FinanzBusinessMagazin 03-2016
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Folgen des Brexit:<br />
Was leitende Bank-<br />
Manager sagen<br />
Preisboom auf den<br />
Wohnungsmärkten<br />
Mobile-Banking<br />
verdrängt Online-<br />
Banking<br />
ETF-Markt dürfte sich bis 2021 abermals<br />
verdoppeln<br />
Versicherungsbranche in Deutschland:<br />
Gewinnerstrategien für das Jahr 2025<br />
Weckruf der InsurTechs:<br />
Viel Lärm um Nichts?<br />
Ausgabe 3/<strong>2016</strong><br />
www.<strong>FinanzBusinessMagazin</strong>.de<br />
1
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LV - eJournal 2015/16<br />
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EDITORIAL I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
EDITORIAL<br />
Die aktuelle Studie von Oliver Wyman „Versicherung 2025 – Ein Zukunftsszenario für die Gewinner<br />
von morgen“ analysiert die Treiber des Wandels im Versicherungsmarkt bis zum Jahr 2025,<br />
schätzt Folgen ab und zeigt neue Perspektiven auf. Von Wachstum ist nur in selektiven Feldern<br />
auszugehen, während das alte Stammgeschäft bröckelt: So könnte das Beitragsvolumen in der<br />
Lebensversicherung je nach Politikvorgaben um vier Milliarden Euro sinken, in der Schadenund<br />
Unfallversicherung herrscht nahezu Stagnation. Von 245.000 traditionellen Vermittlern und<br />
Maklern werden im Szenario der Studie rund 100.000 aus dem Markt ausscheiden. Chancen hingegen<br />
bietet eine konsequente Digitalisierung: Sie ermöglicht Versicherern, bis zum Jahr 2025<br />
ihre Kostenquote um ein Viertel zu senken und zugleich besseren Service anzubieten.<br />
InsurTechs werden die Versicherungswirtschaft umkrempeln: Etablierte Versicherer sind gut<br />
beraten, diesen Trend nicht kleinzureden. Doch wie laut ist der Weckruf der InsurTechs wirklich?<br />
Denn obwohl sie längst mehr als ein Phänomen sind, nutzen InsurTechs ihr Potenzial<br />
noch nicht auf allen Ebenen aus. Das zeigt der InsurTech-Radar von Oliver Wyman und Policen<br />
Direkt. Darin wurden die Start-ups der Versicherungswirtschaft erstmals einem umfassenden<br />
Check unterzogen und entlang der Versicherungswertschöpfungskette systematisch analysiert<br />
– von der Angebotsseite über den Vertrieb bis hin zum Betrieb.<br />
Leitende Bank-Manager spielen durch, welche Alternativen es nach dem Brexit zum Standort<br />
London für sie geben kann. Das geht aus einer Umfrage der Boston Consulting Group (BCG) zu<br />
den möglichen Folgen des Brexit hervor, an der rund 360 leitende Banker aus Großbritannien,<br />
Frankreich, den USA und Deutschland teilgenommen haben. Die Analyse wurde im Juni <strong>2016</strong>,<br />
kurz vor dem Referendum zum EU-Austritt Großbritanniens erhoben. Rund 20 Prozent der<br />
Finanzdienstleistungs-Jobs in London könnten an andere globale Finanzplätze verlagert werden,<br />
wie aus der Studie hervorgeht.<br />
Mobile-Banking entwickelt sich weltweit zum entscheidenden Kanal für Bankgeschäfte und<br />
trägt wesentlich zu einer hohen Kundenloyalität bei. Über keinen anderen Kanal äußern sich<br />
Privatkunden nach Interaktionen so positiv wie über eine App oder eine mobile Webseite. Das<br />
ergab die weltweite Befragung von rund 115.000 Privatkunden in 17 Ländern, darunter 9.800<br />
in Deutschland, die die internationale Managementberatung Bain & Company im Rahmen ihrer<br />
Studie „Loyalität im Privatkundengeschäft: Banken machen mobil“ durchgeführt hat.<br />
Das Redaktionsteam<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
3
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INHALTSVERZEICHNIS<br />
BANKEN<br />
6 Folgen des Brexit: Was leitende Bank-Manager sagen<br />
8 Stresstest zeigt stärkere Widerstandsfähigkeit des Bankensystems im Eurogebiet<br />
10 Globale Studie zur Kundenloyalität im Privatkundengeschäft: Mobile-Banking verdrängt Online-Banking<br />
12 Digitales CRM im Retail Banking erlaubt Umsatzwachstum von 40 Mrd. Euro<br />
14 A.T. Kearney: Kein Ende des Umbaus bei deutschen Privatkundenbanken in Sicht<br />
16 Zahlungsverkehr kostet Banken eine Milliarde Euro bis 2018<br />
17 Corporate-Banking-Index: Erträge mit Firmenkunden fallen auf tiefsten Stand seit 2009<br />
19 Die nächste Bankenkrise kommt bestimmt:<br />
Banken müssen Risiken vor Kreditvergabe umfassender analysieren<br />
21 Private Banking: Erträge der Vermögenden steigen, die der Banken nicht<br />
22 Bankkunden fordern digitalen Service<br />
24 Stresstest <strong>2016</strong>: EZB erhöht den Druck auf Bankengeschäftsmodelle - Europäischen Banken drohen im<br />
Stressfall Kapitallücken von bis zu 20 Mrd. Euro<br />
26 Studie: So digital sind Banken im Firmenkundengeschäft<br />
28 BaFin plant Verbot des Retailvertriebs von Bonitätsanleihen<br />
INVESTMENTS<br />
30 Coller Capital Global Private Equity Barometer - Summer <strong>2016</strong>:<br />
Wachstum des Schattenkapitals wird die Renditen von Private Equity-Fonds reduzieren<br />
32 Studie:<br />
Boom bei Beteiligungskäufen im Mittelstand / Private Equity-Häuser erwarten auch <strong>2016</strong> starke Zuwächse<br />
31 2015 zeigte: Wenig Angebot für Anleger Geschlossener Beteiligungen<br />
33 Aktienrenditen: Stärkster Wertzuwachs seit der Finanzkrise<br />
34 ETF-Markt dürfte sich bis 2021 abermals verdoppeln<br />
IMMOBILIEN<br />
37 Preisboom auf den Wohnungsmärkten<br />
39 Brexit: Immobilienbranche rechnet mit Verstärkung des Immobilienbooms in Deutschland<br />
41 Nachfrage nach Büroflächen europaweit höher als das Angebot<br />
42 Weiterhin hohe Transaktionsaktivitäten bei Offenen Immobilienfonds<br />
44 Baufinanzierung: Banken hadern mit der Vergabe von Immobilienkrediten<br />
4 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
INHALTSVERZEICHNIS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
VERTRIEB / MARKETING<br />
45 Lieber persönlich als virtuell: Für deutsche Verbraucher macht der Faktor Mensch den Unterschied<br />
46 Call Center vor dem Abstieg? Banken sollten ihre Kontaktkanäle ganzheitlich überdenken<br />
48 Nachwuchsmangel aufgrund mangelhafter Stellenanzeigen?<br />
VERSICHERUNGEN<br />
49 Versicherungsbranche in Deutschland: Gewinnerstrategien für das Jahr 2025<br />
52 Das große Warten: deutsche Versicherer zu zögerlich bei Innovationen<br />
54 Weckruf der InsurTechs: Viel Lärm um Nichts?<br />
56 InsurTechs werden als innovativ, aber nicht unbedingt seriös wahrgenommen<br />
57 Betriebsrente und Produktinnovationen könnten den schwächelnden Markt beleben<br />
58 Aktuelle Studie von Aon Hewitt zur betrieblichen Altersversorgung:<br />
Fast die Hälfte der befragten Unternehmen hält Überprüfung ihres Versorgungswerkes für erforderlich<br />
59 Zielrente – Mogelpackung zulasten der Arbeitnehmer?<br />
61 Outsourcing in der Assekuranzwirtschaft: Wachsender Kostendruck setzt Umdenken in Gang<br />
62 67rockwell Consulting:<br />
Digitalisierungsstrategien deutscher Versicherungsunternehmen greifen nicht weit genug<br />
63 So investieren Versicherer<br />
64 Nach dem Garantiezinsschock: „Klassik hat endgültig ausgedient“<br />
65 Niedrigzins treibt Pensionsverpflichtungen in die Höhe<br />
67 Assekuranz im Social-Media-Aufwind<br />
IMPRESSUM<br />
23 Impressum<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
5
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
Folgen des Brexit:<br />
Was leitende Bank-Manager sagen<br />
BCG-Studie: Entscheider denken nach über Alternativen<br />
zum Standort London - Hohes Maß an Unsicherheit über<br />
weitere Entwicklungen<br />
Leitende Bank-Manager spielen<br />
durch, welche Alternativen es nach<br />
dem Brexit zum Standort London für<br />
sie geben kann. Das geht aus einer Umfrage<br />
der Boston Consulting Group (BCG)<br />
zu den möglichen Folgen des Brexit hervor,<br />
an der rund 360 leitende Banker aus<br />
Großbritannien, Frankreich, den USA und<br />
Deutschland teilgenommen haben. Die<br />
Analyse wurde im Juni <strong>2016</strong>, kurz vor<br />
dem Referendum zum EU-Austritt Großbritanniens<br />
erhoben. Rund 20 Prozent<br />
der Finanzdienstleistungs-Jobs in London<br />
könnten an andere globale Finanzplätze<br />
verlagert werden, wie aus der Studie hervorgeht.<br />
Das beträfe alle Unternehmensbereiche<br />
von Banken, insbesondere den grenzüberschreitenden<br />
Zahlungsverkehr, das<br />
Investmentbanking und das Handelsgeschäft.<br />
Frankfurt gehört zu den attraktivsten<br />
Standorten für in London vertretene<br />
Finanzdienstleister, die aufgrund<br />
des anstehenden britischen EU-Austritts<br />
erwägen, ihre Geschäftsaktivitäten ins<br />
Ausland zu verlagern. "Insbesondere die<br />
ökonomische und politische Stabilität in<br />
Deutschland, kombiniert mit der Verfügbarkeit<br />
qualifizierter Arbeitskräfte,<br />
macht den Standort Frankfurt am Main<br />
zur Top-Adresse, wie aus dieser Umfrage<br />
kurz vor dem Brexit hervorgeht", sagt<br />
Bankenspezialist Dr. Wolfgang Dörner,<br />
Senior Partner und Leiter des Frankfurter<br />
BCG-Büros.<br />
14 Kriterien als Maßstab<br />
für die Attraktivität von Standorten<br />
Die Banker bewerten Frankfurt unter<br />
neun globalen Finanzzentren als Alternative<br />
zur britischen Finanzmetropole<br />
am besten, gefolgt von New York und<br />
Dublin. Insgesamt wurde die Attraktivität<br />
von neun Standorten abgefragt. Neben<br />
Frankfurt, New York und Dublin sind<br />
diese: Amsterdam, Hong Kong, Luxemburg,<br />
Madrid, Paris und Singapur. Jede<br />
Stadt hat nach Ansicht der Bank-Manager<br />
unterschiedliche Stärken. Paris etwa<br />
schneidet sehr gut ab, wenn es um die<br />
Lebensqualität geht. New York wiederum<br />
kommt dann ins Spiel, wenn einige amerikanische<br />
Banken sich dazu entschieden,<br />
dem EU-Markt den Rücken zuzukehren.<br />
Die Standortattraktivität für Banken wurde<br />
anhand von 14 Kriterien erhoben – u.<br />
a. Infrastruktur, Geschäftsumfeld, Stabilität,<br />
Lifestyle-Faktoren sowie Zugang zu<br />
Märkten und Institutionen.<br />
Was Frankfurt tun muss<br />
für noch höhere Anziehungskraft<br />
Bei einem spontanen Ranking der Finanzzentren<br />
ohne vorgegebene Bewertungskriterien<br />
sehen die befragten Banker<br />
Frankfurt hinter New York und Dublin<br />
auf Platz drei. Vor allem die Briten bevorzugen<br />
dann Dublin und New York.<br />
Doch Frankfurt ist besser als sein Ruf:<br />
Werden objektive Standortkriterien herangezogen,<br />
gibt es eine Präferenz für<br />
das Finanzzentrum am Main – vor allen<br />
Alternativen. Um auch bei weichen Faktoren<br />
besser zu punkten, müssen Stadt<br />
und Region vor allem ihre Internationalität,<br />
zum Beispiel bezogen auf vermeintliche<br />
Sprachbarrieren, sowie die<br />
vergleichsweise günstige Wohnungssituation<br />
besser vermarkten und die kulturelle<br />
Attraktivität für ein breiteres internationales<br />
Publikum erhöhen. "Zwei<br />
6 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Quelle: © pixabay.com<br />
Drittel der Finanzunternehmen haben<br />
noch keine genauen Pläne für eine mögliche<br />
Standortverlagerung nach dem<br />
Brexit. Die meisten rechnen mit einer<br />
Verlagerung innerhalb der nächsten ein<br />
bis zwei Jahre", erklärt Bankenspezialist<br />
Dr. Wolfgang Dörner.<br />
Jobverlagerungen<br />
auch in anderen Branchen<br />
Bankenvertreter erwarten nach dem britischen<br />
"Nein" zur fortgesetzten EU-Mitgliedschaft<br />
nicht nur Jobverlagerungen<br />
in ihrer eigenen Branche, sie sehen insbesondere<br />
das Dienstleistungsgewerbe<br />
und Versicherungen, aber beispielsweise<br />
auch die Pharmabranche und die Biotechnologie<br />
in Großbritannien vor tiefergreifenden<br />
Umbrüchen. "Nicht nur Frankfurt,<br />
sondern auch andere Wirtschaftszentren<br />
in Deutschland sollten sich auf Jobverlagerungen<br />
aus verschiedenen Branchen<br />
vorbereiten und die Chance des Zuzugs<br />
von qualifizierten Talenten aktiv nutzen",<br />
sagt Dr. Wolfgang Dörner.<br />
Unklarheit über Konsequenzen<br />
und langfristige Auswirkungen<br />
Fast 60 Prozent rechnen mit dauerhaften<br />
Einschränkungen beim Zugang zum<br />
EU-Markt oder lang anhaltender Unsicherheit,<br />
bis die EU und Großbritannien<br />
entsprechende Vereinbarungen als Konsequenz<br />
aus dem Brexit treffen werden.<br />
Dennoch sehen, auf Grundlage dieser<br />
Umfrage vor der Brexit-Abstimmung, die<br />
meisten Finanzdienstleister den Folgen<br />
des Brexit für die Finanzindustrie insgesamt<br />
eher gelassen entgegen. "Die Zeit<br />
wird uns zeigen, ob sie richtig liegen",<br />
sagt Dr. Wolfgang Dörner.<br />
Autor: www.bcg.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
7
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
Stresstest zeigt stärkere Widerstandsfähigkeit<br />
des Bankensystems<br />
im Eurogebiet<br />
Banken können heute<br />
besser mit wirtschaftlichen<br />
Schocks<br />
umgehen als im Stresstest<br />
von 2014. 37 von der EZB<br />
beaufsichtigte Banken nahmen<br />
mit einer robusten<br />
harten Kernkapitalquote<br />
(Common Equity Tier 1 –<br />
CET1) von durchschnittlich<br />
13 % am EU-weiten Stresstest<br />
teil. Durchschnittlicher<br />
Rückgang des CET1-Kapitals<br />
im adversen Szenario<br />
um 3,9 Prozentpunkte;<br />
durchschnittliche CET1-<br />
Quote mit 9,1 % dennoch<br />
höher als im Stresstest von<br />
2014. Beim Stresstest geht<br />
es nicht um das Bestehen<br />
oder Durchfallen; Ergebnisse<br />
werden auf nicht mechanistische<br />
Weise in den<br />
Beschlüssen des diesjährigen auf sichtlichen<br />
Überprüfungs- und Bewertungsprozess<br />
(Supervisory Review and Evaluation<br />
Process – SREP) berücksichtigt. Erwartungen<br />
der Aufsicht an die Kapitalausstattung<br />
der Banken im Euroraum insgesamt<br />
gegenüber 2015 weitgehend unverändert.<br />
Wie die Europäische Zentralbank (EZB)<br />
bekannt gab, zeigen die Ergebnisse des<br />
EU-weiten Bankenstresstests, dass die<br />
Banken im Euro-Währungsgebiet ihre<br />
Widerstandsfähigkeit erhöht haben. Die<br />
Erwartungen der Aufsicht an die Kapitalausstattung<br />
der Banken insgesamt<br />
bleiben gegenüber 2015 weitgehend unverändert.<br />
Der von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde<br />
(European Banking<br />
Authority – EBA) koordinierte Stresstest<br />
umfasste 51 Banken in der Europäischen<br />
Union, darunter 37 bedeutende Institute,<br />
die direkt von der EZB beaufsichtigt werden<br />
und rund 70 % der Bankaktiva im Euroraum<br />
repräsentieren. Die Ergebnisse des<br />
Quelle: © Sergey Nivens - Fotolia.com<br />
Stresstests wurden heute auf der Website<br />
der EBA veröffentlicht. Die 37 von der EZB<br />
beaufsichtigten Banken nahmen mit einer<br />
durchschnittlichen harten Kernkapitalquote<br />
(Common Equity Tier 1 – CET1) von 13<br />
% am Test teil, was eine Verbesserung gegenüber<br />
den 11,2 % im letzten EU-weiten<br />
Stresstest von 2014 darstellt. Im adversen<br />
Szenario belief sich der durchschnittliche<br />
Kapitalrückgang auf 3,9 Prozentpunkte<br />
und lag damit über den 2,6 Prozentpunkten<br />
im Stresstest von 2014. Grund hierfür<br />
waren unter anderem eine strengere<br />
Stresstestmethodik und ein härteres adverses<br />
Szenario, das sich erneut über einen<br />
Dreijahreszeitraum erstreckte und bei<br />
dem statische Bilanzen zugrunde gelegt<br />
wurden. Dank der großzügigeren Kapitalausstattung<br />
und weiterer Verbesserungen<br />
seit 2014 fiel die endgültige durchschnittliche<br />
CET1-Quote im adversen Szenario<br />
mit 9,1 % dennoch höher aus als 2014 (8,6<br />
%). Von einer Ausnahme abgesehen, belief<br />
sich das CET1-Kapital aller Banken auf<br />
8 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
einen Wert deutlich über der Benchmark<br />
von 5,5 %, die 2014 im hypothetischen<br />
adversen Szenario galt. Hierin spiegelt<br />
sich die insgesamt solide Kapitalausstattung<br />
der Banken, die Gegenstand des von<br />
der EBA initiierten Stresstests waren.<br />
„In dem Ergebnis des Stresstests kommen<br />
die beträchtliche Kapitalaufnahme und die<br />
zusätzlichen Maßnahmen zum Ausdruck,<br />
welche die Banken in den vergangenen<br />
zwei Jahren zur Sanierung ihrer Bilanzen<br />
durchgeführt haben“, so Danièle Nouy,<br />
Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der<br />
EZB. „Der Bankensektor ist heute widerstandsfähiger<br />
und kann deutlich besser<br />
mit wirtschaftlichen Schocks umgehen als<br />
noch vor zwei Jahren.“ Der Kapitalrückgang<br />
von durchschnittlich 3,9 Prozentpunkten<br />
im adversen Stresstestszenario<br />
war auf eine Reihe von Risikofaktoren zurückzuführen.<br />
Hierzu zählen unter anderem:<br />
• das Kreditrisiko, das im Schnitt mit 3,8<br />
Prozentpunkten zum gesamten CET1-<br />
Rückgang beitrug,<br />
• das Marktrisiko, dessen Beitrag bei<br />
durchschnittlich 1,1 Prozentpunkten<br />
lag, vor allem infolge von Neubewertungsverlusten<br />
aus zum Zeitwert ausgewiesenen<br />
Vermögenswerten, und<br />
• das operationelle Risiko, das im Mittel<br />
mit 0,9 Prozentpunkten zu Buche<br />
schlug, wofür Verlustprojektionen im<br />
Zusammenhang mit Verhaltensrisiken<br />
verantwortlich waren; dieses Element<br />
kam erstmals im Stresstest <strong>2016</strong> zum<br />
Einsatz.<br />
Darüber hinaus beeinflussten einige weitere<br />
Faktoren den Kapitalrückgang positiv<br />
bzw. negativ. Hier ist unter anderem das<br />
Nettozinseinkommen, Erträge aus Gebühren<br />
und Provisionen sowie der Verwaltungsaufwand<br />
zu nennen. Es wurde auch<br />
untersucht, wie sich Einkommensfaktoren<br />
unter Stressbedingungen verhalten. So<br />
wurde das Nettozinseinkommen im adversen<br />
Szenario einem erheblichen Stress<br />
ausgesetzt. Verglichen mit dem Basisszenario<br />
beliefen sich die Auswirkungen auf<br />
1,3 Prozentpunkte. Beim Stresstest geht<br />
es zwar nicht um das Bestehen oder Durchfallen,<br />
doch werden die Ergebnisse auf<br />
nicht mechanistische Weise als einer von<br />
mehreren Inputfaktoren bei der Festlegung<br />
des Säule-2-Kapitals im Rahmen des<br />
allgemeinen auf sichtlicher Überprüfungsund<br />
Bewertungsprozess (Supervisory Review<br />
and Evaluation Process – SREP) der<br />
EZB berücksichtigt. Das Säule-2-Kapital<br />
setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:<br />
Säule-2-Anforderungen und Säule-<br />
2-Empfehlungen.<br />
Die Ergebnisse des Stresstests werden<br />
von der EZB für die Säule-2-Empfehlungen<br />
verwendet, wobei unter anderem<br />
auch den Auswirkungen Rechnung getragen<br />
wird, die sich aus der Annahme einer<br />
statischen Bilanz und aus Gegenmaßnahmen<br />
der Banken ergeben. Weitere Einzelheiten<br />
hierzu finden sich in den Fragen<br />
und Antworten zum EU-weiten Stresstest<br />
<strong>2016</strong>. Daher lassen sich aus den Ergebnissen<br />
des Stresstests keine Säule-2-Empfehlungen<br />
ableiten. Die SREP-Beschlüsse<br />
werden Ende <strong>2016</strong> abgeschlossen und<br />
gelten ab Anfang 2017.<br />
Die EZB erwartet von den Banken, dass sie<br />
die Vorgaben der Säule-2-Empfehlungen<br />
jederzeit erfüllen. Bei Nichterfüllen dieser<br />
Vorgaben ergreift die EZB nicht automatisch<br />
Maßnahmen, sondern analysiert die<br />
Gründe und Umstände hierfür eingehend<br />
und legt gegebenenfalls spezifische aufsichtliche<br />
Maßnahmen fest. Die Säule-<br />
2-Empfehlungen sind für die Begrenzung<br />
des ausschüttungsfähigen Höchstbetrags<br />
(Maximum Distributable Amount – MDA)<br />
der Gewinne irrelevant.<br />
Autor: www.bundesbank.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
9
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
Globale Studie zur Kundenloyalität im<br />
Privatkundengeschäft: Mobile-Banking<br />
verdrängt Online-Banking<br />
Mobile-Banking entwickelt sich<br />
weltweit zum entscheidenden Kanal<br />
für Bankgeschäfte und trägt<br />
wesentlich zu einer hohen Kundenloyalität<br />
bei. Über keinen anderen Kanal äußern<br />
sich Privatkunden nach Interaktionen so<br />
positiv wie über eine App oder eine mobile<br />
Webseite. Das ergab die<br />
weltweite Befragung von<br />
rund 115.000 Privatkunden<br />
in 17 Ländern, darunter<br />
9.800 in Deutschland,<br />
die die internationale Managementberatung<br />
Bain &<br />
Company im Rahmen ihrer<br />
Studie „Loyalität im Privatkundengeschäft:<br />
Banken<br />
machen mobil“ durchgeführt<br />
hat. In Deutschland<br />
ist der Anteil mobiler Interaktionen<br />
zwischen Kunde<br />
und Bank zwischen 2012<br />
und 2015 von nahezu null<br />
auf rund 20 Prozent gestiegen.<br />
Im Gegenzug ging<br />
vor allem der Anteil des<br />
Online-Bankings zurück.<br />
Insbesondere die junge Generation nutzt<br />
ihr Smartphone zunehmend für Bankgeschäfte.<br />
In Deutschland setzen inzwischen<br />
mehr als 60 Prozent der 18- bis 24-Jährigen<br />
auf Mobile-Banking. Doch auch bei<br />
den Älteren erfreut es sich immer größerer<br />
Beliebtheit, Bankgeschäfte mobil zu<br />
tätigen.<br />
„Mobile-Banking ist im Alltag angekommen“,<br />
betont Bain-Partner und Studienautor<br />
Dr. Markus Bergmann. „Während<br />
Deutsche es vor allem für Routinetransaktionen<br />
nutzen, funktioniert es in Vorreiternationen<br />
wie den Niederlanden<br />
bereits als Vertriebskanal.“ Dort kaufen<br />
Kunden selbst komplexe Produkte wie einen<br />
Kredit per App oder mobiler Webseite.<br />
Welchen Stellenwert das Mobiltelefon<br />
im Alltag der Bankkunden mittlerweile<br />
hat, unterstreicht ein weiteres Ergebnis<br />
der Studie: Danach könnten sich in vielen<br />
Ländern vor allem Jüngere eher mit dem<br />
Verlust ihres Portemonnaies als mit dem<br />
ihres Smartphones abfinden. „Noch aber<br />
sind Bankprodukte wie EC- oder Kreditkarte<br />
analog im Geldbeutel und nicht in<br />
Quelle: © Sergey Nivens - Fotolia.com<br />
digitaler Form auf dem Mobiltelefon“, erklärt<br />
Bergmann. „Auf Dauer drohen die<br />
Banken so ins Abseits zu geraten.“<br />
Gut 40 Prozent der Bankkunden in<br />
Deutschland sind Omnikanal-Nutzer<br />
Ein überzeugender mobiler Auftritt allein<br />
bewegt die Kunden jedoch nicht dazu,<br />
mehr Bankprodukte zu kaufen oder ihre<br />
Bank weiterzuempfehlen. Im Gegenteil:<br />
Rein digital agierende Kontoinhaber stehen<br />
ihrer Bank sogar eher kritisch gegenüber.<br />
Eine mit dem Net Promoter®<br />
Score (NPS®) messbar hohe Loyalität<br />
weisen der Bain-Studie zufolge vor allem<br />
Omnikanal-Nutzer aus. In Deutschland<br />
erledigen bereits gut 40 Prozent der Kunden<br />
ihre Bankgeschäfte sowohl in den Filialen<br />
und Callcentern als auch über digi-<br />
10 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
tale Kanäle. Ihre Zufriedenheit zahlt sich<br />
aus. Über alle Nutzerprofile und Altersgruppen<br />
hinweg hängen hohe NPS-Werte<br />
eng mit der Zahl der erworbenen Produkte<br />
und der Kundenbindung zusammen. Bei<br />
den NPS-Werten in Deutschland hat die<br />
ING-DiBa die Nase vorn, auf den Plätzen<br />
zwei und drei liegen mit der DKB und mit<br />
comdirect zwei weitere Direktbanken vor<br />
dem ersten Filialisten, der Sparda-Bank.<br />
Die Lücke beim NPS zwischen Direkt- und<br />
Filialbanken beginnt sich allerdings in vielen<br />
Ländern zu schließen. Traditionellen<br />
Kreditinstituten gelingt es mit Omnikanal-<br />
Konzepten zunehmend, ihre Kunden in<br />
den Filialen, am Telefon, online und mobil<br />
gleichermaßen zu begeistern.<br />
Für einen überzeugenden Auftritt in allen<br />
Kanälen und für zügige Fortschritte auf<br />
dem Weg hin zum Omnikanal sind vier<br />
Stellhebel entscheidend:<br />
1. Besserer Kundenservice. Je intuitiver<br />
und einfacher Online- und Mobile-<br />
Banking funktionieren, desto eher<br />
kommt es zu der gewünschten Verlagerung<br />
von Routinetransaktionen in<br />
digitale Kanäle. Insbesondere die Filialen<br />
erhalten so mehr Raum, um im<br />
persönlichen Gespräch und bei komplexen<br />
Produkten zu überzeugen.<br />
2. Digitalisierung von Vertrieb und Beratung.<br />
Das Ziel ist eine durchgängig digitalisierte<br />
Kundenreise im Vertriebsund<br />
Beratungsprozess. Dazu müssen<br />
neue Technologien wie die Videoauthentifizierung<br />
eingesetzt und interne<br />
Prozesse umgestaltet werden.<br />
3. Schärfere Positionierung der Filialen.<br />
In einem Hub-and-Spoke-Netz haben<br />
Filialen fünf Funktionen: Branding,<br />
Beratung bei komplexen Produkten,<br />
Mobilisierung für die digitale Welt,<br />
persönliche Unterstützung vor Ort<br />
und Pflege der Kundenbeziehung.<br />
4. Innovative Methoden für die Transformation.<br />
Mit dem sogenannten<br />
Hot-House-Ansatz können Banken in<br />
ausgewählten Filialen innovative Konzepte<br />
entwickeln und deren Anwendbarkeit<br />
direkt testen. Für den anstehenden<br />
Transformationsprozess sind<br />
zudem der Einsatz agiler Methoden<br />
und ein breit angelegtes, konsequent<br />
gemanagtes Change-Management-<br />
Programm erforderlich.<br />
Kostenreduzierung<br />
um bis zu 50 Prozent möglich<br />
Werden die Hebel richtig angesetzt, kann<br />
der Anteil mobiler Kanäle an den Produktabschlüssen<br />
auf 30 bis 50 Prozent<br />
gesteigert werden. Die Kosten für Filialen<br />
und Callcenter wiederum lassen sich<br />
um 30 bis 50 Prozent senken. Auch wenn<br />
die Zahl der Filialen deutlich zurückgehen<br />
wird, bleiben sie ein integraler Bestandteil<br />
eines jeden Omnikanal-Konzepts.<br />
Sie tragen zur Kundenloyalität bei und<br />
erlauben es den Banken, sich sichtbar<br />
vom Wettbewerb abzuheben. Bain-Partner<br />
Dr. Dirk Vater, Co-Autor der Studie<br />
und Leiter der Praxisgruppe Banken im<br />
deutschsprachigen Raum, ist überzeugt:<br />
„Mit Mobile-Banking allein können Kreditinstitute<br />
im digitalen Zeitalter nicht<br />
gewinnen, mit intelligenten Omnikanal-<br />
Konzepten dagegen schon.“<br />
Autor: www.bain.de<br />
Quelle: © pab_map - Fotolia.com<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
11
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
Digitales CRM im Retail Banking erlaubt<br />
Umsatzwachstum von 40 Mrd. Euro<br />
Studie deckt brach liegende Potentiale<br />
bei Privatkundenbanken auf und zeigt,<br />
wie die Champions Customer Relationship Management<br />
(CRM) ertragssteigernd nutzen.<br />
„Europas Banken haben in den letzten<br />
zwei Jahrzehnten 20 Mrd. Euro in Technologien<br />
für Customer Relationship Management<br />
investiert, schöpfen deren Potentiale<br />
aber nicht aus. Würden sie, wie<br />
die Vorreiter, konsequent den Kunden in<br />
den Mittelpunkt rücken und die technologischen<br />
Möglichkeiten umfassend in ihr<br />
Geschäftsmodell integrieren, könnten sie<br />
insgesamt 30 bis 40 Mrd. Euro mehr Umsatz<br />
machen“, kommentiert Dr. Torsten<br />
Eistert, Partner bei A.T. Kearney die Studie<br />
der Managementberatung.<br />
In ihrer aktuellen Studie „Cultivating the<br />
Customer Relationship in Banking“ haben<br />
die Finanzexperten von A.T. Kearney die<br />
Auswirkungen von Customer Relationship<br />
Management auf die Umsatzentwicklung<br />
bei mehr als 100 Privatkundenbanken in<br />
Europa untersucht und qualitative Interviews<br />
