Fall die Abstimmung der zahlreichen<br />
Helferlein der Yamaha YZF-R1. Im zweiten Teil unserer neuen<br />
Serie nehmen wir uns daher die populäre Japanerin vor,<br />
klopfen sämtliche Einstellungen ihrer Elektronik ab und verraten<br />
das ideale Setup für Rennstrecke und Landstraße.<br />
In diesem Menüpunkt (YRC = Yamaha<br />
Riding Control) lassen sich elektronischen<br />
Fahrassistenzen einstellen<br />
Und weil es uns brennend interessiert,<br />
kümmern wir uns auch gleich noch<br />
ums Fahrwerk. Feuer frei!<br />
ABS<br />
Vorsichtiges Japan. Anders als die europäische<br />
Superbike-Konkurrenz setzt<br />
Yamaha auf nur eine einzige Einstellung<br />
des Blockierschutzes. Dazu ist das<br />
System sehr defensiv ausgerichtet,<br />
lässt sich nicht deaktivieren und arbeitet<br />
mit vergleichsweise stumpfen Bremsbelägen. Das hat zwar<br />
den Vorteil einer äußerst geringen Überschlagsneigung. Auf<br />
ebener Strecke ist der Vorwärtssalto nahezu unmöglich, und<br />
selbst bergab lässt sich das System kaum überlisten. Andererseits<br />
verschenkt das Yamaha-ABS im Extremfall wertvolle<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 53
Meter. Warum? Weil es wegen der<br />
Hinterrad-Abhebeerkennung mitunter<br />
weit vor der Blockiergrenze regelt. Ein<br />
leicht steigendes Heck genügt, schon<br />
regelt das System und reduziert den<br />
Bremsdruck. Mit der serienmäßig sehr<br />
frontlastigen Ausrichtung kommt das<br />
bei entsprechend heftigem Ankern<br />
häufig vor, besonders auf der Rennstrecke.<br />
Besserung bringen ein paar<br />
Handgriffe am Federbein, wodurch<br />
das Heck länger am Boden bleibt und<br />
das ABS später eingreift. Welche Änderungen<br />
das sind, steht weiter unten im<br />
Fahrwerkskapitel.<br />
Doch bleiben wir zunächst bei<br />
den Stoppern. Zwar besitzt die R1 kein<br />
Kurven-ABS, dennoch gestattet sie<br />
kräftiges Bremsen in Schräglage. Die<br />
Teilintegralfunktion (das Bike bremst<br />
hinten automatisch mit, wenn der Pilot<br />
vorn verzögert) steuert die Bremskraft<br />
je nach Schräglage vorn und hinten<br />
unterschiedlich stark. Dadurch stellt<br />
sich das Bike bei der Initialbremsung<br />
leicht auf und gerät so aus der kritischen<br />
Zone. Erst dann steigert das<br />
System den Bremsdruck. Schreckoder<br />
Anpassungsverzögerungen in<br />
Schräglage führen bei idealen Bedingungen<br />
– durchgewärmte und haftfreudige<br />
Reifen, trockene und saubere<br />
Strecke – also nicht zum Abflug. Erst<br />
ab Winkeln über zirka 45 Grad wird es kritisch, da die Reifen<br />
wegen der hohen Seitenkräfte nur noch geringe Umfangskräfte<br />
(Bremsen, Beschleunigen) übertragen können.<br />
Ob große, geringe oder überhaupt keine Schräglage: Die<br />
zahmen Serienbremsbeläge beißen grundsätzlich sehr verhalten<br />
zu. Im Rahmen dieses Tests hatten wir die Gelegenheit,<br />
die Renn-Pads „Lucas SRQ“ (keine Straßenzulassung)<br />
von TRW auszuprobieren. Damit gehen die Stopper deutlich<br />
angriffslustiger zu Werke und benötigen weniger Handkraft –<br />
top! Auf bremsmordenden Strecken wie dem großen Kurs<br />
von Hockenheim überhitzt die Anlage jedoch gnadenlos. Obwohl<br />
wir den Hebel auf maximale Weite einstellten, ließ er<br />
sich am Ende eines schnellen Turns ohne Bremswirkung bis<br />
zum Anschlag ziehen. Saugefährlich! Wer Racing-Pads verwendet,<br />
sollte daher unbedingt auch dickere Bremsscheiben<br />
montieren, da sie die Hitze besser aufnehmen.<br />
Mit satten zwölf Menüpunkten plus<br />
zahlreichen Untermenüs bietet das R1-<br />
Display schier endlose Einstellmöglichkeiten.<br />
Auch der Schaltblitzbereich und<br />
die Warnleuchte (flackern oder Dauerlicht)<br />
sind einstellbar (unteres Foto)<br />
Traktionskontrolle (TCS)<br />
Dieses Feature bietet neun Einstellungen.<br />
Sie sind wunderbar abgestuft,<br />
und das System regelt den Schlupf<br />
sehr feinfühlig. Oft bemerkt der Pilot<br />
die Eingriffe nur an der dezent flimmernden<br />
Kontrollleuchte links im Cockpit.<br />
Wir arbeiten uns bis auf Stufe drei<br />
vor. Sie erlaubt kräftiges Herauspowern<br />
aus den Ecken und fängt die Yam bei<br />
zu viel Schlupf zuverlässig ein. Tipp: An<br />
die eigene Wohlfühlstufe herantasten<br />
und eine schärfere Position erst wählen,<br />
wenn die Elektronik zu stark reguliert.<br />
Obwohl uns die Wirkung der TCS<br />
voll überzeugt, weist sie dennoch eine<br />
Merkwürdigkeit auf. Denn trotz einer im<br />
Cockpit hinterlegten Off-Funktion lässt<br />
sich das System nicht deaktivieren.<br />
Slidekontrolle (SCS)<br />
Leichte Rätsel gibt auch die Slide-<br />
Control auf. Theoretisch soll sie ein<br />
Übersteuern (ausbrechendes Heck)<br />
verhindern. Doch Eingriffe können wir<br />
auf keiner der drei Stufen feststellen.<br />
Keine oder zu geringe Driftwinkel?<br />
Gut möglich. Doch selbst erfahrene<br />
Racing-Teams aus der IDM mit ihren<br />
pfeilschnellen Piloten zucken mit den<br />
Schultern: „Beim Serienbike stellen wir<br />
die Slide-Control immer auf Position<br />
eins und konzentrieren uns nur auf die Traktionskontrolle.“<br />
Diese Empfehlung übernehmen wir nur zu gern.<br />
Wheeliekontrolle (LIF)<br />
Eine fantastische Fahrhilfe! Vor allem auf der Renne, wenn es<br />
gilt, aus langsamen Ecken wie der Spitzkehre möglichst kräftig<br />
herauszupfeffern, hält die Wheelie-Control das Vorderrad auf<br />
jeder der drei Positionen zuverlässig in Bodennähe. Das ermöglicht<br />
maximalen Vortrieb. Besonders gut gefällt uns Stufe<br />
eins, da die Eingriffe hier sehr fein ausfallen. Einfach die Brause<br />
voll öffnen, die Elektronik regelt den Rest – spitzenmäßig!<br />
Schaltautomat (QSS)<br />
Große Unterschiede bestehen zwischen den beiden möglichen<br />
Positionen zwar nicht. Als verlässlicher erweist sich<br />
dennoch die Stufe zwei. Auf der ersten verweigerte unser<br />
01 Die scharfen Racing-Bremsbeläge<br />
„Lucas SRQ“ leiten viel Hitze ins System.<br />
Mögliche Folge: Bremsausfall<br />
02 Astreines Reifenlaufbild nach einem<br />
Tag auf der Piste. Grundvoraussetzung<br />
hierfür: ein gut abgestimmtes Fahrwerk<br />
03 Für mehr Bremsstabilität der R1<br />
nahmen wir etwas Federvorspannung<br />
am Monoshock heraus<br />
01<br />
02<br />
54 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Testbike ab und an das kupplungsfreie Hochschalten. Deaktivieren<br />
lässt sich der Quickshifter zwar auch, das ergibt<br />
aber wenig Sinn. Eine Blipperfunktion bietet das System leider<br />
nicht. Das gilt auch für 2017. Zwar wildert die R1 dann<br />
schon das dritte Jahr im Supersport-Revier. Trotzdem sind<br />
die Japaner von sämtlichen Fahrassistenzen so überzeugt,<br />
dass sie keinen Anlass sehen, sie neu abzustimmen.<br />
Gasannahme/Leistungsentfaltung (PWR)<br />
Spätestens hier sollte Yamaha Hand anlegen. Denn die R1<br />
springt auf den Stellungen eins und zwei ziemlich hart ans<br />
Gas. Mit dem Unterschied, dass sie das auf der zweiten Stufe<br />
etwas verzögert tut – keine besonders hilfreiche Lösung.<br />
Position drei arbeitet geschmeidiger, raubt dem Bike im Teillastbereich<br />
aber etwas Durchschlagskraft. Der Pilot nimmt<br />
das als reduzierte Spritzigkeit wahr. Stufe vier ist auch keine<br />
Option, da sie die Spitzenleistung kappt. Und nun? Unser<br />
Tipp ist die zwar abrupte, aber zumindest ehrliche und<br />
transparente Position eins.<br />
Fahrwerk<br />
Um die sehr frontlastige und damit Stoppie-anfällige Ausrichtung<br />
der Yamaha etwas zu mildern, reduzieren wir die<br />
03<br />
Federvorspannung am Monoshock. Dadurch lenkt die R1<br />
zwar nicht mehr ganz so gierig ein, bleibt beim Anbremsen<br />
aber stabiler. Mit der Folge, dass das Heck statt heftig auszukeilen<br />
besser kontrollierbar slidet. Zudem regelt das ABS<br />
dank der gesteigerten Bodenhaftung nun deutlich später.<br />
Bei der Dämpfung bestehen zwischen Landstraße und Rennstrecke<br />
vor allem beim Federbein riesige Unterschiede.<br />
In öffentlichem Gefilde wirkt es über-, auf der Piste dagegen<br />
leicht unterdämpft. Die Gabel ist hier wie dort zwar auf der<br />
straffen Seite, spricht aber im Gegensatz zum Mono shock<br />
sehr fein an. Sämtliche Einstellungen für Fahrwerk und<br />
Fahrassistenzen stehen im Kasten unten. Damit ist die R1<br />
für jede Situation bestens gerüstet. Feueralarm? Na klar!<br />
SETUP (TROCKENE BEDINGUNGEN)<br />
RENNSTRECKE LANDSTRASSE<br />
FAHRASSISTENZ<br />
ABS nicht einstellbar nicht einstellbar<br />
Traktionskontrolle (TCS) 3 6<br />
Wheeliekontrolle (LIF) 1 3<br />
Slidekontrolle (SCS) 1 1<br />
Leistungsentfalt. (PWR) 1 1<br />
Schaltautomat (QSS) 2 2<br />
FAHRWERK *<br />
Gabel<br />
Zugstufe 15 K 15 K<br />
Druckstufe kompl. geöffnet 23 K<br />
stat. Negativfederweg 32 mm 32 mm<br />
Federbein<br />
Zugstufe 1 K 1 K<br />
Druckstufe low kompl. geöffnet 1 K<br />
Druckstufe high kompl. geöffnet 4,5 U<br />
stat. Negativfederweg 16 mm 19 mm<br />
*alle Dämpfungseinstellungen von komplett geschlossen gezählt; statischer negativer<br />
Federweg senkrecht stehend ohne Fahrer; U = Umdrehungen; K = Klicks<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 55
TEST<br />
IDM-R1 VON MARVIN FRITZ<br />
Das Sieger-Team<br />
Bayer-Bikerbox<br />
Langenscheidt.<br />
Von links nach<br />
rechts: Elektroniker<br />
Andy Pfaffinger,<br />
Mechanikerin<br />
Michaela Ruff,<br />
Pilot Marvin Fritz<br />
und Teamchef<br />
Sepp Buchner<br />
Montagnachmittag beim<br />
Speer-Training in Hockenheim.<br />
Die Bude ist gerappelt<br />
voll und man<br />
muss aufpassen, dass es draußen auf<br />
der Strecke nicht wegen Platzmangel<br />
scheppert. Marvin Fritz vom Team<br />
Bayer-Bikerbox Langenscheidt fuhr<br />
diese Saison meist voraus und musste<br />
dementsprechend wenig überholen.<br />
Aber gehen wir mal davon aus, dass<br />
seine Goldmarie das Manöver trotzdem
GOLD<br />
MARIE<br />
Einen Tag nach dem IDM-<br />
Superbike-Finale dürfen wir das<br />
Meistermotorrad von Marvin Fritz<br />
aufs Parkett führen. Mariechen,<br />
fertig zum Tanzen?<br />
Text: Tobias Münchinger<br />
Fotos: Jacek Bilski<br />
beherrscht. Sie heißt gar nicht Marie,<br />
sondern Jacqueline. Trotzdem klappt<br />
das Überholen astrein. Nach wenigen<br />
Runden zeigt der Laptimer trotz massiven<br />
Touristenverkehrs auf dem großen<br />
Kurs eine tiefe 1.49er-Rundenzeit. Das<br />
war einfach! Quasi still und heimlich<br />
pflügt die Maschine um die Strecke.<br />
Diese R1 kann was, definitiv!<br />
Erstes Beispiel: Durch die Parabolika<br />
geht’s mit Vollgas, die Yamaha liegt<br />
selbst im letzten Drittel des Streckenabschnitts<br />
bei Höchstgeschwindigkeit<br />
satt und extrem ruhig. Auf einer serienmäßigen<br />
BMW S 1000 RR fühlt es sich<br />
bestimmt wenig erbaulich an, wenn<br />
plötzlich die gelbe R1 rechts außen mit<br />
deutlicher Überschussgeschwindigkeit<br />
vorbeiprescht und dabei praktisch<br />
keine Miene verzieht.<br />
Dabei leistet das Motorrad im aktuellen<br />
Trimm noch nicht einmal die<br />
maximale Power. Aber was an Leistung<br />
vorhanden ist, lässt sich astrein in Vortrieb<br />
umsetzen. Die Bikerbox-R1 punktet<br />
in der Kategorie Fahrbarkeit auf der<br />
ganzen Linie. Normalerweise wären<br />
etwa 216 <strong>PS</strong> versammelt, gibt Teamchef<br />
und Technik-Mastermind Sepp Buchner<br />
zu Protokoll. Doch beim vorletzten IDM-<br />
Lauf, der im Rahmen der Superbike-<br />
WM auf dem Lausitzring stattfand, zerstörte<br />
Marvin das Superbike bei einem<br />
Sturz im Regen nahezu komplett. Rahmen<br />
und SBK-Motor mit Kit-Nockenwellen<br />
waren hinüber. Buchner und<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 57
01<br />
03<br />
02<br />
01 Das Dashboard kommt von 2D.<br />
Gut zu sehen sind die Einstellschrauben<br />
(rot) des Bitubo-Cartridges<br />
an der Gabel<br />
02 Auch das erstklassig ansprechende<br />
Federbein (XXF31 VA)<br />
stammt von Bitubo<br />
03 Serienmäßige Bremszangen mit<br />
SBS-Belägen beißen in Bremsscheiben<br />
von NG. Das bedeutet vehemente<br />
Verzögerung und null Fading<br />
Mechanikerin Michaela Ruff hatten in<br />
der Folge alle Hände voll zu tun, um<br />
kurzerhand das Stocksport-Motorrad<br />
vom letzten Jahr umzubauen, damit Fritz<br />
weiterfahren konnte. Bis auf den schwächeren<br />
Antrieb handelte es sich beim<br />
IDM-Finale in Hockenheim wieder um<br />
das ursprüngliche Einsatzgerät. Dem<br />
Piloten gelang mit der Maschine im letzten<br />
Lauf nochmals ein souveräner Sieg.<br />
Damit zurück zur Fahrbarkeit und<br />
zu Beispiel Nummer zwei: Beim Anbremsen<br />
der Spitzkehre nach der Parabolika<br />
verhält sich die R1 stabil und<br />
spurtreu. Ein Finger an der Bremse<br />
reicht aus, um die Maschine spät und<br />
punktgenau auf die richtige Linie zu<br />
bringen. Die Stopper beißen im ersten<br />
Moment nicht zu aggressiv, verzögern<br />
dann aber gnadenlos und über den<br />
ganzen Turn frei von Fading. Normalerweise<br />
neigt die aktuelle R1 beim harten<br />
Anbremsen gerne dazu, mit dem Heck<br />
auszubrechen. Diese hier kennt das<br />
Phänomen überhaupt nicht, das Fahrverhalten<br />
bleibt immer berechenbar.