mit einem Dutzend Vertreter führender<br />
CRM-Lösungsanbietern geführt. Das<br />
Ergebnis: Die meisten europäischen Retailbanken<br />
lassen die Wettbewerbsvorteile,<br />
die in einem datenbasierten Customer Relationship<br />
Management liegen, ungenutzt.<br />
Damit verspielen sie in Summe bis zu 40<br />
Mrd. Euro: 10 bis 14 Mrd. Euro können sie<br />
allein durch eine optimierte Preisbildung<br />
erzielen, 8 bis 11 Mrd. Euro durch Cross-<br />
Selling, hinzu kommen noch weitere Umsatzquellen<br />
durch Reduzierung von Kundenabwanderung,<br />
Neukundengewinnung<br />
z.B. via social media und Upselling.<br />
Was zeichnet Customer Relationship<br />
Management der Besten laut den Ergebnissen<br />
der Studie aus? Konzentrieren<br />
sich die Vorreiter auf Mitarbeiter,<br />
Daten oder auf beides?<br />
Die Studie zeigt, dass die erfolgreichsten<br />
Banken, die auf Kundenbindung durch Mitarbeiter<br />
setzen, zwar mit 1.000 bis 1.700<br />
Euro Umsatz pro Kunden ein Vielfaches<br />
des europäischen Durchschnitts erzielen,<br />
zugleich aber mit einem Mitarbeiter<br />
nur rund 400 Kunden abdecken können.<br />
Laufend steigende Personalkosten üben<br />
Druck auf dieses Geschäftsmodell aus.<br />
Nur wenige europäische Retailbanken<br />
(die deutsche ING Diba, mBank und Nationwide)<br />
decken eine breite Kundschaft<br />
mit nur wenigen Angestellten ab – 1.800<br />
bis 2.400 Kunden pro Mitarbeiter – und<br />
weisen deutlich niedrigere Cost-Income<br />
Ratios aus als der Wettbewerb.<br />
Diese Banken, die ihr CRM vor allem auf<br />
Digitalisierung und datengestützte Produkt-<br />
und Serviceangebote stützen, haben<br />
ein Geschäftsmodell, das sich leichter<br />
skalieren lässt als das der Wettbewerber –<br />
ihr Geschäftsmodell wächst also bei steigender<br />
Kundenzahl mit, ohne dass hohe<br />
neue Investitionen vonnöten wäre. So<br />
können sie ihre Konkurrenten in punkto<br />
Kosten und Profitabilität weit hinter sich<br />
lassen. Polens mBank zum Beispiel erzielt<br />
322.000 Euro Umsatz pro Mitarbeiter:<br />
263 Prozent mehr als der Durchschnitt<br />
des osteuropäischen Landes. Vor allem<br />
aber überzeugt die mBank ihre Kunden<br />
durch nutzerfreundliche Services, die zu<br />
ihren individuellen Bedürfnissen passen:<br />
12 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Quelle: © pixabay.com<br />
proaktiv angebotene kurzfristige Kleinkredite,<br />
wenn die Kunden beim Einkaufen<br />
höheren Finanzbedarf haben, oder location-based<br />
Couponing.<br />
Die Vorreiter zeigen, dass die Potentiale<br />
von CRM zur Kundengewinnung und<br />
-bindung nur dann vollends ausgeschöpft<br />
werden, wenn CRM organisationsweit zur<br />
Anwendung kommt und fester Bestandteil<br />
der Bankkultur und der täglichen Routine<br />
wird. Aus der Studie geht zugleich hervor,<br />
dass bei vielen Retailbanken Silodenken<br />
und dezentralisiertes Kundenmanagement<br />
die Prozesse bestimmen und sie mit<br />
historisch gewachsenen IT-Plattformen<br />
über die Komplexität multipler Systeme<br />
und individueller Schnittstellen stolpern,<br />
obwohl die Zukunft in offenen Architekturen<br />
und Schnittstellen liegt, die es erlauben,<br />
gezielt mit Ökosystempartnern<br />
(z.B. FinTechs) zusammenzuarbeiten.<br />
„Das Ergebnis der Studie“, so Achim Kaucic,<br />
Co-Autor der Studie, „ist umso überraschender,<br />
als europäische Retailbanken<br />
es sich nicht leisten können, Umsatzpotenziale<br />
zu verschenken“: Zwischen 2007<br />
und 2014 hätten sie inflationsbereini-<br />
gt mehr als 10 Prozent an Umsatz verloren<br />
Das entspreche einem Rückgang<br />
von jährlich zwei Prozent, während das<br />
Bruttoinlandsprodukt im europäischen<br />
Durchschnitt im gleichen Zeitraum real<br />
um 3,4 Prozent gewachsen sei. Die Institute<br />
seien, so ergänzt Eistert, durch den<br />
historischen niedrigen Zins, ein Marktumfeld,<br />
das den Wettbewerb anfache, und<br />
Geschäftsmodelle, die kaum Differenzierungsmöglichkeiten<br />
über klassische<br />
Bankprodukte böten, enorm unter Druck<br />
– der sich durch zunehmende Regulierung<br />
und Niedrigzinspolitik weiter verstärke.<br />
Digitales CRM böte die große Chance, sich<br />
jenseits der Kostenloskultur vom Wettbewerb<br />
abzusetzen: „Die Retailbanken<br />
brauchen offene IT-Architekturen und einen<br />
Kulturwandel weg vom Anbieter klassischer<br />
Produkte hin zu einem Lösungsanbieter<br />
mit überragenden Services. Der<br />
beste Weg: Sie tun sich mit neuen Partnern<br />
zusammen, um die digitalen Möglichkeiten<br />
auszuschöpfen. Arbeiten sie<br />
zum Beispiel mit den Fintechs zusammen<br />
statt gegen sie, können beide Seiten profitieren.“<br />
Autor: www.atkearney.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
13
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
A.T. Kearney:<br />
Kein Ende des Umbaus bei deutschen<br />
Privatkundenbanken in Sicht<br />
Aktuelles Ranking unter Europas Privatbankkunden<br />
zeigt einen leichten Aufschwung<br />
nach der Finanzkrise. Sorgen<br />
bereitet immer noch die Kostensituation:<br />
vor allem in Deutschland und Österreich.<br />
„Die Situation der europäischen Banken<br />
für Privatkunden entspannt sich langsam,<br />
wenngleich die meisten Institute, besonders<br />
die deutschen, ihre Ausgaben nicht<br />
in den Griff bekommen haben“ fasst Andreas<br />
Pratz, Leiter des A.T. Kearney Beratungsbereiches<br />
Financial Services in<br />
Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />
die Ergebnisse<br />
des aktuellen „Retail<br />
Banking Radar“<br />
zusammen:<br />
Mit einem leichten<br />
Ertragswachstum,<br />
kombiniert mit<br />
rückläufiger Risikovorsorge,<br />
konnten<br />
europäische Institute<br />
insgesamt ihre<br />
Gewinne steigern,<br />
hätten es aber<br />
nicht geschafft,<br />
ihre Kosten zu reduzieren.<br />
Besonders<br />
dramatisch, so<br />
Pratz: Deutschlands<br />
Banken hätten<br />
vor Österreich die<br />
zweitschlechteste<br />
Cost-Income Ratio – diese Kennziffer bemisst<br />
das Verhältnis zwischen Aufwand<br />
und Ertrag und gibt Auskunft über die Effizienz<br />
eines Instituts.<br />
Der seit 2007 jährlich erscheinende Retail<br />
Banking Radar der Mangementberatung<br />
untersucht die Performance europäischer<br />
Retailbanken und erlaubt damit<br />
einen umfassenden und einzigartigen<br />
Einblick in die Stärken und Schwächen<br />
der Privatkundenbanken und zeigt, wo<br />
sich deutsche Institute im europäischen<br />
Wettbewerb befinden. Für die aktuelle<br />
Studie wurden die Daten von fast 100<br />
Privatkundenbanken und Bankengruppen<br />
in 22 europäischen Ländern hinsichtlich<br />
der Kriterien Ertrag pro Kunde und Mitarbeiter,<br />
Gewinn pro Kunde, Cost-Income-<br />
Ratio und Kreditrisikovorsorgequote untersucht.<br />
Zum ersten Mal wurden in der<br />
Studie auch Champions unter den europäischen<br />
Privatkundenbanken identifiziert:<br />
jene Institute, die sich besonders<br />
deutlich bei Kosten, Ertrag und Digitalisierung<br />
vom Wettbewerb absetzen.<br />
Das Privatkundensegment<br />
ist seit der Finanzkrise,<br />
so die diesjährigen<br />
Ergebnisse,<br />
weiterhin stark unter<br />
Druck, befindet sich<br />
nun aber nachweisbar<br />
auf dem Weg der Erholung.<br />
Zwar stagniert<br />
wegen der historisch<br />
niedrigen Zinsen der<br />
durchschnittliche jährliche<br />
Ertrag pro Kunde<br />
(666 Euro) – doch<br />
konnte dies durch weitere<br />
Senkungen der<br />
Risikovorsorge (um<br />
32 Prozent) ausgeglichen<br />
werden, so dass<br />
ein deutliches Gewinnwachstum<br />
je Kunde zu verzeichnen ist<br />
(18 Prozent). Keine Verbesserung dagegen<br />
ist bei der Kostensituation zu vermerken,<br />
die sich sogar leicht verschlechtert<br />
(61 Prozent Cost-Income-Ratio).<br />
Die Studie zeigt starke Unterschiede<br />
zwischen den Regionen: Die skandinavischen<br />
Länder und die Schweiz verteidigen<br />
ihre Spitzenposition beim Ertrag<br />
pro Kunde – nicht nur dank ihrer stabilen<br />
Wirtschaft, sondern auch, weil sie<br />
14 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
die ausgeprägte digitale Affinität ihrer<br />
Kunden für sich zu nutzen wissen. Die<br />
südeuropäischen Banken haben kraft<br />
drastischer Kostenkürzungen, Abbau<br />
von Filialen und Digitalisierung von Geschäftsprozessen<br />
den Sprung zurück in<br />
die Gewinnzone geschafft. Die osteuropäischen<br />
Privatkundenbanken kämpfen<br />
dagegen weiterhin mit Risikovorsorge-<br />
Ausgaben auf hohem Niveau. In Westeuropa<br />
hat z. B. ein kleines Land wie die<br />
Niederlande, Deutschland und Frankreich<br />
überholt. Grund dafür ist die positive Ertragsentwicklung,<br />
deutlich gestiegener<br />
Ertrag je Mitarbeiter und verbesserter<br />
Cost-Income-Ratio. Österreich und<br />
Deutschland schneiden bei der Effizienz-<br />
Kennziffer Cost-Income-Ratio wiederum<br />
am schlechtesten ab.<br />
kann den Status Kosten-Champion für<br />
sich beanspruchen. Die italienische Intesa<br />
Sanpaolo, die schwedische Nordea und<br />
die spanische Bankia zeigen sich vorbildlich<br />
mit Kostenreduktion zwischen 11 und<br />
43 Prozent gegenüber 2010, die durch<br />
Filialbereinigung und Vereinfachung der<br />
gesamten Organisation erreicht wurde.<br />
Das Ergebnis der deutschen Retailbanken<br />
ist durchaus gemischt: Während die Ertragsentwicklung<br />
leicht positiv ist und die<br />
Risiken im europäischen Vergleich am<br />
stärksten minimiert haben, konnten sie<br />
beim Thema Effizienz keinen Fortschritt<br />
erzielen – mit der Konsequenz sinkender<br />
Gewinne (- 3 Prozent).<br />
Gleichzeitig sind zwei deutsche Direktbanken<br />
unter den Ertrags-Champions<br />
vertreten: Die ING-DiBa und die Deutsche<br />
Kreditbank konnten, wie auch die polnische<br />
mBank und die britische Nationwide,<br />
durchgängig im zweistelligen Bereich<br />
von 2010 bis 2015 wachsen. Diese Spitzenreiter<br />
haben sich in ihren Angeboten<br />
und Prozessen konsequent auf den Kundenbedarf<br />
konzentriert und sind Pioniere<br />
beim sogenannten „frictionless Banking“:<br />
Sie bieten nicht nur neue Services, sondern<br />
auch eklatant vereinfachte Abläufe<br />
z. B. für Kontoeröffnung oder Kreditantrag.<br />
Die ING in den Niederlanden oder die<br />
Commerzbank-Tochter mBank beweisen<br />
überdurchschnittliche Leistung bei der<br />
Digitalisierung. Keine deutsche Filialbank<br />
„Die deutschen Banken drohen im europäischen<br />
Wettbewerb zurückzufallen“,<br />
kommentiert Pratz, Co-Autor und Initiator<br />
der Studienreihe, das Abschneiden<br />
heimischer Institute: Der Abstand bei Effizienz<br />
vergrößere sich weiter, während<br />
Champions bei Wachstum, Kosten und<br />
digitaler Transformation die Geschwindigkeit<br />
erhöhten. „Wenn die Deutschen den<br />
europäischen Anschluss nicht verpassen<br />
wollen, müssen sie ihre Cost-Income-<br />
Ratio um 10 Prozentpunkte verbessern<br />
– das entspricht pro Kunde ca. 50 Euro<br />
mehr Ertrag oder weniger Kosten.“ Pratz<br />
schätzt, dass sich die Optimierung der<br />
Effizienz gleichermaßen aus Kostenreduktion<br />
wie auch aus Umsatzsteigerung<br />
schöpfen muss: „Neben Abbau der Filialen,<br />
Digitalisierung des Vertriebs und des<br />
Betriebs und Ausbau von frictionless banking<br />
werden die deutschen Institute auch<br />
ihre Preispolitik überdenken müssen:<br />
Gratiskonten sind ein Auslaufmodell.“<br />
Autor: www.atkearney.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
15
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
Zahlungsverkehr kostet Banken<br />
eine Milliarde Euro bis 2018<br />
Eine Milliarde Euro allein an Projektkosten<br />
für Personal kommen auf<br />
die rund 2.000 Kreditinstitute in<br />
Deutschland nur in den kommenden zwei<br />
bis drei Jahren zu – und nur im Bereich<br />
Zahlungsverkehr. Regularien wie SEPA,<br />
PSD II oder ein gesetzliches Basiskonto,<br />
aber auch neue Bezahlverfahren wie Instant<br />
Payments, paydirekt und Big Data<br />
sorgen bei deutschen Geldhäusern für<br />
diese Zusatzausgaben. Es gilt parallel an<br />
diversen Stellschrauben zu drehen. Das<br />
bedarf vieler Fachkräfte und damit zusätzlichem<br />
Geld. Das zeigt eine aktuelle<br />
Markteinschätzung der Unternehmensberatung<br />
PPI, für die vor dem Hintergrund<br />
langjähriger Projekterfahrung die relevanten<br />
Themen sowie die Kosten für die<br />
benötigten Manntage addiert wurden. Allein<br />
die Vereinheitlichung des Euro-Zahlungsverkehrs,<br />
kurz SEPA, war eine große<br />
Investition, die Banken bewältigen mussten.<br />
Seit dem 1. Februar <strong>2016</strong> sind alle<br />
Euro Überweisungen und Lastschriften<br />
vollständig auf das einheitliche System<br />
umgestellt. Nun folgt noch die analoge<br />
Umstellung für Nicht-Euro-Länder – ein<br />
Kostenaufwand in Höhe von etwa zwölf<br />
Millionen Euro für deutsche Geldhäuser.<br />
Das Update der SEPA-und SWIFT Regelwerke<br />
schlagen mit weiteren 15 Millionen<br />
Euro zu Buche. Noch weitaus massiver<br />
werden die Aufwände für die Erfüllung der<br />
PSD-II-Vorschriften. Die Zahlungsdiensterichtlinie<br />
verursacht nach Einschätzung<br />
der PPI-Experten 250 Millionen Euro allein<br />
für die Umsetzung. Insgesamt verursachen<br />
allein die aufgezählten Standardisierungen<br />
und Regulierungen Kosten in Höhe<br />
von 354 Millionen Euro.<br />
Neben den zwingend umzusetzenden Regularien<br />
beeinflussen aber auch 15 neue<br />
Zahlungsverkehrsprodukte und allgemeine<br />
Trends die Banken in den kommenden<br />
zwei bis drei Jahren. „Die Implementierung<br />
neuer Systeme und Aufrüstung bestehender<br />
Systeme im Rahmen von Big<br />
Data wird voraussichtlich allein 65 Millionen<br />
Euro an Personalkosten verbrauchen.<br />
Auch wenn es sich um keine regulatorische<br />
Vorgabe handelt, wird daran keine Bank<br />
vorbeikommen“, erklärt Dr. Hubertus von<br />
Poser, Partner und Zahlungsverkehrsexperte<br />
bei der Unternehmensberatung PPI.<br />
Berechnung einer Mammutaufgabe<br />
Er hat ausgerechnet, welche enormen<br />
Investitionen die deutschen Kreditinstitute<br />
bis 2018 allein im Zahlungsverkehr<br />
stemmen müssen. Für die Rechnung hat<br />
PPI alle Themen, die auf Banken in Sachen<br />
Zahlungsverkehr zukommen, in einer<br />
Themenlandkarte zusammengefasst.<br />
Dabei handelt es sich um Regularien und<br />
Gesetze wie die PSD II, die zwingend umzusetzen<br />
sind sowie um Trends und allgemeine<br />
Themen. Hochgerechnet auf den<br />
Gesamtmarkt ergeben sich für alle 33<br />
Themenfelder somit Kosten von rund einer<br />
Milliarde Euro. „Gravierend ist, dass<br />
den Kosten kaum zusätzliche Erträge gegenüberstehen“,<br />
sagt von Poser. Es handelt<br />
sich somit um weitere Kosten für die<br />
bereits in Effizienzprogrammen feststeckenden<br />
Banken.<br />
Begeisterung für den Zahlungsverkehr<br />
wecken<br />
Neben den Kosten müssen die Kreditinstitute<br />
auch den erhöhten Bedarf an Fachkräften<br />
stemmen. „Immer mehr Banken<br />
in Deutschland stellen fest, dass die Zahlungsverkehrsexperten<br />
in den eigenen<br />
Reihen ausgelastet sind und die Rekrutierung<br />
auf dem Arbeitsmarkt schwierig<br />
ist“, berichtet der PPI-Experte. Neben<br />
der Möglichkeit, externe Mitarbeiter auf<br />
Projektbasis zu beauftragen, kommt vor<br />
allem der internen Talentsuche eine große<br />
Bedeutung zu. „Aufgabe der Führungskräfte<br />
und Personaler ist es, die zentra-<br />
16 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
le strategische Relevanz und Attraktivität<br />
des Zahlungsverkehrs aufzuzeigen. Zahlungsverkehrsexperten<br />
müssen weg vom<br />
Nerd-Vorurteil“, sagt von Poser. Banken,<br />
denen dieser Schachzug gelingt, profitieren<br />
später von günstigeren Umsetzungskosten,<br />
weil sie nicht teuer einkaufen<br />
müssen. Auch für Mitarbeiter lohnt sich<br />
die Qualifikation zu langfristig gefragten<br />
Spezialisten.<br />
Autor: www.ppi.de<br />
Corporate-Banking-Index: Erträge<br />
mit Firmenkunden fallen auf tiefsten<br />
Stand seit 2009<br />
Profitabilität des Corporate-Banking in<br />
Deutschland sinkt im zweiten Halbjahr<br />
2015 deutlich. Zins- wie Provisionsüberschuss<br />
der Banken stehen unter<br />
Druck. Kreditmarge bewegt sich nahe historischen<br />
Tiefstständen. Verschärfte Regulierung<br />
führt zu weiter steigenden Verwaltungskosten.<br />
Nach einem traditionell<br />
stärkeren ersten Halbjahr 2015 und der<br />
damit verbundenen temporären Entspannung<br />
hat sich die Lage im Firmenkundengeschäft<br />
der deutschen Banken wieder<br />
verschärft. Der Bain-Corporate-Banking-<br />
Index fiel in den beiden Dimensionen Ertrag<br />
und Profitabilität in der zweiten Jahreshälfte<br />
2015 und liegt nun beim Ertrag<br />
nahe des Indexwerts der ersten sechs<br />
Monate des Jahres 2009, als die Banken<br />
weltweit mit den Folgen der Finanzkrise<br />
zu kämpfen hatten (Abbildung 1). Anders<br />
als noch im ersten Halbjahr 2015 konnten<br />
die Banken ihr schwaches Zinsergebnis bis<br />
zum Jahresende nicht mehr durch höhere<br />
Provisionseinnahmen kompensieren.<br />
Die Nachfrage nach Krediten ist seit 2011<br />
stabil, das Kreditvolumen liegt bei rund<br />
1 Billion Euro. Doch die durchschnittliche<br />
Kreditmarge schrumpft seitdem kontinuierlich:<br />
von 1,9 auf zuletzt 1,4 Prozent.<br />
Damit liegt sie nur noch 0,1 Prozentpunkte<br />
über den historischen Tiefstständen von<br />
2008. Dr. Jan-Alexander Huber, Partner<br />
bei Bain & Company und Corporate-Banking-Experte,<br />
weist auf erhebliche Unterschiede<br />
innerhalb der Branche hin: „Einzelne<br />
Institute erzielen mit Kernkunden<br />
im Kreditgeschäft weiterhin durchaus attraktive<br />
Renditen. Ihr effizienter und fokussierter<br />
Vertrieb zahlt sich hier sichtbar<br />
aus.“ Höhere Effizienz ist umso wichtiger,<br />
da die Verwaltungskosten im Firmenkundengeschäft<br />
unverändert steigen. Das<br />
liegt vor allem an der Anpassung der Tarifgehälter<br />
sowie der Umsetzung neuer regulatorischer<br />
Anforderungen. In der Folge<br />
steigt die Cost-Income-Ratio auf 43 Prozent<br />
und ist damit so hoch wie noch nie<br />
seit der Jahreswende 2008/2009.<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
17
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
Eigenkapitalrendite sinkt<br />
auf 14 Prozent vor Steuern<br />
Entlastet wurde das Ergebnis auch im<br />
zweiten Halbjahr 2015 durch eine Kreditrisikovorsorge<br />
weit unter dem langjährigen<br />
Durchschnitt. Die Banken profitieren nach<br />
wie vor von der robusten Konjunktur und<br />
den rückläufigen Firmeninsolvenzen. Das<br />
reicht allerdings nicht aus, um den Profitabilitätsverfall<br />
zu stoppen. Besonders<br />
augenscheinlich wird dieser bei der Eigenkapitalrendite<br />
vor Steuern: Mit 14 Prozent<br />
ist sie im zweiten Halbjahr 2015 auf<br />
das niedrigste Niveau seit Überwindung<br />
der Finanzkrise gesunken. „Die Banken<br />
kämpfen im Firmenkundengeschäft nicht<br />
nur mit schwindenden Erträgen und steigenden<br />
Kosten“, stellt Dr. Christian Graf<br />
fest, Principal bei Bain & Company und<br />
Co-Autor der Studie. „Sie müssen auch ihr<br />
Eigenkapital stärken, was die Rendite zusätzlich<br />
belastet.“<br />
Ertragssituation stabilisieren und<br />
neue Potenziale erschließen<br />
Die deutschen Banken durchlaufen derzeit<br />
eine weitere Runde von Kostensenkungen.<br />
Werden diese konsequent und<br />
nachhaltig umgesetzt, können sie die<br />
nötige Entlastung verschaffen. Mittelund<br />
langfristig aber müssen die Institute<br />
Wege finden, ihre Ertragssituation zu<br />
stabilisieren und neue Gewinnpotenziale<br />
zu erschließen. Mit einer konsequenten,<br />
vom Kunden her gedachten Digitalisierung<br />
kann es gelingen, sich vom Wettbewerb<br />
abzusetzen. „Corporate-Banking<br />
bleibt attraktiv“, so Bain-Partner Huber.<br />
„Dafür sprechen die immer noch zweistelligen<br />
Eigenkapitalrenditen. Doch nur<br />
mit neuen strategischen Ansätzen und<br />
höchster Effizienz können die Banken in<br />
diesem Markt auf Dauer bestehen.“<br />
Autor: www.bain.de<br />
18 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Die nächste Bankenkrise kommt<br />
bestimmt:<br />
Banken müssen Risiken vor Kreditvergabe<br />
umfassender analysieren<br />
Bankenkrisen laufen meistens nach<br />
dem gleichen Muster ab: Bei guter<br />
Konjunktur sind die Banken großzügig<br />
in ihrer Kreditvergabe. Folgt dann<br />
aber der wirtschaftliche Abschwung<br />
und Kredite geraten<br />
unter Druck, sind sie<br />
auf Zahlungsausfälle meist<br />
nicht ausreichend vorbereitet.<br />
Das passierte 2008<br />
durch die Subprime-Krise<br />
in den USA und während<br />
der europäischen Bankenkrise<br />
2010. Trotzdem wachsen<br />
die Kreditvolumina<br />
seit Jahren stärker als das<br />
Bruttoinlandsprodukt (BIP)<br />
oder bleiben auf hohem<br />
Niveau. So lag das Kreditvolumen<br />
deutscher Banken<br />
Ende 2015 bei 80,6 Prozent<br />
vom BIP gegenüber 81,8<br />
Prozent Ende 2014. Damit<br />
steigt auch das Ausfallrisiko,<br />
nicht zuletzt wegen der anhaltenden<br />
Niedrigzinspolitik in Europa und der Konsumfreude<br />
der Deutschen. Ein ähnliches<br />
Bild zeigt sich in den Emerging Markets:<br />
Dort wuchs der Anteil ausgegebener Kredite<br />
am BIP von 77 Prozent in 2007 auf<br />
128 Prozent im Jahr 2015. Entsprechend<br />
nahmen auch die Risiken zu.<br />
Um diesen Risiken besser zu begegnen,<br />
faule Kredite früh zu erkennen und so Zahlungsausfälle<br />
zu vermeiden sollten Banken<br />
ihre Kreditrisiken professioneller verwalten,<br />
sagen die Roland Berger-Experten in<br />
ihrer neuen Studie "Better safe than sorry<br />
– Mastering hidden risk in the loan portfolio".<br />
"Durch die großzügige Kreditvergabepolitik<br />
der vergangenen Jahre können<br />
Banken schnell wieder in unruhiges Fahrwasser<br />
kommen, sollte sich die Konjunktur<br />
eintrüben", erklärt Markus Strietzel, Partner<br />
von Roland Berger. "Außerdem kann<br />
noch niemand absehen, ob der Brexit Auswirkungen<br />
auf die Rückzahlung von Unternehmens-<br />
oder Immobilienkrediten haben<br />
wird." Einige Emerging Markets kämpfen<br />
heute schon mit Konjunkturproblemen<br />
oder schwachen Zukunftsaussichten. Ist<br />
die Rezession erst einmal in vollem Gange,<br />
sind Banken doppelt betroffen: Einerseits<br />
führt die rückläufige Kreditnachfrage<br />
zu sinkenden Zinseinnahmen und andererseits<br />
verlangen Kreditausfälle mehr Risikovorsorge<br />
und höhere Rückstellungen.<br />
Umfassende Analyse der Kreditportfolien<br />
nötig<br />
Kreditinstitute sollten sich daher frühzeitig<br />
auf diese Szenarien vorbereiten und<br />
eine umfassende Analyse ihrer gesamten<br />
Kreditengagements vornehmen. Denn ein<br />
tiefgreifendes Verständnis jedes einzelnen<br />
Kredits bietet große Vorteile: Neben der hö-<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
19
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
heren Transparenz in Bezug auf bestehende<br />
Risiken, können auch potenzielle Ausfallkandidaten<br />
früher identifiziert werden. Zudem<br />
helfen diese Informationen, Prozesse<br />
und Richtlinien weiterzuentwickeln und so<br />
mögliche Marktveränderungen besser zu<br />
antizipieren. "Kreditinstitute sollten auch<br />
nicht-finanzielle Indikatoren stärker unter<br />
die Lupe nehmen", rät Roland Berger-<br />
Partner Kai-Stefan Schober. "Umfangreiche<br />
Daten und Risikoprofile von Kunden haben<br />
die Banken ohnehin." Allerdings wurden<br />
Kreditrisiken bisher nur anhand einiger,<br />
meist vergangenheitsbezogener, Finanzindikatoren<br />
analysiert, anstatt alle verfügbaren<br />
Informationen einfließen zu lassen.<br />
"Die Folge sind Auswertungen, die nicht<br />
das tatsächliche Risikopotenzial widerspiegeln<br />
und zu falschen Entscheidungen bei<br />
der Kreditvergabe führen können", sagt<br />
Schober.<br />
Sechs Schritte für einen erfolgreichen<br />
Bewertungsprozess<br />
Für eine umfassende Bewertung von Kreditportfolien<br />
sind nach Ansicht der Experten<br />
von Roland Berger sechs Schritte erforderlich:<br />
1. Erstellung einer Liste von Risikoindikatoren:<br />
Kreditinstitute sollten hier<br />
auch zukunftsbezogene finanzielle und<br />
nicht-finanzielle Indikatoren sowie individuelle<br />
Verhaltensmuster von Kunden<br />
berücksichtigen. Hat ein Kunde in<br />
der Vergangenheit seine Kredite immer<br />
vollständig zurückgezahlt, ist davon<br />
auszugehen, dass dies auch in Zukunft<br />
der Fall sein wird.<br />
2. Abgleich der Liste: In der Datenbank<br />
vorhandene Risikodaten werden mit<br />
weiteren externen Informationen,<br />
etwa aus Unternehmensregistern oder<br />
Bonitätsdatenbanken, abgeglichen und<br />
fehlende Informationen ergänzt.<br />
3. Bewertung jedes einzelnen Risikoindikators<br />
unter Berücksichtigung von<br />
bank- und länderspezifischen Regularien,<br />
wie etwa unterschiedliche Steueroder<br />
Insolvenzgesetze.<br />
4. Quantitative Analyse: Die ausgewählten<br />
Risikoindikatoren müssen unter<br />
Berücksichtigung historischer Daten<br />
anhand von Kennzahlen wie beispielsweise<br />
Verzugstage bei Zinszahlungen<br />
analysiert werden.<br />
5. Automatisierung des Bewertungsprozesses:<br />
Mithilfe des eigenen IT-Systems<br />
sollte das Kreditinstitut die erhobenen<br />
Daten genau auswerten und so<br />
drohende Kreditausfälle schnell erkennen.<br />
6. Überprüfung von Prozessen und Systemen:<br />
Regelmäßige Tests sollten dabei<br />
helfen, Prozesse und Risikoindikatoren<br />
permanent zu aktualisieren.<br />
Die Überprüfung von Kreditportfolien ist<br />
für Banken sehr aufwändig und kann je<br />
nach den individuellen Voraussetzungen<br />
zwischen acht und zwölf Wochen dauern.<br />
"Doch der Aufwand lohnt sich, denn er<br />
ermöglicht den Banken, vor der Kreditvergabe<br />
genauer zu wissen, mit welchem<br />
Schuldner sie es zu tun haben", rät Markus<br />
Strietzel. "Spätestens wenn die nächste<br />
Bankenkrise droht, zahlt sich diese<br />
Mühe auf jeden Fall aus."<br />
Autor: www.rolandberger.com<br />
20 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Private Banking:<br />
Erträge der Vermögenden steigen,<br />
die der Banken nicht<br />
Die im Private Banking verwalteten<br />
Vermögen (Assets under Management,<br />
AuM) sind im vergangenen<br />
Jahr in Deutschland um 9% und in Europa<br />
insgesamt um 7% gestiegen. Dazu<br />
trug die positive Entwicklung an den Kapitalmärkten<br />
bei: In Deutschland kamen<br />
5 %-Punkte der Aufwärtsbewegung von<br />
Kursgewinnen, nur 4 %-Punkte durch<br />
zusätzlich angelegte Kundengelder (Nettomittelzuflüsse).<br />
In Europa stammten 3<br />
%-Punkte der insgesamt 7% aus Kursgewinnen<br />
und 4 %-Punkte aus Mittelzuflüssen.<br />
Dies sind Ergebnisse aus dem neuen<br />
Private Banking Survey von McKinsey &<br />
Company. Die Unternehmensberatung befragte<br />
dafür fast 200 Banken in Europa,<br />
Nordamerika, Asien, Lateinamerika und<br />