Drittes Beispiel: Aus der SWR<br />
3-Kurve (Doppelrechts auf Start/Ziel)<br />
geht es in einem Bogen in permanenter<br />
Schräglage an der Südtribüne vorbei<br />
auf die lange Gerade. Völlig widerstandslos<br />
klappt das Motorrad nach<br />
Gusto des Fahrers immer tiefer ab, sodass<br />
sehr enge Bögen möglich sind.<br />
Das Gefühl und Vertrauen fürs Vorderrad<br />
ist unerschütterlich. Man weiß<br />
einfach: Der Grip wird nicht abreißen.<br />
Gleiches Spiel beim Herausbeschleunigen.<br />
Der Pirelli klebt wie der Teufel auf<br />
dem Asphalt. Setzt doch mal Schlupf<br />
ein, slidet der Reifen gutmütig und<br />
berechenbar. Wer beim Fahrwerk auf<br />
Schwedengold tippt, irrt. Das Bikerbox-<br />
Team setzt auf Komponenten von<br />
Bitubo und den Rat von Alpha<br />
Technik-Fahrwerksspezialist<br />
Matthias Greif. „Matthias hat<br />
einen Wahnsinnsjob gemacht<br />
dieses Jahr“, lobt<br />
Marvin. „Wir hatten zudem<br />
die Elektronik im<br />
Griff, und das Gesamtpaket<br />
war super. Ich hatte<br />
von Anfang an keinen<br />
Druck vom Team und<br />
dann lief es einfach“, erklärt der IDM-<br />
Champion die Formel des Erfolgs.<br />
An der Meister-R1 fällt außerdem<br />
auf, wie weich sie ans Gas geht, ohne<br />
dass die Gasgriffstellung das direkte<br />
Gefühl fürs Hinterrad verwässert.<br />
Die Traktionskontrolle (wir fahren die<br />
Maschine in derselben Konfiguration<br />
wie Marvin beim Finale) lässt spürbar<br />
Wheelspin zu und regelt dann ganz<br />
fein. Marvin fährt tendenziell lieber mit<br />
wenig elektronischem Eingriff. Auch<br />
die Wheeliekontrolle ist so eingestellt,<br />
dass der Fahrer im letzten Augenblick<br />
selbst das Gas noch aktiv zurücknehmen<br />
muss. Möglich macht’s die Motec-<br />
Elektronik. Die ist laut Buchner ziemlich<br />
kompliziert, bietet aber Optionen<br />
ohne Ende. Elektroniker Andy hat den<br />
speziellen Kabelbaum dafür im Winter<br />
über drei Monate hinweg selbst entwickelt.<br />
Im nächsten Jahr besteht dafür<br />
keine Notwendigkeit mehr. Das Team<br />
wechselt nämlich in die Superstock-<br />
Europameisterschaft, und dort müssen<br />
die Yamahas die Kit-Elektronik verwenden.<br />
Angegriffen wird wieder auf einer<br />
gelben R1, und vielleicht heißt sie dann<br />
ja wirklich Marie.<br />
Nächstes Jahr greift<br />
das Team in der<br />
Europameisterschaft<br />
an, das langfristige<br />
Ziel lautet WM<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE
TECHNIK<br />
LESERFRAGEN<br />
WERNER KOCH<br />
<strong>PS</strong>-Technik-Versteher und<br />
Motorrad-Flüsterer Werner<br />
„Mini“ Koch tüftelt und bastelt<br />
ständig selbst in seiner eigenen<br />
Werkstatt, und kein Technik-<br />
Thema ist ihm zu verworren.<br />
Und weiß er tatsächlich mal<br />
selbst nicht weiter, weiß er<br />
genau, wo man fragen muss.<br />
Sie haben eine<br />
Technik-Frage, die<br />
Sie schon lange<br />
umtreibt? Im Forum<br />
behauptet jeder<br />
etwas anderes?<br />
Sie sind mit Ihrem<br />
Latein am Ende?<br />
Dann stellen Sie uns<br />
Ihre Frage. <strong>PS</strong> geht<br />
der Sache hier auf<br />
den Grund, erklärt<br />
die Zusammenhänge<br />
oder fragt die<br />
Experten der Industrie<br />
oder Rennteams.<br />
Fragen an:<br />
<strong>PS</strong>@motorpresse.<br />
de, bitte „Technik“<br />
im Betreff angeben.<br />
Text: Werner Koch<br />
Fotos: R. Glück, Jahn (3), Koch, fact<br />
? Bei der Vermessung einer gebraucht<br />
gekauften Honda CBR 600<br />
RR, Baujahr 2008, wurde festgestellt,<br />
dass der Lenkkopfwinkel um zwei<br />
Grad von der Werksvorgabe abweicht<br />
und zu flach steht. Die wahrscheinliche<br />
Ursache sei eine plastische<br />
Verformung des Lenkkopfbereichs<br />
durch hartes Aufsetzen des<br />
Vorderrads nach Wheelies (habe ich<br />
persönlich noch nicht versucht). Mir<br />
erscheint es unwahrscheinlich, dass<br />
durch solche Aktionen im Lenkkopfbereich<br />
höhere Biegemomente auftreten<br />
können als zum Beispiel in der<br />
Gegenrichtung bei einer Vollbremsung.<br />
Jetzt bin ich mir unsicher, ob<br />
ich die Maschine hauptsächlich für<br />
Rennstreckentrainings nutzen kann.<br />
Bert Sander<br />
BI<br />
BRE<br />
<strong>PS</strong>-Antwort Lieber Bert, sollten die<br />
Werte der Vermessung stimmen, steht<br />
ja auch die Gabel rund zwei Grad flacher<br />
als beim Serienmotorrad. Womit<br />
als Folge der Nachlauf um etwa zwölf<br />
Millimeter länger wird. Mit solchen<br />
Werten müsste die Honda CBR 600 RR<br />
ein vergleichsweise träges Handling<br />
und ein indirektes, schwergängiges<br />
Lenkverhalten aufweisen. Die Ursache<br />
für eine solche gravierende Verformung<br />
im Lenkkopfbereich kann eigentlich<br />
nur an massiver Gewalteinwirkung<br />
etwa durch einen Sturz liegen. Natürlich<br />
können auch missglückte Wheelie-Versuche<br />
einem Motorradrahmen<br />
so zusetzen, dass sich die Geometrie<br />
dramatisch verändert. Knallt das<br />
Motorrad bei einem Wheelie abrupt<br />
aufs Vorderrad, können die dadurch<br />
60 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
AUF<br />
EGEN<br />
UND<br />
CHEN<br />
Prinzip richtig. Allerdings sind solche<br />
Belastungen vom Konstrukteur berücksichtigt<br />
und werden durch eine entsprechende<br />
Rahmensteifigkeit oder<br />
Materialzugabe abgefangen.<br />
In der Vergangenheit gab es schon<br />
mehrfach Probleme durch Gewalteinwirkungen<br />
bei Wheeliefahrten. Suzuki<br />
musste deshalb bei den K6-Modellen<br />
der GSX-R 1000 eine mit Epoxyd-Harz<br />
aufgeklebte Rahmenversteifung anbringen.<br />
Auf der Rennstrecke ohne<br />
Probleme, gab es speziell auf dem USamerikanischen<br />
Markt Rahmenbrüche,<br />
die durch dilettantische Wheeliefahrten<br />
verursacht wurden. Klares Merkmal<br />
solcher Stuntversuche: Die Lamellen<br />
an den Wasserkühlern wurden<br />
durch die schlagartige Belastung nach<br />
unten gebogen. In jedem Fall sollten<br />
an Deiner Honda CBR 600 RR sämtliche<br />
Schweißnähte in den hochbelasteten<br />
Bereichen (Lenkkopf, Umlenkung,<br />
Federbeinaufnahme) auf Risse überprüfte<br />
werden.<br />
Ein andere Ursache für den zu<br />
flachen Lenkkopfwinkel könnte in einer<br />
komplett falschen Einstellung der<br />
Federvorspannung oder der Fahrhöhe<br />
liegen. Bei einem zwei Grad zu flachen<br />
Lenkkopfwinkel müsste die Fahrhöhe<br />
um insgesamt rund 50 Millimeter falsch<br />
eingestellt sein. Also vorn 25 Millimeter<br />
zu hoch und hinten 25 Millimeter zu<br />
tief, oder hinten die kompletten 50 Millimeter<br />
zu tief. Was über den Verstellbereich<br />
der Federvorspannung kaum<br />
möglich ist, trotzdem sind die Negativfederwege<br />
und die Länge von Gabel<br />
und Federbein zu überprüfen.<br />
Noch eine Möglichkeit: Bei manchen Umlenksystemen<br />
können die Dreiecksplatten<br />
falsch montiert werden, was zu einer<br />
Veränderung der Fahrhöhe führt. Meist<br />
ist die korrekte Einbaulage markiert<br />
Nach kapitalen Stürzen oder Unfällen<br />
sollten sämtliche Schweißnähte auf<br />
Risse überprüft werden. Besser als<br />
die einfache Sichtprüfung sind Farbeindring-Prüfungen<br />
mit Kontrastfarbe<br />
wirkenden Kräfte und Momente den<br />
Lenkkopf nach oben biegen, wobei<br />
die unteren Rahmenzüge gestreckt,<br />
die oberen Profile gestaucht werden.<br />
Solche plastischen Veränderungen<br />
an den Aluprofilen müssten jedoch<br />
sichtbar sein. Auch der flache Gabelwinkel<br />
müsste sich mit bloßem Auge<br />
von außen erkennen lassen. Selbst bei<br />
einer provisorischen Nachprüfung mit<br />
einem Winkelmesser lassen sich zwei<br />
Grad Fehlstellung nachweisen, wenn<br />
man darauf achtet, dass die Lenkung<br />
exakt in Geradeausstellung ist und der<br />
Winkelmesser an einem im 90-Grad-<br />
Winkel gefrästen Bauteil in der Motorrad-Längsachse<br />
anliegt.<br />
Dein Einwand, dass die Kräfte bei<br />
einer Vollbremsung höher sind als bei<br />
einem missglückten Wheelie, ist im<br />
Suzuki verstärkte nachträglich den Rahmen der GSX-R 1000 K5/K6 (links) im Lenkkopfbereich<br />
mit einem verschraubten und verklebten Alu-Gussteil (rechts). Ursache<br />
für einige Rahmenbrüche, speziell in den USA, waren laut Suzuki Wheelie-Versuche,<br />
bei denen das Vorderrad hart aufschlug und den Lenkkopf nach oben extrem belastete<br />
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LESERPOST<br />
SPANNUNG PUR<br />
Zum Yamaha-Cup<br />
Hallo Tobi, Deine Erfahrungen im<br />
R6-Cup sind für mich mit Abstand das<br />
Spannendste an den momentanen <strong>PS</strong>-<br />
Ausgaben. Als absoluter Rennstrecken-<br />
Grünschnabel interessiert es mich<br />
sehr, wie der Weg zum R6-Cup aussieht.<br />
Gibt es diverse Rennfahrerlizenzen,<br />
welche braucht man da? Und wie<br />
kommt man am Ende in einem Team<br />
unter? Braucht man dicke Sponsoren<br />
im Gepäck oder läuft das über andere<br />
Wege? Dir weiterhin viel Erfolg und<br />
lass dich nicht unterkriegen! An die<br />
<strong>PS</strong>-Redaktion im Allgemeinen: Macht<br />
weiter so! Gern mehr Rennberichte<br />
von den mehr oder weniger „normal<br />
talentierten“ Fahrern oder auch mal<br />
Tests von Supersportlern, die schon<br />
ein paar Jahre auf dem Buckel haben.<br />
Felix Hursie per E-Mail<br />
Wer sich für den Einstieg in den<br />
Yamaha-Cup oder in andere Rennserien<br />
interessiert, bekommt alle<br />
wichtigen Infos und Tipps dazu in<br />
einem Spezial in einem der nächsten<br />
Hefte. <br />
Die Red.<br />
PRIMA SERVICE<br />
Reifenwärmer-Test, <strong>PS</strong> 09/<strong>2016</strong><br />
Mit Interesse habe ich Euren Reifenwärmer-Test<br />
gelesen und wollte hiermit<br />
mal meine Langzeit-Erfahrungen<br />
mit den TTSL-Wärmern mitteilen: Seit<br />
2009 im Einsatz, haben sie jedes Jahr<br />
an mindestens 20 Rennstreckentagen<br />
immer problemlos ihren Dienst getan.<br />
Dieses Jahr ist nun der erste Defekt<br />
aufgetreten: Der hintere Reifenwärmer<br />
heizt nicht mehr und beim vorderen<br />
ist das Kontrolllämpchen ausgefallen.<br />
Also habe ich alles eingeschickt zur<br />
Reparatur, leider zwei Wochen vor<br />
dem nächsten Event. Da die Reparatur<br />
zirka drei Wochen in Anspruch nimmt,<br />
hat mir TTSL-Chef Rainer Tschauder<br />
einen anderen Satz Reifenwärmer als<br />
Leihgabe zugeschickt – KOSTENLOS!<br />
Servicewüste Deutschland muss also<br />
nicht immer sein. Thomas Müller per E-Mail<br />
SOMMERLOCH?<br />
Die besten Kurven, <strong>PS</strong> 09/<strong>2016</strong><br />
Das muss wohl am Sommerloch liegen,<br />
dass so ein Artikel ins <strong>PS</strong>-Heft kommt.<br />
Punkt eins: Es ist Schwachsinn, einzelne<br />
Kurven herauszupicken und vorzustellen.<br />
Kein Mensch fährt wegen einer<br />
Kurve igendwo hin. Punkt zwei: Die<br />
besten Kehren haben sicher keine<br />
Temposchwellen. Punkt drei: Wenn<br />
wir Applaus wollen, fahren wir auf der<br />
Rennstrecke in die vorderen Ränge<br />
und nicht auf der öffentlichen Straße.<br />
Punkt vier: Es ist fast kriminell, die von<br />
Ihnen abgedruckten Kurvenlinien zu<br />
veröffentlichen. Sie vergessen wohl,<br />
dass dies keine Rennstrecke ist und<br />
auch mit Gegenverkehr zu rechnen ist.<br />
Punkt fünf: Sie prangern Autofahrer an,<br />
die über die Mittellinie fahren und ru-<br />
fen gleichzeitig dazu auf, eine Linie zu<br />