dem Mittleren Osten.<br />
Die deutschen Anleger erzielten im Vergleich<br />
zu den Kunden im restlichen Europa<br />
höhere Erträge, da sie mehr Mut zum Risiko<br />
zeigten. 33% der AuM stecken hierzulande<br />
in Aktien gegenüber 29% in Europa;<br />
die Barbestände sind gleichzeitig mit 26<br />
statt 31% Anteil in Deutschland geringer.<br />
Ein Fünftel der verwalteten Vermögen in<br />
Deutschland sind in festverzinsliche Papiere<br />
angelegt. „Angesichts schrumpfender<br />
Umsatzmargen müssen die Banken Antworten<br />
auf die verschärfte Regulierung, die<br />
Digitalisierung und die steigenden Ansprüche<br />
der Kunden finden“, sagte McKinsey-<br />
Seniorpartner Philipp Koch als Co-Autor zur<br />
Vorstellung der Analyse. Die Umsatzmarge<br />
der deutschen Anbieter ist im vergangenen<br />
Jahr von 70 auf 68 Basispunkte (0,68 Prozent<br />
des verwalteten Vermögens) gefallen.<br />
Die Gewinnmarge stagnierte hierzulande<br />
bei 17 Basispunkten, während sie im europäischen<br />
Schnitt 26 Basispunkte erreicht.<br />
Koch: „Europaweit sind die absoluten Erträge<br />
der Institute im Private Banking seit<br />
sechs Jahren jeweils gestiegen und erreichen<br />
jetzt wieder das Vorkrisenniveau von<br />
2007.“<br />
Tiefgreifende<br />
absehbar<br />
Marktveränderungen<br />
Dass die Volumina im Private Banking<br />
auch in den kommenden Jahren kontinuierlich<br />
steigen, ist keineswegs ausgemacht.<br />
Im Gegenteil: „Den Anbietern<br />
bleibt nicht viel Zeit, sich auf die schon<br />
heute absehbaren Veränderungen einzustellen“,<br />
so Experte Philipp Koch. Er<br />
nennt vier entscheidende Trends: Kunden<br />
nehmen die Vermögensverwaltung<br />
zunehmend selbst in die Hand. „Gebühren<br />
und Kosten sind heute transparenter<br />
denn je, daher sollten die Banken ihr<br />
Wertversprechen sehr klar machen können<br />
und sich vom Markt differenzieren“,<br />
so Koch.<br />
Kunden setzen mehr auf digitale Angebote.<br />
Auch im gehobenen Segment sind<br />
Online- und Multichannel-Angebote salonfähig<br />
geworden; die Anbieter müssen<br />
ansprechende Konzepte hierfür bereithalten.<br />
Die Kosten bleiben unter Druck. Regulatorische<br />
Vorschriften, Wettbewerb und<br />
steigende Kundenansprüche erzwingen<br />
eine schlanke und agile Struktur. Koch:<br />
„Die Kostenbasis weiter zu verschmälern,<br />
gehört zu den wichtigsten Themen<br />
der Branche.“<br />
Private Banking erfordert neue Talente.<br />
Anspruchsvollere und digitalaffine Kunden<br />
auf der einen Seite, neue Formate<br />
und Produkte auf der anderen – das verändert<br />
auch die Rollen der Mitarbeiter<br />
im Private Banking. „Die richtigen Mitarbeiter<br />
für das Banking von morgen zu<br />
gewinnen, gehört zu den Kernaufgaben<br />
des Topmanagements“, berichtet Koch.<br />
Weltweit ist eine Verschiebung der Gewichte<br />
im Private Banking zu beobachten.<br />
Das Vermögen der wohlhabenden<br />
Kundenschicht (high net worth, HNW)<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
21
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
ist in den vergangenen fünf Jahren um<br />
40% auf zuletzt umgerechnet 53 Billionen<br />
Euro gestiegen. Dabei sind aber<br />
deutliche Unterschiede im Wachstum zu<br />
verzeichnen: Ein Drittel des Zuwachses<br />
stammt aus Asien. Dort stieg das Vermögen<br />
um 13,4% jährlich im Vergleich<br />
zu 5,8% in Nordamerika und nur 2,8%<br />
in Westeuropa.<br />
Autor: www.mckinsey.de<br />
Bankkunden fordern digitalen Service<br />
Immer mehr Bankkunden wünschen<br />
sich ein komplett digitalisiertes und<br />
auf ihre individuellen Bedürfnisse<br />
zugeschnittenes Angebot ihrer Bank. Wie<br />
die Umfrage „Privatkundengeschäft der<br />
Zukunft“ der Wirtschaftsprüfungs- und<br />
Beratungsgesellschaft PwC ergab, stehen<br />
für die Mehrzahl der deutschen Kunden der<br />
persönliche Bankberater (77 Prozent), individuelle<br />
Beratung (68 Prozent), ein rund<br />
um die Uhr erreichbarer Kundenservice<br />
(66 Prozent), Mobile Banking-Angebote<br />
(59 Prozent) und sichere Finanz-Apps (52<br />
Prozent), etwa zur Verwaltung von Bankkonten,<br />
ganz oben auf der Prioritätenliste.<br />
Die Banken sind indes stark auf ihren Produktvertrieb<br />
fokussiert. Die Hälfte der Befragten<br />
erklärte, ihre Bank melde sich nur,<br />
wenn sie ein Produkt – und dabei häufig<br />
ihr eigenes – verkaufen will. Rund 44 Prozent<br />
besuchen keine Bankfiliale mehr. Lediglich<br />
19 Prozent sagten, ihre Bank weise<br />
sie regelmäßig auf günstige Angebote von<br />
anderen Instituten hin. Dabei interessieren<br />
sich 44 Prozent der Befragten durchaus<br />
für Angebote von Wettbewerbern –<br />
gut 57 Prozent wären sogar bereit, dafür<br />
etwas zu zahlen. An der repräsentativen<br />
Online-Befragung nahmen 1.048 Bundesbürger,<br />
die älter als 18 Jahre sind, teil.<br />
Hohe Bereitschaft zur Datenanalyse<br />
für individuellen Service<br />
Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung<br />
wird Mobile Banking immer beliebter.<br />
Gut ein Drittel der Deutschen erledigt Bankgeschäfte<br />
bereits über Smartphone, Tablet<br />
oder Smartwatch, ein weiteres Viertel würde<br />
es gerne ausprobieren. Darüber hinaus<br />
sind knapp 60 Prozent der Befragten mit<br />
einer Analyse ihrer persönlichen Daten einverstanden,<br />
um individuelle Angebote zu<br />
erhalten. Knapp 40 Prozent würden ihrer<br />
Bank sogar für eine umfassende Finanzberatung<br />
ihr gesamtes Vermögen offenlegen.<br />
Rund ein Drittel von ihnen würde ihrer<br />
Bank auch nicht-finanzielle Daten etwa<br />
über Beruf, Hobbys oder persönliche Ziele<br />
zur Verfügung stellen. „Die überwältigende<br />
Mehrheit der Bankkunden vertraut ihrer<br />
Bank. Die Bereitschaft, persönliche Daten<br />
offenzulegen, ist durchaus vorhanden. Die<br />
Banken sollten viel stärker in den Dialog<br />
22 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
mit ihren Kunden treten, um deren Produkt-<br />
und Servicewünsche herauszufinden.<br />
Eine fortschrittliche Datenanalyse kann dabei<br />
immens helfen“, sagt Dr. Holger Kern,<br />
Partner bei PwC und Bankenexperte. Als<br />
wichtigste Funktion einer Banking-App<br />
nennen 76 Prozent der Befragten Tipps<br />
zum Steuersparen. Etwa 70 Prozent der<br />
Umfrageteilnehmer erwarten von Finanz-<br />
Apps außerdem Geldspartipps wie aktuelle<br />
Rabattangebote und Hilfe beim Erreichen<br />
der eigenen Sparziele. „Die Banken sollten<br />
sich auf ihr Kerngeschäft fokussieren und<br />
innovative digitale Serviceleistungen entwickeln,<br />
statt Produkte und Services anzubieten,<br />
die nicht zum Kunden passen.<br />
Eine ‚Kaffee-App‘ benötigt der Kunde nicht<br />
von seiner Bank“, erläutert Daniel Wildhirt,<br />
Bankenexperte bei PwC, der die Befragung<br />
federführend begleitet hat.<br />
Robo Advice wird kein Selbstläufer<br />
Digitale Innovationen wie Robo Advice<br />
können im Privatkundengeschäft bald<br />
eine zunehmend wichtige Rolle spielen.<br />
Zwar haben bislang lediglich vier Prozent<br />
einen Robo Advisor ausprobiert, gut<br />
zwölf Prozent möchten dies aber in den<br />
nächsten Monaten tun. Rund 45 Prozent<br />
nennen eingesparte Beratungsgebühren<br />
als Grund, sich automatisiert online beraten<br />
zu lassen, und ein Drittel der Befragten<br />
wünscht sich, dass ihre Bank<br />
Robo Advice einführt – auch in Kooperation<br />
mit einem anderen Anbieter. Rund 32<br />
Prozent der Befragten würden den Empfehlungen<br />
eines Robo Advisors eher vertrauen<br />
als denen eines Anlageberaters,<br />
da diese auf mathematischen Berechnungen<br />
basieren. „Der Kunde wünscht<br />
sich günstige, rentable und leicht verständliche<br />
Anlageprodukte. Daher wird<br />
der Trend weiter hin zur automatisierten<br />
Anlageberatung gehen. Jedoch wird<br />
Robo Advice kein Selbstläufer: Banken<br />
sollten den Kunden diese Ergänzung zur<br />
Beratung aktiv anbieten und erklären“,<br />
empfiehlt Wildhirt.<br />
Autor: www.pwc.de<br />
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Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
23
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
Stresstest <strong>2016</strong>: EZB erhöht den Druck<br />
auf Bankengeschäftsmodelle -<br />
Europäischen Banken drohen im<br />
Stressfall Kapitallücken<br />
von bis zu 20 Mrd. Euro<br />
Bis zu neun der 51 untersuchten Banken müssten sich<br />
voraussichtlich zusätzliches Kapital beschaffen /<br />
Auch deutsche Banken leiden unter fallenden<br />
Nettozinserträgen bei steigenden Risiken und<br />
regulatorischem Druck<br />
Am 29. Juli hat die European Banking<br />
Authority (EBA) die Ergebnisse des<br />
aktuellen Bankenstresstests veröffentlicht,<br />
in dem 51 der größten europäischen<br />
Banken - davon neun aus Deutschland<br />
- auf ihre Widerstandfähigkeit bei<br />
nachteiligen ökonomischen Bedingungen<br />
wie einer substantiellen Konjunkturabkühlung<br />
oder deutlich sinkenden Immobilienpreisen<br />
getestet wurden. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass Banken unter solchen Stressbedingungen<br />
damit rechnen müssen, im<br />
Schnitt 30% ihres Kapitals im adversen<br />
Szenario zu verlieren. Dadurch fällt die<br />
durchschnittliche harte Kernkapitalquote<br />
(CET1 Ratio) von 14,8% auf 9,5%. Anders<br />
als bei früheren Stresstests haben sich<br />
die Europäische Zentralbank (EZB) und<br />
die EBA jedoch dafür entschieden, keine<br />
allgemeine Mindestkapitalquote vorzugeben.<br />
Stattdessen werden die Ergebnisse<br />
vom Bankenaufseher für den jährlichen<br />
Beurteilungsprozess verwendet, um den<br />
individuell angemessenen Kapitalbedarf<br />
je Bank zu ermitteln. Dr. Philipp Wackerbeck,<br />
Leiter der Financial Services Practice<br />
bei Strategy&, der Strategieberatung von<br />
PwC, erklärt zu den heute veröffentlichten<br />
Ergebnissen und deren Auswirkungen<br />
für Finanzinstitute: "Unsere Analyse der<br />
Stresstestergebnisse deutet darauf hin,<br />
dass sich voraussichtlich bis zu neun von<br />
51 Banken zusätzliches Kapital beschaffen<br />
müssen. Auf europaweit aggregierter Basis<br />
kann bei Eintreten des adversen Szenarios<br />
ein Kapitalbedarf von 16 bis 20 Mrd. Euro<br />
auftreten. Das entspricht einem notwendigen<br />
Anstieg der aktuellen Kapitalausstattung<br />
um ca. 1%." Eine interessante<br />
Beobachtung ist, dass die Ergebnisse der<br />
beteiligten Länder durchaus vergleichbar<br />
sind und es keine Konzentration in Südeuropa<br />
gibt. Italienische Banken haben<br />
beispielsweise im Durchschnitt besser abgeschnitten<br />
als erwartet. Da die Rendite<br />
der europäischen Banken 2015 mit 6,5%<br />
signifikant unter dem Vorkrisenniveau von<br />
15 bis 20% bleibt, ist zu erwarten, dass<br />
die Kapitalmärkte den betroffenen Banken<br />
nur zögerlich zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten<br />
anbieten werden. Das impliziert,<br />
dass höchstwahrscheinlich die bestehenden<br />
Eigenkapitalgeber die Last der<br />
Rekapitalisierung tragen müssen.<br />
Eigenkapitalausstattung<br />
nicht ausreichend<br />
Mit einem durchschnittlichen Rückgang der<br />
harten Kernkapitalquote unter negativen<br />
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen um<br />
3,8 Prozentpunkte ist die Auswirkung des<br />
aktuellen Stresstests noch einmal höher<br />
als der Rückgang um 3,3 Prozentpunkte<br />
in 2014. Trotz der daraufhin veranlassten<br />
Stärkung der Kapitalausstattung der Banken,<br />
die über die letzten Jahre in einem<br />
Anstieg der harten Kernkapitalquote von<br />
24 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
11,1% in 2014 auf 13,2% in <strong>2016</strong> resultierte,<br />
wird die bei Eintreten des adversen<br />
Szenarios zu erwartende Kapitallücke mit<br />
16 bis 20 Mrd. Euro signifikant höher ausfallen<br />
als 2014. Damals mussten Banken<br />
lediglich 4,7 Mrd. Euro zusätzliches Kapital<br />
aufnehmen. Erwartungsgemäß stellen<br />
Verluste aus Kreditrisiken, die aus Kreditausfällen<br />
und fallenden Bewertungen<br />
von Sicherheiten bei schwierigen ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen resultieren,<br />
den größten Treiber bei den Kapitalauswirkungen<br />
für Banken dar. Die Verluste aus<br />
Kreditrisiken belaufen sich <strong>2016</strong> jedoch<br />
auf ähnliche Werte wie beim vorherigen<br />
Stresstest. Daraus lässt sich ableiten,<br />
dass Banken ihr Risikoprofil im Kreditgeschäft<br />
nicht wesentlich verändert haben.<br />
Tatsächlich ist der durchschnittliche Anteil<br />
notleidender Kredite am gesamten Kreditvolumen<br />
seit dem letzten Stresstest<br />
bei europäischen Banken sogar von 4,8%<br />
auf 4,1% gesunken. Hierbei bilden italienische<br />
Banken die Ausnahme, da diese<br />
immer noch mit der Reduktion ihrer enormen<br />
Anzahl notleidender Kredite in den<br />
Bankbilanzen zu kämpfen haben.<br />
Fallende Nettozinserträge<br />
bei steigenden Marktrisiken<br />
und regulatorischem Druck<br />
"Nach unserer Analyse stammen die erhöhten<br />
Auswirkungen unter Stressbedingungen<br />
neben den Verlusten aus Kreditrisiken<br />
auch von einem sich verschärfenden<br />
Rückgang der Nettozinserträge, einem<br />
stärkeren Einfluss von Marktrisiken sowie<br />
einer fortschreitenden Einführung der<br />
Basel-III-Regularien. Dies spiegelt weitestgehend<br />
die Durchsetzung einer stringenteren<br />
und konservativeren Methodik<br />
für diese Elemente durch die europäischen<br />
Aufseher im diesjährigen Stresstest wider",<br />
sagt Burkhard Eckes, Leiter Banking<br />
& Capital Markets bei PwC. "Auch Banken<br />
in Irland und Spanien haben die Basel-<br />
III-Anforderungen noch nicht ausreichend<br />
in ihren Kapitalpositionen reflektiert, was<br />
zum Teil zu deutlichen Kapitalrückgängen<br />
im Stresstest führt." Die Finanzkrise hat<br />
das Geschäftsumfeld für Banken grundlegend<br />
verändert und stellt noch immer<br />
eine fundamentale strategische Herausforderung<br />
für traditionelle, bilanzintensive<br />
Bankengeschäftsmodelle dar, die stark<br />
von Nettozinserträgen abhängig sind. Angesichts<br />
des aktuellen Niedrigzinsumfelds<br />
und des daraus resultierenden hohen<br />
Drucks auf Nettozinsmargen sind Banken<br />
gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zu<br />
überdenken und andere Ertragsquellen zu<br />
erschließen. Dies wird auch in den Stresstestergebnissen<br />
zum Nettozinsertrag<br />
deutlich, die im Durchschnitt mit einem<br />
Einbruch um 6% im Baseline-Szenario<br />
und um 17% im adversen Szenario einen<br />
signifikanten Anstieg der Auswirkung im<br />
Vergleich zu 2014 aufzeigen.<br />
Regulatorischer Druck auf Banken steigt<br />
Laut Wackerbeck enthalten diese Ergebnisse<br />
eine klare Nachricht: "Mit dem<br />
diesjährigen Stresstest erhöhen die europäischen<br />
Aufseher den Druck auf die Banken,<br />
sich zu reformieren. Wir beobachten<br />
in Italien Banken mit einem hohen Anteil<br />
notleidender Kredite in den Bilanzen oder<br />
in Irland und Spanien Geldhäuser mit Ka-<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
25
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
pitalelementen, die durch Basel III gerade<br />
stufenweise außer Kraft gesetzt werden.<br />
Gleichzeitig erwirtschaften diese Banken<br />
jedoch nur geringe, nichtnachhaltige<br />
Überschüsse - Letzteres gilt insbesondere<br />
auch in Deutschland. Zusätzliches Kapital<br />
aufzunehmen ist schlussendlich aber<br />
nicht ausreichend, um die strukturellen<br />
Probleme der Branche zu lösen, da dieser<br />
Schritt die Kapitalkosten steigert, ohne<br />
zu höheren Einnahmen oder Wachstumsraten<br />
zu führen." Jenseits der Kapitalanforderungen<br />
unterstreicht der Stresstest,<br />
dass Banken ihre Strategie mit Blick auf<br />
das aktuelle ökonomische und regulatorische<br />
Umfeld sowie die zunehmende Konkurrenz<br />
durch Start-ups aus dem FinTech-<br />
Bereich neu bewerten müssen. Banken<br />
sollten ihre Geschäftsmodelle daher konsequent<br />
weiterentwickeln und gezielt in<br />
Innovationen, Produktion und Marketing<br />
investieren, um die Chancen der Digitalisierung<br />
zur Transformation des bisherigen<br />
Geschäftsmodells zu nutzen. Sie sollten<br />
sich darauf fokussieren, ihre Erträge zu<br />
verbessern und gleichzeitig ihre Abhängigkeit<br />
von Zinserträgen zu reduzieren.<br />
Damit würde auch die Widerstandsfähigkeit<br />
gegenüber Stressbedingungen erhöht.<br />
"Reine Kostensenkungsprogramme<br />
reichen wohl nicht aus, um den im Stresstest<br />
zu Tage getretenen strategischen Herausforderungen<br />
zu begegnen. Die europäische<br />
Bankenindustrie muss vielmehr<br />
ihre gesamte Wertschöpfungskette hinterfragen<br />
und wo nötig neu ausrichten.<br />
Wenn die Banken diesen steinigen Weg<br />
nicht konsequent weiter beschreiten, wird<br />
der nächste Stresstest deutlich schlechter<br />
ausfallen", so das Fazit von Wackerbeck.<br />
Autor: www.pwc.de<br />
Studie: So digital sind Banken<br />
im Firmenkundengeschäft<br />
43 Prozent der Institute haben keine Digitalkanäle<br />
abseits von E-Mail<br />
Für 64 Prozent der Unternehmen in<br />
Deutschland gehören moderne Kommunikations-<br />
und Vertriebswege zu<br />
den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl<br />
von Dienstleistern. In der Geschäftsbeziehung<br />
mit ihrer Hausbank müssen die Firmen<br />
bisher jedoch Abstriche machen. Ein<br />
sehr gutes Digitalangebot bescheinigt aktuell<br />
weniger als jede zehnte Firma ihrer<br />
Hausbank. Der Grund: Bisher bietet nur<br />
etwas mehr als jedes zweite Institut ihren<br />
Firmenkunden Services über digitale Kanäle<br />
abseits von E-Mail an (57 Prozent).<br />
Eine App hat gerade einmal eine von fünf<br />
Banken im Programm, Videotelefonie weniger<br />
als jede zehnte. Dies sind Ergebnisse<br />
der Studie "Geschäftsbeziehungen<br />
von Firmenkunden zu Banken" der Unternehmensberatung<br />
Kampmann, Berg &<br />
Partner. Für die Studie befragte das Institut<br />
Forsa 200 Geschäftsführer, Vorstände<br />
und Entscheider aus mittelständischen<br />
Unternehmen. Deutsche Firmen treiben<br />
derzeit die Digitalisierung ihres Geschäfts<br />
voran. Der Vertrieb läuft in 46 Prozent der<br />
Unternehmen bereits überwiegend digital<br />
26 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
ab, der Kundenservice in 38 Prozent der<br />
Betriebe. Doch nicht nur im eigenen Haus<br />
haben Unternehmen die Bedeutung der<br />
Digitalisierung erkannt: Fast zwei Drittel<br />
der Firmen achten bei der Wahl ihrer<br />
Dienstleister darauf, ob dieser moderne<br />
Kommunikations- und Vertriebswege anbietet.<br />
Bei großen Unternehmen mit 100<br />
bis 250 Millionen Euro Umsatz legen neun<br />
von zehn auf diesen Aspekt wert.<br />
Kein Anschluss unter diesem<br />
Digitalkanal<br />
Ein sehr gutes Digitalangebot bescheinigt<br />
aktuell jedoch weniger als jede zehnte<br />
Firma ihrer Hausbank. Digitale Services<br />
für Firmenkunden sind abseits von E-Mail<br />
bei 43 Prozent der Banken Fehlanzeige.<br />
Selbst über ein Kontaktformular im Online-Banking-Bereich,<br />
seit Jahren Standard<br />
im Privat-kundengeschäft, kann weniger<br />
als jedes zweite Unternehmen ihre<br />
Bank erreichen (43 Prozent). Eine App für<br />
die mobile Kommunikation<br />
bietet gerade einmal jede<br />
fünfte Bank an (19 Prozent),<br />
Chatfunktionen sind ähnlich<br />
rar gesät (17 Prozent).<br />
Über soziale Medien ist nur<br />
jede zehnte Bank für ihre<br />
Geschäftskunden erreichbar<br />
- und auch die viel beworbene<br />
Videoberatung ist mit<br />
sechs Prozent Verbreitung<br />
alles andere als ein etablierter<br />
Kanal. Nach Banktyp differenziert<br />
zeigt sich: Kunden<br />
von Großbanken haben in<br />
Bezug auf das Digitalangebot<br />
besonders hohe Ansprüche,<br />
die aus ihrer Sicht von<br />
den Instituten noch nicht<br />
erfüllt werden. So hat beispielsweise weniger<br />
als jeder zehnte Privatbankkunde<br />
bisher eine Service-App von seiner Hausbank<br />
registriert. Bei den Kunden von Genossenschaftsbanken<br />
gibt jeder Dritte an,<br />
von einer solchen App zu wissen. Überdurchschnittlich<br />
hohe Werte zeigen die<br />
genossenschaftlichen Banken auch beim<br />
Chat (13% im Vergleich zu 6% bei Privatbanken),<br />
Social Media Kanälen (15% zu<br />
9%) und sogar beim klassischen Kontaktformular<br />
(50% zu 41%). "Anwendungen,<br />
die Kunden von genossenschaftlichen<br />
Banken als innovativ wahrnehmen, sind<br />
für Kunden von Großbanken oft nicht mehr<br />
als Standard", sagt Dr. Marc Jochims, Executive<br />
Partner der Unternehmensberatung<br />
Kampmann, Berg & Partner.<br />
Onlinekontakt als wichtiges<br />
Ergänzungsangebot<br />
"Banken mit ausgefeilten digitalen Serviceangeboten<br />
sind ihrer Zeit ein Stück<br />
weit voraus", so Jochims weiter. "Bei<br />
freier Wahl bevorzugen die meisten Entscheider<br />
für Servicefragen noch die klassischen<br />
Kanäle - Telefon, E-Mail und persönlichen<br />
Kontakt, wie die Studie zeigt."<br />
Demnach ist für eine große Mehrheit das<br />
Telefon Kontaktmittel Nummer Eins. E-<br />
Mail und persönlicher Kontakt sind mit<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
27
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />
20 beziehungsweise 19 Prozent gleichauf.<br />
Ein Kontaktformular nutzt nur einer von<br />
100 Geschäftskunden, wenn er die Wahl<br />
hat. Jochims begründet diese Zurückhaltung<br />
mit den hohen Ansprüchen, die Geschäftskunden<br />
an Bankdienstleistungen<br />
haben. Sicherheit und individuelle Betreuung<br />
seien dabei das A und O, wie auch die<br />
Studie zeigt. Als Ergänzungsangebot sind<br />
die digitalen Kontaktmöglichkeiten dem<br />
Experten zufolge für Banken aber wichtig,<br />
um vor allem junge Entscheider sowie<br />
Dienstleistungsunternehmen von der<br />
Zukunftsfähigkeit zu überzeugen. Diese<br />
Zielgruppen zeigen sich besonders aufgeschlossen<br />
gegenüber digitalen Kommunikationswegen.<br />
Hier äußerten überdurchschnittlich<br />
viele Teilnehmer in der Studie<br />
den expliziten Wunsch, ihre Hausbank<br />
möge sowohl für Servicefragen als auch<br />
für die Abwicklung von Bankgeschäften<br />
weitere Kommunikationskanäle zur Verfügung<br />
stellen, die sie aktuell noch nicht<br />
bietet. "Beim Aufbau digitaler Servicekanäle<br />
geht Qualität vor Quantität", so Firmenkundenexperte<br />
Jochims von Kampmann,<br />
Berg und Partner. "Besonderes<br />
Augenmerk sollte auf Datenschutzaspekte<br />
und individuelle Betreuung gelegt werden,<br />
so werden digitale Services zum Kontaktangebot<br />
mit echtem Mehrwert."<br />
Autor: www.kampmann-berg.de.<br />
BaFin plant Verbot des Retailvertriebs<br />
von Bonitätsanleihen<br />
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beabsichtigt aus Gründen des<br />
Anlegerschutzes, die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Bonitätsanleihen an<br />
Privatkunden zu verbieten. Dazu hat sie die beabsichtigte Allgemeinverfügung im Entwurf<br />
veröffentlicht. Bis zum 2. September <strong>2016</strong> besteht Gelegenheit, dazu schriftlich Stellung<br />
zu nehmen.<br />
Die BaFin plant, den Retailvertrieb<br />
von Zertifikaten zu verbieten, die<br />
sich auf Bonitätsrisiken von Referenzunternehmen<br />
beziehen. „Strukturierte<br />
Produkte, die sich auf Kreditrisiken<br />
beziehen, können für institutionelle Investoren<br />
eine sinnvolle Anlagealternative<br />
sein. In die Hände von Privatkunden gehören<br />
sie aus unserer Sicht aber nicht“,<br />
begründet Exekutivdirektorin Elisabeth<br />
Roegele den Schritt der Aufsicht. „Uns ist<br />
bewusst, dass wir die Zertifikateindustrie<br />
damit vor Herausforderungen stellen“,<br />
sagt Roegele. „Aber gerade weil der Zertifikatemarkt<br />
bei uns in Deutschland einen<br />
hohen Stellenwert hat, dessen Ruf und<br />
Glaubwürdigkeit von zentraler Bedeutung<br />
sind, müssen wir bei einzelnen Produkten<br />
intervenieren.“ Die BaFin habe bei den Bonitätsanleihen<br />
vor allem wegen der hohen<br />
Produktkomplexität erhebliche Bedenken<br />
für den Anlegerschutz. Bei Bonitätsanleihen<br />
sind Kreditrisiken von Referenzunternehmen<br />
ausschlaggebend für Verzinsung<br />
und Rückzahlung des investierten Geldbetrags.<br />
Von besonderer Relevanz ist da-<br />
28 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
bei, ob ein Kreditereignis in Bezug auf die<br />
zugrundeliegende Referenzverbindlichkeit<br />
eintreten wird. Privatkunden können<br />
dies in der Regel nicht bewerten. Für sie<br />
ist nicht erkennbar, wie groß die Wahrscheinlichkeit<br />
für die Rückzahlung des<br />
Anlagebetrags ist und ob die Übernahme<br />
des Kreditrisikos durch die Höhe des Zinsversprechens<br />
adäquat vergütet wird. Als<br />
problematisch sieht die BaFin auch das<br />
in der Produktstruktur angelegte Risiko<br />
eines Interessenkonflikts an. Emittenten<br />
sind einerseits Produzenten der Bonitätsanleihen,<br />
die an Privatkunden abgesetzt<br />
werden. Andererseits unterhalten sie aber<br />
auch Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmen,<br />
deren Bonitätsrisiken sie in<br />
ihren Produkten zugrunde legen, und treten<br />
etwa selbst als Kreditgeber auf. Die<br />
gängigen Vertragsbedingungen für Bonitätsanleihen<br />
räumen den Emittenten<br />
in diesem Zusammenhang erheblichen<br />
Spielraum ein. Anlegerschutzbedenken<br />
bestehen aber auch darin, dass bereits die<br />
Produktbezeichnung „Bonitätsanleihe“ irreführend<br />
ist. Anders als der Name nahelegt,<br />
handelt es sich dabei nicht um Anleihen<br />
im klassischen Sinne. Der Anleger ist<br />
bei wirtschaftlicher Betrachtung nämlich<br />
gerade nicht (Anleihe-) Darlehensgeber,<br />
sondern übernimmt vielmehr eine ähnliche<br />
Rolle wie ein Versicherungsgeber und<br />
damit das Risiko des Kreditereignisses.<br />
Diese „Rollenverwirrung“ lässt Bonitätsanleihen<br />
bei Privatanlegern fälschlicherweise<br />
als Zinspapiere erscheinen.<br />
Die BaFin hatte in den letzten Monaten untersucht,<br />
inwieweit Bonitätsanleihen aktiv<br />
auch an Privatkunden vertrieben werden<br />
und ob diese ausreichend über die Risiken<br />
aufgeklärt werden. Dabei zeigte sich, dass<br />
Emittenten Bonitätsanleihen gezielt für<br />
den Absatz an Privatkunden produzieren.<br />
Die Auswertung der Beratungsdokumentation<br />
machte deutlich, dass diesen Kunden<br />
die Funktionsweise der Produkte in der<br />
Regel nicht adäquat erklärt wird. Mit dem<br />
Verbot macht die BaFin von ihrer Möglichkeit<br />
zur Produktintervention Gebrauch.<br />
Das Kleinanlegerschutzgesetz führte diese<br />
im Juli 2015 ein. Die Aufsicht kann seitdem<br />
die Vermarktung, den Vertrieb und<br />
den Verkauf bestimmter Finanzprodukte<br />
beschränken oder verbieten, etwa um Anleger<br />
zu schützen (§ 4b Wertpapierhandelsgesetz).<br />
Autor: www.bafin.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
29
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INVESTMENTS<br />
Coller Capital Global Private Equity<br />
Barometer - Summer <strong>2016</strong>:<br />
Wachstum des Schattenkapitals wird die Renditen von<br />
Private Equity-Fonds reduzieren<br />
Mittelgroße Limited Partner (LPs)<br />
finden es schwer mit ausreichend<br />
Volumen in ihre ausgewählten<br />
General Partner zu investieren. Anleger<br />
glauben, dass sich der Ruf von Private<br />
Equity allmählich verbessert. In Private<br />
Equity (PE) investierende Limited Partner<br />
hinterfragen den begrenzten Einsatz<br />
von leistungsorientierter Bezahlung in<br />
ihren Einrichtungen. Nach<br />
dem aktuellen von Coller<br />
Capital herausgegebenen<br />
Global Private Equity Barometer<br />
glauben zwei Drittel<br />
der LPs, dass das schnelle<br />
Wachstum von Private<br />
Equity „Schattenkapital“<br />
- direkte Investitionen von<br />
LPs, Co-Investments und<br />
Separate Accounts - die<br />
Renditen von Private Equity-Fonds<br />
verringern wird.<br />
Das Barometer beschreibt<br />
darüber hinaus die Popularität<br />
von Co-Investments,<br />
einer Form des Schattenkapitals,<br />
welches von ungefähr<br />
der Hälfte von Private<br />
Equity-Investoren genutzt<br />
wird: fast zwei Drittel der<br />
LPs berichten, dass ihre Co-<br />
Investments in den vergangenen Jahren<br />
höhere Renditen erzielt haben als ihre Private<br />
Equity-Portfolios im Allgemeinen.<br />
Anleger glauben, dass das aktuelle Investitionsumfeld<br />
schwieriger geworden<br />
ist - fast 70 % der LPs sagen, dass die<br />
Unberechenbarkeit der heutigen globalen<br />
Wirtschaft Investitionsentscheidungen<br />
grundsätzlich schwieriger gestaltet. Dies<br />
hat ihre Begeisterung für Private Equity<br />
jedoch nicht geschmälert - 88 % der LPs<br />
beabsichtigen in den nächsten Jahren ihre<br />
Kapitalzusagen beizubehalten oder zu erhöhen.<br />
„Anleger sehen dabei nicht nur die<br />
kurzfristigen Marktschwankungen“, sagt<br />
Jeremy Coller, CIO von Coller Capital. „In<br />
einer Welt, in der viele Asset-Klassen unvorhersehbar<br />
oder in Schwierigkeiten sind,<br />
glauben sie, dass Private Equity weiterhin<br />
gute langfristige risikoadjustierte Rendite<br />
bringen wird. “Es ist gut zu sehen, dass<br />
Investoren ihre Allokation zu Private Equity<br />
Fonds erhöhen”, sagt Michael Schad,<br />
Partner bei Coller Capital. „Dies ist aber<br />
keine Überraschung, da Private Equity Investoren<br />
langfristig jährlich Nettorenditen<br />
im zweistelligen Bereich erzielt haben.“<br />
Limited Partner sind in den vergangenen<br />
Jahren kritischer geworden - 70 % der LPs<br />
sagen, dass Private Equity-Investoren einzelnen<br />
GPs gegenüber weniger loyal sind<br />
als früher - und dies hat den Wettbewerb<br />
zwischen LPs für die gefragtesten Fonds<br />
30 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
verstärkt. Ein verstärkter Wettbewerb erwies<br />
sich für einige Anleger als Herausforderung,<br />
insbesondere für mittelgroße Anleger<br />
- fast 90 % der mittelgroßen Limited<br />
Partner geben an, dass es für sie schwierig<br />
ist, in dem von ihnen gewünschten<br />
Umfang mit ihren ausgewählten Managern<br />
zu investieren. Private Equity-Investoren<br />
glauben das talentierte Investoren innerhalb<br />
ihres Sektors immer mobiler werden;<br />
zwei Drittel der LPs geben an, dass Individuen<br />
eher zu einem anderen LP wechseln<br />
als noch vor fünf Jahren. In diesem<br />
Zusammenhang sind die Ansichten von<br />
Anlegern über die Art und Weise ihrer Bezahlung<br />
interessant. Über die Hälfte der<br />
LPs glauben, dass ein leistungsbezogenes<br />
Element hinzugefügt werden oder einen<br />
größeren Teil ihrer Vergütung ausmachen<br />
sollte.<br />
Der Ruf von Private Equity<br />
Nach Aussagen von Anlegern verbessert<br />
sich der Ruf der Asset-Klasse allmählich.<br />
Im Vergleich zu 55 % der LPs im Barometer<br />
von 2012 glauben zwei Drittel der<br />
LPs, dass der Ruf von private Equity nun<br />
neutral bzw. gut ist. Ermutigend ist, dass<br />
44 % der Anleger, die Private Equity einsetzen<br />
der Meinung sind, dass die Industrie<br />
einen besseren Ruf verdient, als sie es<br />
derzeit hat.<br />
Anlagen und Renditen<br />
Ein Viertel der LPs plant ihre Zielzuweisungen<br />
an Hedge-Fonds zu reduzieren.<br />
Sie planen jedoch, alles in allem, ihre Allokation<br />
zu anderen alternativen Assetklassen<br />
zu steigern - rund ein Drittel der<br />
LPs plant ihre Allokation zu Private Equity,<br />
Infrastruktur und Immobilien zu steigern.<br />
LPs erzielen weiterhin attraktive Renditen<br />
aus Private Equity - 87 % der LPs erzielten<br />
jährliche Nettorenditen von über<br />
11 % über die gesamte Lebensdauer ihrer<br />
Private Equity-Portfolios, und ein Fünftel<br />
erzielte Nettorenditen von über 16 %. Ein<br />
Drittel der LPs erzielte Nettorenditen von<br />
über 16 % aus nordamerikanischen Übernahmen<br />
und über ein Viertel der LPs erzielte<br />
ähnliche Renditen aus europäischen<br />
Übernahmen. Anleger sagen, dass sie erwarten,<br />
dass die von Private Debt Fonds<br />
erzielten Renditen in den nächsten 3 - 5<br />
Jahren zurückgehen werden.<br />
Die Aussichten für Private<br />
Equity-Märkte in Industrie- und<br />
Entwicklungsländern<br />
LPs erwarten, dass sich die Bedingungen<br />
für Private Equity in den nächsten Jahren<br />
allmählich verbessern werden und dass in<br />
Nordamerika und Europa 2017 ein stärkeres<br />
Jahr sein wird als <strong>2016</strong>. Dieses Jahr<br />
wird allgemein angenommen, dass die<br />
Bedingungen in Nordamerika schwieriger<br />
sind als in Europa - zwei Fünftel der Anleger<br />
geben an, dass sie <strong>2016</strong> in Nordamerika<br />
als schwächer als durchschnittliche<br />
Jahre ansehen. Anleger verfolgen ähnliche<br />
Strategien für nordamerikanisches und<br />
europäisches privates Beteiligungskapital.<br />
Als Gruppe planen sie ihre Allokation gegenüber<br />
großen Buyouts etwas zu verringern<br />
und ihr Exposure in kleine und mittelständische<br />
Buyouts, Wachstumskapital<br />
und Private Debt zu erhöhen. In Private<br />
Equity-Märkten ist Asien ein beliebtes Ziel<br />
für Anleger. Über die Hälfte von LPs haben<br />
eine Exposition gegenüber chinesischem<br />
Private Equity und ein Viertel dieser Gruppe<br />
plant seine Anlagen zu erhöhen. Zwei<br />
Fünftel der LPs haben eine Allokation zu<br />
Südostasien und Indien und 17 % dieser<br />
LPs planen ihre Zusagen in diesen Regionen<br />
aufzustocken. Obwohl nur knapp<br />
über ein Zehntel der Limited Partner derzeit<br />
eine Private Equity-Allokation zu Afrika<br />
hat, plant ein Drittel dieser Gruppe seine<br />
Anlagen zu erhöhen.<br />
Autor: www.collercapital.com<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
31
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INVESTMENTS<br />
Studie: Boom bei Beteiligungskäufen<br />
im Mittelstand / Private Equity-Häuser<br />
erwarten auch <strong>2016</strong> starke Zuwächse<br />
Die Beteiligungsbranche plant umfassende<br />
Investitionen in mittelständische<br />
Unternehmen in<br />
Deutschland. Während sich die Marktentwicklung<br />
bei großen Deals eingetrübt hat,<br />
sind die PE-Häuser optimistisch, auch im<br />
laufenden Jahr <strong>2016</strong> bei Mid-Cap-Deals<br />
mit einem Volumen von etwa 20 Millionen<br />
Euro auf hohem Niveau zuzulegen. Dabei<br />
hält der Trend zur Buy- and Build-Strategie<br />
an: Neben Eigenkapital<br />
bringen die PE-<br />
Gesellschaften Branchenexpertise<br />
und<br />
unternehmerisches<br />
Know-how ein, um<br />
ihre Beteiligungen<br />
zum Erfolg zu führen.<br />
Das ergibt die<br />
bereits zum 10. Mal<br />
durchgeführte Studie<br />
zur deutschen Beteiligungsbranche<br />
von<br />
Rödl & Partner. Im<br />
Branchenfokus liegen<br />
Unternehmen aus den Bereichen Automotive<br />
sowie Maschinen- und Anlagenbau<br />
vor der IT- und Gesundheitsbranche.<br />
„Der Private Equity-Markt boomt. Einziges<br />
Handicap für die Investoren ist die niedrige<br />
Zahl verkaufswilliger Unternehmen",<br />
erklärt Partner Jochen Reis von Rödl &<br />
Partner Eschborn, der die Studie durchgeführt<br />
hat. „Deutsche Mittelständler sind<br />
weltweit begehrt. Wer sein Unternehmen<br />
verkaufen will, ist in der komfortablen<br />
Lage, sich den Käufer auszusuchen. Dabei<br />
fällt die Wahl vor allem auf PE-Häuser, die<br />
eine klare Perspektive aufzeigen, das Unternehmen<br />
fortzuführen und in künftiges<br />
Wachstum zu investieren." Entscheidend<br />
für die Verkaufsentscheidung an eine Beteiligungsgesellschaft<br />
ist immer häufiger<br />
deren unternehmerisches Engagement.<br />
„Der eindeutige Trend geht zur Buy- and<br />
Build-Strategie. Mit ihr können PE-Häuser<br />
auch bei hohen Kaufpreisen noch eine gute<br />
Rendite erzielen", betont Björn Stübiger,<br />
Leiter des Bereichs Corporate Finance und<br />
M&A bei Rödl & Partner. „Das gilt besonders<br />
beim Verkauf zur Lösung der Nachfolge.<br />
Die Unternehmer suchen Käufer<br />
ihres Lebenswerks gezielt danach aus, ob<br />
sie neben Kapital auch Branchenexpertise<br />
und operative Erfahrung einbringen."<br />
Gebremst wird die<br />
Entwicklung des PE-<br />
Marktes durch die<br />
Preisspirale und die<br />
niedrigen Zinsen.<br />
„Viele Beteiligungskäufe<br />
scheitern auch<br />
im Mittelstand an den<br />
zu hohen Kaufpreisvorstellungen.<br />
Die<br />
Unternehmen haben<br />
keinen Druck zu verkaufen.<br />
Denn eine<br />
Unternehmensbeteiligung<br />
erzielt aktuell<br />
eine weitaus höhere Rendite als die Anlage<br />
des Verkaufserlöses", so Stübiger.<br />
„Es erweist sich auch nicht als hilfreich,<br />
dass so viel Kapital bereit steht. Das hat<br />
die Begehrlichkeiten auf Verkäuferseite<br />
wachsen lassen." Wichtiger Treiber bei<br />
der Aufnahme von Beteiligungskapital ist<br />
die internationale Expansion deutscher<br />
Unternehmen. Hier haben global aufgestellte<br />
PE-Häuser die Nase vorn. „Kapitalgeber<br />
aus dem anglo-amerikanischen<br />
Raum erleichtern mit ihrem Netzwerk den<br />
Einstieg in ausländische Märkte", betont<br />
Reis. „Zwar ist die Konkurrenz durch strategische<br />
Investoren, insbesondere aus<br />
Asien, sehr stark. Aber die USA sind außerhalb<br />
der Europäischen Union nach wie<br />
vor der wichtigste Markt für deutsche Unternehmen.<br />
Zur Finanzierung der Expansion<br />
in den Vereinigten Staaten sind amerikanische<br />
PE-Investoren die erste Wahl."<br />
Autor: www.roedl.de<br />
32 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Aktienrenditen:<br />
Stärkster Wertzuwachs seit der<br />
Finanzkrise<br />
BCG-Studie ermittelt durchschnittliches<br />
Wachstum von 12 Prozent<br />
pro Jahr - Hauptgewinner am Aktienmarkt<br />
sind US-Firmen und die Pharma-<br />
und Medienbranche - Continental<br />
beste deutsche Aktie mit 33 Prozent<br />
durchschnittlicher Aktienrendite pro Jahr<br />
Die globalen Top-Unternehmen haben in<br />
den vergangenen fünf Jahren überdurchschnittlich<br />
viel Wert für ihre Aktionäre<br />
geschaffen – trotz hoher Volatilität der<br />
Märkte und schwacher Weltkonjunktur.<br />
Zwischen 2011 und 2015 legten die weltweit<br />
führenden börsennotierten Unternehmen<br />
im Durchschnitt um 12 Prozent<br />
Aktienrendite pro Jahr zu. Die zehn Bestplatzierten<br />
unter den Unternehmen mit<br />
der höchsten Marktkapitalisierung (sogenannte<br />
Large-Caps) erreichten sogar eine<br />
durchschnittliche Aktienrendite zwischen<br />
35 Prozent und 75 Prozent pro Jahr. Zu<br />
diesem Ergebnis kommt der Value Creators<br />
Report <strong>2016</strong> der Boston Consulting<br />
Group (BCG). Die seit 1999 jährlich veröffentlichte<br />
Studie weist eine Rangliste der<br />
global führenden wertschaffenden Unternehmen<br />
aus. "Diese Entwicklung der Aktienrenditen<br />
ist ein historischer Rekord",<br />
sagt Frank Plaschke, Partner bei BCG und<br />
Experte für Corporate-Development. "Angesichts<br />
der Turbulenzen an den Aktienmärkten<br />
und der zunehmenden weltwirtschaftlichen<br />
Unsicherheit entspricht das<br />
Ergebnis nicht den gängigen Erwartungen.<br />
Es zeigt vielmehr: Unternehmen, die<br />
nachhaltig gut wirtschaften, können auch<br />
in einem schwierigen Marktumfeld einen<br />
überdurchschnittlichen Wertzuwachs erzielen."<br />
Die BCG-Rangliste <strong>2016</strong> basiert<br />
auf einer Analyse von rund 2000 führenden<br />
globalen Unternehmen aus 28 Branchen.<br />
Die Wertsteigerung wurde anhand<br />
der durchschnittlichen Aktienrendite im<br />
Zeitraum von 2011 bis 2015 gemessen;<br />
die Aktienrendite setzt sich zusammen<br />
aus dem Dividendenertrag und dem Kursgewinn<br />
einer Aktie. Die 200 Unternehmen<br />
mit einer Marktkapitalisierung von jeweils<br />
mindestens 44 Milliarden US-Dollar, die<br />
den größten Wert schufen, fassten die<br />
BCG-Experten in einer Rangliste der globalen<br />
Large-Caps zusammen.<br />
Pharma-/Biotechnologie- und Medienbranche<br />
gewinnen<br />
US-Unternehmen belegen 7 der Top-<br />
10-Plätze unter den Large-Caps. Die Gewinnerbranchen<br />
sind Pharma- und Biotechnologie<br />
sowie Medien. Am meisten<br />
Grund zur Freude hatten Anleger beim<br />
US-Konzern Regeneron Pharmaceuticals:<br />
Der Erstplatzierte brachte seinen Anlegern<br />
seit 2011 rund 75 Prozent Aktienrendite<br />
pro Jahr ein. Der Zweitplatzierte, Allergan,<br />
brachte es immerhin auf rund 43 Prozent<br />
durchschnittliche Wertschaffung. Ähnlich<br />
zufrieden dürften die Anteilseigner von<br />
Medienunternehmen sein. Das südafrikanische<br />
Medien- und Verlagshaus Naspers<br />
(Platz 4), der chinesische Social-Media-<br />
Spezialist Tencent (Platz 7) und das Internet-TV-Netzwerk<br />
Netflix (Platz 8) glänzten<br />
ebenfalls mit Spitzenwerten. "Viele Unternehmen<br />
aus Pharma und Medien haben<br />
in den vergangenen Jahren ihre Portfolios<br />
bereinigt, innovative Entwicklungen vorangetrieben<br />
und vor allem frühzeitig in<br />
die Digitalisierung von Prozessen und Produkten<br />
investiert. Das zahlt sich bereits<br />
jetzt durch eine überdurchschnittliche<br />
Umsatz- und Gewinnentwicklung aus", erläutert<br />
Frank Plaschke.<br />
Continental ist beste deutsche Aktie<br />
Die beste Aktienentwicklung in Deutschland<br />
hat die Continental AG erreicht. Der<br />
Autozulieferer schaffte es mit 33 Prozent<br />
Aktienrendite pro anno auf Rang 12 der<br />
Large-Caps. Im branchen- und größenübergreifenden<br />
Vergleich deutscher Bör-<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
33
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INVESTMENTS<br />
senunternehmen führt mit Abstand der<br />
Pharma- und Laborausrüster Sartorius,<br />
der eine mittlere Aktienrendite von 64<br />
Prozent pro Jahr erwirtschaftet hat.<br />
Umsatzwachstum als entscheidender<br />
Faktor nachhaltiger Aktienrendite<br />
Die BCG-Experten ermittelten sechs fundamentale<br />
Werttreiber für die Aktienrendite:<br />
Umsatzwachstum, Gewinnmarge,<br />
Dividende, reduziertes Aktienvolumen,<br />
Schuldenabbau und gestiegene Börsenbewertung.<br />
Als entscheidender Faktor<br />
für nachhaltig steigende Gewinne kristallisiert<br />
sich das Umsatzwachstum immer<br />
stärker heraus, wenn dieses profitabel<br />
ist. Bei einigen Unternehmen lässt sich<br />
die Aktienrendite allerdings vor allem auf<br />
gestiegene Börsenbewertungen zurückführen.<br />
"Steigende Bewertungen bedeuten,<br />
dass Anleger weiter steigende Erträge<br />
erwarten. Die Gefahr einer künftigen<br />
Aktienblase darf man dabei nicht außer<br />
Acht lassen", so Frank Plaschke. "Langfristige<br />
Anleger sollten immer die verschiedenen<br />
Werttreiber im Auge behalten. Sich<br />
in seiner Anlagestrategie nur auf ein oder<br />
zwei Faktoren zu konzentrieren, kann zu<br />
ungewollten Überraschungen führen."<br />
Autor: www.bcg.de<br />
ETF-Markt dürfte sich bis 2021<br />
abermals verdoppeln<br />
Allein in Europa könnten die verwalteten<br />
Vermögen von derzeit<br />
500 Milliarden Euro auf rund 1,6<br />
Billionen Euro steigen, zeigte eine PwC-<br />
Studie / Robo-Advisor gelten unter inzwischen<br />
als zweitwichtigster Wachstumstreiber<br />
/ Der steigende Druck der<br />
Regulierer auf das Provisionsmodell<br />
dürfte den Anbietern weiteren Zulauf<br />
bescheren / PwC-Experte Hammer:<br />
„Der Triumphzug des ETFs ist nicht aufzuhalten.“<br />
Der Triumphzug börsengehandelter Indexfonds<br />
(ETFs) ist nicht aufzuhalten.<br />
Befeuert von neuen Investmenttrends<br />
wie Robo-Advisory und dem tendenziell<br />
günstigen regulatorischen Umfeld dürfte<br />
sich der 3,2 Billionen Dollar schwere globale<br />
ETF-Markt in den kommenden fünf<br />
Jahren abermals verdoppeln, zeigt eine<br />
Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsgesellschaft<br />
PwC.<br />
Ein besonders starkes Wachstum erwarten<br />
Fachleute für Europa. Hier könnte<br />
das verwaltete Vermögen von rund 500<br />
Millionen Dollar bis 2021 auf 1,6 Billionen<br />
Dollar steigen. Für die Studie sprach PwC<br />
mit Managern von 60 der größten ETF-<br />
Emittenten weltweit. Die befragten Unternehmen<br />
decken mehr als 80 Prozent<br />
des globalen Marktvolumens ab.<br />
Warum „Robo-Advisory“<br />
den ETF-Anbietern nutzt<br />
„Sowohl unter Privatanlegern als auch<br />
unter institutionellen Investoren ist<br />
die Nachfrage nach ETFs ungebrochen<br />
– und alles spricht dafür, dass dieser<br />
34 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Trend in den nächsten Jahren anhalten<br />
oder sich sogar noch einmal verstärken<br />
wird“, sagt Markus Hammer, Leiter der<br />
Bereichs Asset and Wealth Management<br />
bei PwC in Deutschland. „Eine Schlüsselrolle<br />
könnte dabei unserer Studie zufolge<br />
den sogenannten Robo-Advisorn<br />
zufallen.“ Diese neuartigen Tools, die<br />
aus der Fintech-Szene stammen, aber<br />
inzwischen auch bei vielen Banken zum<br />
Einsatz kommen, stellen Anlegern in automatisierter<br />
Form das für sie passende<br />
Portfolio zusammen. Die meisten Robo-<br />
Advisor greifen dabei auf ETFs zurück.<br />
Laut Studie könnten die Anlageroboter<br />
zumindest im europäischen Retailmarkt<br />
schon bald zum zweitwichtigsten<br />
Wachstumstreiber avancieren. Lediglich<br />
ein Thema sieht die Branche momentan<br />
als noch relevanter an – nämlich die allgemeine<br />
Finanzbildung.<br />
Smart-Beta-Fonds sind erst<br />
der Anfang<br />
Eine entscheidende Rolle spielt der Umfrage<br />
zufolge auch die weitere Ausdifferenzierung<br />
der Produktpalette. Ursprünglich<br />
dienten ETFs in erster Linie<br />
dazu, bestimmte Aktienindizes wie den<br />
Dax, den EuroStoxx 50 oder den MSCI<br />
World abzubilden. Längst lassen sich mit<br />
Exchange Traded Funds aber auch komplexere<br />
Investmentstrategien verfolgen.<br />
Ein Beispiel sind ETFs, die beispielsweise<br />
gezielt in Aktien von Unternehmen investieren,<br />
die hohe Dividenden ausschütten<br />
oder ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum<br />
ausweisen.<br />
„Diese sogenannten Smart-Beta-Fonds<br />
bescheren vielen Anbietern momentan<br />
hohe Zuflüsse“, sagt Hammer. „Unsere<br />
Studie allerdings zeigt, dass die<br />
Produktentwicklung damit noch lange<br />
nicht am Ende ist. Das größte Wachstumspotenzial<br />
in Europa dürften in den<br />
kommenden Jahren ETFs haben, die in<br />
festverzinsliche Anlagen investieren. Ein<br />
anderes großes Thema werden aktiv gemanagte<br />
Indexfonds. Diese relativ neue<br />
Produktkategorie soll die Brücke schlagen<br />
zwischen ETFs einerseits und klassischen<br />
Investmentfonds andererseits.“<br />
Eine starke Marke ist wichtiger als<br />
der „Track Record“<br />
Am stärksten vom ETF-Boom dürften<br />
auch in den kommenden Jahren jene Anbieter<br />
profitieren, die schon seit Jahren<br />
am Markt sind und über einen entsprechenden<br />
Bekanntheitsgrad verfügen. So<br />
meinten 60 Prozent der Umfrageteilnehmer,<br />
zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren<br />
in der Branche gehöre ein eingeführter<br />
Markenname. Dahinter folgte mit 42<br />
Prozent der Zugang zu institutionellen<br />
Investoren – während „Track Record“<br />
(38 Prozent) und „niedrige Kosten“ (35<br />
Prozent) lediglich im Mittelfeld landeten.<br />
Spannend wird zu beobachten sein, wie<br />
sich die zunehmende Regulierung der Finanzbranche<br />
in den kommenden Jahren<br />
auf die ETF-Anbieter auswirken wird.<br />
Ein Beispiel ist die europäische „MiFID II“-<br />
Richtlinie, die Anfang 2018 in Kraft treten<br />
soll. Durch sie dürfte sich der Druck<br />
auf provisionsgestützte Vertriebsmodelle<br />
weiter erhöhen – was ETFs aufgrund ihrer<br />
vergleichsweise niedrigen Gebühren zupass<br />
kommen könnte. Immerhin 50 Prozent<br />
der befragten Branchenmanager gaben<br />
an, dass „MIFID II“ beziehungsweise<br />
der parallel in Großbritannien durchgeführte<br />
„Retail Distribution Review“ (RDR)<br />
„tendenziell positive Folgen“ auf die ETF-<br />
Branche hätten. 13 Prozent sprachen sogar<br />
von „signifikant positiven Folgen“,<br />
während die übrigen Teilnehmer meinten,<br />
für eine abschließende Bewertung sei es<br />
noch zu früh.<br />
Autor: www.pwc.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
35
IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Preisboom auf den Wohnungsmärkten<br />
Der Mietpreisanstieg auf dem Wohnungsmarkt<br />
in den acht von JLL<br />
untersuchten Städten*, Berlin,<br />
Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln,<br />
Leipzig, München und Stuttgart hat sich<br />
im ersten Halbjahr <strong>2016</strong> weiter beschleunigt.<br />
Über alle Städte hinweg ist in diesen<br />
ersten sechs Monaten (gegenüber H1<br />
2015) mit einem Plus von 6 % der stärkste<br />
Mietpreiszuwachs in einem Jahresvergleich<br />
seit Beginn der Untersuchung<br />
in 2004 zu notieren, er reicht in den einzelnen<br />
Städten von 4 % bis 7 %. Seit<br />
2004 beträgt der Mietpreisanstieg in den<br />
Städten damit insgesamt zwischen 21 %<br />
(Köln) und 59 % (Berlin). Die Dynamik bei<br />
den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen<br />
hält ebenfalls an: die hohen Wachstumsraten<br />
der vorherigen Halbjahre wurden in<br />
sechs Städten übertroffen. Nur Berlin und<br />
Leipzig blieben hier außen vor. Der Kaufpreisanstieg<br />
in den ersten sechs Monaten<br />
gegenüber 2004 erreicht damit eine Spanne<br />
von 54 % (Köln) bis 104 % (Berlin)<br />
– ohne Leipzig, das lediglich um 2 % zulegte.<br />
Dort hatte nach dem ersten Boom<br />
infolge der Wiedervereinigung die Nachfrage<br />
wieder deutlich nachgelassen.<br />
Den höchsten Anstieg bei den angebotenen<br />
Mietpreisen** im ersten Halbjahr<br />
<strong>2016</strong> gegenüber dem Vergleichszeitraum<br />
des Vorjahres verzeichnete mit einem<br />
Plus von rund 8 % Düsseldorf, gefolgt<br />
von Leipzig (7 %). In Köln, Hamburg,<br />
München, Berlin und Stuttgart bewegte<br />
sich der Anstieg auf Jahressicht zwischen<br />
5 und 6 %. Frankfurt bildet das Schlusslicht<br />
mit + 4 %. „In allen Städten außer<br />
Frankfurt und Stuttgart liegen den aktuellen<br />
Entwicklungen stark steigende Preise<br />
im Neubauangebot zugrunde, die in<br />
der Regel hochwertiger und damit teurer<br />
als Wohnungen aus dem Bestand sind“,<br />
so Roman Heidrich, bei JLL Team Leader<br />
Residential Valuation Advisory Berlin.<br />
Und weiter: „Die Steigerungsraten für Bestandsmieten<br />
liegen in den untersuchten<br />
Städten zwischen 1 und 3 Prozentpunkten<br />
niedriger, aber mit 3 bis 7 % auf Jahressicht<br />
immer noch deutlich über dem<br />
Trendverlauf der Vorjahre. Damit lässt<br />
sich zugleich in keinem der untersuchten<br />
Wohnungsmärkte die Wirksamkeit der<br />
Mietpreisbremse beobachten. Unbeeindruckt<br />
vom verfehlten Regulierungsinstrument<br />
steigen die Mieten aufgrund des<br />
deutlichen Nachfrageüberhangs weiter.“<br />
Stärker als im letzten Halbjahr zugelegt<br />
haben auch die Angebots-Kaufpreise für<br />
Eigentumswohnungen**. Bis zur Jahresmitte<br />
verteuerten sie sich in Leipzig mit<br />
über 20 % im Jahresvergleich am stärksten.<br />
Nicht viel weniger sind es in Stuttgart;<br />
die schwäbische Landeshauptstadt<br />
kommt auf 17 %. Zweistellig im Plus bewegen<br />
sich die Angebotspreise auch noch<br />
in München (13%) und Köln (10 %).<br />
Durchaus kräftig ist die Zunahme in Berlin<br />
(9%), Frankfurt (6 %) und Düsseldorf<br />
(5 %), moderat in Hamburg mit einem<br />
Plus von 2%. „Gegenläufig zum Mietmarkt<br />
sind bei den Eigentumswohnungen<br />
in sechs der untersuchten Städte höhere<br />
Preissteigerungsraten für Bestandswohnungen<br />
als im Neubausegment zu beobachten“,<br />
so Sebastian Grimm, bei JLL<br />
Team Leader Residential Valuation Advisory<br />
Frankfurt. Grimm weiter: „Die preisliche<br />
Schere zwischen Bestands- und<br />
stark zunehmenden Neubauangeboten<br />
hatte sich über die letzten Jahre immer<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
37
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I IMMOBILIEN<br />
weiter geöffnet. Teilweise erreicht der Anteil<br />
des Neubaus schon 40 % aller Angebote.<br />
Deren Preise haben ein Niveau erreicht,<br />
das potentielle Käufer sich wieder<br />
vermehrt Bestandswohnungen zuwenden<br />
lässt. Die Folge: mittlerweile haben auch<br />
hier die Preise stark zugelegt.“<br />
Untersuchungsergebnisse<br />
für die einzelnen Städte im Überblick:<br />
Alle untersuchten Städte zeigen hohe<br />
Mietpreisanstiege im 1.Halbjahr <strong>2016</strong><br />
München bleibt die mit Abstand teuerste<br />
Stadt: die Angebotsmieten legten auf<br />
Jahressicht um 6,2 % auf 16,90 Euro/<br />
m²/Monat zu. Günstiger wird es für Hessens<br />
Wohnungssuchende: Frankfurt verzeichnete<br />
trotz des spürbaren Anstiegs<br />
von 4,3 % auf 13,30 Euro/m²/Monat die<br />
schwächste Dynamik der untersuchten<br />
Städte, liegt im Angebotspreis aber nach<br />
wie vor vor Stuttgart (12,55 Euro/m²/<br />
Monat). Dessen Zuwachs (5,2%) wird<br />
getoppt von Hamburg, wo sich die Mieten<br />
nach sieben Halbjahren der Stagnation<br />
zum ersten Mal wieder kräftig nach oben<br />
bewegt haben. Sie verteuerten sich auf<br />
Jahressicht um +6,3 % auf 11,50 Euro/<br />
m²/Monat.<br />
Mit dem gleichen Plus erfuhr Köln seinen<br />
stärksten Anstieg seit Beginn der Zeitreihe<br />
in 2004. Mit einer Angebotsmiete von<br />
10,55 Euro/m²/Monat wird Düsseldorf<br />
beim Angebotsmietpreis (10,35 Euro/m²/<br />
Monat) übertroffen – dies trotz dessen<br />
kräftigsten Steigerung unter den untersuchten<br />
Städten von 7,6 %. Vergleichsweise<br />
günstig bleibt die Hauptstadt.<br />
Nachdem 2015 der Aufwärtstrend etwas<br />
nachgelassen hatte, zeigen die Auswertungen<br />
für das erste Halbjahr auf Jahressicht<br />
eine Wachstumsrate von 5,4 % auf<br />
9,55 Euro/m²/Monat. In Leipzig setzte<br />
sich der Anstieg der Mieten der letzten<br />
Halbjahre fort: mit einem deutlichen Plus<br />
von 6,9 % gegenüber dem Vergleichszeitraum<br />
des Vorjahres liegen die Medianmieten<br />