fahren, mit der das ganze Motorrad auf<br />
der Gegenfahrbahn sein wird. Schöner<br />
wäre es gewesen, ganze Gebiete zu<br />
zeigen, welche kurvige Straßen aufweisen.<br />
Da würde es sich auch anbieten,<br />
hinzufahren. Die Kurvenlinien könnten<br />
Sie dann der Verantwortung jedes<br />
einzelnen Fahrers überlassen.<br />
Andres Kunz per E-Mail<br />
In Bezug auf die Punkte vier und<br />
fünf liegt wohl ein Missverständnis<br />
vor. Bei der Buchhübel-Kurve am<br />
Schleizer Dreieck wird die Ideallinie<br />
im Rennen gezeigt, was im<br />
Lauftext auch deutlich vermerkt<br />
ist. Andere Kurvenlinien sind mit<br />
dem Hinweis versehen, sie nur<br />
dann zu fahren, wenn freie Sicht<br />
auf den weiteren Kurvenverlauf<br />
und den Gegenverkehr gewährleistet<br />
ist. <br />
Die Red.<br />
KEINE STREET TRIPLE<br />
Neuheiten, <strong>PS</strong> 10/<strong>2016</strong><br />
Die auf Seite <strong>11</strong> abgebildete Triumph<br />
ist keine Streety, sondern eine <strong>2016</strong>er-<br />
Speedy. Erkennbar vor allem an<br />
Schwinge, Ramair, Rahmen, Underseat-<br />
Auspuff, Brembos und Ölkühler...<br />
Eine Bitte allgemein: Macht das Heft<br />
nicht zu theorielastig. Tuningpotenziale<br />
aufzuzeigen gehört in eine <strong>PS</strong>, aber<br />
13 Seiten über Kits für BMW, Kawa und<br />
Yam, die im Schnitt mit 10 000 Euro zu<br />
Buche schlagen, davor sechs Seiten<br />
Panigale-Handbuch – da ist der Fokus<br />
wohl auf eine Leserschaft mit sehr großem<br />
Geldbeutel gerichtet. Kompliment<br />
für den Café Racer-Test, Stefan bringt<br />
vieles sehr lesenswert auf den Punkt.<br />
Jens Börmke per E-Mail<br />
Foto: Tobias Münchinger<br />
Beziehungskiste:<br />
<strong>PS</strong>-Racer Tobi und die<br />
R6 haben ihre Erfahrungen<br />
im Yamaha-<br />
Cup gesammelt. Mehr<br />
zum Einstieg in den<br />
Rennsport gibt’s<br />
demnächst im Heft<br />
RUNDUM SUPER<br />
Zu <strong>PS</strong> allgemein<br />
Ich bin ein langjähriger Leser aus<br />
Slowenien. Das Heft finde ich rundum<br />
super. Ich liebe die Fotos mit Jo Bauer!<br />
Natürlich, weil er crazy fährt. Die Technik-Artikel<br />
von Werner Koch schätze<br />
ich sehr. Auch Zonko gefällt mir mit<br />
seinem besonderen Schreibstil und<br />
den interessanten Motorrädern, die er<br />
sich vornimmt. Uros Kuzele per E-Mail<br />
LESERBRIEFE AN DIE REDAKTION: Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, Redaktion <strong>PS</strong>, 70162 Stuttgart,<br />
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PITLANE<br />
YAMAHA-CUP<br />
MIT SCHALL<br />
UND RAUCH...<br />
…ging die Saison <strong>2016</strong> des Yamaha-R6-Dunlop-Cups in Hockenheim zu<br />
Ende. <strong>PS</strong> war die ganze Zeit über mittendrin statt nur dabei. Es war hart,<br />
es war lehrreich, und es war geil!<br />
Text: Tobias Münchinger; Fotos: Andreas Weinand, Felix Wiessmann, Buenos Dias, Münchinger<br />
72 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Ungefähr heute vor einem Jahr.<br />
<strong>PS</strong>-Chef Uwe Seitz setzt seinen<br />
jüngsten Redakteur auf<br />
die Gaststart-Maschine im<br />
R6-Cup: „Fahr da mal und bring eine<br />
Geschichte mit.“ Kein Problem, dachte<br />
ich mir damals. Doch es war durchaus<br />
ein Problem. Im ältesten Markencup<br />
der Welt und einer der renommiertesten<br />
Kaderschmieden fahren keine<br />
Nasenbohrer herum. Die wissen alle<br />
genau, was sie tun und wie Rennsport<br />
funktioniert.<br />
Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nur<br />
an welchem Lenkerende man drehen<br />
muss, damit das Motorrad beschleunigt.<br />
Ich wusste auch, wie das mit dem<br />
Knie am Boden funktioniert. Aber im<br />
Cup fahren und für Fotostunts im Heft<br />
posieren sind zwei verschiedene Dinge,<br />
die am Ende wenig gemeinsam haben.<br />
Ich konnte mir noch nicht so richtig<br />
vorstellen, wie fein das Raster zwischen<br />
den Klassifizierungen „schnell“,<br />
„richtig schnell“ und „verdammt<br />
schnell“ auf der Rennstrecke ausfällt.<br />
Hundertstel bedeuten ein paar Meter,<br />
Sekunden mehrere Welten. Einige<br />
Landstraßenbolzer meinen, sie könnten<br />
super Motorrad fahren, weil das Knie<br />
ab und zu mal den Boden streichelt.<br />
Die Wahrheit ist eine andere: Gemessen<br />
an erfahrenen und talentierten<br />
Racern haben diese Hitzköpfe nicht<br />
arg viel mehr drauf als Zahnbelag.<br />
Und schon bekam ich die erste<br />
Lektion ins Gesicht gerieben: Demut.<br />
Ich wurde in meinem ersten professionellen<br />
Rennen Vorletzter und fühlte<br />
mich beschissen. Gut, bei einem normalen<br />
Renntraining überholten mich<br />
mal irgendwelche Cracks. Aber bestimmt<br />
nicht das ganze Feld! Meiner<br />
eigenen Einschätzung nach fuhr ich<br />
immer Vollgas, bremste spät und zog<br />
früh auf. War aber nicht so. Das Data<br />
Recording lügt nicht. Ich schloss das<br />
Gas zaghaft wie ein verschrecktes<br />
Mädchen, baute viel zu lange Rollphasen<br />
vor jedem Kurveneingang ein und<br />
bremste nicht hart genug. Eigentlich<br />
wollte ich die 600er nach dem katastrophalen<br />
Wochenende nie wieder anfassen<br />
und die Sache möglichst schnell<br />
vergessen. Nach einer Besinnungsphase<br />
verwarf ich diesen Gedanken<br />
wieder. Ich liebe Motorradfahren und<br />
Geschwindigkeit über alles. Und aufgeben<br />
ist generell was für Waschlappen!<br />
Es blieb nur die Flucht nach vorne: zur<br />
Cup-Saison <strong>2016</strong> anmelden und lernen,<br />
lernen, lernen.<br />
Über Yamaha Deutschland kam ich<br />
mit meinem Händler Uli Schüller aus<br />
Jüchen in Kontakt. Er baute mir nicht<br />
einfach nur meine R6 auf und machte<br />
sie nach Bodenproben wieder fit.<br />
Bei allen Veranstaltungen hatte er die<br />
Übersicht und einen Plan zur Hand.<br />
Er versorgte mich mit Ratschlägen und<br />
Ideen für Verbesserungen, einem<br />
Schlafplatz unterm Teamzelt und mit<br />
kaltem Bier. Ich denke, ohne eine Begleitung<br />
dieser Art braucht man kaum<br />
darüber nachzudenken, überhaupt<br />
Yamaha-Cup zu fahren. Eine One-Man-<br />
Show kann man hier nicht abziehen,<br />
das funktioniert nicht.<br />
Uli Schüller betreut bereits seit<br />
2010 Fahrer im Cup und weiß genau,<br />
was es bedeutet, eine Saison zu bestreiten:<br />
„Versprich dir nicht zu viel,<br />
das erste Jahr ist eigentlich zum Lernen<br />
da“. Das klang für mich in Ordnung,<br />
denn ich wollte ja unbedingt lernen. Im<br />
Anschluss kümmerte ich mich verstärkt<br />
um meine körperliche Fitness,<br />
weil ich da sowieso Spaß dran habe<br />
und ich mich irgendwie vorbereiten<br />
wollte. Ende März war ich fit wie ein<br />
Turnschuh, saß aber aus Zeit- und<br />
Geldmangel noch keinen Meter auf der<br />
Cup-R6. Ein Fehler, denn ein Halbmarathon<br />
kann keine Fahrpraxis ersetzen.<br />
Mittlerweile denke ich, dass man das<br />
ganze Fitnesszeug nahezu abhaken<br />
kann. Eine solide Grundfitness reicht<br />
aus, solange man nicht unbedingt in<br />
der Superbike-WM antreten möchte. Es<br />
kommt einzig und allein auf die Erfahrung<br />
mit dem Bike und den Kopf an.<br />
Alles andere tendiert in Richtung egal.<br />
Dann kamen das Auftakttraining<br />
am Lausitzring und das erste Rennen.<br />
Meine Lederkombi war noch nicht richtig<br />
eingetragen und fühlte sich steif an,<br />
das Wetter war saukalt und ich fuhr ein<br />
miserables Qualifying. Ich startete von<br />
weit hinten, wurde im Rennen aber 23.<br />
von 33 Startern. Ex-Cuppie Marco Freyer<br />
rettete mir gewissermaßen die Haut,<br />
indem er kurz vor dem Rennen noch<br />
das Fahrwerk meiner Maschine so abstimmte,<br />
dass ich damit schnell fahren<br />
konnte. Es folgte der zweite Lauf am<br />
Nürburgring. Noch mal kein gutes Qualifying,<br />
aber im Rennen immerhin der<br />
21. Platz. Langsam verstand ich die<br />
600er besser, und es stellte sich ein<br />
höherer Grundspeed ein. Gas schnell<br />
schließen, entschlossen bremsen, Rollphase<br />
gering halten, Linie treffen, Gas<br />
aufziehen und dabei nicht vergessen<br />
zu atmen. Locker bleiben. Die Rundenzeiten<br />
waren okay und ich begann,<br />
auf die Punkteränge ab Platz 15 zu<br />
schielen. Ich wollte in dieser Saison<br />
unbedingt einen Zähler holen, das war<br />
ab diesem Moment das erklärte Ziel.<br />
Vor dem nächsten Lauf in Zolder<br />
nahm ich mir frei und fuhr extra zum<br />
Trainieren nach Belgien rüber. Bis dahin<br />
kannte ich die Strecke nicht, hatte<br />
aber gehört, dass sie trickreich sein<br />
soll. Das ist sie tatsächlich, der Spaßfaktor<br />
kann aber locker mithalten.<br />
Natürlich ging das Qualifying wieder<br />
schief. Im Rennen klappte in den<br />
Burn, Baby! Nach dem Rennen wird am<br />
Außenrand der Sachskurve und im Bereich<br />
der Südkurve Gummi vernichtet
01<br />
02<br />
01 „Lass dir das gesagt sein!“<br />
Speziell im Rennsport tut man<br />
gut daran, auf die Ratschläge<br />
wirklich erfahrener Piloten zu<br />
hören, um sich unnötige Fehler<br />
zu ersparen<br />
02 Beim Motocross lernt man<br />
effektiv, mit instabilen Fahrzuständen<br />
umzugehen. Eine super<br />
Schule und bestes Training<br />
letzten Runden der rechte Lenkerstummel<br />
ein und ich konnte nicht mehr<br />
pushen, trotzdem wurde es der 19.<br />
Platz. Beim zweiten Rennen in Zolder<br />
wollte ich den Fluch der verhunzten<br />
Qualifyings endlich brechen. Die Wut<br />
sollte es deshalb reißen, doch es riss<br />
mich nur per Highsider von der Maschine.<br />
Sowohl das Motorrad als auch<br />
der Fahrer steckten den Crash gut<br />
weg. Das darauffolgende Rennen war<br />
schwierig, und für mich lief es nicht<br />
besonders gut. Ich hatte das Gefühl,<br />
auf verlorenem Posten zu kämpfen<br />
und kam am Ende auf Rang 22 über<br />
die Ziellinie. Nichts ging nach vorne.<br />
Die Luft war raus. Mit ziemlich mieser<br />
Laune fuhr ich nach Hause. Egal, ob<br />
das Ergebnis gut oder schlecht ausfällt<br />
– es trifft nie nur den Fahrer, sondern<br />
immer das ganze Team.<br />
Am Schleizer Dreieck landete ich<br />
abzüglich der beiden Gaststarter auf<br />
Platz 18. Schleiz war für mich vor der<br />
Kulisse gefüllter Besuchertribünen das<br />
Highlight der Saison. Auf der von Feldern<br />
und Wiesen umgebenen Strecke<br />
fährt unter der Woche der Berufsverkehr.<br />
Eine Mut-Passage wechselt sich<br />
mit der anderen ab. Das Rennen war<br />
spektakulär. Ich hatte Beinahe-Abflüge<br />
am laufenden Band, blieb aber sitzen.<br />
So richtig schnell bist du trotzdem nur<br />
mit guter Streckenkenntnis, die mir als<br />
Neuling fehlte. Mit dem Ergebnis war<br />
ich dennoch zufrieden, in Schleiz hatte<br />
ich Spaß ohne Ende!<br />
Schon war es August, und die beiden<br />
Läufe in Assen standen an. Der<br />
niederländische GP-Kurs hält einige<br />
Schwierigkeiten wie überhöhte Kurven<br />
bereit. Hier gehen am Kurveneingang<br />
viel höhere Tempi, als man es für möglich<br />
hält. Und die Stubben-Passage ist<br />
hundsgemein. Man kann sie auf zwei<br />
Arten fahren: spitz oder eng. Beide Varianten<br />
stellten mich vor Rätsel. Nach<br />
der Quali startete ich von einem nicht<br />
03<br />
allzu schlechten 22. Platz. Für mich als<br />
Qualifikationsversager war das schon<br />
in Ordnung. Endlich auf Punktekurs,<br />
versenkte ich aber später im Rennen<br />
meine R6 spektakulär. An einer der<br />
schnellsten Stellen der Piste, der gemeinen<br />
Links vor der letzten Schikane<br />
auf Start/Ziel, legte ich einen gewaltigen<br />
Abgang hin. Der Schaden an der<br />
Maschine war immens, und das nur<br />
eine Woche vor dem zweiten Lauf in<br />
74 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Sachte! In der Kurzanbindung<br />
rüber zur Mercedes-Tribüne<br />
kommt man gerne in Versuchung,<br />
zu früh aufzuziehen<br />
04<br />
03 Nach den freien Trainings<br />
schien der Groschen mit P 15 in<br />
Hockenheim gefallen. Vielen<br />
Dank für die Unterstützung,<br />
Marco (l.) und André (r.)<br />
04 Abends im Schüller-Racing-<br />
Teamzelt. Der Tisch ist gedeckt,<br />
die Hütte voll. Lieblingsspruch:<br />
Auf eine schöne Veranstaltung!<br />
05 Kurz vor dem Start steigt<br />
die Spannung. Das Schirmmädel<br />
ist meine kleine Schwester.<br />
Kann man gelten lassen, oder?!<br />
05<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 75
Daniel Rubin (#74) schnappte<br />
sich die Pole-Position und fuhr<br />
den Meisterschaftsführenden<br />
Kosiniak (#15) und Zellhöfer<br />
(#71) im Rennen davon. Zellhöfer<br />
stürzte später übers Vorderrad<br />
Assen! Nachdem Ulis Schrauberjungs<br />
Frank, Mario und der Chef selbst praktisch<br />
drei Tage dauerhaft zauberten,<br />
war mein Mopped wieder fit. Ab da<br />
prügelte ich mit einer gelb lackierten<br />
Maschine weiter. Eine der fetzigsten<br />
Rennfarben überhaupt, wie man unschwer<br />
erkennen kann, wenn man das<br />
aktuelle Heft durchblättert. Das zweite<br />
Rennen war trotzdem die größte Katastrophe<br />
der ganzen Saison. Ich fühlte<br />
mich träge wie ein Faultier und wollte<br />
dem Team nicht schon wieder Arbeit<br />
bescheren. Das Rennen beendete ich<br />
auf Platz 22. Es war eine zähe Geschichte<br />
und ich war der Auffassung,<br />
nicht mehr vorwärtszukommen.<br />
Knapp anderthalb Monate später:<br />
letzte Chance Hockenheim. Ich hätte<br />
vorher gerne noch mal dort trainiert,<br />
aber die letzte Möglichkeit dazu kollidierte<br />
mit dem Heftschluss. Wenigstens<br />
hatte ich Wochen vor dem Saisonfinale<br />
noch mal mein Sportprogramm verschärft.<br />
Ich bin zwar nach wie vor der<br />
Meinung, dass es fürs Rennfahren nicht<br />
entscheidend ist, aber es gibt mir ein<br />
gutes Gefühl. Ich war wieder fit und<br />
freier im Hirn. Warum fällt es nur so<br />
verdammt schwer, ein Trainingshoch<br />
beizubehalten? Jedenfalls hatte ich so<br />
viel Bock zu fahren wie die ganze Saison<br />
nicht und freute mich tierisch auf<br />
den badischen Rundkurs. Vorher baute<br />
ich extra noch mal eine Motocross-Trainingseinheit<br />
auf einer KTM 350 SX-F<br />
ein. Auf losem Untergrund rutscht es<br />
permanent, und man lernt viel über<br />
Fahrzeugbeherrschung. Die 350er<br />
gefällt mir als Kompromiss aus Power<br />
und Handling sowieso wahnsinnig gut.<br />
Ob Einbildung oder Realität, nach dem<br />
Motocross-Wochenende fühlte ich mich<br />
top vorbereitet.<br />
Anfangs bekam ich die R6 im freien<br />
Training kaum in die Kurven, sie wollte<br />
einfach nicht. Ich versuchte es mit viel<br />
Herz und viel Vollgas und wurde mit<br />
Platz 15 belohnt. Na also! Gleichzeitig<br />
war mir auch ziemlich klar, dass ich<br />
die Position nicht über die Qualifyings<br />
würde halten können. Zwischenzeitlich<br />
war es wieder Marco Freyer, der das<br />
Fahrwerk meiner R6 in die richtige<br />
Richtung drehte, damit die Maschine<br />
mehr das macht, was ich will. Tausend<br />
Dank, Marco!<br />
Q1 beendete ich mit Platz 17 und<br />
einer schnellsten Runde von 1.35,9 Minuten<br />
auf dem kurzen IDM-Kurs. Meine<br />
schnellste Rennrunde beim Gaststart<br />
vor einem Jahr war eine 1.37,3. Das ließ<br />
hoffen, richtig zufrieden war ich aber<br />
nicht. Und damit war die Lockerheit<br />
schon wieder weg. Ich wusste, dass ich<br />
eingangs der Sachskurve eine ungünstige<br />
Linie fuhr und wollte hier im zweiten<br />
Qualifying noch eine halbe Sekunde<br />
holen. Wir sind sogar zum ersten<br />
Mal in der Saison verschwenderisch<br />
mit den Reifen umgegangen und zogen<br />
noch während des zweiten Qualis einen<br />
neuen hinteren Gummi auf, was die Top<br />
Ten-Fahrer eigentlich bei jeder Veranstaltung<br />
machen. Die brauchen deutlich<br />
mehr Material. Ich bin mit 16 Hinterreifen<br />
über die Saison ausgekommen,<br />
die vorderen Piloten benötigten<br />
laut Dunlop-Fachmann Ralf Christmann<br />
bis zu 24 Stück.<br />
Mir war klar, dass ich mich rundenzeitenmäßig<br />
so ziemlich an meinem<br />
persönlichen Limit bewegte. Aber es<br />
76 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
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würde das letzte Rennen der Saison<br />
sein und wenn ich auch nur eine kleine<br />
Chance sehe, bin ich immer bereit,<br />
noch ein paar Kohlen ins Feuer zu hauen.<br />
Ausgangs der Sachskurve verließ<br />
mich in Q2 dann leider der Grip am<br />
Hinterrad, und ich legte einen Bilderbuch-Highsider<br />
hin. Hoch und weit, wie<br />
Augenzeugen später berichteten. Die<br />
Maschine traf mich noch im Rücken,<br />
driftete dann aber zum Glück seitwärts<br />
ab. Diesmal schmerzte der Abflug!<br />
Mehrere Sekunden verweilte ich in Gebetshaltung<br />
in Richtung der Sachstribüne<br />
und versuchte zu atmen. Dann<br />
vermeldete mein Kontrollzentrum: alles<br />
okay, steh auf! Zum Glück war der<br />
Schaden am Motorrad ähnlich gering<br />
wie damals nach dem Highsider in Zolder.<br />
Doch nun war es eben wieder nur<br />
Startplatz 21. Ich habe innerlich geflucht,<br />
und zwar ziemlich wüst.<br />
Unterdessen rotierte mein Mechaniker<br />
André ganz unauffällig im Hintergrund<br />
und versetzte die R6 wieder in<br />
Bestzustand. Ich saß im Campingstuhl<br />
und stierte an die Zeltwand. Währenddessen<br />
trudelten mehrere Gäste inklusive<br />
meiner Familie ein. Meine schwäbische<br />
Großmutter bot mir knappe<br />
zwanzig Minuten vor dem Rennstart<br />
noch ein Wurstbrot an. Ich sagte: „Oma,<br />
wenn ich das jetzt esse, dann kotze ich<br />
01 02<br />
in meinen Helm.“ Und sie sagte wenig<br />
überzeugt: „Moinsch?“<br />
Einen Platz ging es im Rennen noch<br />
nach vorn. Die Lücke zu Platz 19 und<br />
18 war mit ungefähr einer Sekunde<br />
Abstand nicht mehr zu kitten. Ich kam<br />
mal näher ran, verlor dann aber wieder<br />
an Boden. Zum ersten Mal in der<br />
ganzen Saison fuhr ich ganz bewusst<br />
78 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
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etc.) 4353,62 Euro, Arbeitszeit 2590 Euro (etwa<br />
35 Stunden zu je 74 Euro), Kurbelwelle 1086,41<br />
Euro, Kühler 645,53 Euro, Vorderrad 616,73 Euro<br />
15 Vorderreifen (<strong>11</strong>9 Euro/Stück) und 16 Hinterreifen<br />
(173 Euro/Stück)<br />
17 790 Euro<br />
9292,29 Euro<br />
4553 Euro<br />
Sprit 280 Liter zirka 370 Euro<br />
Verschleißteile<br />
Fünf Liter Öl Yamalube 10W-40 (51,17 Euro), ein<br />
Ölfilter (10,76 Euro), ein Satz Originalbremsbeläge 164,<strong>11</strong> Euro<br />
vorn (102,18 Euro)<br />
Weitere Kosten<br />
Renntraining bei Motorsportschool Zolder<br />
(fünf Turns 140 Euro), Umweltpauschale Schleiz<br />
155 Euro<br />
(15 Euro)<br />
GESAMTKOSTEN<br />
32 324, 40 EURO<br />
Nicht in der Aufstellung enthalten: Anfahrt zu den Rennstrecken, Kosten für Übernachtungen und Verpflegung<br />
Mit viel Schwung aus der Sachskurve.<br />
Aber nur auf der richtigen<br />
Linie – sonst droht ein Highsider<br />
Was ich währenddessen nicht wahrnahm:<br />
An der Tabellenspitze trug sich<br />
Dramatisches zu. Titelkandidat Marc<br />
Zellhöfer stürzte in Runde neun übers<br />
Vorderrad, und Patryk Kosiniak reichte<br />
der zweite Platz zur Meisterschaft. Der<br />
Sieg im Rennen ging an den überragend<br />
fahrenden Daniel Rubin. Bruder<br />
Dominik schaffte es mit Rang drei<br />
ebenfalls aufs Podest. Herzlichen<br />
Glückwünsch, Patryk, Dani und Domi!<br />
Jetzt stellt sich die Frage, wie es<br />
weitergeht. Im nächsten Jahr feiert der<br />
Yamaha-Cup sein 40. Jubiläum. Es wird<br />
ein neues Modell der genialen R6 geben,<br />
mit dem man wieder zwei Jahre<br />
fahren kann. Dunlop steht weiterhin als<br />
kompetenter Reifenpartner zur Verfügung<br />
und beliefert den Cup mit einem<br />
Update des bislang genutzten D2<strong>11</strong><br />
GP-Racer. Der D212 GP-Racer wird<br />
einen neuen Aufbau der Karkasse<br />
und eine ganz neue Gummimischung<br />
haben, was die Rundenzeiten weiter<br />
purzeln lassen sollte.<br />
Und der <strong>PS</strong>-Redakteur? Ich versuche<br />
wieder dabei zu sein. <strong>2016</strong> war<br />
eines der besten Abenteuer meines<br />
bisherigen Lebens. Es schreit geradezu<br />
nach einer Fortsetzung!<br />
mit so etwas wie „Rennintelligenz“. Ich<br />
entschied mich dazu, den 20. Rang<br />
einfach mitzunehmen und die Kurveneingänge<br />
zuzumachen, um den Fahrern<br />
hinter mir keine Chance mehr<br />
zum Überholen zu geben. Endlich<br />
schwenkte der Fahnenmann die<br />
schwarz-weiß-karierte Flagge. Die<br />
Saison <strong>2016</strong> war vorbei!<br />
03<br />
01 Kniefall vor dem Publikum. Patryk<br />
Kosiniak fuhr ein sauberes Rennen,<br />
machte die Meisterschaft perfekt und<br />
war danach sichtlich im Glück<br />
02 Doppelpodium für die Rubin-Brüder.<br />
Dani (l.) krallte sich Platz eins vor<br />
Kosa (M.) und Bruder Dominik (r.)<br />
03 Ein spezieller Dank geht an meinen<br />
Händler Uli (l.), Mechaniker André<br />
(Zweiter v. l.) und Schirmkind Wera<br />
fürs optische Aufpolieren der Bilder<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 79
PITLANE<br />
CUP-FINALS<br />
DIE RUHE<br />
VOR DEM STURM<br />
Text: Matthias Schröter<br />
Fotos: trackriders.eu (4),<br />
Björn Gramm (5)<br />
Finale in Most. Beinahe schon traditionell für T-Cup, T-Challenge und die Trofeo<br />
Italiano. Ein brütend heißes Spätsommer-Wochenende, eine anspruchsvolle<br />
Rennstrecke und Konkurrenten, die sich wirklich nichts schenkten.<br />
So ist das nun mal im Motorradrennsport.<br />
Es gibt keine<br />
echten Freunde. Auch im Hobbybereich.<br />
Jedenfalls nicht,<br />
solange das schwarz-weiß-karierte<br />
Tuch nicht geschwenkt wurde. Jeder<br />
für sich. Wer etwas anderes glaubt?<br />
Geh‘ fort, hoffnungsloser Romantiker.<br />
Das vorletzte Rennen der diesjährigen<br />
T-Challenge-Saison machte da keinerlei<br />
Ausnahme. Klar, der sportliche<br />
Stellenwert ist über die Jahre gestiegen.<br />
Als Ableger des T-Cups gegründet,<br />
darf sich die T-Challenge inzwischen<br />
stolz als die Nummer zwei im deutschen<br />
Hobbyracing-Geschäft fühlen –<br />
natürlich im gebührenden Abstand<br />
zum unver gleichlichen Yamaha-R6-Cup,<br />
der nach wie vor als Kaderschmiede<br />
für Rennprofis gilt.<br />
37 Starter traten in Most beim<br />
Showdown an, darunter zwei Meisterschaftskandidaten<br />
mit klarer Marschroute:<br />
Tim Holtz, vielfahrendes Nachwuchstalent,<br />
der sich inzwischen zu<br />
einer Art Marc Márquez des Hobby-<br />
racing entwickelt hat, musste in beiden<br />
Rennen vor Tabellenführer Ole Bartschat<br />
ankommen, um seine Titelchancen<br />
zu wahren, Bartschat hingegen<br />