mittlerweile bei 6,20 Euro/m²/Monat.<br />
„Die Nachfrage bleibt der wesentliche Treiber<br />
der Mietpreise. Der Neubau hat sich in<br />
den Großstädten erhöht, droht nun aber<br />
vielerorts zu stagnieren, wie aktuelle Baugenehmigungszahlen<br />
belegen. Nur eine<br />
Angebotsausweitung hilft gegen weitere<br />
Mietpreisanstiege, auch wenn dadurch das<br />
Angebot teurerer Mietwohnungen an sich<br />
ansteigt. Durch Umzug aus Bestandwohnungen<br />
in einen Neubau machen darüber<br />
hinaus Wohnungen im mittleren Preissegment<br />
im Wohnungsbestand verfügbar“, so<br />
Heidrich.<br />
Eigentumswohnungen in München<br />
viermal so teuer wie in Leipzig<br />
In allen untersuchten Märkten geht die<br />
Preisspirale weiter nach oben. Dabei verzeichneten<br />
Leipzig, Stuttgart und München<br />
im ersten Halbjahr die höchsten<br />
Preisanstiege. „Der Aufwärtstrend auf den<br />
Märkten für Eigentumswohnungen ist ungebrochen.<br />
Weiter angetrieben von den<br />
günstigen Finanzierungsmöglichkeiten<br />
und einem Angebot in den Großstädten<br />
unterhalb der Nachfrage steigen die Preise<br />
wieder wie in den Boomjahren 2012<br />
und 2013. Der zunehmend preisbedingten<br />
Umlandwanderung stehen genügend zahlungskräftige<br />
Kaufinteressenten gegenüber,<br />
die die Preisentwicklung antreiben“,<br />
so Sebastian Grimm.<br />
Wer eine Wohnung kaufen will, muss in<br />
München am tiefsten in die Tasche greifen.<br />
6.490 Euro/m² werden im Mittel für<br />
einen Quadratmeter aufgerufen und damit<br />
auf Jahressicht 12,5 % mehr. Alle<br />
anderen Städte liegen weit unter den<br />
Angeboten der Isarmetropole. Nach einer<br />
kurzen Stagnation sind die Preise in<br />
Frankfurt um 5,5 % auf 4.210 Euro/m²<br />
38 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
gestiegen. Weiter kräftig zulegt haben<br />
sie in Stuttgart: dort betrug der Zuwachs<br />
16,8 % auf 3.900 Euro/m². „In den letzten<br />
Jahren führte ein überproportional<br />
zunehmender Zuwachs an Einwohnern<br />
bei viel zu geringem Neubau zu einer<br />
Preiserhöhung von durchschnittlich 15 %<br />
pro Jahr. Auch im Bestand haben sich<br />
die Preise deutlich verteuert“, so Grimm.<br />
3.880 Euro/m² kostet im Durchschnitt<br />
eine Eigentumswohnung in Hamburg. Es<br />
ist unter den acht Städten mit 2,4 % der<br />
moderateste Anstieg. Mit einem Plus von<br />
5,2 % auf Jahressicht setzte sich der Aufwärtstrend<br />
des letzten Jahres in Düsseldorf<br />
fort. In der nordrhein-westfälischen<br />
Landeshauptstadt muss im Mittel mit<br />
Kaufpreisen von 3.320 Euro/m² gerechnet<br />
werden. Düsseldorfs Kaufpreisniveau hat<br />
zum ersten Mal die Hauptstadt erreicht,<br />
bei 9,9 % lag die Steigerung in Berlin. Köln<br />
blieb, im Gegensatz zum Mietwohnungsmarkt,<br />
bei den Kaufpreisen hinter Düsseldorf<br />
– dies trotz eines Plus von 9,3% auf<br />
3.100 Euro/m². Den mit knapp über 20 %<br />
höchsten Anstieg aller acht von JLL untersuchten<br />
Städte verzeichnete der nach wie<br />
vor mit Abstand preiswerteste Markt: In<br />
Leipzig konnten sich Kaufwillige im Mittel<br />
für 1.620 Euro/m² eine Eigentumswohnung<br />
zulegen.<br />
Autor: www.jll.de<br />
Brexit: Immobilienbranche<br />
rechnet mit Verstärkung<br />
des Immobilienbooms in Deutschland<br />
Zu den Hauptprofiteuren des Brexit-<br />
Votums der britischen Wähler werden<br />
nach Ansicht der Immobilienbranche<br />
der deutsche Immobilienmarkt<br />
und der Finanzplatz Frankfurt zählen: In<br />
einer aktuellen Befragung von Immobilienmarktakteuren<br />
gaben 57 Prozent an,<br />
dass sie mit positiven Folgen für den Immobilienmarkt<br />
in Deutschland rechnen.<br />
Sowohl die Transaktionsvolumina als auch<br />
die Kauf- bzw. Mietpreise werden nach<br />
Meinung der Mehrheit der Befragten steigen.<br />
Das betrifft insbesondere den Standort<br />
Frankfurt, wo sogar nach Ansicht von<br />
86 Prozent der Befragten die Preise für<br />
Wohnimmobilien weiter steigen werden.<br />
79 Prozent rechnen mit steigenden Preisen<br />
für Büroimmobilien. Grund für diese Einschätzung<br />
dürfte die zukünftig steigende<br />
Bedeutung Frankfurts als Finanzplatz<br />
sein: 72 Prozent der Befragten erwarten,<br />
dass der Finanzplatz Frankfurt am meisten<br />
von einem Austritt des Vereinigten<br />
Königreiches aus der EU profitieren wird.<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
39
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I IMMOBILIEN<br />
Dublin liegt mit 13 Prozent auf dem zweiten<br />
Platz, Paris wird nur von sechs Prozent<br />
als Profiteur eines Brexits gesehen.<br />
Das sind die Ergebnisse einer Online-<br />
Befragung von 555 deutschen Immobilienmarktteilnehmern,<br />
die von EY Real<br />
Estate durchgeführt wurde.<br />
Die Folgen eines Brexits für das eigene Unternehmen<br />
sind für die Branche allerdings<br />
noch weitgehend unklar: Jeweils etwa ein<br />
Fünftel der Befragten sehen vor allem positive<br />
bzw. negative Auswirkungen, ein<br />
weiteres Fünftel sieht keine Relevanz für<br />
das eigene Geschäft. Immerhin 40 Prozent<br />
sehen sich hingegen derzeit außerstande,<br />
die Auswirkungen zu bewerten.<br />
Insbesondere die befragten Finanzierer<br />
(52 %) können die Folgen für ihr Unternehmen<br />
noch nicht einschätzen. Insgesamt<br />
wird aber das zukünftige Geschäft<br />
im Vereinigten Königreich (UK) – unabhängig<br />
vom Sitz des Unternehmens – derzeit<br />
neubewertet. Nur ca. ein Drittel der<br />
Unternehmen ohne Hauptsitz in UK plant<br />
eine Fortführung ihrer Aktivitäten in UK<br />
auf bisherigem Niveau. „Bei einem großen<br />
Teil der Befragten scheint die zukünftige<br />
Geschäftsausrichtung zum gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt noch nicht absehbar zu sein“,<br />
sagt Christian Schulz-Wulkow. Er ist Partner<br />
und Leiter des Immobiliensektors bei<br />
EY Real Estate in Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz und verantwortet die<br />
Studie.<br />
Deutscher Immobilienmarkt<br />
wird positiv gesehen<br />
Immobilieneigentümer in Deutschland<br />
dürften in weiten Teilen vom Brexit profitieren.<br />
Jeder zweite Befragte ist demnach<br />
überzeugt, dass Mieten und Kaufpreise<br />
in Deutschland steigen werden. Negative<br />
Brexit-Effekte auf Mieten, Kaufpreise,<br />
Transaktionsvolumina und Finanzierungskosten<br />
in Deutschland erwarten im Durchschnitt<br />
aller Befragten nur 10 bis 15 Prozent.<br />
Auch die Finanzierungskonditionen<br />
in Deutschland bleiben nach<br />
Ansicht von etwa 70 Prozent<br />
der Befragten stabil. „Es<br />
deutet sich an, dass internationale<br />
Investoren, die vorerst<br />
nicht mehr in London<br />
investieren möchten, noch<br />
stärker auf den deutschen<br />
Immobilienmarkt drängen<br />
werden“, kommentiert<br />
Schulz-Wulkow. Die Ergebnisse<br />
der Umfrage deuten<br />
darauf hin, dass Frankfurt in<br />
den kommenden Jahren davon<br />
profitieren könnte. Die<br />
ohnehin sehr hohe Bankenpräsenz,<br />
der Sitz der Europäischen<br />
Zentralbank und<br />
die sehr gute Verkehrsanbindung<br />
dürften dabei eine<br />
Rolle spielen.<br />
Autor: www.ey.com<br />
40 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Nachfrage nach Büroflächen<br />
europaweit höher als das Angebot<br />
Dem aktuellen European Offices<br />
Market Report des internationalen<br />
Immobiliendienstleistungs-Unternehmens<br />
Savills zufolge wurde die Büroflächennachfrage<br />
in Europa im 1. Quartal<br />
<strong>2016</strong> durch den Mangel an hochwertigem<br />
Angebot beeinträchtigt. Dabei wird sich<br />
auch der prognostizierte Anstieg der Neubautätigkeit<br />
um 22 % in den meisten Städten<br />
kaum auswirken.<br />
Der Büroflächenumsatz in Europa summierte<br />
sich im 1. Quartal <strong>2016</strong> auf insgesamt<br />
1,75 Mio. m² und liegt damit annähernd<br />
auf Vorjahresniveau. Geringe<br />
Neubautätigkeit bei gleichzeitig hohem Flächenumsatz<br />
haben in den meisten Städten<br />
das Angebot zum Erliegen gebracht. Lediglich<br />
Warschau (+ 180 Bp. ggü Q1 2015),<br />
Kopenhagen (+ 20 Bp.) und London West<br />
End (+ 10 Bp.) verzeichneten einen Anstieg<br />
des Flächenangebots. Der Büroflächenumsatz<br />
des 1. Quartals <strong>2016</strong> ist vor allem auf<br />
Unternehmensexpansionen zurückzuführen,<br />
womit sich der Nachfragezuwachs im<br />
kleinteiligen bzw. mittleren Flächensegment<br />
in diversen Städten erklären lässt.<br />
Durch einen Rückgang des Flächenfertigstellungsvolumens<br />
um 16 % in 2015 bei<br />
gleichzeitig dynamischer Vermietungstätigkeit<br />
in den vergangenen 12 Monaten ging<br />
der verfügbare Flächenbestand drastisch<br />
zurück. Auf Basis der aktuellen Projektentwicklungspipeline<br />
wird bis Jahresende ein<br />
Büroflächenzuwachs von 22 % bzw. 2,7<br />
Mio. m² prognostiziert. Dieses Volumen<br />
entspricht etwa 42 % des durchschnittlichen<br />
5-Jahres-Umsatzes in Europa, wird<br />
sich jedoch auf die meisten Märkte kaum<br />
spürbar auswirken. Außer in Warschau und<br />
Brüssel sind viele Projekte bereits vorvermietet<br />
– in Berlin liegt dieser Anteil sogar<br />
bei 63 %. Es wird davon ausgegangen,<br />
dass die Leerstandsraten weiter zurückgehen<br />
bzw. stabil bleiben. Die durchschnittliche<br />
Leerstandsrate ging von 8,4 % in Q4<br />
2015 auf 8,1 % in Q1 <strong>2016</strong> zurück und<br />
liegt damit auf dem niedrigsten Niveau seit<br />
7 Jahren.<br />
In 92 % der europäischen Märkte wird ein<br />
Anstieg der Mieten prognostiziert. Durch<br />
den Neubauflächenzuwachs wird der Aufwärtsdruck<br />
auf die Spitzenmieten nachlassen.<br />
Nach einem Plus von 3 % im Vorjahreszeitraum<br />
stiegen die Spitzenmieten in<br />
CBD-Lagen im 1. Quartal <strong>2016</strong> um durchschnittlich<br />
4,9 %. Die Mieterincentives gingen<br />
in den vergangenen 12 Monaten signifikant<br />
zurück. Aktuell belaufen sie sich auf<br />
7,7 % der Gesamtmiete gegenüber 10 %<br />
im vergangenen Jahr. Aufgrund der Angebotsknappheit<br />
sind einige Mieter zwischenzeitlich<br />
bereit, längerfristige Mietverträge<br />
abzuschließen, wenn es ihnen dadurch gelingt,<br />
günstigere Mietkonditionen zu verhandeln.<br />
Auch in Lagen außerhalb des CBD zogen<br />
die Spitzenmieten an. Allerdings fiel der<br />
Anstieg mit durchschnittlich 2,9 % geringer<br />
aus als in CBD-Lagen und ebenso geringer<br />
als im Vorjahr. Savills zufolge überrascht<br />
diese Entwicklung etwas angesichts<br />
der Nachfrage nach City-Lagen. Für B-Lagen<br />
gibt es jedoch kaum Beweggründe, so<br />
dass die Nutzer nicht bereit sind, dort hohe<br />
Mieten zu zahlen.<br />
Lydia Brissy, Director European Research<br />
bei Savills, merkt an: „Trotz des für <strong>2016</strong><br />
erwarteten hohen Flächenfertigstellungsvolumens<br />
gehen wir davon aus, dass die<br />
durchschnittlichen Leerstandsraten in 71<br />
% der in unserer Analyse beleuchteten europäischen<br />
Märkte zurückgehen oder stabil<br />
bleiben werden. Der geplante Neubauflächenzuwachs<br />
wird aufgrund der anhaltend<br />
hohen Nachfrage zügig absorbiert sein. Das<br />
für 2017 projektierte Büroflächenfertigstellungsvolumen<br />
liegt 9 % unter dem Niveau<br />
von <strong>2016</strong>, so dass die Angebotsknappheit<br />
auf absehbare Zeit anhalten wird.“<br />
Autor: www.savills.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
41
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I IMMOBILIEN<br />
Weiterhin hohe Transaktionsaktivitäten<br />
bei Offenen Immobilienfonds<br />
Offene Immobilienfonds haben sich<br />
im Zeitraum 1. Oktober 2015 bis<br />
31. März <strong>2016</strong> weiterhin positiv<br />
entwickelt. Dies ist ein Ergebnis des aktuellen<br />
Ratings der Offenen Immobilienfonds<br />
durch die FERI EuroRating Services<br />
AG. Sämtliche der zwölf bewerteten Fonds<br />
erhielten eine Ratingnote zwischen A- und<br />
A+, was dem Rating-Kommentar „sehr<br />
gut“ entspricht. „UniImmo: Europa“ und<br />
„UniImmo: Deutschland“ erhielten die<br />
Note A+, die beste im aktuellen Rating<br />
vergebene Note. Acht Fonds wurden mit<br />
der Note A bewertet, zwei Fonds mit der<br />
Note A-. Von den untersuchten Fonds wurden<br />
elf quantitativ auf Basis der öffentlich<br />
verfügbaren Informationen bewertet.<br />
Der „LEADING CITIES INVEST“, der sich<br />
auf ausgewählte europäische Metropolen<br />
konzentriert, wurde hingegen aufgrund<br />
seiner jungen Historie anhand einer qualitativen<br />
Analyse bewertet. „UniImmo:<br />
Europa“, „Deka-ImmobilienEuropa“ und<br />
„WestInvest InterSelect“ konnten sich im<br />
Vergleich zum vorherigen Rating für das<br />
dritte Quartal 2015 um eine Ratingklasse<br />
verbessern. Lediglich „grundbesitz Europa<br />
RC“ ist als einziger der untersuchten Fonds<br />
eine Ratingklasse heruntergestuft worden.<br />
„Mittlerweile bewegen sich alle Ratings innerhalb<br />
des Bereichs von A- bis A+ und<br />
befinden sich somit auf einem sehr hohen<br />
Niveau“, sagt Wolfgang Kubatzki, Leiter<br />
Real Estate der FERI EuroRating Services<br />
Quelle: © denisismagilov - Fotolia.com<br />
AG. „Die Offenen Immobilienfonds profitieren<br />
von dem hohen Interesse an Immobilien.<br />
Dabei weisen die Offenen Immobilienfonds<br />
einen deutlichen Renditespread<br />
zu deutschen Staatsanleihen auf, deren<br />
Renditen sich auf einem historischen Tiefstand<br />
befinden“, so Kubatzki weiter.<br />
7 Milliarden Euro Transaktionsvolumen<br />
in sechs Monaten realisiert<br />
Gemäß den der FERI EuroRating vorliegenden<br />
Daten für die elf quantitativ<br />
bewerteten Fonds wurden im Zeitraum<br />
4. Quartal 2015 bis 1. Quartal <strong>2016</strong> für<br />
rund 1,5 Milliarden Euro (ca. 21 Prozent)<br />
Objekte in Frankreich ver- und gekauft,<br />
dicht gefolgt von Deutschland mit 1,3 Milliarden<br />
Euro (rund 20 Prozent) und Großbritannien<br />
mit rund 1,1 Milliarden Euro<br />
(rund 16 Prozent), jeweils gemessen am<br />
gesamten Transaktionsvolumen (An- und<br />
Verkäufe) in Höhe von rund 7 Milliarden<br />
Euro. Die restlichen 43 Prozent verteilen<br />
sich auf weitere 13 Länder, wobei sich<br />
Niederlande und die USA mit jeweils rund<br />
550 Millionen Euro Transaktionsvolumen<br />
(jeweils rund 8 Prozent) nochmals abheben.<br />
Der Trend geht zu größeren Objekten<br />
Bei den elf quantitativ bewerteten Fonds<br />
wurden im Zeitraum 4. Quartal 2015 bis<br />
1. Quartal <strong>2016</strong> in Summe 60 Immobilien<br />
für insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro<br />
verkauft. Das entspricht einem Durchschnitt<br />
von rund 58 Millionen Euro pro Immobilie.<br />
Im selben Zeitraum wurden für<br />
diese Fonds Ankäufe von 27 Immobilien<br />
im Wert von ebenfalls rund 3,5 Milliarden<br />
Euro getätigt. Das entspricht einem<br />
Durchschnittswert von rund 130 Millionen<br />
Euro pro Immobilie. „Viele Fondsgesellschaften<br />
haben das aktuelle Marktumfeld<br />
für Verkäufe genutzt und haben gleichzeitig<br />
ihre Portfolien bereinigt. Es zeigt sich<br />
ein Trend in Richtung größerer Objekte<br />
42 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Quelle: © Kzenon - Fotolia.com<br />
und ungebrochener Marktaktivität“, kommentiert<br />
Kubatzki.<br />
Über die Hälfte aller Objektverkäufe<br />
fanden in Deutschland statt<br />
Betrachtet man die reine Anzahl der insgesamt<br />
60 Objektverkäufe isoliert vom Transaktionsvolumen,<br />
so entfallen alleine auf<br />
Deutschland 31 Immobilienverkäufe (rund<br />
52 Prozent) im Betrachtungszeitraum. „Einige<br />
Fondsgesellschaften haben sich von<br />
kleineren und älteren Immobilien mit vorwiegender<br />
Büronutzung in Deutschland<br />
getrennt“, kommentiert Kubatzki. Von den<br />
insgesamt 27 Immobilienankäufen entfallen<br />
acht Immobilenankäufe auf Deutschland<br />
(rund 30 Prozent) bei einem dazugehörigen<br />
Ankaufs-Transaktionsvolumen von rund 630<br />
Millionen Euro. Demgegenüber stehen die<br />
31 Immobilienverkäufe in Deutschland mit<br />
einem dazugehörigen Verkaufs-Transaktionsvolumen<br />
von rund 710 Millionen Euro.<br />
Dies entspricht einem Ankaufs-Durchschnittswert<br />
von rund 79 Millionen Euro<br />
pro Immobilie und einem Verkaufs-Durchschnittswert<br />
von rund 23 Millionen Euro pro<br />
Immobilie, jeweils in Deutschland.<br />
Möglicher Brexit fand keine Beachtung,<br />
Frankreich der große Verlierer<br />
Während sich die Immobilienwerte in den<br />
Portfolios für Großbritannien noch erhöht<br />
haben – dem Verkaufsvolumen von rund<br />
490 Millionen Euro steht ein Einkaufsvolumen<br />
von rund 610 Millionen Euro gegenüber,<br />
ist die größte Veränderung bei den<br />
Frankreich-Immobilien zu verzeichnen:<br />
rund 1,2 Milliarden Euro Verkaufswerte<br />
standen Ankaufswerten von lediglich rund<br />
300 Millionen Euro gegenüber.<br />
Fonds mit hoher Liquiditätsquote<br />
stehen vor Herausforderungen<br />
Die Spanne der im Untersuchungszeitraum<br />
zuletzt gemeldeten freien Liquiditätsquoten<br />
der elf quantitativ untersuchten Fonds<br />
liegt zwischen 8,5 Prozent und 22 Prozent.<br />
„Die Anlage der Liquidität stellt die<br />
Fondsmanager im Niedrigzinsumfeld vor<br />
große Herausforderungen. Viele werden<br />
es schwer haben, noch eine positive Rendite<br />
für ihre freie Liquidität zu erzielen“, so<br />
Kubatzki. Im Detail gibt es bei den drei in<br />
die Bewertung einfließenden Kriterien Performance<br />
(25 Prozent), Immobilienportfolio<br />
(50 Prozent) und Finanzstrukturen (25<br />
Prozent) deutliche Unterschiede zwischen<br />
den einzelnen Fonds. So erreichen „Uni-<br />
Immo: Europa“ und „UniImmo: Deutschland“<br />
die Ratingklasse A+, beide Fonds<br />
werden aber in der Kategorie Performance<br />
sowohl von „grundbesitz europa RC“ als<br />
auch von „hausinvest“ leicht übertroffen.<br />
Autor: www.feri.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
43
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I FINANZIERUNGEN<br />
Baufinanzierung: Banken hadern mit<br />
der Vergabe von Immobilienkrediten<br />
Deutschlands Kreditinstitute gehen<br />
bei der Immobilienfinanzierung<br />
derzeit unterschiedliche Wege:<br />
Während sich viele Institute seit Inkrafttreten<br />
einer neuen EU-Richtlinie im März<br />
bei der Kreditvergabe deutlich restriktiver<br />
verhalten, weiten andere Institute die Immobilienfinanzierung<br />
noch aus, wie Analysen<br />
der auf Finanzdienstleister spezialisierten<br />
Unternehmensberatung Cofinpro<br />
zeigen. Insgesamt herrscht derzeit bei der<br />
Immobilienkreditvergabe auf dem Markt<br />
eine große Unsicherheit, zumal der Branche<br />
eine weitere Regulierung mit strengeren<br />
Richtlinien für Baufinanzierungen<br />
droht. Neue Modelle zur Risikobewertung<br />
würden treffsichere Aussagen zur künftigen<br />
Tilgungsfähigkeit ermöglichen und<br />
Transparenz schaffen – für Banken und<br />
ihre Kunden gleichermaßen.<br />
Derzeit blicken Banken bei der Risikobewertung<br />
eines Immobilienkredits noch<br />
überwiegend in die Vergangenheit oder die<br />
Gegenwart. Bei der Analyse der drei zentralen<br />
Faktoren einer Kreditentscheidung,<br />
nämlich Rating, Kapitaldienstfähigkeit und<br />
Sicherheiten werden lediglich in geringem<br />
Maße Prognosen hinsichtlich zukünftiger<br />
Entwicklungen herangezogen. „Es ist von<br />
zentraler Bedeutung für die Banken, bessere<br />
Modelle zu entwickeln, die die Daten<br />
in die Zukunft fortschreiben und verschiedene<br />
Szenarien simulieren. Bisher häufig<br />
genutzte Excel-Berechnungen reichen<br />
hierfür nicht aus – eine systemgestützte<br />
Datenbasis ist für diese Bewertungen essentiell“,<br />
sagt Melanie Purgar, Senior Expert<br />
Consultant bei Cofinpro. „Auf dieser<br />
Grundlage ist es noch präziser möglich,<br />
die richtigen Kredite zu vergeben und die<br />
richtigen abzulehnen.“<br />
So müssten in die Analyse beispielsweise<br />
verstärkt die künftige Entwicklung der<br />
Immobilienpreise und Einkünfte, inkl.<br />
der Mietpreisentwicklung bei vermieteten<br />
Immobilien oder die Zinsentwicklung für<br />
die Prognose künftiger Belastungen des<br />
Kunden einfließen. Mit Hilfe von Simulationsmodellen<br />
kann die Bank dann eine<br />
exaktere Kreditentscheidung treffen. „Für<br />
den Kunden ist es wichtig, dass diese in<br />
einer individuellen Beratung transparent<br />
und verständlich kommuniziert wird – anhand<br />
mehrerer Szenarien. Wird dabei beispielsweise<br />
deutlich, dass die gewünschte<br />
Kredithöhe für beide Seiten ein Risiko<br />
darstellt, kann die Bank den Kunden unterstützen,<br />
mit einer kleineren Immobilie<br />
doch noch den Traum vom Eigenheim zu<br />
realisieren“, so Purgar. Fintechs wie z.B.<br />
auxmoney gehen bereits diesen Weg und<br />
überprüfen mit Hilfe von innovativen Simulationsmodellen<br />
die Kreditwürdigkeit<br />
ihrer Kunden. Teilweise fließen Hunderte<br />
von Daten in die Entscheidung über eine<br />
Kreditvergabe mit ein. Szenarioanalysen<br />
bei der Immobilienkreditvergabe minimieren<br />
auch die Risiken für Banken gerade<br />
im derzeitigen unsicheren Markt- und Zinsumfeld.<br />
Steigen die Zinsen oder sinken<br />
die Immobilienpreise wieder, drohen in<br />
einigen Jahren bei der Anschlussfinanzierung<br />
Kreditausfälle. „Es gilt für die Institute<br />
gerade auch bei Immobilienkrediten,<br />
langfristig zu denken und ihren Kunden<br />
heute Kredite zu vermitteln, die auch in<br />
zehn Jahren noch getilgt werden können“,<br />
so die Immobilienkreditexpertin von Cofinpro.<br />
Autor: www.cofinpro.de<br />
44 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERTRIEB / MARKETING I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Lieber persönlich als virtuell:<br />
Für deutsche Verbraucher macht der<br />
Faktor Mensch den Unterschied<br />
Deutsche Verbraucher wollen lieber<br />
mit echten Menschen sprechen<br />
statt digitale Kanäle zu nutzen,<br />
wenn sie den Kundenservice für Beratung<br />
oder bei Problemen in Anspruch nehmen.<br />
Laut einer Studie des Dienstleistungsunternehmens<br />
Accenture gaben drei Viertel<br />
(74%) der Befragten an, dass sie die<br />
menschliche Interaktion bevorzugen. Digitale<br />
Kanäle werden vor allem für Standardanfragen<br />
in Anspruch genommen. Die<br />
Konsumenten erhoffen sich auf diesem<br />
Weg schnellere Antworten und eine bessere<br />
Verfügbarkeit. Allerdings finden nur<br />
sechs Prozent, dass digitale und physische<br />
Kanäle gut aufeinander abgestimmt sind.<br />
„Zu glauben, dass mit den neuen digitalen<br />
Möglichkeiten die Servicequalität und damit<br />
die Kundenzufriedenheit automatisch<br />
steigen, ist ein Trugschluss“, sagt Sven<br />
Drinkuth, Geschäftsführer bei Accenture<br />
Strategy und Leiter des Bereichs Advanced<br />
Customer Strategy. „Die Unternehmen<br />
dürfen den Faktor Mensch nicht aus<br />
den Augen verlieren. Mitarbeiter im Kundenservice<br />
werden zu oft als Kostenfaktor<br />
gesehen. Dabei sind sie es, die den Ausschlag<br />
geben, ob ein Kunde bei seinem<br />
Anbieter bleibt oder enttäuscht zur Konkurrenz<br />
wechselt.“<br />
Guter Rat darf teuer sein<br />
Die Studie ‘Digital Disconnect in Customer<br />
Engagement’ von Accenture Strategy basiert<br />
auf der jährlichen durchgeführten Verbraucherumfrage<br />
Global Consumer Pulse<br />
Research. Dafür wurden weltweit mehr<br />
als 24.000 Konsumenten hinsichtlich ihrer<br />
Zufriedenheit mit Marketing-, Vertriebsund<br />
Servicekanälen sowie ihrer Loyalität<br />
befragt, darunter 1.240 aus Deutschland.<br />
Die Studie zeigt, wie sich das Verhalten<br />
und die Einstellungen von Kunden in Bezug<br />
auf digitale und analoge Kundenerlebnisse<br />
verändern. Drei von vier deutschen<br />
Verbrauchern bevorzugen demnach den<br />
persönlichen Kontakt bei Beratung (78%)<br />
und bei Problemen (74%). Jeder Dritte<br />
(31%) wäre sogar bereit, für ein Produkt<br />
oder eine Dienstleistung einen höheren<br />
Preis zu zahlen, wenn damit ein besserer<br />
Kundenservice verbunden wäre. Insbesondere<br />
beim Besuch eines Geschäfts<br />
schätzen die Kunden in Deutschland eine<br />
gute Beratung (70%) sowie die Möglichkeit,<br />
Produkte anzufassen und auszuprobieren<br />
(66%). Das sind deutlich höhere<br />
Werte als in vergleichbaren europäischen<br />
Ländern oder in den USA. Schlechte Erfahrungen<br />
bei der Beratung oder mit dem<br />
Kundenservice haben zudem Folgen. Mehr<br />
als die Hälfte der Befragten (52%) hat daraufhin<br />
im vergangenen Jahr mindestens<br />
einen Anbieter gewechselt. Am häufigsten<br />
haben Kunden Einzelhändlern (17%),<br />
Mobilfunkanbietern (13%) sowie Banken<br />
(11%) den Rücken gekehrt.<br />
Markentreue war gestern<br />
Grund zur Sorge haben die Unternehmen<br />
auch wegen der abnehmenden Bindungskraft<br />
von Marken. So empfindet nur ein<br />
Viertel (26%) der Befragten eine besondere<br />
Loyalität gegenüber ihren aktuellen<br />
Anbietern und jeder Vierte (40%) gab an,<br />
häufiger über einen Wechsel nachzudenken,<br />
als noch vor zwei Jahren. Auch bei<br />
der Suche nach einem neuen Anbieter<br />
spielt die Reputation nur eine untergeordnete<br />
Rolle (23%). Viel wichtiger sind<br />
Kriterien wie der Preis (64%), der Service<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
45
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERTRIEB / MARKETING<br />
(61%) und das Produkt (47%). „Die Loyalität<br />
gehört heute nicht mehr der Marke<br />
sondern dem Erlebnis“, sagt Sven Drinkuth.<br />
„Was zählt, ist der Moment. Diesen<br />
müssen die Unternehmen erkennen und<br />
mit maßgeschneiderten Serviceangeboten<br />
und persönlicher Beratung reagieren.<br />
Dafür braucht es das passgenaue Zusammenspiel<br />
des Mitarbeiters im Kundenservice<br />
und der digitalen Servicekanäle, so<br />
dass ein einheitliches Kundenerlebnis entsteht.“<br />
Einmal weg, immer weg<br />
Für die Unternehmen steht viel auf dem<br />
Spiel. Das Umsatzvolumen, das durch<br />
abgewanderte Kunden verloren geht,<br />
beträgt allein für Deutschland hochgerechnet<br />
rund 330 Milliarden Euro. Sich<br />
um bestehende Kunden zu kümmern,<br />
zahlt sich also aus. Immerhin sagen drei<br />
Viertel (77%) der Wechsler, dass sie bei<br />
ihrem Anbieter geblieben wären, wenn<br />
dieser sich mehr Mühe gegeben hätte.<br />
Diese Kunden zurück zu gewinnen, ist<br />
sehr aufwändig und teuer. So erklärten<br />
knapp zwei Drittel (63%), dass sie sich<br />
nicht vorstellen können, wieder zu ihrem<br />
alten Anbieter zurück zu gehen. Und die,<br />
die zurückkommen, tun das nur, wenn<br />
sie Preisvorteile sehen. „Die Digitalisierung<br />
ist hilfreich, aber kein Allheilmittel“,<br />
sagt Sven Drinkuth. „Digitale Servicekanäle<br />
erhöhen die Möglichkeiten für Kunden,<br />
den Kontakt aufzunehmen und das<br />
funktioniert auch wesentlich einfacher<br />
und schneller als früher. Aber echte Kundenbindung<br />
entsteht erst durch den Menschen.<br />
Das ist umso wichtiger, weil Unternehmen<br />
oft nur eine Chance haben,<br />