sollte einfach nur direkt hinter Holtz ins<br />
Ziel kommen, dann wäre die Sache<br />
geritzt. Soweit die Blaupause. In der<br />
Praxis entwickelte sich ein spannendes,<br />
wenngleich etwas hakeliges vorletztes<br />
Rennen, bei dem Ex-T-Cup-Sieger<br />
Gabriel Noderer bewies, dass sein<br />
Wechseln in den European Junior Cup<br />
eine prima Idee gewesen ist. 100 Pro-<br />
80 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
01<br />
02<br />
03<br />
01 Infield von Most, berühmt-berüchtigt<br />
02 Die Familienbande: Harald Kaufmann,<br />
Vizemeister (mit Pilsken), Neffe Jörn mit<br />
der Nummer eins, T-Cup-Meister <strong>2016</strong><br />
03 Überraschungsgäste auf dem Podium<br />
beim letzten T-Cup-Lauf: Moritz Laute<br />
(Zweiter) und Markus Walz (Dritter) flankieren<br />
Jörn Kaufmann<br />
04 Berühmter Gaststarter: Kai-Uwe Lenz<br />
schlägt sich prima beim T-Cup-Debüt und<br />
darf 2017 gerne wiederkommen<br />
zent austrainiert und in bester Laune<br />
schnappte er sich gleich beim Start<br />
Polesetter Holtz mit aufreizender Leichtigkeit<br />
und fuhr, außerhalb der Meisterschaftswertung,<br />
einem ungefährdeten<br />
Start-Ziel-Sieg entgegen. Dahinter<br />
schien Holtz keinen rechten Rhythmus<br />
finden zu können, um Bartschat unter<br />
Kontrolle zu halten. Die Umsetzung<br />
wirkte alles andere als elegant. Holtz<br />
blieb im Schnitt gut zwei Sekunden<br />
über seiner Pole-Zeit aus dem Training<br />
und hielt ein kompaktes Rudel ungeduldiger<br />
Sportskameraden hinter sich.<br />
Sobald Bartschat ihn überholte, parierte<br />
er zumeist im Handumdrehen, um<br />
die Hackordnung wieder herzustellen.<br />
04<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 81
Finn Zeller und Csányi Gergö hielten<br />
sich sportlich fair heraus aus dem<br />
beinharten Meisterschaftsfight, den die<br />
beiden aus der ersten Reihe bestaunen<br />
durfen. Ein Rennabbruch wegen zweier<br />
gestürzter Fahrer beendete Lauf neun<br />
schließlich vorzeitig. Im zehnten und<br />
letzten Lauf der T-Challenge fackelte<br />
Holtz dann nicht lange und fuhr frei<br />
von Taktikgeplänkel einen wirklich elegant<br />
anzusehenden Sieg ein. Bartschat<br />
genügte letztlich ein souverän eingefahrener<br />
dritter Platz zum Meistertitel.<br />
Stürze. Nicht nur in den T-Challenge-<br />
Rennen ein beherrschendes Thema in<br />
Most. Es mussten überdurchschnittlich<br />
viele Fahrer zu Boden, teils mit glimpflichem<br />
Ausgang, teils mit schmerzhaften<br />
Folgen. „Bei einem Finale, bei dem<br />
es noch um Titel und Platzierung geht,<br />
ist die Schikane nach Start-Ziel einfach<br />
zu gefährlich, da sie viele Fahrer zu<br />
Aktionen verleitet, die oft nicht gut gehen.“<br />
Das sagt nicht irgendwer, sondern<br />
Michael Tränklein, überlegener Sieger<br />
der Trofeo Italiano-Superbike-Wertung<br />
und seit über 25 Jahren im Renngeschäft<br />
unterwegs. Dem macht keiner<br />
ein X vors U.<br />
Gute Anregung drüber nachzudenken,<br />
ob man Most, das bei den Fahrern<br />
unisono sehr beliebt ist, mal zum Saisonstart<br />
und nicht zum Finale einplant<br />
(siehe auch Kasten rechts). Schließlich<br />
sollte der Organisator einer Rennserie<br />
den bestmöglichen Kompromiss zwischen<br />
den Lieblingsstrecken der Fahrer,<br />
sportlichem Anreiz und Finanzierbarkeit<br />
finden. Das ist nicht immer<br />
ganz einfach, wie <strong>2016</strong> zeigte, nachdem<br />
Triumph Deutschland die jahrelange<br />
Unterstützung leider einstellte.<br />
Fahrer, Sponsoren und Veranstalter<br />
rauften sich zusammen und stellten<br />
dennoch ein tolles Feld auf die Räder.<br />
Herausragend: Florian Müller, Ex-R6-<br />
Cup-Fahrer, der Mitte der Saison aus<br />
dem Nichts auf einer Street Triple Baujahr<br />
2009 auftauchte, die zuvor bei Familie<br />
Bartschat als Trainingsmotorrad<br />
und Teileträger fungiert hat. Flo, drahtig<br />
und mit unglaublichem Fahrtalent<br />
gesegnet, pflegt dazu eine innige Liebesbeziehung<br />
mit den Bridgestone-<br />
VORSCHAU 2017<br />
DAS JÜNGSTE<br />
GERÜCHT<br />
Nein, T-Challenge-Champ<br />
Ole Bartschat (Foto) wandert<br />
nicht in die Moto2 ab. Der junge<br />
Mann wechselt 2017 von<br />
der T-Challenge in die Trofeo<br />
Italiano, um "Fliege" Tränklein<br />
auf einer Aprilia RSV4 die Hölle<br />
heiß zu machen. Langzeit-<br />
T-Cupper André Reinke tut es<br />
ihm gleich. T-Cup-Sieger Jörn Kaufmann will in der T-Challenge<br />
angreifen, an deren erfolgreichem Format nichts geändert wird.<br />
Challenge-Gründer Thomas Rothmund hängt noch ein Jahr dran.<br />
Mindestens! Und Fahrwerksspezialist Lars Sänger hat per Handschlag<br />
verlängert. Im T-Cup steht im Frühjahr eine neue Triumph<br />
Street Triple R ante portas. Gerüchte besagen, dass der Dreizylinder<br />
über mehr Hubraum (800 cm³) und Leistung (ca. 125 <strong>PS</strong>) verfügen<br />
soll, dazu über ein serienmäßiges Öhlins-Fahrwerk, Traktionskontrolle<br />
und Schaltautomat. Nahezu ready to race, weshalb dieses<br />
sehnsüchtig erwartete Update in eigener Wertung natürlich im<br />
T-Cup mitspielen darf. Es ist davon auszugehen, dass Uli Bonsels in<br />
der New School-Wertung angreifen wird. Die seit 2008 bekannte<br />
Street Triple mit 675-cm³-Drilling bleibt die Queen der Herzen in<br />
der Old School-Wertung. T-Cup-Urgestein Karsten Riechel gefällt<br />
das so gut, dass er bereits seine Nennung für 2017 abgegeben<br />
hat. Sicher ist auch, dass T-Cup-Legende Hajo Ammermann weitermacht.<br />
Flo Müller, der T-Cup-Außerirdische, will 2017 die Meisterkrone<br />
einfahren. Außerdem kam Bike Shop Lüchow-Cheffe Karsten<br />
Bartschat eine blendende Idee: die Millenium-Trophy für alle<br />
Supersportler und Superbikes bis Modelljahr 2000. Wird gemacht.<br />
Die Ausschreibung von nun vier Rennserien des MOTORRAD action<br />
team erfolgt alsbald; mit Lausitzring, Hockenheim und Oschersleben<br />
sind drei von fünf Strecken gesetzt. Brünn fällt 2017 raus.<br />
Slicks, denen er Wunderhaftkräfte<br />
nachsagt. Seine Rundenzeiten sprachen<br />
auch in Most Bände, er hievte den<br />
T-Cup auf ein nie dagewesenes Rundenzeitlevel,<br />
wenngleich auch er stürzte,<br />
aus ihm zur Gänze unerklärbarem<br />
Grund. Mit dem Ausgang der Meisterschaft<br />
hatte Flo nichts zu tun. Das war<br />
Familienbusiness nach harter, aber<br />
ehrlicher Art der Rhön zwischen Jörn<br />
Kaufmann und dessen Onkel Harald<br />
(ältester T-Cupper). Die Aufgabe löste<br />
Jörn schon in Rennen neun mit Bravour.<br />
Und entzog sich mit Eleganz Onkel<br />
Harald, der bekanntlich keine Gefangenen<br />
macht. Der mit allen Wassern<br />
gewaschene, freundliche ältere Herr<br />
hätte, so er denn vom Speed her dazu<br />
MEISTERSCHAFTS-ENDSTÄNDE<br />
T-CUP<br />
1. Jörn Kaufmann, 201 Punkte<br />
2. Harald Kaufmann, 133<br />
3. Uli Bonsels, 121<br />
4. Florian Müller, 100<br />
5. Hajo Ammermann, 90<br />
T-CHALLENGE<br />
1. Ole Bartschat, 189 Punkte<br />
2. Tim Holtz, 187,5<br />
3. Jochen Schermuly, 121<br />
4. Finn Zeller, <strong>11</strong>1,5<br />
5. Csányi Gergö, 100<br />
TROFEO ITALIANO (SUPERBIKE)<br />
1. Michael Tränklein, Ducati, 215 Pkt.<br />
2. Oliver Martin, Aprilia, 170<br />
3. Dirk Fuhrmann, Aprilia, <strong>11</strong>8<br />
4. Ralf Mittrach, Ducati, <strong>11</strong>1<br />
5. Kevin Klaus, Ducati, 108<br />
82 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
01<br />
01 Kampf um die T-Challenge-Krone mit Haken und Ösen. Bartschat (#94) löste alle Aufgaben, die ihm Holtz (#1) stellte<br />
02 Gabriel Noderer, du cooler Hund! Gern gesehener Gast in der T-Challege, kommt im European Junior Cup ins Rollen<br />
03 Ende gut, alles gut. Holtz gewinnt das letzte Rennen, Bartschat die T-Challenge, Csányi Gergö (links) glänzt mit Platz drei<br />
02 03<br />
in der Lage gewesen wäre, seinen Neffen<br />
ohne mit der Wimper zu zucken<br />
einkassiert. So viel zum Thema Freunde<br />
oder, noch schlimmer, Verwandte.<br />
Letzlich fuhr Harald lässig und verdient<br />
den Vizetitel ein, weil sein direkter<br />
Konkurrent, Triumph-Pressesprecher<br />
Uli Bonsels, richtig, man rät es<br />
schon, ebenfalls übers Vorderrad in<br />
TROFEO ITALIANO (SUPERSPORT)<br />
1. Erich Embacher, MV Ag., 202 Pkt.<br />
2. Bruno Baumann, Ducati, 146<br />
3. Frank Kaulich, MV Agusta, 125<br />
4. Stefan Fischer, Ducati, <strong>11</strong>1<br />
5. Oliver Wohl, Ducati, 83<br />
besagter Schicksals-Schikane auf<br />
den Asphalt musste, zum Glück ohne<br />
körperliche Folgen.<br />
Ohne Bodenproben, dafür mit zwei<br />
blitzsauberen Laufsiegen glänzte in<br />
Most der T-Cup-Meister des Vorjahres,<br />
Oliver Martin. Die norddeutsche Stimmungskanone<br />
kommt mit der Aprilia<br />
RSV4 immer besser zurecht und wird<br />
als Vizemeister in der nächsten Saison<br />
Maestro Tränklein ein äußerst würdiger<br />
Spielkamerad sein.<br />
Die Trofeo Italiano insgesamt hat<br />
sich im zweiten Jahr sportlich und<br />
menschlich prima gefunden, inklusive<br />
Schulterschluss mit T-Cup und T-Challenge.<br />
Die Italo-Serie geht voll Optimismus<br />
in die Saison 2017. Das liegt auch<br />
und gerade an der Supersport-Wertung,<br />
die MV Agusta-Liebhaber Erich<br />
Embacher souverän für sich entscheiden<br />
konnte, vor dem Youngtimer Bruno<br />
Baumann mit seiner Panigale 899 und<br />
Frank Kaulich, ebenfalls auf MV Agusta<br />
F3. In der Superbike-Wertung wird Michael<br />
Tränklein seinen Titel verteidigen,<br />
so sich denn genügend Herausforderer<br />
in die Wertung einschreiben.<br />
Davon ist auszugehen, auch dank der<br />
vielen Gaststarter in dieser Saison, die<br />
positive Eindrücke mitgenommen haben<br />
dürften oder wegen der Öffnung<br />
für KTM-Zweizylinder ab der Saison<br />
2017, selbstredend in einer gesonderten<br />
Wertung. Nur einer wird leider<br />
nicht mehr dabei sein: Dirk Fuhrmann,<br />
Dritter bei den Superbikes, erklärte<br />
„aus privaten und beruflichen Gründen“<br />
seinen Rücktritt. Ganz schön früh.<br />
Fuhrmann ist gerade erst 22.<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 83
PITLANE<br />
NEWS<br />
Foto: Trackriders<br />
DRC-MEISTER<br />
Stock-Meister Udo Reichmann (#70,<br />
STK 1000 auf BMW) und Tim Holtz<br />
(Podest oben, STK 600 auf Triumph)<br />
Teamchef Michalewksi mit Abräumer<br />
René Raub (links) und Meister Markus<br />
Jungebluth mit Vize Christian Otto<br />
Fotos: Seitz, Seggewiß Foto: Bike Promotion<br />
Beim großen Finale der DMV Rundstrecken<br />
Championship (DRC) wurde noch einmal in allen<br />
Klassen um die Krone gekämpft.<br />
OSCHERSLEBEN Gemeiner hätte das<br />
Wetter zum DRC-Finale kaum sein<br />
können, denn während der Zeitplan den<br />
Sonntag exklusiv für die Langstrecke<br />
freihielt und dort alles trocken blieb,<br />
goss es bei den drei DRC-Klassen Motolightweight,<br />
Stock 600 und Stock 1000<br />
am Samstag wie aus Kübeln. Bei den<br />
600ern konnte Favorit Tim Holtz seinen<br />
Titel deshalb auch nicht schon im ersten<br />
Lauf klarmachen, denn durch seinen<br />
Sturz wurde es noch mal spannend.<br />
Schließlich wurde er aber als Zweiter<br />
in Rennen zwei doch Meister. Bei den<br />
1000ern machte Udo Reichmann auf<br />
BMW S 1000 RR das Rennen um den<br />
Titel und gewann beide Läufe. <strong>PS</strong>-Mann<br />
René Raub vom Michalewski Racing<br />