wenn es wirklich drauf ankommt. Geht<br />
das schief, sagt der Kunde ade.“<br />
Autor: www.accenture.com<br />
Call Center vor dem Abstieg?<br />
Banken sollten ihre Kontaktkanäle<br />
ganzheitlich überdenken<br />
Die Akzeptanz konventioneller Call<br />
Center geht bei Bankkunden rapide<br />
zurück. So hat sich zum Beispiel<br />
die Abschlussbereitschaft über diesen<br />
Kontaktkanal innerhalb von vier Jahren<br />
von 28 auf 14 Prozent halbiert. Mit diesem<br />
Ergebnis untermauert die Studie<br />
„Kundenberatung der Zukunft“ von Sopra<br />
Steria Consulting, dass eine konkurrenzfähige<br />
Customer Journey mit isoliertem<br />
Kanaldenken im digitalen Zeitalter unmöglich<br />
geworden ist. Banken stehen so-<br />
46 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERTRIEB / MARKETING I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
mit vor der Herausforderung, die telefonische<br />
Kundeninteraktion als weiterhin<br />
notwendiges Element nahtlos in die Omni-<br />
Channel-Betreuung zu integrieren. Trotz<br />
häufig hoher Anrufaufkommen in den Call<br />
Centern deutscher Banken sinkt die Akzeptanz<br />
der Kunden, zu telefonieren – und<br />
zwar substanziell. Wie ein Vergleich zweier<br />
Kundenbefragungen von Sopra Steria<br />
Consulting zeigt, ist die Bereitschaft, telefonische<br />
Auskünfte eines Call Centers in<br />
Anspruch zu nehmen, zwischen 2011 und<br />
2015 von 38 auf 22 Prozent zurückgegangen.<br />
Ebenfalls um 16 Prozentpunkte sank<br />
im gleichen Zeitraum die Zustimmung zu<br />
telefonischer Call-Center-Beratung von 37<br />
auf 21 Prozent. Am wenigsten sind Bankkunden<br />
derzeit zu Abschlüssen über diesen<br />
Vertriebskanal bereit – hier liegt die<br />
Akzeptanz nur noch bei 14 Prozent. Lediglich<br />
für Serviceaktivitäten wie die Durchgabe<br />
von Kontodatenänderungen steht<br />
das Call Center mit 36 Prozent noch relativ<br />
hoch im Kurs; 2011 jedoch betrug die<br />
Zustimmung noch 53 Prozent.<br />
„Die Umfrageergebnisse zeigen, dass es<br />
nicht damit getan ist, das traditionelle<br />
Call Center einfach nur umzubenennen.<br />
Auch unter einem neuen Namen wie Kundenservicecenter<br />
muss seine Rolle im<br />
Omni-Channel-Mix völlig neu definiert<br />
werden“, kommentiert Simon Oberle,<br />
Manager Digital Banking bei Sopra Steria<br />
Consulting. Dazu gehöre in erster Linie<br />
eine durchgängige Integration der Datenbasis<br />
mit allen digitalen und nicht-digitalen<br />
Kontaktkanälen. Auf diese Weise<br />
wissen Agenten im Servicecenter sofort,<br />
an welcher Stelle ein anrufender Kunde<br />
mit seiner Informationssuche auf anderen<br />
Kanälen nicht fündig geworden ist.<br />
Idealerweise liegen den Servicecenter-<br />
Agenten sämtliche Kontaktinformationen<br />
einschließlich begonnener Beratungen<br />
und aktueller Kampagnen in Echtzeit vor.<br />
Unter dieser Prämisse können Banken<br />
das, was früher Call Center hieß, zu einer<br />
Drehscheibe der Kundeninteraktion im<br />
Omni-Channel weiterentwickeln. Diese<br />
müssten auch auf Ergebnisse aus Chats<br />
mit Bankkunden zugreifen können und<br />
neue Serviceangebote wie beispielsweise<br />
eine Videoberatung liefern – Angebote,<br />
die sich gerade an jüngere Kundensegmente<br />
wenden. Diese informieren sich<br />
stärker digital und kommunizieren häufig<br />
lieber per Chat als per Telefon. Die kurzen<br />
Responsezeiten eines solchen Informationsangebots<br />
könnten einen wichtigen<br />
Beitrag leisten, die generelle Akzeptanz<br />
gegenüber einem Kundenservicecenter<br />
zu steigern. Zumindest ein Teil der deutschen<br />
Kreditinstitute hat diese Herausforderung<br />
offenbar erkannt: Laut dem<br />
Branchekompass Banken 2014 von Sopra<br />
Steria Consulting will rund ein Drittel von<br />
ihnen bis 2017 in den Ausbau ihres Kundenservicecenters<br />
investieren.<br />
Autor: www.soprasteria.de<br />
Quelle: © Kurhan - Fotolia.com<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
47
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERTRIEB / MARKETING<br />
Nachwuchsmangel aufgrund<br />
mangelhafter Stellenanzeigen?<br />
Stellenanzeigen für den Versicherungsvertrieb<br />
sind nicht aussagekräftig<br />
genug, um die angebotene<br />
Stelle beurteilen zu können. Dies ist ein<br />
zentrales Ergebnis einer Untersuchung<br />
der FH Dortmund und der Versicherungsforen<br />
Leipzig. Ein funktionierendes Vertriebsmanagement<br />
ist der Schlüssel zum<br />
Unternehmenserfolg und damit weit oben<br />
immer auf der Agenda von Versicherern<br />
und Maklern. Ein schlechtes Image sowie<br />
die deutliche Überalterung der Vermittlerschaft<br />
führen zu einem spürbaren Nachwuchsmangel<br />
in der Branche. Die offenen<br />
Stellen attraktiv darzustellen, ist Aufgabe<br />
der Versicherungsunternehmen. Ob<br />
sie das wirklich tun, untersuchte Prof. Dr.<br />
Matthias Beenken von der Fachhochschule<br />
Dortmund gemeinsam mit den Versicherungsforen<br />
Leipzig. Anhand zweier zentraler<br />
Hypothesen wurde untersucht, ob<br />
die Personalwerbung für Vertriebspositionen<br />
noch mit den heutigen Anforderungen<br />
an die Stelle des Versicherungsvermittlers<br />
kompatibel ist, und ob Versicherer<br />
ihre Personalwerbung im Vergleich auch<br />
zu anderen Dienstleistungsbranchen attraktiv<br />
genug gestalten.<br />
Für die Studie wurde eine Zufallsstichprobe<br />
von 85 Stellenanzeigen für Vertriebspositionen<br />
aus Versicherungs-, Finanzdienstleistungs-<br />
und sonstigen Dienstleistungsunternehmen<br />
untersucht. Dabei handelte es<br />
sich überwiegend um selbstständige Vertriebspositionen<br />
auf Basis eines Handelsvertretervertrags<br />
nach § 84 HGB, teilweise<br />
auch um angestellte Positionen. Es zeigte<br />
sich, dass Stellenausschreibungen von<br />
Versicherern häufig nicht aussagekräftig<br />
genug sind, um die Stellen angemessen<br />
bewerten zu können. Fast nie wird die Perspektive<br />
einer abwechslungsreichen Tätigkeit<br />
hervorgehoben. Auch die Selbstständigkeit<br />
und andere Karrieremotive werden<br />
eher selten in den Fokus gerückt. In der<br />
Regel werben Versicherungsunternehmen<br />
hingegen mit dem attraktiven Einkommen,<br />
das Bewerber erwartet. „Das steht<br />
in einem gewissen Widerspruch zur empirischen<br />
Wirklichkeit, nach der jeder zweite<br />
selbstständige Versicherungsvermittler<br />
kein Einkommen erzielt, das gemessen an<br />
vergleichbaren Angestelltentätigkeiten,<br />
zum Beispiel im Versicherungsinnendienst,<br />
zufriedenstellend ist“, so Studieninitiator<br />
Beenken. „Außerdem spricht das Motiv<br />
‚viel Geld verdienen‘ die jüngeren Generationen<br />
kaum noch an, denen das Einkommen<br />
zwar nicht unwichtig, aber eine<br />
erfüllende und sinnstiftende Tätigkeit viel<br />
wichtiger ist.“ Die von der Tätigkeit geforderten<br />
Kompetenzen sowie Informationen<br />
über die Arbeitsbedingungen werden jedoch<br />
nicht immer ausgewiesen. Auffällig<br />
ist zudem, dass Anzeigen von Versicherern<br />
typischerweise keine oder nur sehr<br />
vage Anforderungen an die fachlichen,<br />
methodischen und sozialen Kompetenzen<br />
der Bewerber formulieren.<br />
„Es entsteht der Eindruck, dass der Versicherungsverkauf<br />
keine besonderen Anforderungen<br />
stellt und für Jedermann<br />
leicht erlernbar ist“, so Sascha Noack,<br />
Kompetenzfeldleiter Versicherungsvertrieb<br />
bei den Versicherungsforen Leipzig.<br />
„Dabei sind Beratung und Vermittlung<br />
beispielsweise durch die Vermittlerregulierung,<br />
die enorme Angebotsvielfalt, sich<br />
ständig ändernde rechtliche Vorgaben,<br />
Niedrigzins-bedingte Veränderungen von<br />
Vorsorgestrategien oder eine komplexe<br />
Besteuerung von Altersvorsorgeprodukten<br />
eine hoch anspruchsvolle Tätigkeit.“<br />
Im Vergleich zu den untersuchten<br />
Stellenanzeigen der anderen Branchen<br />
zeigt sich, dass Anzeigen sehr viel konkreter<br />
formuliert werden können und dadurch<br />
eher dazu anregen, sich mit der angebotenen<br />
Position zu beschäftigen. „Bei<br />
Versichereranzeigen entsteht teilweise<br />
der Eindruck, dass gar keine konkret frei<br />
gewordene Agentur beworben wird, son-<br />
48 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
dern die Anzeige nur eine Art unverbindlicher<br />
Aufforderung zur Kontaktaufnahme<br />
darstellt und erst später geprüft wird, für<br />
welche Aufgabe ein Bewerber gebracht<br />
wird“, so Noack weiter. „So lustlos würde<br />
kein Personalmanager auf die Suche<br />
gehen, wenn er eine qualifizierte Stelle<br />
im Innendienst auszuschreiben hat“, ergänzt<br />
Beenken. „Damit verfestigen Versicherer<br />
ohne Not das Klischee, dass Außendiensttätigkeiten<br />
einen geringeren<br />
Stellenwert aufweisen als solche im Innendienst,<br />
wundern sich dann aber über<br />
massive Nachwuchsprobleme.“ Aus der<br />
Untersuchung ergeben sich einige Handlungsempfehlungen,<br />
wie Versicherer ihre<br />
Stellenanzeigen für Vertriebsmitarbeiter<br />
attraktiver gestalten können. Perspektiven,<br />
die die Arbeit als Vermittler bietet,<br />
sollten konkreter, inhaltlich gehaltvoller<br />
sowie zielgruppenfokussierter sein. Weiter<br />
sollten Karrieremöglichkeiten eher in<br />
den Vordergrund gestellt werden, als das<br />
Einkommen. Die Selbstständigkeit und<br />
die Abwechslung, die die Arbeit als Versicherungsvermittler<br />
bietet, könnten betont<br />
werden. Insgesamt gilt es, die Stelle<br />
anspruchsvoller darzustellen und Soft<br />
Skills wie Teamfähigkeit hervorzuheben,<br />
die gerade bei der jüngeren Generation<br />
einen hohen Stellenwert haben.<br />
Autor: www.versicherungsforen.net<br />
Versicherungsbranche<br />
in Deutschland:<br />
Gewinnerstrategien für das Jahr 2025<br />
Die aktuelle Studie von Oliver Wyman<br />
„Versicherung 2025 – Ein Zukunftsszenario<br />
für die Gewinner von morgen“<br />
analysiert die Treiber des Wandels im<br />
Versicherungsmarkt bis zum Jahr 2025,<br />
schätzt Folgen ab und zeigt neue Perspektiven<br />
auf. Von Wachstum ist nur in selektiven<br />
Feldern auszugehen, während das<br />
alte Stammgeschäft bröckelt: So könnte<br />
das Beitragsvolumen in der Lebensversicherung<br />
je nach Politikvorgaben um vier<br />
Milliarden Euro sinken, in der Schadenund<br />
Unfallversicherung herrscht nahezu<br />
Stagnation. Von 245.000 traditionellen<br />
Vermittlern und Maklern werden im Szenario<br />
der Studie rund 100.000 aus dem<br />
Markt ausscheiden. Chancen hingegen<br />
bietet eine konsequente Digitalisierung:<br />
Sie ermöglicht Versicherern, bis zum Jahr<br />
2025 ihre Kostenquote um ein Viertel zu<br />
senken und zugleich besseren Service anzubieten.<br />
Wer heute sein Kern-Geschäftsmodell<br />
klar definiert, strategische Schwerpunkte<br />
setzt und eine agile Firmenkultur<br />
etabliert, ist auch gegen steigenden Wettbewerbs-<br />
und Kostendruck gewappnet.<br />
Die Oliver Wyman-Studie gibt einen klaren<br />
Orientierungsrahmen mit Erfolgsbausteinen<br />
und archetypischen Geschäftsmodellen<br />
für Gewinnerstrategien im Jahr 2025.<br />
Kennen Sie Klaus Könner? Er ist Vorstandsvorsitzender<br />
der „Solide Leben AG“<br />
– und lebt im Jahr 2025. Ebenso wie seine<br />
Branchenkollegen Nicola Netz, Sven<br />
Slim und Henri Hipp hat er eine Zeitreise<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
49
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
unternommen und berichtet rückblickend<br />
über den absolvierten Erfolgspfad seines<br />
Unternehmens. Die vier fiktiven Entscheider<br />
aus der aktuellen Oliver-Wyman-<br />
Studie „Versicherung 2025“ haben es alle<br />
geschafft: Sie unterzogen ihr Unternehmen<br />
im Jahr <strong>2016</strong> mit genauem Zielbild<br />
und ausgewählten Handlungsbausteinen<br />
einem kräftigen Veränderungsprozess –<br />
und führten es so in sicheres Fahrwasser.<br />
Dabei positionierten sich die Versicherer<br />
höchst unterschiedlich: mal klassisch generalistisch,<br />
mal hocheffizient und pfeilschnell.<br />
„Anhand der Fallbeispiele skizzieren<br />
wir vier Transformationspfade, die aus<br />
unserer Sicht als Gewinnerstrategien gelten<br />
dürfen“, sagt Markus<br />
Zimmermann, Partner bei<br />
Oliver Wyman und Leiter<br />
des Versicherungsbereichs<br />
Deutschland,<br />
Österreich und Schweiz.<br />
„Wandel ist in der Versicherungsindustrie<br />
bei jedem<br />
Unternehmen Programm.<br />
Es kommt jetzt<br />
darauf an, die strategische<br />
Stoßrichtung zu definieren<br />
und dann den Umbau<br />
konsequent voranzutreiben“, so Zimmermann.<br />
„Klar ist: Nur noch einige große<br />
Marktteilnehmer werden 2025 das komplette<br />
Spektrum an Produkten, Services<br />
und Vertriebskanälen bieten können.“<br />
Differenzierte Wertversprechen und<br />
strikte Kundenorientierung<br />
Von den vier charakteristischen Erfolgsunternehmen<br />
ist in Zukunft nur ein Typus ein<br />
wirklicher Allrounder: der Blue-Chip-Komfortpartner.<br />
Er agiert omnipräsent, markenstark<br />
und kooperiert dabei im Hintergrund<br />
auch mit „White Label“-Anbietern<br />
für Spezial- und Nischenprodukte. Dagegen<br />
stellt sich der vertriebsstarke Stammgeschäfts-Modernisierer<br />
so auf, dass<br />
er häufig in bestimmten Regionen oder<br />
Kernsegmenten verankert ist und damit<br />
nah, vertrauenswürdig und durchgängig<br />
kundenorientiert agiert. Einige Versicherer<br />
behaupten sich laut Analyse auch als<br />
leistungsstarke Risiko- oder Produktspezialisten,<br />
wobei sie je nach Ausprägung ihrer<br />
Risikoexpertise und Spezialisierung als<br />
innovative Qualitätsanbieter oder plattformorientierte<br />
Produktfabriken auftreten<br />
können. Der agile Preis- und Kostenführer<br />
punktet mit einem Konzept, das besonders<br />
zu Online- und Direktversicherern passt:<br />
einfach, günstig und schnell – dank maximaler<br />
Digitalisierung sowie hoch agiler<br />
analytischer Fähigkeiten. So unterschiedlich<br />
die strategische Ausrichtung<br />
auch sein mag:<br />
Alle Marktteilnehmer<br />
stehen gemeinsam vor<br />
drei großen Herausforderungen.<br />
Sie müssen<br />
eine stets kundenzentrierte<br />
Unternehmenskultur<br />
schaffen, die Agilität<br />
ihrer Organisation stärken<br />
und über neue Anreize<br />
und Denkmuster ihr<br />
Talentmanagement neu<br />
ausrichten. „Nötig ist ein Denken und Arbeiten<br />
über Bereichsgrenzen hinweg mit<br />
offener Feedback-Kultur. Erst wenn dies<br />
gelingt, entstehen neue Geschäftsmodellbausteine<br />
und eine wahrnehmbare<br />
Kundenorientierung“, sagt Zimmermann.<br />
Gute Nachrichten für Kunden: Sie erwarten<br />
auch dank Digitalisierung ganz neue<br />
Interaktionsmöglichkeiten, flexiblere Produkte<br />
sowie mehr Service und Transparenz.<br />
„Auf der für den Kunden erlebbaren<br />
Schaden- und Serviceseite werden Versicherer<br />
in zahlreiche neue Leistungsfelder<br />
und Mehrwertdienste investieren, die sie<br />
auch mithilfe externer Partner erbringen.<br />
Versicherung 2025 ist geprägt von ‚erlebter<br />
Sicherheit‘ und einfacher Kommunikation<br />
entlang aller Kanäle“, sagt Rouget<br />
Quelle: © Gee - Fotolia.com<br />
50 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Pletziger, Principal im Bereich Versicherungen<br />
bei Oliver Wyman. Dabei besetzt<br />
nicht mehr jedes Versicherungsunternehmen<br />
die Kundenschnittstellen selbst. Mancher<br />
Anbieter wird zum reinen Risikoträger<br />
im Hintergrund – also bewusst ohne<br />
strategische Kontrolle der Kunden- und<br />
Vertriebsschnittstelle.<br />
Omnikanal ist Trumpf, Provisionen<br />
schrumpfen, Effizienz wächst<br />
Gerade für den Vertrieb erwartet Zimmermann<br />
einschneidende Veränderungen:<br />
„Alte Fürstentümer innerhalb von Versicherungsunternehmen<br />
bröckeln – und<br />
Kunden gehören in Zukunft in der Regel<br />
dem Unternehmen, und nicht einem Vertriebsweg<br />
oder Vermittler.“ Dominieren<br />
werden sogenannte Omnikanalmodelle,<br />
wobei die Bedeutung von digitalen Medien,<br />
Aggregatoren sowie unabhängigen<br />
Drittvertrieben wächst. In traditionellen<br />
Vermittlerorganisatioen muss ein nahtloses<br />
Zusammenspiel zwischen Mensch<br />
und Online-Unterstützungsinstrumenten<br />
erfolgen. Den klassischen Versicherungsvermittlern<br />
und -beratern stehen schwere<br />
Zeiten bevor: Verändertes Kundenverhalten<br />
und verschärfte regulatorische Vorgaben<br />
zur Vertriebsvergütung sorgen laut<br />
Oliver Wyman-Analyse dafür, dass von<br />
den rund 245.000 traditionellen Vermittlern<br />
und Maklern im Jahr 2014 bis 2025<br />
rund 100.000 aus dem Markt ausscheiden.<br />
Für viele ist das eine wirtschaftliche<br />
Notwendigkeit, denn das erzielbare Provisionsvolumen<br />
im Markt sinkt ebenfalls<br />
drastisch um 40 bis 50 Prozent. Das Kostenmanagement<br />
behält in der Versicherungswirtschaft<br />
überragende Bedeutung.<br />
„Die Branche wird ihre mittlere Kostenquote<br />
ohne Provisionen im Schnitt um 20<br />
bis 25 Prozent senken können und müssen“,<br />
prognostiziert Pletziger. Besonders<br />
hohe Effizienzgewinne seien bei den Abschlussgemeinkosten<br />
sowie bei hoch automatisierbaren<br />
internen Betriebs-, Schaden-<br />
und Servicefunktionen realisierbar.<br />
In der IT hingegen bleiben die künftigen<br />
Effizienzgewinne im Branchenschnitt bis<br />
2025 noch ohne Wirkung, da im Gegenzug<br />
erhebliche Investitionen in Digitalisierungs-<br />
und Data Management-Themen<br />
nötig sind. Die verschärfte Regulierung<br />
und niedrige Zinsen lassen das Risiko- und<br />
Kapitalmanagement stärker in den Mittelpunkt<br />
rücken. Versicherer werden diesen<br />
Bereich enger in strategische Planungen<br />
und Investitionsentscheidungen einbinden.<br />
In der Produktentwicklung werden<br />
zudem viele Unternehmen aufgrund der<br />
Solvency-II-Vorgaben bis 2025 deutlich<br />
schärfere interne Transparenzanforderungen<br />
festgelegt haben.<br />
Autor: www.oliverwyman.de<br />
Quelle: © yexela - Fotolia.com<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
51
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
Das große Warten:<br />
deutsche Versicherer zu zögerlich bei<br />
Innovationen<br />
InsurTech-Trend wird als Chance erkannt, aber eigene<br />
Geschäftsmodelle werden kaum weiterentwickelt<br />
Die deutschen Versicherungsunternehmen<br />
fokussieren zu stark auf<br />
interne Themen wie Infrastrukturen<br />
und Prozesse und zeigen sich zögerlich,<br />
wenn es darum geht, Innovationen zu entwickeln.<br />
Sie drohen dadurch zunehmend<br />
den Anschluss an neue InsurTech-Trends<br />
zu verpassen. Zwar wird in der Branche<br />
allgemein anerkannt, dass Versicherungs-<br />
Start-ups große Chancen bieten. Dennoch<br />
haben die wenigsten Unternehmen bisher<br />
Prozesse und Maßnahmen angestoßen,<br />
um neue digitale Produkte und Dienstleistungen<br />
am Versicherungsmarkt durchzusetzen.<br />
Sie erwarten zudem, dass die<br />
klassischen Vermittler zu den Verlierern<br />
der InsurTech-Innovationswelle gehören<br />
werden, und hoffen darauf, ihr Geschäft<br />
künftig über andere Vertriebskanäle generieren<br />
zu können. Dies sind zentrale Ergebnisse<br />
der aktuellen InsurTech-Studie<br />
von zeb. Die Strategie- und Managementberatung<br />
– führend in der Beratung von<br />
Unternehmen im europäischen Finanzsektor<br />
– hat untersucht, wie deutsche Versicherungsunternehmen<br />
aktuelle Insur-<br />
Tech-Trends bewerten und beabsichtigen,<br />
darauf zu reagieren. Insgesamt haben<br />
sich über 120 Vorstände, Führungskräfte<br />
und Experten aus der Versicherungsbranche<br />
an der zeb-Studie beteiligt, was gemessen<br />
am Beitragsvolumen mehr als 80<br />
% des deutschen Versicherungsmarktes<br />
entspricht. Dr. Matthias Uebing, verantwortlicher<br />
zeb-Partner für das Versicherungsgeschäft,<br />
erläutert: „Die deutsche<br />
Assekuranz öffnet sich Schritt für Schritt<br />
neuen Geschäftsideen und Innovationen.<br />
Das geschieht aus unserer Sicht jedoch zu<br />
langsam. Die Branche muss lernen, wesentlich<br />
schneller und konsequenter auf<br />
die Bedürfnisse ihrer digital verwöhnten<br />
Kunden einzugehen.“<br />
Quelle: © DragonImages - Fotolia.com<br />
Sehr großes Interesse – aber geringe<br />
Kenntnis des InsurTech-Marktes<br />
Die InsurTech-Studie von zeb ist auf sehr<br />
großes Interesse der Branche gestoßen.<br />
Angesichts dessen überrascht es, dass nur<br />
die Hälfte der Versicherer (52 %) angibt,<br />
den InsurTech-Markt genauer zu beobachten.<br />
So besteht bei der Bekanntheit von<br />
InsurTechs großer Nachholbedarf. Fast<br />
alle Versicherer kennen Vergleichsportale<br />
und digitale Makler. Andere innovative Geschäftsmodelle,<br />
die zudem die Versicherer/<br />
Vermittler unterstützen, statt zu konkurrieren,<br />
fristen dagegen ein „Schattendasein“<br />
(zum Beispiel White-Label-Apps für<br />
Vermittler, Prozessunterstützungstools,<br />
Schadenmanagement). Unterm Strich:<br />
Von zurzeit über 50 InsurTechs in Deutschland<br />
sind den Versicherern nur eine Handvoll<br />
Unternehmen bekannt.<br />
52 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Quelle: © yurolaitsalbert - Fotolia.com<br />
Versicherer sehen hohes Potenzial –<br />
setzen aber keine Maßnahmen um<br />
Im Detail ergab die zeb-Studie, dass die<br />
deutschen Versicherer mehrheitlich vom<br />
Potenzial der InsurTechs als Innovationstreiber<br />
überzeugt sind. So bewerten<br />
74 % der Befragten den InsurTech-Trend<br />
als relevant bzw. sehr relevant. 73 %<br />
der Befragten erwarten zudem, dass sich<br />
durch deren Geschäftsmodelle Chancen<br />
für die etablierte Branche ergeben. Den<br />
Vermittlern hingegen werden schwere<br />
Zeiten vorhergesagt. 56 % der Versicherer<br />
denken, dass hier die Risiken überwiegen.<br />
Jakob Baron, Manager bei zeb<br />
und Autor der Studie, ergänzt: „Versicherer<br />
gehen offenbar davon aus, dass<br />
klassische Vermittler gegenüber Aggregatoren<br />
und digitalen Maklern Kunden<br />
verlieren werden. Aus unserer Sicht<br />
sollten die Versicherer jedoch nicht zu<br />
sehr darauf vertrauen, dass das Geschäft<br />
künftig im selben Umfang über<br />
andere Kanäle kommt. Es gilt vielmehr,<br />
vor allem den eigenen Vertrieb zukunftsfest<br />
aufzustellen.“ Die Unternehmen haben<br />
bislang kaum Maßnahmen umgesetzt,<br />
um diese Chancen zu realisieren<br />
oder den Risiken zu begegnen. Nur 19<br />
% der Studienteilnehmer geben an, InsurTech-Ideen<br />
adaptiert zu haben. 17 %<br />
der Befragten bejahen, mit InsurTechs<br />
zu kooperieren, und 3 % haben Abwehrmaßnahmen<br />
umgesetzt.<br />
Versicherer überlassen Innovationen<br />
den InsurTechs – und warten ab<br />
Stattdessen verlassen sich Versicherer auf<br />
Altbewährtes. 91 % geben an, auf ihre bestehenden<br />
Geschäftsmodelle zu vertrauen<br />
und Innovationen nur dann zu übernehmen,<br />
wenn diese sich am Markt durchgesetzt<br />
haben. Nur 9 % der Versicherer<br />
sehen sich als Innovationsführer. Das ist<br />
aus Sicht von zeb ein zu zögerliches Vorgehen.<br />
„Die Versicherer sind zu stark mit<br />
ihren internen Themen beschäftigt. Die<br />
Verbesserung des Kundenerlebnisses wird<br />
dabei fast kampflos den InsurTechs überlassen“,<br />
bilanziert Jakob Baron. „Es wird<br />
aktuell oft geschrieben, dass Versicherer<br />
sich neu erfinden und innovative Lösungen<br />
erarbeiten. Die Studie beweist jetzt das<br />
Gegenteil“, so abschließend Dr. Matthias<br />
Uebing. „Bis auf sehr wenige, große Versicherungskonzerne<br />
ist die Branche passiv<br />
und abwartend.“<br />
Autor: www.zeb.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
53
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
Weckruf der InsurTechs:<br />
Viel Lärm um Nichts?<br />
Studie zu Gewinnern und Verlierern unter Start-ups in<br />
der Versicherungswirtschaft von Oliver Wyman und<br />
Policen Direkt<br />
InsurTechs werden die Versicherungswirtschaft<br />
umkrempeln: Etablierte Versicherer<br />
sind gut beraten, diesen Trend<br />
nicht kleinzureden. Doch wie laut ist der<br />
Weckruf der InsurTechs wirklich? Denn obwohl<br />
sie längst mehr als ein Phänomen sind,<br />
nutzen InsurTechs ihr Potenzial noch nicht<br />
auf allen Ebenen aus. Das zeigt der Insur-<br />
Tech-Radar von Oliver Wyman und Policen<br />
Direkt. Darin wurden die Start-ups der Versicherungswirtschaft<br />
erstmals einem umfassenden<br />
Check unterzogen und entlang<br />
der Versicherungswertschöpfungskette systematisch<br />
analysiert – von der Angebotsseite<br />
über den Vertrieb bis hin zum Betrieb.<br />
„Wir zeigen in 19 Branchenfeldern, welche<br />
Newcomer und welche Geschäftsmodelle<br />
man zwingend auf dem Radarschirm haben<br />
muss“, sagt Dietmar Kottmann, Insurance-<br />
Partner bei Oliver Wyman und Co-Autor der<br />
Studie. Zentrale Ergebnisse des InsurTech-<br />
Radars sind:<br />
• Bei Versicherungsangeboten liegen die<br />
besten Chancen der InsurTechs nur in<br />
Nischenbereichen wie situativen oder<br />
Community-basierten (P2P)-Ansätzen.<br />
Traditionelle Versicherer können sich<br />
dagegen mit echten Angebotsinnovationen<br />
auch in der digitalen Welt behaupten.<br />
• Aktuell findet der Hauptangriff der InsurTechs<br />
im Versicherungsvertrieb statt<br />
– mit guten Erfolgsaussichten.<br />
• Der Versicherungsbetrieb wird von InsurTechs<br />
in Deutschland im internationalen<br />
Vergleich bisher vernachlässigt,<br />
obwohl dort viel zu holen wäre.<br />
Die Industrie ist aufgewacht. „Der Weckruf<br />
der InsurTechs ist unüberhörbar“, sagt Nikolai<br />
Dördrechter, Geschäftsführer von Policen<br />
Direkt als Co-Autor der Studie. „Die<br />
digital agierenden InsurTechs, befeuert von<br />
kühnen Wachstumsphantasien, frischem<br />
Wagniskapital und einer Menge Gründergeist,<br />
haben einen längst überfälligen<br />
Strukturwandel in der Versicherungswirtschaft<br />
ausgelöst.“<br />
Zwischen Hype und Hysterie<br />
Naht also das Ende der etablierten Versicherer<br />
oder ist der Weckruf der InsurTechs<br />
nur viel Lärm um Nichts? Fakt ist: Die InsurTechs,<br />
im Jahr 2015 weltweit gefüttert<br />
mit 2,7 Milliarden US-Dollar Risikokapital,<br />
könnten selbst Versicherungsriesen in arge<br />
Bedrängnis bringen. Der InsurTech-Radar<br />
zeigt: Die Schwergewichte der Branche<br />
wirken verunsichert und reagieren teils hyperaktiv.<br />
Die Folge: Unternehmen setzten<br />
oft rasch eine Digitalagenda auf. „Bisher<br />
schwankt die Branche zwischen Hype und<br />
Hysterie. Es ist an der Zeit, das Thema<br />
nüchtern und analytisch zu betrachten“,<br />
sagt Dietmar Kottmann, Partner und Digital<br />
Insurance Lead Europa bei Oliver Wyman.<br />
Angebote: Hier punkten etablierte<br />
Versicherer<br />
Die Analyse demonstriert: Nicht auf allen<br />
Gebieten sind die von InsurTechs in den<br />
Markt getragenen Technologien und Prozesse<br />
so unwiderstehlich, dass sie die herrschende<br />
Ordnung vollständig in Frage stellen.<br />
So tun sich die InsurTechs vor allem im<br />
traditionellen Kerngeschäft der Versicherer<br />