Team stand als Gesamt-Meister der<br />
Lightweight schon vor dem Wochenende<br />
fest, aber die Open-Klasse der 650er-<br />
Twins war noch offen. Markus Jungebluth<br />
holte sich mit einer großartigen<br />
Leistung in beiden Regenrennen den<br />
Meistertitel vor dem Sieger beider Läufe,<br />
Christian Otto – beide auf Suzuki SV 650.<br />
Fotos: JK Sportsfoto<br />
Pascal Lenz gewann als<br />
Rookie gleich den Titel<br />
Vom Rookie zum Meister<br />
PASCAL LENZ HEISST DER NEUE MEIS-<br />
TER DER SUZUKI GLADIUS TROPHY.<br />
ZWAR KONNTE LENZ BEIM FINALE<br />
IN OSCHERSLEBEN WEGEN EINES<br />
SCHLÜSSELBEINBRUCHS NICHT AN-<br />
TRETEN, ABER NACH RENNABBRUCH<br />
UND HALBER WERTUNG REICHTE ES<br />
FÜR DIE KONKURRENZ NICHT MEHR.<br />
84 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
KLASSIK SUPERBIKES<br />
PROMINENZ AM HOCKENHEIMRING<br />
Ex-Superbike-WM-Held Jochen Schmid trat mit seiner<br />
Honda RC 30 als Gaststarter bei den Klassik Superbikes im<br />
Rahmen des IDM-Finales an. Doch trotz eines Klassensiegs<br />
für Schmid gelang die schnellste Rennrunde Fabio Frankenberger<br />
im ersten Rennen der Kategorie „Superbike 90“.<br />
Frankenberger schnellte auf seiner Ducati 955 in 1.35,104<br />
min um den Kurs. Der zweite Rennsieg ging an Jens Hofmann<br />
auf Benelli. In der Open-Klasse gewann einmal Dirk<br />
Kölz, der in Rennen zwei dann Michael Wippler den Vortritt<br />
lassen musste. Herrscher über die Superbike-Klassik-<br />
Klasse ist RC 30-Pilot Peter Ammann als Gewinner beider<br />
Läufe. In der Supersport dominierte Timo Schönhals.<br />
Jens Hofmann mit der Benelli<br />
Tornado 900 siegte einmal<br />
Ducati-Pilot Frankenberger<br />
legte die schnellste Runde hin<br />
In seiner Klasse eine Klasse<br />
für sich: Peter Ammann<br />
Zwei Rennsiege holte Timo<br />
Schönhals auf Yamaha R6<br />
Fotos: Manfred John, Klassik Motorsport e.V.<br />
Fotos: Tom Dick<br />
PRO MONO<br />
FLAMMANN IST MEISTER<br />
Der erst 16-jährige Johann Flammann (Fotos) bestritt<br />
mit der Krämer-HKR Evo2 seine erste echte Rennsaison<br />
und wurde auf dem Einzylinder auf Anhieb Meister der<br />
seriennahen Pro Mono-Klasse, die im Rahmen der IDM<br />
stattfand. In Oschersleben und Hockenheim siegte er<br />
jeweils in beiden Läufen und empfahl sich damit für<br />
größere Aufgaben. Vizemeister wurde Justus Weinke.<br />
Foto: DP Motoparts<br />
DLC-FINALE<br />
MV AGUSTA SIEGT<br />
Vor dem Saisonfinale im Langstrecken-Cup (DLC) in<br />
Oschersleben Mitte September stand in Klasse 4 das Team<br />
Grebenstein bereits als Meister fest. Alle anderen mussten<br />
nochmals engagiert ran. Meister in Klasse 1 (Superbike)<br />
ist das Team msd-steeldesign.de, in Klasse 2 (750er) das<br />
Viessmann-Bretter Racing Team und in Klasse 3 (Supersport)<br />
AWR-Racing.<br />
Gewannen mit<br />
der MV Agusta<br />
F3 800 den Titel<br />
in Klasse 2:<br />
Raub, Stadtmüller<br />
und<br />
Peric (von links)<br />
<strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 85
Die europaweit größte Vereinigung von a<br />
Mitglied werden<br />
Mitglied werden ist ganz einfach: Besuchen<br />
Sie uns im Internet unter www.<br />
dskev.de und klicken Sie im rechten Bereich<br />
der Website auf<br />
den entsprechenden<br />
Menüpunkt – oder<br />
scannen Sie mit Ihrem<br />
Mobiltelefon den<br />
hier abgedruckten Code ein, der Sie automatisch<br />
auf die richtige Seite weiterleitet.<br />
Förderpartner<br />
Editorial: Motorsport 4.0<br />
DSK-Präsident<br />
Dr. Karl-Friedrich Ziegahn<br />
Lasst uns mal den Saison-Rhythmus vergessen.<br />
Normalerweise denken wir ja<br />
spätestens im Herbst an die kommende<br />
Motorsportsaison. Reglements werden<br />
überarbeitet, neue Regeln tauchen auf,<br />
Verträge werden verhandelt und Budgets<br />
eingestellt. Und plötzlich fühlen wir<br />
uns überrumpelt, was da alles auf uns<br />
zu kommt. Weihnachten kommt auch<br />
jedes Jahr sehr überraschend!<br />
Ich möchte uns heute alle mal aus<br />
diesem engen Zeitraster, aus dem Tagesgeschäft<br />
rausholen. Was macht Ihr<br />
eigentlich im Jahre 2030? Oder 2040?<br />
Das ist ja noch sehr weit weg, mag<br />
man denken. Nein, das ist übermorgen.<br />
14 oder 24 Jahre sind für uns Menschen ein durchaus überschaubarer<br />
Zeitraum. Als Wissenschaftler bin ich es gewohnt, in die nahe und<br />
ferne Zukunft zu denken. Wie sieht dort der Motorsport aus? Gibt es ihn<br />
überhaupt noch?<br />
Gerne verweise ich auf das Beispiel Reitsport. Früher wurden Pferde zum<br />
Arbeiten auf dem Acker oder als Zugpferde eingesetzt, heute nur noch<br />
zum Freizeitvergnügen. Muss heute noch jemand reiten lernen, um zu<br />
leben? Und warum wollen dann doch so viele Menschen reiten?<br />
Heute werden von uns selbst gesteuerte Fahrzeuge im Straßenverkehr,<br />
also zum ‚Arbeiten‘ eingesetzt. Und übermorgen? Autonomes Fahren<br />
ist derzeit überall im Gespräch und in der Entwicklung. Wer benötigt<br />
also morgen noch die Fähigkeit zum Selbstfahren? Stirbt die Kunst der<br />
Fahrzeugbeherrschung deswegen aus? Wollen wir unsere Fahrtechnik<br />
weiter schulen, wollen wir Freude am Fahren, am Wettbewerb genießen?<br />
Und wie sieht das der Zuschauer? Findet er es spannend, anderen bei<br />
etwas zuzuschauen, das er selbst nicht mehr braucht? Ist nicht der Kick<br />
vor der Spiele-Konsole in einer virtuellen Realität viel emotionaler als der<br />
verregnete Schlammtag an der Nordschleife?<br />
Zukunft ist mit Fragen gepfl astert. Was wird sein, wenn…? Wie werden<br />
wir Motorsport und Freude am perfekten Fahren weiterentwickeln, wenn<br />
es die meisten Menschen nicht mehr betrifft?<br />
Der DSK befasst sich intensiv mit der Zukunftsfähigkeit des Motorsports.<br />
Das ist völlig losgelöst von den Antriebsformen. Elektrisch, hybrid oder<br />
mit alternativen Kraftstoffen – entscheidend ist die selbstbestimmte<br />
Fahrzeugkontrolle. Spannung, Herzklopfen, Adrenalin pur. Auf den<br />
Zuschauerrängen, hinter der Boxenmauer oder am Lenkrad.<br />
Was meint Ihr – wie seht Ihr den Motorsport 4.0? Lasst uns mal weit<br />
über die nächste Saison hinausblicken. Der DSK wird diese Diskussion im<br />
Sinne der Sportfahrer vorantreiben. Schreibt mir, schreibt dem DSK. Ich<br />
denke, wir müssen weiterdenken als unsere in Ehren ergrauten Granden<br />
des heutigen Motorsports.<br />
Herzlichst Euer<br />
Adventszeit<br />
Super Plus<br />
Partnerserien<br />
®<br />
Es ist Oktober, das Jahr biegt langsam auf seine Zielgerade<br />
ein, doch auf dem Weg zur Ziellinie wartet noch das<br />
eine oder andere Highlight auf den geneigten Motoristen.<br />
Wie zu Beispiel die Essen Motor Show vom 26.<strong>11</strong> bis<br />
zum 04.12.<strong>2016</strong>. Die Messe für die Fans des sportlichen<br />
Fahrens schlechthin, und wie immer ist der DSK mittendrin<br />
im Geschehen. Messe-Motto des DSK ist ‚Sicherheit im<br />
Motorsport’ – seit der DSK-Gründung vor mehr als 50 Jahren<br />
ein Leitmotiv des Clubs. Vor Ort sein werden auch das<br />
DSK Rallye-Infomobil, das in diesem Jahr in Kooperation mit<br />
Hyundai bei zahlreichen Rallye-Veranstaltungen im Einsatz<br />
war – und natürlich der DSK-Bus. Und dass sich auf dem<br />
DSK-Stand (A<strong>11</strong>4 in Halle 6) auch viele Aktive die Klinke in<br />
die Hand geben, muss ja nicht mehr extra erwähnt werden.<br />
Die Essen Motor Show ist beliebter Treffpunkt im Dezember<br />
Hermann Tomczyk und Carmelo Ezpeleta, CEO von DORNA Sports<br />
MotoGP-WM weiterhin<br />
auf dem Sachsenring<br />
Die Zukunft des deutschen Motorrad-GP ist gesichert. Die<br />
Sachsenring Management GmbH und der ADAC haben<br />
sich auf einen neuen Fünfjahresvertrag zur Austragung des<br />
Sportevents geeinigt, das regelmäßig mehr als 200.000<br />
Besucher anzieht. „Der Sachsenring ist sicherlich der ideale<br />
Austragungsort für einen deutschen Motorrad-GP“, sagt<br />
ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk.“ Seit dem Jahr 1998<br />
ist das Rennen eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Dank der<br />
engagierten Arbeit von allen Beteiligten dürfen wir uns nun im<br />
kommenden Jahr auf die 20. Austragung des deutschen GP<br />
auf dem Sachsenring freuen.“<br />
Auch Carmelo Ezpeleta, CEO des MotoGP-Rechteinhabers<br />
DORNA äußerte sich erfreut: „Der deutsche Motorrad-Grand-<br />
Prix auf dem Sachsenring ist eine spektakuläre Veranstaltung<br />
mit tollen Fans und ein wichtiger Bestandteil des MotoGP-<br />
Kalenders. Wir begrüßen sehr, dass der deutsche Motorrad-<br />
Grand Prix auch in den kommenden Jahren auf dem Sachsenring<br />
ausgetragen wird.“
ktiven Fahrern und Motorsport-Fans mit fast 13 000 Mitgliedern<br />
Über den DSK<br />
Marvin Fritz war beim Finale auf dem Hockenheimring Baden-Württemberg das Maß der Dinge.<br />
Spannendes WM-Finale bei der Speedweek<br />
Gute Stimmung bei der Autogrammstunde: Luca Grünwald und<br />
Marvin Fritz<br />
Was für ein IDM-Superbike-Saisonfinale: Tolles Wetter,<br />
toller, spannender und spektakulärer Sport. Ein lohnender<br />
Trip für alle, die dabei waren.<br />
Mann des Wochenendes war Marvin Fritz, bereits seit dem<br />
Rennwochenende auf dem Lausitzring vorzeitig Superbike-<br />
IDM-Champion. Schon in der ‚Superpole’ der Superbike<br />
IDM und Superstock 1000 war der neue Champion eine<br />
Klasse für sich und sicherte sich auf seiner Yamaha die Pole-<br />
Position. Nur Danny de Boer (ebenfalls Yamaha, ebenfalls<br />
seit dem Lausitzring Champion – allerdings in der Superstock<br />
1000) konnte halbwegs folgen, die Fahrer ab Position<br />
drei hingegen hatten bereits mehr als eine Sekunde<br />
Rückstand auf den Pole-Setter, lieferten sich aber einen packenden<br />
Kampf um Platz drei – den letztlich Yamaha-Fahrer<br />
Florian Alt (1:27.360) für sich entschied. Erst auf Platz vier<br />
folgte mit Dominik Schmitter (BMW, 1:27,388) der erste<br />
Nicht-Yamaha-Fahrer.<br />
Rund 30 Fahrer starten am Samstagmittag des letzten<br />
Septemberwochenendes bei erstklassigen Bedingungen<br />
und vor gut gefüllten Rängen in Rennen eins. Fritz<br />
übernahm, wie erwartet, sofort die Führung und setzte sich<br />
auch schnell um eine halbe Sekunde von seinen nächsten<br />
Verfolgern – Florian Alt, Lukas Trautmann und Danny de<br />
Boer – ab.<br />
In Runde drei allerdings ging neue Meister etwas zu<br />
optimistisch in die Sachskurve und stürzte. Er konnte zwar<br />
weiterfahren, doch musste er dem Feld nun vom 29. Platz<br />
aus hinterher hetzen – während seine vormaligen Verfolger<br />
nun den Kampf um die Podiums-Platzierungen unter sich<br />
ausmachten. Später im Rennen musste de Boer abreißen<br />
lassen und konzentrierte sich folglich darauf, seinen<br />
Superstock-Sieg abzusichern. Den IDM-Superbike-Sieg<br />
holte sich am Ende Alt vor Trautmann. Und Fritz, der sich mit<br />
einem beherzten Auftritt wieder bis auf Platz 14 nach vorn<br />
gearbeitet hatte, schaffte es so noch auf Platz drei in der<br />
Superbike-Wertung.<br />
Der Start ins Sonntagrennen glich dem vom Samstag: Erneut<br />
übernahm Fritz sofort die Führung der IDM Superbike<br />
und Superstock 1000 – und erneut mischten Florian Alt und<br />
Danny de Boer vorne mit. Nur Lukas Trautmann konnte das<br />
Tempo der Spitze dieses Mal nicht mitgehen und lag hinter<br />
Jan Bühn, Luca Grünwald, Stamm und Max Neukirchner in<br />
der Verfolgergruppe.<br />
Anders als am Vortag allerdings blieb Fritz am Sonntag auf<br />
der Strecke und fuhr schnell einen Vorsprung auf Alt und de<br />
Boer heraus. Und die Verfolgergruppe war ebenfalls auf ein<br />
Duo geschrumpft: Bühn und Grünwald.<br />
De Boer attackierte nun sogar Alt und überholte ihn auch,<br />
doch eine Runde später machte er einen Fehler und fiel<br />
nicht nur wieder hinter Alt zurück sondern hatte plötzlich<br />
Grünwald und Bühn direkt im Nacken. Doch letztlich sollte<br />
sich an der Reihenfolge nichts mehr ändern. Fritz gewann<br />
vor Alt und Superstock-Doppelsieger de Boer und verpasste<br />
seiner großartigen Saison so das Sahnehäubchen.<br />
Mit fast 13 000 Mitgliedern ist der<br />
Deutsche Sportfahrer Kreis e. V. die<br />
europaweit größte Vereinigung von<br />
aktiven Fahrern und Motorsport-<br />
Fans – und das mit langer Tradition.<br />
1958 wurde der DSK mit dem Ziel<br />
gegründet, den Motorsport – und<br />
vor allem die Sicherheit in selbigem<br />
– zu fördern und zu verbessern und<br />
als Bindeglied zwischen Fahrern,<br />
Organisationen und Funktionären<br />
zu agieren. Zu den prominentesten<br />
Gründungsmitgliedern gehört Wolfgang<br />
Graf Berghe von Trips. Dabei<br />
setzt sich der DSK damals wie<br />
heute für die gleichen Ziele ein.<br />
Heute, mehr als fünf Jahrzehnte<br />
nach der Gründung, bestimmen die<br />
Themengebiete Sicherheit, Fairness<br />
und Zukunftsfähigkeit die Arbeit des<br />
DSK. Das elfköpfige Team rund um<br />
Präsident Dr. Karl-Friedrich Ziegahn<br />
hat zusammen einen Erfahrungsschatz<br />
aus mehr als 250 Jahren<br />
Motorsport – ob als Fahrer bei<br />
Rundstrecken- oder Bergrennen,<br />
im Rallye-Sport oder als Funktionär<br />
hinter den Kulissen; die Präsidiumsmitglieder<br />
kennen sich in der Szene<br />
aus.<br />
Die Mitglieder profitieren in vielerlei<br />
Hinsicht von den Stärken des DSK:<br />
Regelmäßig führt der DSK das<br />
beliebte Freie Fahren auf deutschen<br />
Rennstrecken durch, und auf viele<br />
Eintrittskarten und die Produkte der<br />
Partner erhalten Mitglieder satte Rabatte.<br />
Zudem ist im Mitgliedsbeitrag<br />
ein Jahres-Abo der Fachzeitschriften<br />
„sport auto“, „<strong>PS</strong>“, „Motor Klassik“<br />
oder „Motorsport XL“ enthalten.<br />
Terminkalender<br />
+++ 15.10. + 16.10. DSK-Rallye-<br />
Performance-Days mit Armin<br />
Schwarz +++ 04.<strong>11</strong>. - 06.<strong>11</strong>. DSK-<br />
Rallye-Schotterlehrgang mit Armin<br />
Schwarz +++ 26.<strong>11</strong>. - 04.12. Essen<br />
Motor Show +++<br />
Impressum<br />
Geschäftsstelle: Karl-Wirth-Str. 16,<br />
76694 Forst, Tel. 072 51/302 84-0, Telefax<br />
072 51/302 84-19 Internet: http://www.<br />
dskev.de E-Mail: info@dskev.de Präsident:<br />
Dr. Karl-Friedrich Ziegahn Vizepräsidenten:<br />
Karl-Heinz Stümpert, Friedhelm<br />
Kissel Schatzmeister: Reinhard Michel<br />
Schriftführer: Hans-Walter Kling Präsidialmitglied<br />
z. b. V.: Armin Schwarz Beisitzer:<br />
Johannes Scheid, Peter Bonk, Katrin Bekker<br />
Redaktion: Nicolaus Koretzky, Patrik<br />
Koziolek, Thorsten SchlottmannFotografen:<br />
IDM, ADAC, Messe Essen
SPORT<br />
SUPERBIKE-WM LAUSITZRING<br />
VERWÄSSERTE<br />
Regenwetter machte den Fahrern und den<br />
Zuschauern bei der Rückkehr der Superbike-WM<br />
nach Deutschland das Leben schwer.<br />
Trotzdem gab es bei den Rennen zwei faustdicke<br />
Über raschungen im Kampf um den WM-Titel.<br />
Text: Imre Paulovits; Fotos: 2snap, Paulovits<br />
Hurra, wir haben wieder einen<br />
Superbike-WM-Lauf! Vor<br />
allem bei den älteren Fans<br />
kam bei dieser Nachricht<br />
Freude auf – und es wurden Erinnerungen<br />
wach. Was waren das doch für<br />
Zeiten, als das Geschrei der Vierzylinder<br />
und das Grollen der Ducati an<br />
ihrer Belastungsgrenze aus dem Wald<br />
von Hockenheim tönte, bevor das<br />
bunte Feld durch die Windschatten-<br />
88 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
RÜCKKEHR<br />
schlachten jedes Mal anders gemischt<br />
wieder ins Motodrom kam.<br />
Fred Merkel, Fabrizio Pirovano,<br />
Giancarlo Falappa, Doug Polen, Rob<br />
Phillis, Aaron Slight oder Carl Fogarty<br />
– das waren Helden, und wie geil war<br />
es, wenn Andy Hofmann, Peter Rubatto,<br />
Edwin Weibel, Udo Mark, Jochen Schmid<br />
oder Andy Meklau denen in Hockenheim<br />
richtig einheizen konnten. Oder<br />
als später Max Neukirchner als Suzuki-<br />
Werksfahrer an guten Tagen sogar Troy<br />
Bayliss, Troy Corser, Noriyuki Haga und<br />
Max Biaggi in die Schranken weisen<br />
konnte.<br />
Schauplatz Deutschland<br />
erwünscht<br />
Doch diese Zeiten sind längst vorbei.<br />
Mit Stefan Bradl, Sandro Cortese und<br />
Jonas Folger wandte sich das Interesse<br />
der deutschen Fans mehr der Motorrad-WM<br />
zu, und bei der Show von Valentino<br />
Rossi und Co. auf dem Sachsenring<br />
hatte es der Superbike-WM-Lauf in<br />
Deutschland immer schwerer. 2013 auf<br />
dem Nürburgring war auch Schluss.<br />
Aber seit die Dorna auch die Ausrichtung<br />
der Superbike-WM übernommen<br />
hat, war eines ihrer obersten<br />
Anliegen, wieder eine WM-Runde in<br />
Deutschland zu etablieren. Genauso<br />
wichtig war für sie auch ein deutscher<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 89
„MIT STEFAN<br />
BRADL UND<br />
MARKUS REI-<br />
TERBERGER<br />
SOLLTE<br />
DEUTSCHLAND 2017<br />
EINE NEUE DIMENSI-<br />
ON ERREICHEN“<br />
Javier Alonso<br />
Spitzenfahrer in der Serie. Letzter<br />
Wunsch wurde durch Markus Reiterberger<br />
schon bald erfüllt.<br />
„Beim Grand Prix auf dem Sachsenring<br />
sehen wir jedes Jahr Menschenmassen<br />
und eine Begeisterung, die ihresgleichen<br />
sucht“, stellte Javier Alonso,<br />
der bei der Dorna für die Superbike-<br />
WM zuständig ist, fest. „Dazu ist<br />
Deutschland einer der bedeutendsten<br />
Motorradmärkte, also sollte dort auch<br />
die Superbike-WM funktionieren.“ Beim<br />
Lausitzring traf Alonso dann auf die Leute,<br />
die er suchte. Die Betreiber sind auch<br />
die Ausrichter der Superbike-IDM, und<br />
so kam bald die Idee auf den Tisch, die<br />
beiden Serien an einem Wochenende zu<br />
vereinen. Der Termin dafür schien günstig.<br />
Vorher hatte die Superbike-WM eine<br />
zweimonatige Sommerpause, so waren<br />
Akteure und Fans gleichermaßen heiß<br />
darauf, dass es wieder weitergeht.<br />
Land unter in der Lausitz<br />
Doch als es so weit war, legte die Lausitz<br />
statt des dazu passenden goldenen<br />
Herbstes ihre trübe und graue Seite<br />
auf. Viel schlimmer noch, hatte der<br />
Wetterdienst für das Wochenende Dauerregen<br />
vorhergesagt. „Das war für uns<br />
der Albtraum“, erzählt Josef Hofmann<br />
von der EuroSpeedway Verwaltungs<br />
GmbH. „Unsere Erwartungen hatten<br />
sich beim Vorverkauf zunächst bestätigt.<br />
Aber die Tageskasse blieb vor allem<br />
am Samstag weit hinter den Erwartungen<br />
zurück. Da war für den ganzen<br />
Tag Regen angesagt, und im weiteren<br />
Umkreis hat es wohl auch heftig geschüttet.<br />
Aber bei uns an der Strecke<br />
blieb es fast den ganzen Tag trocken.“<br />
Die Piloten wurden aber durch die<br />
Bodenwellen des Lausitzrings vor<br />
Probleme gestellt. Weltmeister und<br />
WM-Leader Jonathan Rea fand keine<br />
Abstimmung für seine Kawasaki ZX-<br />
10R und konnte sich erst durch die<br />
90 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
02<br />
01<br />
03<br />
01 Nicht zu bremsen: Michael van der Mark hatte einen<br />
Sturz mit dreifachem Überschlag. Trotzdem beendete<br />
er mit lädierter Fireblade das verregnete zweite Rennen<br />
02 Eine Klasse für sich: Solange es trocken war, kam niemand<br />
an Ducati-Werkspilot Chaz Davies heran. Er gewann<br />
das erste Rennen mit über zehn Sekunden Vorsprung<br />
03 Der Regenflüsterer: Jonathan Rea war im nassen<br />
zweiten Rennen über eine Sekunde pro Runde schneller<br />
als der Rest, trotzdem waren es die anderen, die stürzten<br />
04 Voll neben der Raste: Markus Reiterberger war am<br />
Freitag zwar Zweitschnellster, doch als es in den Rennen<br />
zählte, musste der Bayer zwei Nuller schreiben<br />
Superpole 1 für das Shootout der<br />
ersten zwölf Startplätze qualifizieren.<br />
Als dann die Visiere zum ersten<br />
Rennen runtergeklappt wurden, zog<br />
Ducati-Werkspilot Chaz Davies allen<br />
davon. Er war in der Superpole und im<br />
ersten, trockenen Rennen eine Klasse<br />
04<br />
WWW.<strong>PS</strong>-ONLINE.DE <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong> 91
DER REIFEN KAMPF UM DIE WM-KRONE<br />
Am Samstag fiel Jonathan Rea (#1)<br />
hinter Tom Sykes hin, am Sonntag<br />
dann das umgekehrte Bild<br />
für sich und distanzierte das ganze<br />
restliche Feld, wie man es in der Superbike-WM<br />
nur selten sieht.<br />
Trotzdem zog das Geschehen hinter<br />
ihm die ganze Aufmerksamkeit auf<br />
sich. Denn dort duellierten sich die<br />
beiden Kawasaki-Werkspiloten Jonathan<br />
Rea und Tom Sykes, und wieder<br />
einmal sprang Rea beim Anbremsen<br />
der Gang raus, wie schon so oft in dieser<br />
Saison, diesmal vor Turn 8. Dabei<br />
klappte ihm das Vorderrad ein und der<br />
„WIR HABEN<br />
DEN ERSTEN<br />
SCHRITT GE-<br />
MACHT, UM<br />
DIE SUPER-<br />
BIKE-WM WIEDER IN<br />
DEUTSCHLAND ZU<br />
ETABLIEREN“<br />
Josef Hofmann<br />
Gleich zweimal wendete sich das<br />
Blatt auf dem Lausitzring zwischen<br />
den beiden WM-Kandidaten Jonathan<br />
Rea und Tom Sykes. Bei noch<br />
sechs ausstehenden Rennen hat<br />
Rea 47 Punkte Vorsprung. „Die Probleme<br />
mit der Schaltung sollten wir<br />
nun behoben haben“, hofft Rea. Wir<br />
haben einen Mechanismus entwickelt,<br />
mit dem es unmöglich sein<br />
sollte, dass der Leerlauf reinspringt.<br />
“ Der Titelverteidiger tut<br />
auch abseits der Strecken alles,<br />
um bestmöglich gerüstet zu sein.<br />
Er trainiert intensiv Motocross, dazu<br />
hat er sich eine Trainings-ZX-<br />
10R aufbauen lassen, mit der er<br />
mindestens einmal die Woche auf<br />
dem Jurby Circuit ganz in der Nähe<br />
seines Wohnortes auf Rundenjagd<br />
geht. „Den Begriff Titel verteidigen höre<br />
ich nicht gerne“, sagt Rea. „Es ist ein neuer<br />
Titel, für den ich kämpfen muss.“<br />
Tom Sykes hat sich mit seinem Team intensiv<br />
der ZX-10R Jahrgang <strong>2016</strong> ange-<br />
WM-Leader stürzte. Da er beim letzten<br />
Rennen in Laguna Seca durch das gleiche<br />
technische Problem schon einen<br />
Ausfall zu verzeichnen hatte, war sein<br />
Vorsprung an der Spitze der WM-Tabelle<br />
innerhalb zweier Rennen von<br />
ehemals komfortablen 71 Punkten auf<br />
26 zusammengeschrumpft. Sykes witterte<br />
im WM-Kampf wieder Morgenluft.<br />
Doch Rea wuchs am Sonntag über<br />
sich hinaus. Pünktlich zum Rennstart<br />
begann es zu regnen, und der 29-jährige<br />
Nordire ging förmlich übers Wasser.<br />
Während die Konkurrenz auf der spiegelglatten<br />
Bahn der Reihe nach stürzte,<br />
fuhr er vorn mit einer traumwandlerischen<br />
Sicherheit auf und davon. Gleich<br />
in der ersten Runde fiel Sykes an der<br />
Tom Sykes (links) versucht cool zu bleiben und<br />
den Rückstand mit besserem Setup wettzumachen.<br />
Jonathan Rea trainiert wie ein Besessener<br />