schwer – nämlich beim Kreieren neuer Angebote.<br />
Zwar existieren innovative Konzepte,<br />
wenn es zum Beispiel darum geht,<br />
situativ per Smartphone einen Versicherungsschutz<br />
abzuschließen oder Policen<br />
aufzusetzen, die enge Communitys adressieren.<br />
„Das allerdings sind Nischenthemen,<br />
in denen geringes wirtschaftliches Potenzial<br />
steckt“, sagt Versicherungsexperte<br />
54 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Kottmann. „Im Klartext: Nur weil Peer-to-<br />
Peer draufsteht, muss es sich noch lange<br />
nicht um ein überlegenes Geschäftsmodell<br />
handeln.“<br />
Viel mehr Erfolg trauen die Studienautoren<br />
jenen Traditionsanbietern zu, die es<br />
schaffen, Angebote zur Absicherung neuer<br />
digitaler Risiken im Markt zu platzieren.<br />
Wachsendes Gewicht bekommen auch innovative<br />
Versicherungsprodukte rund um<br />
das Internet der Dinge, Produkte, die neben<br />
reinem Versicherungsschutz „erlebbare<br />
Sicherheit“ bieten sowie Produkte, die<br />
Big-Data-Technologien nutzen – allerdings<br />
müssen Versicherer hier Quereinsteiger<br />
aus vorgelagerten Industrien fürchten. So<br />
könnten beispielsweise Automobilhersteller<br />
ihre Wertschöpfung verlängern, indem sie<br />
im Bereich der Telematik eigene Versicherungsangebote<br />
auflegen. Trotz Preisdrucks<br />
und erhöhter Transparenz können auch<br />
etablierte Versicherer erfolgreich Low-Cost-<br />
Angebote auf den Markt bringen. Hier bekommen<br />
sie allerdings die Konkurrenz von<br />
InsurTechs besonders zu spüren, so ein<br />
Studienergebnis.<br />
Die mit Abstand größte InsurTech-Aktivität<br />
in Deutschland herrscht im Versicherungsvertrieb.<br />
„Hier ist ein harter Wettbewerb<br />
zwischen Alt und Neu entbrannt“, so Nikolai<br />
Dördrechter. „Auch wenn die InsurTechs<br />
den Etablierten erst einen relativ kleinen<br />
Teil der Kunden abspenstig machen konnten,<br />
ist es den Start-ups dennoch gelungen,<br />
enormen Druck auf die gewachsenen<br />
Vertriebsstrukturen auszuüben.“ Der InsurTech-Radar<br />
zeigt: Versicherer fürchten,<br />
dass im Vertrieb Oligopole der Onlinemakler<br />
entstehen, wie es Preisvergleichern wie<br />
Check24 bereits gelungen ist. Bislang machen<br />
die Kundenbedürfnisse und das mangelnde<br />
Interesse an Versicherungen den<br />
InsurTechs einen Strich durch die Rechnung.<br />
So haben auch traditionelle Vertriebe<br />
eine Chance zu bestehen, wenn sie sich<br />
über hochwertige Kundenberatung und digitale<br />
Omnikanal-Modelle positionieren.<br />
Signifikante Geschäftschancen werden in<br />
Deutschland noch liegengelassen, wenn es<br />
um Digitalstrategien im Versicherungsbetrieb<br />
geht. Das gilt laut InsurTech-Radar für<br />
Start-ups wie für Etablierte gleichermaßen.<br />
„Im Betrieb gibt es vor allem im Schadenbereich<br />
viel Potenzial, das in Deutschland im<br />
Gegensatz zum Ausland noch wenig adressiert<br />
wird“, sagt Nikolai Dördrechter. Seine<br />
Überzeugung: InsurTechs in Deutschland<br />
sollten verstärkt auf Segmente zielen, die<br />
ein höheres wirtschaftliches Potenzial versprechen.<br />
Viel Aktivität, wenig Disruption<br />
Fegen die Start-ups bald über alles Bestehende<br />
radikal hinweg? Davon sei noch nicht<br />
auszugehen, sagt Oliver Wyman-Partner<br />
Kottmann: „Es gibt viel InsurTech-Aktivität,<br />
aber noch wenig echte Disruption in<br />
Deutschland.“ Zwar sind nach den USA hierzulande<br />
die meisten dieser Gründungen zu<br />
beobachten. „Aber nicht hinter jeder hippen<br />
Webseite steckt ein gutes Geschäftsmodell.<br />
Längst nicht alle InsurTechs werden überleben.<br />
Es besteht viel Potenzial zur Partnerschaft<br />
zwischen Alt und Neu.“ Dennoch<br />
seien Versicherer gut beraten, sich genauer<br />
mit den Start-ups zu befassen. Zumal die<br />
Geschäftsmodelle der InsurTechs oft eine<br />
Zusammenarbeit mit etablierten Versicherern<br />
vorsehen. Der InsurTech-Radar zeigt:<br />
Deutschland kann international eine führende<br />
Rolle bei der Digitalisierung der Assekuranz<br />
einnehmen. Die starke Position<br />
der deutschen Versicherungswirtschaft mit<br />
führenden Unternehmen wie Allianz oder<br />
Munich Re sei eine gute Startrampe. Viel<br />
Arbeit und erhebliche Investitionen seien<br />
freilich nötig. „Einige der deutschen Insur-<br />
Techs wie Schutzklick zeigen heute schon<br />
ihr Potenzial, sich auch international erfolgreich<br />
zu etablieren“, sagt Kottmann.<br />
Autor: www.oliverwyman.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
55
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
InsurTechs werden als innovativ, aber<br />
nicht unbedingt seriös wahrgenommen<br />
InsurTechs versuchen mit frischen<br />
Ideen, modernen Technologien und<br />
lockerer Kundenansprache den Markt<br />
für Versicherungsprodukte umzukrempeln<br />
sowie etablierten Versicherern und Versicherungsmaklern<br />
Marktanteile streitig zu<br />
machen. Zwei Drittel (69 Prozent) der Finanzenentscheider<br />
und -mitentscheider in<br />
Deutschland sind der Ansicht, dass Verbraucher<br />
von den alternativen Anbietern<br />
profitieren können. Dies geht allerdings<br />
einher mit einer wahrgenommenen Überforderung.<br />
Fast vier von fünf (78 Prozent)<br />
der Versicherungskunden sind der Ansicht,<br />
dass der Finanz- und Versicherungsmarkt<br />
durch die Angebote von InsurTechs unübersichtlicher<br />
wird. Dies zeigt die dritte<br />
Befragungswelle des YouGov FinTech Tracker<br />
des internationalen Marktforschungsund<br />
Beratungsinstituts YouGov, für den<br />
rund 1.000 private Finanzentscheider<br />
und -mitentscheider vom 02.05.<strong>2016</strong> bis<br />
09.05.<strong>2016</strong> internetrepräsentativ befragt<br />
wurden. Dabei besteht die Stärke der InsurTechs<br />
gegenüber klassischen Angeboten<br />
aus Konsumentensicht in der klaren,<br />
einfachen Darstellung der Produkte sowie<br />
dem schnellen, einfachen Abschlussprozess<br />
online oder per App. Auch profitieren<br />
die neuen Anbieter gegenüber klassischen<br />
Anbietern von einer weniger förmlichen<br />
Ansprache, wodurch die Produkte besonders<br />
für jüngere Verbraucher an Attraktivität<br />
gewinnen. Dies zeigt die qualitative<br />
Studie „Produktinnovationen in der Assekuranz“,<br />
die Kundenerlebnisse und -erwartungen<br />
unter anderem zu InsurTechs<br />
tiefergehend analysiert.<br />
Verbrauchervertrauen<br />
bei klassischen Anbietern höher<br />
„Ein klarer Vorteil klassischer Versicherer<br />
gegenüber den relativ neuen InsurTechs<br />
ist das Vertrauen, dass Verbraucher diesen<br />
entgegenbringen. Gerade bei Versicherungen<br />
orientieren sich Versicherungsnehmer<br />
stärker an großen Gesellschaften mit<br />
Tradition und gutem Ruf“, sagt Jutta Rothmund,<br />
Senior Consultant bei YouGov und<br />
Leiterin der qualitativen Studie. „So werden<br />
die Angebote der InsurTechs zwar als innovativ,<br />
aber nicht unbedingt als seriös angesehen.<br />
“Beispielsweise ist das Konzept von<br />
friendsurance für die Verbraucher auf den<br />
ersten Blick durchaus interessant, dabei<br />
zieht vor allem das Versprechen von Schadenfreiheitsboni.<br />
Bei näherer Betrachtung<br />
ist den Konsumenten aber nicht klar, wo<br />
genau der Vorteil zum klassischen Versicherungsprinzip<br />
besteht. Dementsprechend ist<br />
die Abschlussbereitschaft hier auch eher<br />
gering. So können sich im YouGov FinTech<br />
Tracker nur 13 Prozent der Markenkenner<br />
von friendsurance vorstellen, dort Kunde zu<br />
werden“, so Rothmund weiter.<br />
„Auch situative Kleinversicherungen, wie sie<br />
unter anderem AppSichern anbietet, stellen<br />
aus Sicht der Konsumenten durchaus eine<br />
sinnvolle Ergänzung des Versicherungsschutzes<br />
dar. Das Angebot auf der Plattform<br />
löste bei den Befragten jedoch auch Skepsis<br />
aus. Wenngleich die günstigen Preise<br />
attraktiv waren, hatten viele den Eindruck,<br />
hier sollen unnötige Versicherungen vermarktet<br />
werden.“ „Die Ergebnisse unserer<br />
Studien zeigen, dass InsurTechs frischen<br />
Wind in die Branche bringen, indem sie<br />
Konsumentenwünsche aufgreifen und Versicherungen<br />
eine gewisse Leichtigkeit und<br />
Einfachheit geben. Damit reduzieren sie die<br />
Barrieren gerade jüngerer Konsumenten,<br />
sich mit dem Thema Versicherungen zu<br />
beschäftigen. In Punkto Vertrauenswürdigkeit<br />
und Beratungskompetenz können und<br />
müssen sie aber von den etablierten Anbietern<br />
einiges lernen. Versicherungen sind<br />
und bleiben ein ernsthaftes Thema, das<br />
auch Jüngere nicht auf die leichte Schulter<br />
nehmen. Letztlich können InsurTechs und<br />
klassische Anbieter gegenseitig voneinander<br />
lernen und profitieren“, so Rothmund.<br />
Autor: www.yougov.de<br />
56 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Betriebsrente und<br />
Produktinnovationen könnten den<br />
schwächelnden Markt beleben<br />
Wie sich der Gesamtmarkt bis 2025<br />
entwickeln wird, hängt auch vom<br />
politischen Rahmen ab – dies gilt<br />
insbesondere für die Lebensversicherung.<br />
Das Beitragsvolumen könnte bei einer gesetzlich<br />
verordneten Stärkung der betrieblichen<br />
Altersversorgung von rund 94 Milliarden<br />
Euro im Jahr 2014 bis 2025 auf 98<br />
Milliarden Euro steigen. Bleiben Vorgaben<br />
der Politik aus, droht laut Analyse ein Absinken<br />
auf 90 Milliarden Euro. Die Niedrigzinsen<br />
belasten weiterhin das Ergebnis und<br />
die Attraktivität der privaten Altersvorsorgeprodukte.<br />
In der Schaden- und Unfallversicherung<br />
erwarten die Experten von Oliver Wyman<br />
nahezu Stagnation. Von 2014 bis 2025<br />
werde das Prämienvolumen um nur sieben<br />
Prozent von rund 63 auf 67 Milliarden<br />
Euro zulegen. Während die Kraftfahrtsparte<br />
deutlich schrumpft, erhöhen sich die<br />
Beitragseinnahmen in der gewerblichen<br />
Sach- und Haftpflichtversicherung. Neue<br />
Wachstumschancen und Innovationsimpulse<br />
bestehen insbesondere in den Feldern<br />
„Neue Mobilität“, „Internet der Dinge“<br />
und im „Mid-Corp“-Firmensegment.<br />
Entwarnung gibt Zimmermann für ein bereits<br />
diskutiertes Szenario, wonach „Online-<br />
Riesen“ als unmittelbare Wettbewerber auf<br />
den Plan treten könnten. Dazu werde es<br />
nicht kommen: „Wir erwarten nicht, dass<br />
Internetkonzerne wie Google oder Amazon<br />
selbst als Risikoträger in das direkte<br />
Versicherungsgeschäft einsteigen werden.<br />
Gleichwohl kommen sie – neben einer Vielzahl<br />
neuer Plattformpartner – dank ihres<br />
Kundenzugangs und ihrer Kundenkenntnis<br />
als wichtige und verhandlungsstarke Kooperationspartner<br />
für die Versicherungsindustrie<br />
in Frage“, so der Oliver Wyman-<br />
Experte. Zusätzlichen Wettbewerbsdruck<br />
und verstärkte Innovationskraft bringen<br />
darüber hinaus zahlreiche InsurTech-Unternehmen<br />
in den Markt. Dies betrifft neue<br />
Formen der Kundeninteraktionen ebenso<br />
wie die Prozesse „hinter dem Vorhang“.<br />
Versicherer müssen dauerhafte Innovation<br />
als Teil ihrer eigenen DNA begreifen. Häufig<br />
braucht es dafür zu Beginn spezifische<br />
Innovations- und Digitalisierungsteams,<br />
die jedoch sukzessive wieder Teil der Organisation<br />
werden müssen. Daneben wird<br />
es neue Formen der Kooperation mit jungen<br />
innovativen Unternehmen geben, um<br />
vielversprechende Geschäftsmodelle unabhängig<br />
von eigenen Prozessen und Systemen<br />
zu testen. „Nur wer frühzeitig und<br />
mutig Neues ausprobiert, wird sich auch<br />
2025 erfolgreich im deutschen Versicherungsmarkt<br />
positionieren können“, so Zimmermann.<br />
Autor: www.oliverwyman.de<br />
Quelle: © Kurhan - Fotolia.com<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
57
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
Aktuelle Studie von Aon Hewitt<br />
zur betrieblichen Altersversorgung:<br />
Fast die Hälfte der befragten Unternehmen hält<br />
Überprüfung ihres Versorgungswerkes für erforderlich<br />
Der anhaltende Niedrigzins und die<br />
damit einhergehenden Veränderungen<br />
im deutschen Lebensversicherungsmarkt<br />
wirken sich zunehmend<br />
auch auf die betriebliche Altersversorgung<br />
(bAV) aus: Fast die Hälfte der Unternehmen<br />
hält es für erforderlich, ihr Versorgungswerk<br />
grundsätzlich zu überprüfen.<br />
Mehr als 20 Prozent von ihnen haben<br />
bereits Veränderungen vorgenommen,<br />
indem sie beispielsweise die zugesagte<br />
Verzinsung reduziert oder aber von leistungs-<br />
auf beitragsorientierte Zusagen<br />
umgestellt haben. Dies ist das Ergebnis<br />
der aktuellen Studie „Insurance Survey<br />
<strong>2016</strong>: Rethink Insured Pensions“, die Aon<br />
Hewitt, der weltweit führende Anbieter<br />
von Services im Bereich Human Resources,<br />
durchgeführt hat. Dazu wurden mehr<br />
als 70 – sowohl im DAX geführte als auch<br />
mittelständische – Unternehmen aus den<br />
unterschiedlichsten Branchen befragt.<br />
Die Lebensversicherer reagieren mit neuen<br />
Produkten und eingeschränkten Garantieversprechen<br />
auf das Niedrigzinsumfeld<br />
und den sich aus der europäischen Richtlinie<br />
Solvency II ergebenen Anforderungen.<br />
„Unternehmen, die ihren Mitarbeitern eine<br />
betriebliche Altersversorgung mit Versicherungsbezug<br />
anbieten, müssen handeln“,<br />
erläutert Thorsten Teichmann, Geschäftsführer<br />
der Aon Pensions Insurance<br />
Broker GmbH in Hamburg und Partner bei<br />
Aon Hewitt. Betroffen seien Vertragsverhältnisse<br />
mit zahlreichen Versicherern, sei<br />
es aufgrund der Schließung bestehender<br />
Tarife oder der eingeschränkten Zugangsmöglichkeit<br />
zu noch vorhandenen Garantieprodukten<br />
für Versorgungszusagen für<br />
neue Mitarbeiter. Das habe der Großteil<br />
der Unternehmen auch erkannt.<br />
Statt nur zu einem anderen Lebensversicherer<br />
zu wechseln, der das zur Versorgung<br />
passende Produkt noch anbietet,<br />
empfiehlt bAV-Experte Teichmann den Unternehmen<br />
zu prüfen, ob nicht eine grundsätzliche<br />
Modernisierung der Versorgung<br />
sinnvoller ist. Die Aon Hewitt-Studie ergab,<br />
dass es für 45 Prozent der Befragten<br />
sogar denkbar wäre, ihre Versorgungsregelung<br />
komplett neu zu gestalten, wenn<br />
Handlungsdruck entstehen sollte. Bei der<br />
Wahl eines neuen Versicherungsproduktes<br />
ist 88 Prozent der Befragten die finanzielle<br />
Stabilität des Anbieters sehr wichtig –<br />
gefolgt von Transparenz (48 Prozent) und<br />
Flexibilität (37 Prozent). Für 65 Prozent<br />
der Arbeitgeber sind außerdem die Möglichkeit,<br />
Hinterbliebene im Todesfall und<br />
Mitarbeiter im Fall der Berufsunfähigkeit<br />
(55 Prozent) abzusichern, wichtige Bestandteile<br />
des bAV-Angebotes. Mehr als<br />
60 Prozent der befragten Unternehmen<br />
wünschen sich daher, die Leistungen bei<br />
Alter, Tod und Invalidität in einem Versicherungsvertrag<br />
zu bündeln. „Hier sind<br />
die Lebensversicherer aufgefordert, die<br />
Produkte der neuen Generation dahingehend<br />
weiterzuentwickeln, dass sie sich<br />
auch für die Abbildung komplexer Versorgungsordnungen<br />
eignen, um sie uneingeschränkt<br />
für die bAV tauglich zu machen“,<br />
macht Teichmann deutlich.<br />
Große Unsicherheiten bestehen noch bei<br />
den Handlungsoptionen und deren Vorund<br />
Nachteilen. „Das Angebot an neuen<br />
Produkten ist nicht mehr so homogen und<br />
selbst für Fachleute nicht immer transparent“,<br />
berichtet der Aon Hewitt-Manager.<br />
Bei den Produkten der neuen Generation<br />
könne sowohl die garantierte als auch die<br />
zum Rentenbeginn hochgerechnete Leistungshöhe<br />
nur sehr eingeschränkt als<br />
Entscheidungsgrundlage herangezogen<br />
werden. Um das passende Produkt zu finden,<br />
seien – anders als bei klassischen<br />
58 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Tarifen – Produktmerkmale, wie beispielsweise<br />
Gestaltungsrechte bei der Kapitalanlage<br />
oder die Einschlussmöglichkeit von<br />
Zusatzversicherungen, ausschlaggebend.<br />
Die Versicherer lenken ihren Fokus im Bereich<br />
der bAV auf die Direktversicherung.<br />
Bei der Nutzung als Rückdeckungsversicherung<br />
haben die neuen Produkte noch<br />
Schwächen. „Hier ist darauf zu achten,<br />
dass die Versorgungsregelung sehr sorgfältig<br />
ausgestaltet wird, damit es nicht<br />
zu unerwünschten bilanziellen Effekten<br />
kommt“, mahnt Teichmann.<br />
Die Studie ergab auch, dass die Unternehmen<br />
an der arbeitgeberfinanzierten<br />
Versorgung festhalten wollen: Unverändert<br />
gegenüber dem Vorjahresergebnis<br />
ist der überwiegende Teil der Befragten<br />
(87 Prozent) davon überzeugt, dass die<br />
bAV auch zukünftig eine wichtige Rolle<br />
spielen wird, um neue Mitarbeiter zu gewinnen<br />
und Arbeitnehmer zu binden. Nur<br />
11 Prozent der Unternehmen überprüfen<br />
derzeit, ob sie ihr Angebot einstellen.<br />
Autor: www.aonhewitt.com<br />
Zielrente – Mogelpackung zulasten<br />
der Arbeitnehmer?<br />
Wege aus der Zinsfalle mit Defined Ambition<br />
In der andauernden Niedrigzinsphase<br />
suchen Unternehmen nach alternativen<br />
Betriebsrentenkonzepten. Immer<br />
häufiger taucht in diesem Zusammenhang<br />
der Begriff „Defined Ambition“<br />
oder „Zielrente“ in der Öffentlichkeit auf.<br />
Gemeint ist damit, dass lediglich eine<br />
dauerhafte Betriebsrentenhöhe (Zielrente)<br />
angestrebt wird, der Arbeitnehmer<br />
jedoch kein garantiertes Leistungsniveau<br />
erhält. Dieses kann je nach Ertragslage<br />
schwanken, also auch geringer ausfallen.<br />
Der Arbeitgeber ist somit nicht in<br />
der Pflicht, für die in Aussicht gestellten<br />
Leistungen einzustehen, da im Falle ungünstiger<br />
Entwicklungen das Leistungsniveau<br />
– auch während des Rentenbezugs<br />
– korrigiert werden darf. Handelt es sich<br />
also um ein Konzept, das die Arbeitgeber<br />
aus der Haftung nimmt – zulasten der Arbeitnehmer?<br />
„Der Arbeitgeber kann nicht<br />
gezwungen werden, hohe Betriebsrenten<br />
zuzusagen und zu garantieren und damit<br />
verbundene langfristige finanzielle Risiken,<br />
die sich gerade in der seit Jahren<br />
andauernden Niedrigzinsphase zeigen,<br />
einzugehen“, erklärt Dr. Rafael Krönung,<br />
Aktuar und Principal bei Aon Hewitt. „Das<br />
Konzept der Defined Ambition oder Zielrenten<br />
unterstützt vielmehr das Bestreben,<br />
Arbeitnehmern auch zukünftig eine<br />
attraktive Versorgung zu ermöglichen“,<br />
führt Krönung weiter aus. So zeigen realistische<br />
Beispielrechnungen, dass im<br />
Vergleich zu klassischen Modellen – auch<br />
ohne erhöhtes Risiko in den Kapitalanlagen<br />
– eine Erhöhung des Leistungsniveaus<br />
um mehr als 50 Prozent zugunsten<br />
der Arbeitnehmer möglich wäre. Der Preis<br />
hierfür: Die Rentenhöhe ist nicht garantiert<br />
und könnte bei Bedarf auch nach unten<br />
angepasst werden.<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
59
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
Quelle: © contrastwerkstatt - Fotolia.com<br />
Defined Ambition oder Zielrenten stellen<br />
für Krönung im aktuellen Marktumfeld<br />
eine Chance dar, weiterhin auskömmliche<br />
Betriebsrenten zu ermöglichen. Erwartet<br />
beispielsweise eine Pensionskasse derzeit,<br />
dauerhaft 2,75 Prozent an Kapitalverzinsung<br />
zu erzielen, könnte den Versicherten<br />
bei einem Renteneintritt mit 65 Jahren für<br />
ein Versorgungskapital von 100.000 Euro<br />
eine lebenslange Altersrente von rund<br />
5.500 Euro jährlich gewährt werden. Bei<br />
dieser Summe handelt es sich um das Leistungsniveau,<br />
das man glaubt, dauerhaft<br />
erreichen zu können – also die Zielrente.<br />
Stellen sich die ursprünglichen Annahmen<br />
im Nachhinein als unzutreffend heraus,<br />
müsste die Zielrente nach oben oder unten<br />
angepasst werden.<br />
Dazu Krönung: „Die derzeitige Realität<br />
bei den klassischen Zusagekonzepten ist<br />
hingegen, dass aufgrund der vorsichtig<br />
zu wählenden Rechnungsgrundlagen in<br />
aktuellen Tarifen für das gleiche Versorgungskapital<br />
eher eine garantierte Rente<br />
in Höhe von ca. 3.000 Euro p.a. resultieren<br />
würde.“ Selbst wenn die Rentenleistung<br />
jährlich durch erwirtschaftete<br />
Überschüsse um 1,5 Prozent erhöht würde,<br />
erreicht diese klassische garantierte<br />
Rente das Niveau des Zielrentensystems<br />
erst, wenn der Versicherte 96 Jahre alt<br />
ist. Eine Gegenrechnung zeigt auf, dass<br />
sich die Zielrente selbst bei einer Kürzung<br />
der Leistungen um 45 Prozent noch<br />
auf dem Niveau der garantierten Rente<br />
befinden würde. Gerade im Hinblick auf<br />
die Senkung des aufsichtsrechtlichen<br />
zulässigen Höchstrechnungszinses für<br />
Neuzusagen auf lediglich 0,9 Prozent ab<br />
dem 1. Januar 2017 ist klar: Ohne Änderungen<br />
an den traditionellen Betriebsrentenkonzepten<br />
werden sich Arbeitnehmer<br />
darauf einstellen müssen, dass die<br />
zugesagten Garantieleistungen weiter<br />
sinken werden. Selbst Überschussbeteiligungen<br />
können diese Verminderungen<br />
des Leistungsniveaus bei Weitem nicht<br />
kompensieren. Ein Verzicht auf Garantien<br />
zugunsten einer deutlich höheren<br />
Zielrente ist somit keine Mogelpackung,<br />
sondern vor allem auch im Interesse der<br />
Arbeitnehmer.<br />
Autor: www.aonhewitt.com<br />
60 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Outsourcing in der<br />
Assekuranzwirtschaft: Wachsender<br />
Kostendruck setzt Umdenken in Gang<br />
Noch halten sich deutsche Versicherer<br />
mit Outsourcing-Investitionen<br />
zurück. Doch das dürfte sich in Zukunft<br />
ändern: Laut einer aktuellen Untersuchung<br />
von Sopra Steria Consulting sehen<br />
35 Prozent der befragten Unternehmen in<br />
der Auslagerung von Geschäftsprozessen<br />
hohe Potenziale zur Realisierung von Kostensenkungen.<br />
Die Untersuchung zeigt<br />
aber auch, dass Outsourcing-Erfolge in<br />
dieser Branche nur mit einer veränderten<br />
Unternehmenskultur und verstärkter Prozessstandardisierung<br />
möglich sind.<br />
Die Auslagerung von IT-Anwendungen und<br />
Querschnittsfunktionen bietet in der Versicherungsbranche<br />
ein besonders hohes<br />
Kosteneinsparpotenzial. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt die empirische Untersuchung<br />
„Outsourcing-Potenziale in der deutschen<br />
Versicherungswirtschaft“<br />
von<br />
Sopra Steria Consulting.<br />
Ebenfalls<br />
lohnenswert nennen<br />
86 Prozent<br />
der befragten Unternehmen<br />
die –<br />
in Teilen bereits<br />
praktizierte – Auslagerung<br />
ihres<br />
Output-Managements.<br />
Das ist insofern<br />
nicht überraschend, als das interne<br />
Output-Management nicht dem Kerngeschäft<br />
eines Versicherers zugerechnet<br />
wird und somit keinen direkten Beitrag<br />
zur Wertschöpfung leistet. Als klassische<br />
Outsourcing-Kandidaten gelten insbesondere<br />
die unterstützenden Funktionen, weil<br />
sie zumeist stärker standardisiert sind,<br />
eine geringere Komplexität aufweisen und<br />
sich durch eine Auslagerung somit höhere<br />
Skaleneffekte erzielen lassen. Zudem<br />
ist das Outsourcing-Risiko bei unterstützenden<br />
Querschnittsfunktionen in der<br />
Regel deutlich geringer und die Transaktionshäufigkeit<br />
größer als bei strategisch<br />
bedeutsamen Prozessen.<br />
„Versicherungsgesellschaften sollten den<br />
Wertschöpfungsbeitrag ihrer Prozesse<br />
zum eigenen Kerngeschäft konsequent<br />
analysieren, da sich nur so das unternehmensindividuelle<br />
Outsourcing-Potenzial<br />
unter Berücksichtigung der strategischen<br />
Ausrichtung valide abschätzen lässt“,<br />
empfiehlt Studienautor Harry Schumacher.<br />
Eine Überprüfung der eigenen Wertschöpfungskette<br />
sei auch deshalb angeraten,<br />
weil auf diese Weise am schnellsten<br />
erkennbar wird, welche Prozessbereiche<br />
beim Outsourcing die größten Kostenvorteile<br />
versprechen. Allerdings streut<br />
die derzeitige Unternehmensorganisation<br />
vieler Versicherungen beim Outsourcing<br />
oftmals Sand ins Getriebe. Schuld daran<br />
sind zumeist spartenund<br />
produktorientierte<br />
Organisationstrukturen,<br />
die zudem für den vergleichsweise<br />
geringen<br />
Standardisierungsgrad<br />
in der Versicherungsbranche<br />
verantwortlich<br />
sind. „Höhere Kosteneffizienz<br />
durch Prozess-<br />
Outsourcing setzt folglich<br />
organisatorische Veränderungen<br />
voraus, die ihrerseits<br />
nur mit einer gewandelten Unternehmenskultur<br />
gelingen können“, so Harry<br />
Schumacher. Wie hoch der Kostendruck in<br />
der Assekuranzwirtschaft heute ist, belegt<br />
nicht zuletzt der „Branchenkompass Insurance<br />
2015“ von Sopra Steria Consulting:<br />
Sieben von zehn der dafür Befragten bezeichneten<br />
die Kostenlage ihres Unternehmens<br />
als eine zentrale Herausforderung.<br />
90 Prozent gaben sinkende Prozesskosten<br />
und steigende Prozesseffizienz als eine ihrer<br />
strategischen Prioritäten für die nächsten<br />
Jahre an.<br />
Autor: www.soprasteria.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
61
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
67rockwell Consulting:<br />
Digitalisierungsstrategien deutscher<br />
Versicherungsunternehmen greifen<br />
nicht weit genug<br />
Die Digitalisierungsstrategien deutscher<br />
Versicherungsunternehmen<br />
schöpfen nach wie vor die<br />
Potentiale der Digitalisierung nicht aus.<br />
Zu diesem Ergebnis kommt 67rockwell<br />
Consulting bei ihrer Analyse der Digitalisierungsaktivitäten<br />
im Versicherungsbetrieb.<br />
Die aktuelle Studie zeigt, dass die<br />
Strategie- und Projektansätze im Wesentlichen<br />
der Optimierung tradierter Strukturen<br />
folgen – die notwendige nachhaltige<br />
Änderung der Geschäftsmodelle der<br />
Versicherungsunternehmen entlang der<br />
Möglichkeiten digitaler Transformation ist<br />
nicht erkennbar. „Im Vordergrund stehen<br />
aktuell Kosteneinsparpotentiale, die durch<br />
die Verbesserung von Prozessen gehoben<br />
werden sollen. Die Herausforderungen der<br />
Digitalisierung greifen jedoch sehr viel<br />
weiter. Vielen Unternehmen<br />
fehlt noch immer das klare<br />
Zielbild ihrer Digitalisierungsaktivitäten<br />
und damit<br />
auch die Vorstellung, was<br />
zukünftig möglich sein wird“,<br />
sagt Marcus Laakmann, Geschäftsführender<br />
Gesellschafter<br />
bei 67rockwell Consulting.<br />
Die aktuell durchgeführte<br />
Studie zur Digitalisierung im Versicherungsbetrieb<br />
zeigt, dass die Erhöhung der<br />
Prozessgeschwindigkeit (71 %), die Verbesserung<br />
der Kommunikationswege (71<br />
%), die Verbesserung des Kundenservice<br />
(65 %) und die Hebung von Kosteneinsparpotentialen<br />
(65 %) als die wesentlichen<br />
Ziele der Digitalisierung angesehen<br />
werden. Veränderungen auf der Produktseite<br />
und die sich ergebenden Herausforderungen<br />
im Kundenumgang bekommen<br />
laut der Studie erst langsam Priorität:<br />