nommen. „Ich denke, wir haben ein Setup,<br />
mit dem wir bei den verbleibenden Rennen<br />
immer stark sein sollten“, gibt sich Sykes<br />
kämpferisch. „Ich liege zwar 47 Punkte zurück,<br />
aber ich habe schon erlebt, dass sich<br />
Punktestände verändert haben. Warum<br />
diesmal nicht zu meinen Gunsten?“<br />
selben Stelle hin, wo es am Tag zuvor<br />
Rea erwischt hatte. Die WM-Ausgangslage<br />
vor dem Lausitzring war wieder<br />
hergestellt.<br />
Viele schimpften nach ihren Stürzen<br />
über die tückische Strecke. Es gab aber<br />
auch zwei überglückliche Gesichter.<br />
Xavi Forés, Superbike-IDM-Meister von<br />
2014, fuhr erstmals aufs Superbike-<br />
WM-Podest, genau wie Ex-MotoGP-Pilot<br />
Alex de Angelis. „Es war nicht meine<br />
Erfahrung aus der IDM, denn solche<br />
Verhältnisse hatten wir dort nie. Ich<br />
hatte einfach einen guten Rhythmus<br />
gefunden“, freute sich Forés, der am<br />
Lausitzring seinen 31. Geburtstag so<br />
in besonderer Art feiern konnte. Alex<br />
de Angelis, der seinen rechten Arm seit<br />
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Große Show, wenig Zuschauer: Auf<br />
den gigantischen Tribünen verloren<br />
sich die Superbike-Fans außerdem<br />
dem bösen Sturz vor einem Jahr bei<br />
der MotoGP in Motegi noch immer<br />
nicht richtig bewegen kann, schwebte<br />
nach seinem zweiten Platz auf Wolke<br />
sieben. „Mir fehlt noch immer viel von<br />
der Kraft und der Beweglichkeit, aber<br />
hier konnte ich meine Stärke im Regen<br />
ausspielen“, freute er sich.<br />
Harte Rückkehr für Reiterberger<br />
Umso betrübter wirkte Markus Reiterberger.<br />
„So habe ich mir meine Rückkehr<br />
nach meiner Rückenverletzung<br />
wirklich nicht vorgestellt“, sinnierte der<br />
„DER ASPHALT<br />
DES LAUSITZ-<br />
RINGS IST<br />
SONST IM<br />
REGEN NICHT<br />
SO RUTSCHIG, WIE ER<br />
ES LEIDER AN DIESEM<br />
SONNTAG WAR “<br />
Markus Reiterberger<br />
22-jährige BMW-Werksfahrer. Dabei war<br />
er am Freitag gleich Zweitschnellster.<br />
Doch als es am Samstagmorgen erstmals<br />
nass war, flog er ab und fiel wieder<br />
auf seinen Allerwertesten, der ihm<br />
nach dem Misano-Sturz noch mehr<br />
Schmerzen verursacht hatte als die<br />
zwei gebrochenen Rückenwirbel. Im<br />
ersten Rennen blieb sein Motorrad<br />
dann mit Elektrikschaden stehen.<br />
Als am Sonntag der Regen kam,<br />
hatte Reiterberger mit seiner Mannschaft<br />
ausgemacht, nichts zu riskieren,<br />
weil sie noch nicht die optimale Abstimmung<br />
haben. „Ich bin auch wirklich<br />
langsam gefahren, und trotzdem mit<br />
einem Highsider abgeflogen. Dabei bin<br />
ich noch einmal mit dem Hintern aufgeschlagen,<br />
die ganze Reha, die wir<br />
im Sommer gemacht haben, können<br />
wir wieder von vorn anfangen – ein<br />
Wochenende zum Vergessen“, haderte<br />
Reiterberger mit dem Schicksal.<br />
Viel Arbeit für die Zukunft<br />
Zurücklehnen kann sich auch Josef<br />
Hofmann nicht. Zwar kamen über die<br />
drei Tage 28 741 Zuschauer, Javier<br />
Alonso stellte aber fest: „Die Zahlen<br />
sind etwas hinter unseren Erwartungen<br />
geblieben. Das Wetter spielte da natürlich<br />
rein. Aber wir müssen gemeinsam<br />
mit dem Veranstalter unsere Bemühungen<br />
um die Zuschauer noch verstärken.<br />
Nächstes Jahr haben wir mit Stefan<br />
Bradl und Markus Reiterberger zwei<br />
deutsche Spitzenfahrer in der Superbike-WM,<br />
das sollte ihre Popularität in<br />
Deutschland auf ein ganz neues Niveau<br />
heben. Entsprechend viel erwarten<br />
wir in Zukunft auch von der deutschen<br />
WM-Runde.“<br />
Josef Hofmann bleibt trotz aller<br />
Schwierigkeiten optimistisch. „Uns war<br />
von vornherein klar, dass es zunächst<br />
einiger Aufbauarbeit bedarf“, stellt der<br />
Bayer klar. „Die Superbike-WM muss<br />
sich in Deutschland erst wieder etablieren.<br />
Letztendlich war vieles sehr positiv,<br />
nur das Wetter hat nicht mitgespielt.<br />
Aber wir haben den ersten Schritt gemacht,<br />
damit es wieder eine Superbike-<br />
WM-Runde in Deutschland gibt.“<br />
Eine Neuasphaltierung des Lausitzrings,<br />
wie es einige Superbike-WM-Piloten<br />
fordern, wird es aber vorerst nicht<br />
geben. Markus Reiterberger stellt auch<br />
klar: „Die Strecke ist im Regen nicht immer<br />
so tückisch. Vor zwei Jahren sind<br />
wir hier mit der IDM im Regen gefahren,<br />
da ging es richtig gut. Diesmal war es<br />
auch kalt, und dazu war sehr viel Gummi<br />
auf der Strecke. Ich denke, das hat<br />
sich summiert.“<br />
Der Anfang ist also gemacht. Bleibt<br />
zu hoffen, dass daraus wieder eine<br />
lange Tradition wird, an die wir eines<br />
Tages mit genau der gleichen Freude<br />
zurückdenken wie an die Anfangstage<br />
der Superbike-WM in Deutschland.<br />
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SPORT<br />
NEWS<br />
Mit dem Sieg in Spanien konnte Marc Márquez<br />
(#93) Valentino Rossi (#46) distanzieren<br />
VORENTSCHEIDUNG<br />
Brad Binder (links) konnte bereits in Aragón den Moto3-WM-Titel feiern.<br />
Philipp Öttl (#65) ging drei Mal in Führung, wurde nach einer Kollision Zehnter<br />
MOTOGP-WELTMEISTERSCHAFT Bis<br />
in den November 2014 musste Marc<br />
Márquez sich vor dem Aragón-Grand<br />
Prix zurückerinnern, um sich die Bilder<br />
seines letzten GP-Siegs auf heimischem<br />
Boden, in Spanien, ins Gedächtnis<br />
zu rufen. Höchste Zeit, das zu ändern<br />
– zumal Valentino Rossi als härtester<br />
Kontrahent im Kampf um die<br />
MotoGP-Weltmeisterschaft in der<br />
Punktetabelle immer näher an den<br />
Honda-Piloten herangerückt war.<br />
In Aragón gelang das Kunststück,<br />
doch leicht war es für Márquez nicht.<br />
Zunächst stürmte sein Landsmann<br />
Maverick Viñales auf der Suzuki an die<br />
Spitze, dann holte sich Rossi die Führung,<br />
weil Márquez bei einem Ausrutscher<br />
in Runde drei beinahe gestürzt<br />
wäre und auf Platz fünf zurückfiel. „Danach<br />
habe ich mich erst mal beruhigt<br />
und angefangen, präziser zu fahren<br />
und an den richtigen Stellen zu bremsen“,<br />
berichtete er. Der Plan ging auf:<br />
Sieg vor Jorge Lorenzo und Rossi, vor<br />
dem Márquez jetzt, vor den Übersee-<br />
Rennen, 52 Punkte Vorsprung hat.<br />
Bereits drei Stunden zuvor hatten<br />
knapp 70 000 Zuschauer ein hart umkämpftes<br />
Moto3-Rennen bejubelt. Fast<br />
bis zur Zielflagge kämpfte eine elf<br />
Fahrer starke Führungsgruppe um die<br />
Spitze, die sogar der Bayer Philipp Öttl<br />
kurz übernehmen konnte, bevor er am<br />
Ende Zehnter wurde. KTM-Werksfahrer<br />
Brad Binder kam als Zweiter ins Ziel –<br />
der Südafrikaner wurde damit vier<br />
Rennen vor Saisonschluss Weltmeister.<br />
Fotos: 2snap<br />
SUPERBIKE-IDM<br />
MARVIN MACHT DEN MEISTER<br />
Bereits beim vorletzen Meeting der Superbike-IDM im Rahmen<br />
des Superbike-WM-Laufs auf dem Lausitzring machte Marvin<br />
Fritz (#7) alles klar: Platz drei im ersten Rennen reichte dem<br />
schwäbischen Yamaha-Piloten, um erstmals die deutsche<br />
Superbike-Meisterschaft zu gewinnen. Die Titel der Superstock-1000-<br />
und der Superstock-600-Klasse holten sich Fahrer<br />
aus den Niederlanden. Bei den 1000ern siegte Danny de<br />
Boer deutlich vor Luca Grünwald, bei den 600ern war Bryan<br />
Schouten nur um 16 Punkte besser als Christian Stange.<br />
Foto: Wiessmann<br />
96 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong>
Name:<br />
Foto: ADAC Motorsport Foto: good-shoot.com<br />
ENDURANCE-WELTMEISTERSCHAFT<br />
2017 IST SCHON DA<br />
Bereits drei Wochen nach dem Ende der Endurance-WM-<br />
Saison <strong>2016</strong> in Oschersleben startete die WM <strong>2016</strong>/17 mit<br />
dem Bol d‘Or auf dem französischen Circuit Paul Ricard.<br />
Sieger des 24-Stunden-Rennens wurde das erfahrene Suzuki-Werksteam,<br />
das zugunsten besserer Standfestigkeit<br />
und geringeren Spritverbrauchs auf etwas Motorleistung<br />
verzichtet hatte.<br />
Bestes deutsches<br />
Team war<br />
Völpker-NRT48<br />
auf Rang zehn.<br />
NEUE SUPERSPORT-300-WM VORGESTELLT<br />
FÜR SUPERBIKE-JUNIOREN<br />
Superbike-WM-Promoter Dorna hat jetzt die angekündigte,<br />
kostengünstige Einsteigerklasse in die WM für seriennahe<br />
Motorräder vorgestellt. Nachwuchstalente, die<br />
mindestens 15 Jahre alt sind, können 2017 in der Supersport-<br />
300-WM starten. Derzeit sind vier Modelle erlaubt:<br />
Honda CBR 500 R, Kawasaki Ninja 300, KTM RC 390 und<br />
Yamaha YZF-R3.<br />
Die technischen<br />
Regeln sollen für<br />
Chancengleicheit<br />
sorgen.<br />
RED BULL ROOKIES-FINALE<br />
WEITER GEHT’S<br />
Mit dem Gesamtsieg hatten die<br />
beiden deutschen Red Bull Rookies-Talente<br />
Kevin Orgis und<br />
Matthias Meggle nichts zu tun –<br />
der ging an Ayumu Sasaki (Foto)<br />
und damit erstmals in zehn<br />
Jahren an einen Japaner. Gute<br />
Nachricht für die Cup-Neulinge<br />
Orgis (Gesamtrang 13) und<br />
Meggle (Platz 20): Sie werden<br />
2017 ihre zweite Rookies-<br />
Saison bestreiten können.<br />
Erster japanischer<br />
Cup-Sieger: Ayumu Sasaki<br />
Zuverlässig und<br />
sparsam: Sieg<br />
der Werks-Suzuki<br />
beim Bol d‘Or<br />
KTM RC 390 in<br />
Junior-Cup-<br />
Version: passt<br />
auch für SSP 300<br />
Foto: GEPA pictures<br />
Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 70162 Stuttgart. Registergericht Stuttgart HRA 9302. Geschäftsführer: Dr. Volker Breid, Norbert Lehmann.<br />
Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp (Vorsitz), Christina Dohmann,<br />
Dr. Michael Rathje, Am Sandtorkai 74, 20457 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />
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98 <strong>PS</strong> <strong>11</strong>/<strong>2016</strong><br />
Fotos: Sandro Rubinić, Suzuki<br />
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MOTOR PRESSE STUTTGART GMBH & CO. KG<br />
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UND CHEFREDAKTEUR<br />
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CHEF VOM DIENST Matthias Ackermann<br />
LEITENDER REDAKTEUR Uwe Seitz M. A.<br />
REDAKTION Volkmar Jacob, Tobias Münchinger<br />
SCHLUSSREDAKTION Lothar Kutschera<br />
FOTOSTUNTS Volkmar Jacob, Jo Bauer<br />
GRAFIK UND PRODUKTION<br />
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Thomas Waldhauer<br />
MEDIENPRODUKTION<br />
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Iris Heer, Sabine Heilig-Schweikert,<br />
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Ralph Söhner (Archiv/Dokumen tation)<br />
SEKRETARIAT Gaby Dussler<br />
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STÄNDIGE MITARBEITER Alan Cathcart, Friedemann<br />
Kirn, Mat Oxley, Jo Bauer, Pascal Eckhardt, Fritz<br />
„Zonko“ Triendl, Werner Koch<br />
LEITUNG GESCHÄFTSBEREICH MOTORRAD<br />
Peter-Paul Pietsch<br />
STELLVERTRETENDE VERLAGSLEITUNG<br />
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BRANDMANAGER Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Natalie Lehn<br />
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Iris Eifrig. Anzeigenpreisliste Nummer 61.<br />
Bei Anzeigen aus dem Ausland Vorkasse.<br />
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<strong>PS</strong> erscheint monatlich mittwochs. Lieferung durch<br />
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