Projekte wie Self-Service-Portale und Onlineberatungen<br />
sind in Planung, deren<br />
Umsetzung steht noch aus. Die Integration<br />
detaillierten Untersuchungen zum digitalen<br />
Verhalten der Kunden bei der Entwicklung<br />
der Digitalisierungsmaßnahmen<br />
ist dabei nur mittelbar erkennbar. „Die<br />
Entwicklung der digitalen Transformation<br />
rund um die deutschen Versicherungsunternehmen<br />
zeigt, dass die Kundenschnittstelle<br />
noch deutlicher in den Fokus der Digitalisierungsaktivitäten<br />
gerückt werden<br />
muss. Den Segmentierungsstrategien der<br />
Insure-Techs gelingt es inzwischen zunehmend<br />
erfolgreich, die ertragsstarken Kunden<br />
aus bestehenden Vertragsmodellen<br />
zu lösen“, führt Laakmann aus. „Um hier<br />
die richtigen Schwerpunkte bei den Maßnahmen<br />
zur Kundenbindung zu setzen,<br />
empfiehlt sich eine detaillierte Analyse der<br />
Kundenkontaktpunkte auf<br />
Basis des Customer-Journey-Ansatzes“,<br />
führt Laakmann<br />
aus. „Unsere Auftraggeber<br />
konnten so ihre<br />
Budgets in für den Kunden<br />
nutzenstiftende Maßnahmen<br />
lenken und Fehlinvestitionen<br />
vermeiden. Es ist essentiell,<br />
die Kundenerwartungen und<br />
das digitale Verhalten der<br />
Kunden zu kennen, denn<br />
nicht alles, was technisch möglich ist, wird<br />
auch vom Kunden angenommen.“<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass bei 50 % der<br />
Unternehmen veraltete IT-Systeme sowie<br />
eingeschränkte IT-Kapazitäten bei einer<br />
gleichzeitig sehr hohen Zahl laufender<br />
IT-Projekte stark limitierende Faktoren<br />
der Digitalisierung sind. Zusätzlich werden<br />
die Möglichkeiten der Digitalisierung<br />
in den Gesellschaften und Sparten der<br />
Unternehmen unterschiedlich bewertet;<br />
bei knapp 50 % der befragten Unterneh-<br />
62 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
men sind verschiedene Organisationseinheiten<br />
mit der Digitalisierung befasst.<br />
Der Schritt, die Gesamtverantwortung<br />
der Steuerung der digitalen Transformation<br />
der oft neu geschaffenen Position<br />
des CDO (Chief Digital Officer) zu<br />
übertragen, ist ein konsequenter Schritt<br />
in Richtung Stabilisierung der Geschäftsmodelle.<br />
„Die nachhaltige Anpassung der<br />
Geschäftsmodelle aufgrund der digitalen<br />
Transformation ist zwingend notwendig.<br />
Nur wer ein klares Zielbild seiner Digitalisierungsstrategie<br />
hat, wird im Wettbewerb<br />
bestehen können. Die feste Verankerung<br />
der Kundensicht ist dabei der<br />
wesentliche Erfolgsparameter, “ fasst<br />
Laakmann zusammen.<br />
Autor: www.67rockwell.de<br />
So investieren Versicherer<br />
Kapitalanlagen übersteigen erstmals 1,5 Billionen Euro<br />
Die Kapitalanlagen der deutschen<br />
Versicherer haben 2015 erstmals<br />
die Marke von 1,5 Billionen Euro<br />
überschritten. Rund 80 Prozent des Investitionsvolumens<br />
entfallen auf Zinsanlagen<br />
– beispielsweise Pfandbriefe, Rentenfonds<br />
oder auch Darlehen. In Staatsanleihen<br />
investieren die Versicherer weniger als<br />
häufig angenommen – sie machen in der<br />
Direktanlage weniger als 6 Prozent der<br />
gesamten Kapitalanlagen aus. Die deutschen<br />
Erst- und Rückversicherer hielten<br />
zum Jahresende 2015 Kapitalanlagen im<br />
Volumen von 1,509 Milliarden Euro. Im<br />
Vergleich zu 2014 ist dies ein Anstieg um<br />
fast 60 Milliarden Euro bzw. rund 4 Prozent.<br />
Festverzinsliche Kapitalanlage dominiert<br />
Damit Versicherer jederzeit ihre zugesagten<br />
Verpflichtungen erfüllen können,<br />
investieren sie überwiegend in sichere<br />
Kapitalanlagen mit langfristig planbaren<br />
Zinserträgen. Diese Rentenanlagen machen<br />
vier Fünftel des gesamten Anlagevolumens<br />
aus. Lediglich 20 Prozent entfallen<br />
auf Investitionen mit höheren Risiken<br />
bzw. weniger gut kalkulierbaren Erträgen.<br />
Der Aktienanteil beispielsweise lag zum<br />
Jahresende 2015 nur bei gut 4 Prozent,<br />
auf Immobilien und Unternehmensbeteiligungen<br />
entfallen zusammengenommen<br />
rund 13 Prozent. Das Verhältnis von Renten-<br />
zu anderen Kapitalanlagen ist seit<br />
einigen Jahren weitgehend stabil. Unter<br />
den Rentenanlagen dominieren Anleihen:<br />
Rentenfonds machen 22 Prozent der gesamten<br />
Kapitalanlagen aus, Unternehmensanleihen<br />
7,2 Prozent und Staatsanleihen<br />
sowie Anleihen anderer öffentlicher<br />
Schuldner 5,7 Prozent.<br />
56 Milliarden Euro für Häuslebauer<br />
Auch als Kreditgeber spielt die Versicherungswirtschaft<br />
eine bedeutende Rolle.<br />
Gut 18 Prozent der Kapitalanlagen fließen<br />
in Darlehen – überwiegend an Kreditinstitute<br />
und die öffentliche Hand. Aber auch<br />
für Privathaushalte sind Versicherer wichtige<br />
Kapitalgeber. In Hypotheken zur Immobilienfinanzierung<br />
stecken 3,7 Prozent<br />
der Kapitalanlagen – das entspricht rund<br />
56 Milliarden Euro.<br />
Autor: www.gdv.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
63
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
Nach dem Garantiezinsschock:<br />
„Klassik hat endgültig ausgedient“<br />
Laut einer Kurzbefragung erwarten<br />
Versicherer Stückeverluste im deutlichen<br />
zweistelligen Bereich. Die<br />
Branche muss nun Maßnahmen ergreifen,<br />
um auf dem Damm zu bleiben. Die Absenkung<br />
des Garantiezinses auf 0,9 Prozent ist<br />
insgesamt schlecht für die Branche, aber<br />
dennoch erforderlich. Das gestehen sich<br />
die Versicherer selbst<br />
ein. Simon-Kucher &<br />
Partners hat mit einer<br />
Kurzbefragung<br />
unter Versicherungsmanagern<br />
ein Stimmungsbild<br />
der Branche<br />
eingefangen.<br />
Dass die Absenkung<br />
schlecht für die Branche<br />
ist, geben demnach<br />
über die Hälfte<br />
der Befragten zu.<br />
Gleichzeitig sind drei<br />
Viertel der Meinung,<br />
dass diese Regelung<br />
zwingend ist. Die gute Nachricht: Fast<br />
jeder Zweite sieht in dem notwendigen<br />
Übel eine Chance. „Richtig so, Klassik hat<br />
endgültig ausgedient. Versicherer sollten<br />
nun das Beste daraus machen und die<br />
Senkung vielleicht sogar positiv für sich<br />
nutzen“, erklärt Dr. Dirk Schmidt-Gallas,<br />
Member of the Board bei Simon-Kucher.<br />
Stückeverluste und<br />
Gegenmaßnahmen<br />
Das Ganze klingt zunächst nach einer<br />
Katastophe: Die Hälfte der Befragten ist<br />
sich bereits sicher, dass die Absenkung<br />
des Garantiezinses zu massiven Stückeverlusten<br />
führen wird. Demnach erwarten<br />
acht von zehn einen Stückeverlust<br />
im zweistelligen Bereich für das kommende<br />
Jahr. Über die Hälfte schätzt den<br />
Rückgang auf 10-25 Prozent ein. Mehr<br />
als jeder Zehnte glaubt, dass es Stückeverluste<br />
in Höhe von 35 Prozent oder<br />
mehr geben wird. „Das ist eine beachtliche<br />
Menge – aber überrascht nicht“, so<br />
Studienleiter Frank Gehrig, Director bei<br />
Simon-Kucher. „Man wird den Beitrag<br />
nicht halten könnten. Die Versicherer<br />
haben nun handeln, um langfristig wieder<br />
auf einen grünen Zweig im Neugeschäft<br />
zu kommen.“ Das glauben auch<br />
die Befragten, die<br />
konkrete Maßnahmen<br />
ergreifen<br />
wollen. So planen<br />
fast drei Viertel<br />
der Befragten,<br />
neue Produkte<br />
Quelle: © vege - Fotolia.com<br />
mit alternativen<br />
Garantieformen<br />
und mehr als die<br />
Hälfte neue Produkte<br />
ohne Garantien<br />
auf den<br />
Markt zu bringen.<br />
„In die Offensive<br />
zu gehen ist jetzt<br />
genau der richtige Weg“, so Gehrig. Eine<br />
weitere Reduktion von Verwaltungs- und<br />
Abschlusskosten – die mehr als die Hälfte<br />
planen – sieht Gehrig hingegen nicht als<br />
Lösung des Kernproblems. Die Begeisterung<br />
in der Branche hält sich also allgemein<br />
in Grenzen. Auch, da ein Großteil<br />
den Zeitdruck und verlorene Kapazitäten<br />
aufgrund der Garantiezinssenkung als<br />
lästig empfindet. Denn mehr als die Hälfte<br />
der Befragten findet, dass sie durch<br />
die notwendigen Reaktionen auf den abgesenkten<br />
Garantiezins daran gehindert<br />
wird, sich mit volumen- und ertragsrelevanten<br />
Themen zu beschäftigen. Und für<br />
rund ein Drittel wird die Überschussbeteiligung<br />
durch die Absenkung des Garantiezinses<br />
wichtiger. „Um in Zukunft<br />
wieder zu punkten muss die Assekuranz<br />
anpacken: nämlich jetzt neue Produkte<br />
entwickeln, die bei Endkunden und Vertrieb<br />
ankommen“, so Schmidt-Gallas.<br />
Autor: www.simon-kucher.com<br />
64 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Niedrigzins treibt<br />
Pensionsverpflichtungen in die Höhe<br />
Willis-Towers-Watson-Analyse “German Pension Finance<br />
Watch / 2. Quartal <strong>2016</strong>”<br />
Die aktuellen Marktturbulenzen hinterlassen<br />
ihre Spuren auch in der<br />
Bilanzierung betrieblicher Pensionspläne.<br />
Im zweiten Quartal <strong>2016</strong> stiegen<br />
die Pensionsverpflichtungen der DAX-<br />
Konzerne um 7,0 Prozent auf 428,8 Mrd.<br />
Euro, nachdem der Rechnungszins auf<br />
1,7 Prozent gefallen war. Hingegen stieg<br />
das Planvermögen leicht um 0,4 Prozent<br />
auf 237,0 Mrd. Euro. Zu diesem Ergebnis<br />
kommen Modellberechnungen von Willis<br />
Towers Watson. Die „German Pension<br />
Finance Watch“ (GPFW) stellt die Auswirkungen<br />
der Kapitalmarktentwicklungen<br />
auf deutsche Benchmark-Pensionspläne<br />
dar. Verglichen wird ein Musterplan, der<br />
Ende 20<strong>03</strong> vollständig ausfinanziert war<br />
(100-Prozent-Plan) und laufend in Höhe<br />
der neu verdienten Ansprüche dotiert wird<br />
mit einem für ein DAX- beziehungsweise<br />
MDAX-Unternehmen typischen Pensionsplan.<br />
Rechnungszins unter Druck<br />
Von April bis Juni kletterten die Pensionsverpflichtungen<br />
der DAX-Konzerne um<br />
7,0 Prozent auf 428,8 Mrd. EUR, zeigt die<br />
Hochrechnung des DAX-Musterplans. Auch<br />
die Pensionsverpflichtungen<br />
der MDAX-Unternehmen<br />
verzeichneten<br />
ein Plus von<br />
6,9 Prozent auf 67,1<br />
Mrd. EUR. Grund für<br />
diesen deutlichen Anstieg<br />
war der Verfall<br />
des Rechnungszinses. Dieser war im zweiten<br />
Quartal um 42 Basispunkte auf 1,70<br />
Prozent eingebrochen, nachdem schon im<br />
ersten Quartal ein Rückgang um 38 Basispunkte<br />
auf 2,12 Prozent zu verzeichnen<br />
war. „Diese Talfahrt lässt sich zum einen<br />
auf die Leitzinspolitik der Europäischen<br />
Zentralbank (EZB) und der US Federal Reserve<br />
(US Fed) und zum anderen auf eine<br />
gestiegene Nachfrage nach sicheren Anlagen<br />
zurückführen. So wurden im März die<br />
Leitzinsen im Euroraum gesenkt und in den<br />
USA – anders als erwartet – nicht erhöht.<br />
Die Ausweitung des Quantitative Easing-<br />
Programms der EZB sowie die Marktturbulenzen<br />
in Folge des Brexit ließen die Nachfrage<br />
nach den für die Zinsfestsetzung<br />
maßgeblichen AA-Anleihen steigen. In der<br />
Folge reduzierten sich ihre Renditen und<br />
damit der anzusetzende Rechnungszins<br />
weiter“, erklärt Dr. Thomas Jasper, Leader<br />
Retirement Western Europe von Willis Towers<br />
Watson, die aktuelle Entwicklung. Er<br />
betont: „Dadurch stieg der in den Bilanzen<br />
anzusetzende Verpflichtungsumfang für<br />
die betriebliche Altersversorgung – erfolgt<br />
gemäß der Rechnungslegungsvorschriften<br />
unmittelbar der Volatilität des Zinsumfelds.“<br />
Planvermögen stabil,<br />
Verpflichtungsumfang gestiegen<br />
Trotz des turbulenten Marktumfelds wuchsen<br />
die Planvermögen im DAX um 0,7 Prozent<br />
auf 237,0 Mrd. Euro; im MDAX blieben<br />
sie stabil bei 27,8 Mrd. Euro. Hingegen<br />
waren aufgrund des Niedrigzinsumfelds<br />
deutlich höhere Pensionsverpflichtungen<br />
in den Bilanzen anzusetzen – im<br />
DAX 428,8 Mrd. Euro (+7 Prozent)<br />
und im MDAX 67,1 Mrd. Euro (+<br />
6,9 Prozent). Dies hat im zweiten<br />
Quartal zu einem deutlich geringeren<br />
Ausfinanzierungsgrad von<br />
Pensionsplänen geführt. Der Ausfinanzierungsgrad<br />
zeigt das Verhältnis<br />
von Pensionsverpflichtungen und<br />
den Finanzmitteln, die zu ihrer Erfüllung<br />
zurückgestellt werden. Die GPFW kommt<br />
zu dem Schluss, dass die Planvermögen<br />
im DAX Ende Juni einen Ausfinanzierungsgrad<br />
von nur 55,3 Prozent erreichten – ein<br />
Rückgang um weitere 3,5 Prozentpunkte<br />
gegenüber Ende März. Bei den MDAX-<br />
Planvermögen fiel das Minus mit 2,7 Prozentpunkten<br />
auf 41,5 Prozent etwas mo-<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
65
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
derater aus. „Da es sich bei den Pensionen<br />
um langfristige Verpflichtungen handelt,<br />
hat der aktuelle Druck auf das Bilanzbild<br />
keinen unmittelbaren Einfluss auf den<br />
Cashflow. Die Zahlung der Betriebsrenten<br />
ist weiterhin gewährleistet“, erklärt Jasper.<br />
Dennoch sollten<br />
seiner Meinung nach<br />
sowohl Unternehmen<br />
als auch die Politik<br />
nicht untätig bleiben:<br />
„Eine flächendeckende<br />
Verbreitung<br />
der betrieblichen Altersversorgung<br />
(bAV)<br />
ist immer noch nicht<br />
erreicht. Daher gilt<br />
es, die gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen<br />
für die bAV weiter zu verbessern, damit es<br />
den Unternehmen erleichtert wird, ihren<br />
Mitarbeitern ein werthaltige bAV anzubieten“,<br />
fordert der Altersversorgungsexperte.<br />
bAV-Verantwortlichen in Unternehmen<br />
empfiehlt er, die Marktturbulenzen zum<br />
Anlass zu nehmen, um den angebotenen<br />
Pensionsplan noch einmal zu prüfen: „Ist<br />
das bAV-Angebot zeitgemäß? Kann die<br />
Finanzierungsstrategie weiter ausgefeilt<br />
werden? Sind Risikomanagement und Reporting<br />
auf dem aktuellen Stand?“ Jasper<br />
führt aus: „In den letzten Jahren haben<br />
zahlreiche Unternehmen ihre bAV überarbeitet<br />
und ihre Finanzierungsstrategien an<br />
das Niedrigzinsumfeld angepasst. Damit<br />
ist die bAV ‚wetterfest‘ aufgestellt – ganz<br />
im Sinne von Unternehmen und Mitarbeitern.“<br />
bAV: aus Mitarbeitersicht der<br />
wichtigste Weg für die ergänzende<br />
Altersvorsorge<br />
Bei Arbeitnehmern steht die bAV weiterhin<br />
hoch im Kurs, wie eine aktuelle Studie,<br />
der „Global Benefits Attitudes Survey“<br />
von Willis Towers Watson, belegt. Knapp<br />
70 Prozent der Mitarbeiter in Deutschland<br />
geben an, hauptsächlich über die bAV für<br />
ihre Rente vorzusorgen. Über 90 Prozent<br />
meinen, dass die bAV ein gleichwertiges<br />
oder sogar besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />
bietet als die private Altersvorsorge.<br />
Mehr als vier Fünftel<br />
(83 Prozent) wünschen sich,<br />
dass ihr Arbeitgeber eine aktive<br />
Rolle bei der Bereitstellung<br />
einer Altersversorgung<br />
spielt. „Gerade hier kann die<br />
Politik ansetzen, wenn sie<br />
eine weitere Verbreitung der<br />
ergänzenden Altersvorsorge<br />
erreichen will. Mitarbeiter<br />
wollen die bAV und für Unternehmen<br />
ist es im Hinblick<br />
auf die Mitarbeitergewinnung<br />
und -bindung mehr als sinnvoll, auf<br />
diesen Wunsch einzugehen. Wenn nun die<br />
Politik bürokratische Hürden und unnötige<br />
Komplexität ausräumt, steht einer weiteren<br />
Verbreitung nichts im Weg“, kommentiert<br />
Jasper.<br />
Quelle: © denphumi - Fotolia.com<br />
Hohes Interesse an<br />
Wahlmöglichkeiten –<br />
Beratung erforderlich<br />
Drei Viertel der Mitarbeiter wünschen sich<br />
eine flexible bAV, um die Höhe ihrer Eigenbeiträge,<br />
Auszahlungsoptionen und z.B.<br />
eine Hinterbliebenenversorgung an ihre<br />
individuelle Lebenssituation anzupassen.<br />
Jasper betont: „Wenn Unternehmen entsprechende<br />
Wahloptionen anbieten und<br />
Mitarbeitern beispielsweise durch eine individuelle<br />
Beratung helfen, aus dem angebotenen<br />
Pensionsplan das Beste für sich<br />
herauszuholen, stärkt das die Mitarbeiterbindung<br />
erheblich.“ So sagen fast drei<br />
Viertel der Mitarbeiter, die mit ihrer bAV<br />
zufrieden sind, dass sie gern bis zur Rente<br />
bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber arbeiten<br />
möchten.<br />
Autor: www.willistowerswatson.com<br />
66 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
Assekuranz im Social-Media-Aufwind<br />
Aktuelle Trendstudie von HEUTE UND MORGEN<br />
untersucht Mediennutzung und Kommunikation der<br />
Bundesbürger sowie aktuelle Social-Media-Aktivitäten<br />
der Versicherer und Krankenkassen<br />
Der Lebensalltag der meisten Bundesbürger<br />
– und damit auch der<br />
Versicherungskunden – wir immer<br />
digitaler und vernetzter. Angetrieben<br />
wird diese Entwicklung durch das mobile<br />
Internet und die wachsende Zahl an Social-Media-Kanälen.<br />
Aktuell verbringen<br />
die 18-65-Jährigen durchschnittlich bereits<br />
fünf Stunden täglich im Internet und<br />
in den sozialen Netzwerken; klassische<br />
Medien und Kommunikationskanäle verlieren<br />
demgegenüber an Bedeutung. Auf<br />
diesen rasanten Wandel müssen sich auch<br />
die Versicherer und Krankenkassen in ihren<br />
Kommunikationsangeboten und Geschäftsprozessen<br />
einstellen. Sie tun dies<br />
im Social-Media-Bereich<br />
bereits aktiver<br />
und erfolgreicher als<br />
oft angenommen –<br />
zugleich fällt es jedoch<br />
noch schwer<br />
mit den rasanten<br />
Veränderungen im<br />
Kundenverhalten<br />
schrittzuhalten,<br />
echte Strategien<br />
zu entwickeln und<br />
eigene digitale Aktivitäten<br />
auf Markenebene wirksam zu<br />
integrieren. Dies zeigt die aktuelle Trendstudie<br />
«Mediennutzung und Kommunikation<br />
in Deutschland <strong>2016</strong>» des Marktforschungsinstituts<br />
HEUTE UND MORGEN in<br />
Kooperation mit dem Kommunikationsberater<br />
„As im Ärmel“. 2.000 Bundesbürger<br />
im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die<br />
über Internetanschluss verfügen, wurden<br />
im April <strong>2016</strong> repräsentativ zu ihrer Mediennutzung<br />
und ihrem Kommunikationsverhalten<br />
im Alltag befragt. Zugleich wurden<br />
die aktuellen Social-Media-Aktivitäten<br />
und Strategien von 210 deutschsprachigen<br />
Versicherern und Krankenkassen<br />
aus der DACH-Region differenziert nach<br />
unterschiedlichen Medienkanälen analysiert<br />
(Stand: Juni <strong>2016</strong>).<br />
Der moderne Kunde: mobil und digital<br />
vernetzt<br />
Der normale digitale Alltag verteilt sich<br />
aktuell auf zwei Stunden stationäres Surfen<br />
am PC, eine Stunde mobiles Surfen<br />
via Smartphone oder Tablet, eine Stunde<br />
E-Mails lesen und schreiben, und jeweils<br />
eine halbe Stunde Aktivität mit „Whats-<br />
App“ und in den – so genannten – „sozialen<br />
Medien“. Als besonders wirksam in<br />
der Ausbreitung der Digitalisierung im Alltag<br />
erweist sich das Smartphone:<br />
2010 nutzten dieses<br />
erst 36 Prozent der bis<br />
65-jährigen erwachsenen<br />
Bundesbürger, heute sind es<br />
über 80 Prozent.<br />
Zu den bevorzugten Aktivitäten<br />
zählen dabei das<br />
Lesen und Schreiben von<br />
„WhatsApp“-Nachrichten sowie<br />
von klassischen E-Mails,<br />
das Checken sozialer Netzwerke<br />
sowie das Lesen von<br />
News aus aller Welt. 42 Prozent nutzen ihr<br />
Smartphone nicht nur tagsüber, sondern<br />
auch noch abends im Bett vor dem Einschlafen<br />
und jeder Dritte (33%) auch bereits<br />
wieder vor dem Aufstehen. Mit dem<br />
Smartphone als „zweiter Haut“ mutieren<br />
die Deutschen zunehmend zum „Homo Digitalis“.<br />
Gewinner und Verlierer der veränderten<br />
Mediennutzung im Alltag<br />
Im Entwicklungsvergleich der letzten fünf<br />
Jahre zeigen sich bei der Mediennutzung<br />
der Bundesbürger deutliche Gewinner und<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
67
<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />
Verlierer: so hat beispielsweise die tägliche<br />
Nutzung des Messenger-Dienstes «Whats-<br />
App» seit 2010 besonders stark von 20<br />
Prozent auf aktuell über 65 Prozent zugenommen,<br />
während sich die Verwendung<br />
´normaler´ SMS-Dienste im gleichen Zeitraum<br />
mehr als halbierte (2010: 51%, <strong>2016</strong>:<br />
23%). Ebenfalls zugenommen, wenn auch<br />
weniger stark, haben die täglichen Aktivitäten<br />
auf «Facebook» (2010: 32%, <strong>2016</strong>:<br />
49%). «Twitter» und «Instagram» werden<br />
aktuell erst von sieben Prozent der erwachsenen<br />
Bundesbürger täglich genutzt.<br />
Zu den Verlieren zählt - wie zu erwarten -<br />
weiterhin das klassische TV. Insbesondere<br />
bei den jüngeren Bundesbürgern: 54 Prozent<br />
der erwachsenen Schüler, Azubis und<br />
Studenten würden - vor die Wahl gestellt<br />
– heute bereits lieber auf das klassische<br />
Fernsehen als auf «YouTube» verzichten<br />
(Bevölkerungsdurchschnitt: 19%). Generell<br />
nutzen weiterhin vier Fünftel (79%) der<br />
Bundesbürger das ´Echtzeit-TV´ (2010:<br />
84%); allerdings verbringen sie im Vergleich<br />
zu anderen Medienkanälen deutlich<br />
weniger Zeit vor dem Fernseher als früher.<br />
Die unter 40-Jährigen würden zudem mittlerweile<br />
eher auf das Telefonieren als auf<br />
das Chatten verzichten; nur bei den älteren<br />
verhält es sich umgekehrt. Zudem lassen<br />
sich unterschiedliche „digitale Typen“ ausmachen,<br />
die immer weniger vom Alter der<br />
Nutzer als von deren Medienkompetenz<br />
und Bildungsbiographie abhängen; die tradierte<br />
Unterscheidung in „Digital Natives“<br />
und „Digital Immigrants“ verwischt zunehmend<br />
- trotz weiterhin bestehender Unterschiede.<br />
„Der fortschreitende Wandel des<br />
Alltagsverhaltens in puncto Mediennutzung<br />
und Kommunikation hat für die Assekuranz<br />
erhebliche Auswirkungen auf die Erreichbarkeit<br />
und Markenwahrnehmung der<br />
Kunden und nicht zuletzt für die Gestaltung<br />
der unmittelbaren Kundenbeziehungen“,<br />
sagt Tanja Höllger, Geschäftsführerin beim<br />
Marktforscher und Unternehmensberater<br />
HEUTE UND MORGEN.<br />
„Die Potenziale des mobilen Internets und<br />
der sozialen Netzwerke im Hinblick auf<br />
Reichweiten und Nutzungskontexte ist<br />
enorm. Um diese wirksam zu nutzen und<br />
den Anschluss an den Wettbewerb nicht<br />
zu verlieren, müssen alte Denkmuster in<br />
Frage gestellt und der Spagat zwischen<br />
Strategie und nachlaufendem Aktionismus<br />
gelingen. Einfach nur irgendwie dabei zu<br />
sein, reicht nicht aus.“<br />
Assekuranz im Social-Media-Aufwind –<br />
zugleich noch deutliche<br />
Entwicklungs- und Innovationspotentiale<br />
Von den 210 im Rahmen der Studie untersuchten<br />
deutschsprachigen Versicherern<br />
und Krankenkassen verzichten aktuell lediglich<br />
16 Gesellschaften gänzlich auf den<br />
Einsatz von Social-Media-Kanälen in ihrer<br />
Marken- und Kundenkommunikation. Die<br />
in den sozialen Netzwerken aktiven 194<br />
Gesellschaften sind in 25 verschiedenen<br />
Plattformen und Diensten mit insgesamt<br />
933 Social-Media-Profilen vertreten. Die<br />
meisten Versicherer nutzen bereits durchschnittlich<br />
sechs bis acht Social-Media-<br />
Kanäle, rund jedes fünfte Unternehmen<br />
allerdings auch erst ein oder zwei. Besonders<br />
aktiv sind hier Provinzial, Allianz<br />
und Techniker Krankenkasse. Allgemein<br />
ist es für die Kunden noch schwer ein<br />
zusammenhängendes, einheitliches Bild<br />
der Social-Media-Aktivitäten der Anbieter<br />
zu gewinnen. Zugleich decken sich die<br />
Schwerpunkte der Aktivitäten der Assekuranz<br />
im Social Web nicht automatisch mit<br />
den aktuellen Nutzungsschwerpunkten<br />
der Bundesbürger: so sind bspw. 57 Prozent<br />
der Versicherungen auf „Twitter“ aktiv,<br />
während nur sieben Prozent der Deutschen<br />
den Kurznachrichtendienst täglich<br />
nutzen. Hingegen bieten nur zwei Prozent<br />
der Versicherungen „WhatsApp“ als Kommunikationskanal<br />
an, obwohl zwei Drittel<br />
(65%) der Bundesbürger diesen Messenger<br />
täglich nutzen. Zugleich erscheinen<br />
68 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>
VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />
die Social-Media-Aktivitäten häufig eher<br />
noch als „Anhängsel“ denn als Bestandteil<br />
einer integrierten digitalen Kommunikationsstrategie.<br />
„Social Web und digitaler<br />
Markenaufbau sind für die Versicherungsbranche<br />
teils immer noch Neuland“, sagt<br />
Marko Petersohn von dem auf die Assekuranz<br />
spezialisierten Kommunikationsberater<br />
„As im Ärmel“. „Die professionelle und<br />
zielgerichtete Nutzung der neuen Kommunikationskanäle<br />
nimmt aktuell allerdings<br />
deutlich zu.“<br />
Aktuelle Social-Media-Reichweiten<br />
der Assekuranz<br />
Auf „Facebook“ hat sich die Reichweite der<br />
gesamten Versicherungsbranche seit Januar<br />
2013 kontinuierlich um über 300 Prozentpunkte<br />
auf aktuell 3,5 Millionen „Fans“<br />
gesteigert. Spitzenreiter sind hier die Allianz,<br />
Zurich und Techniker Krankenkasse.<br />
Keinem Unternehmen gelingt es allerdings<br />
bisher mehr als drei Prozent seiner Kunden<br />
auf Facebook zu erreichen bzw. zu<br />
aktivieren. Die Abonnentenzahl der Versicherer-Seiten<br />
auf „Xing“ hat sich seit 2013<br />
recht kontinuierlich auf mittlerweile über<br />
170.000 entwickelt. Zahlenmäßig führen<br />
hier Ergo, R+V und Axa. Die Follower-Entwicklung<br />
auf der aufstrebenden Plattform<br />
„Instagram“ - auf der immerhin bereits<br />
37 Versicherer und Krankenkassen aktiv<br />
sind - steigerte sich in den vergangenen<br />
12 Monaten um etwa 650 Prozentpunkte.<br />
Die absolute Zahl der Follower ist mit rund<br />
33.500 Personen allerdings noch gering.<br />
Die Reichweite unterschiedlicher Versicherungskanäle<br />
auf „YouTube“ hat sich<br />
seit Anfang 2013 kontinuierlich auf aktuell<br />
über 76.000 Abonnenten entwickelt; eine<br />
absolute Steigerung von über 1.100 Prozentpunkten.<br />
Deutlicher Spitzenreiter ist<br />
hier die AOK Rheinland/Hamburg, gefolgt<br />
von der HUK 24. Während die YouTube-<br />
Abonnentenzahl absolut betrachtet noch<br />
gering ausfällt, kann die Zahl von aktuell<br />
1,58 Mio. Video-Aufrufen bei einer Steigerung<br />
von über 900 Prozent in den letzten<br />
drei Jahren bereits stärker beeindrucken.<br />
Eher noch zu verschlafen scheinen viele<br />
Versicherer hingegen den – insbesondere<br />
durch den Messenger-Dienst „Whats-<br />
App“ in der Breite ausgelösten – Eintritt<br />
in das „Messenger-Zeitalter“: Versicherer<br />
bieten ihren Kunden bisher erst selten die<br />
Möglichkeit, per „WhatsApp“ oder anderen<br />
Messenger-Diensten mit ihnen in Kontakt<br />
aufzunehmen. Gerade mit der unmittelbaren<br />
digitalen Kommunikation via Chat,<br />
Skype und Messenger zeigen sich viele<br />
Versicherer noch sehr zurückhaltend, bzw.<br />
tun sich schwer mit aktuellen Entwicklungen<br />
im Medien- und Kommunikationsverhalten<br />
Schritt zu halten.<br />
Assekuranz bei Akzeptanz der<br />
Social-Media-Aktivitäten<br />
im Branchenmittelfeld<br />
Fragt man die Bundesbürger selbst, welche<br />
Unternehmen und Branchen mit ihren<br />
Social-Media-Auftritten in den verschiedenen<br />
Kanälen am meisten geschätzt<br />
werden, ergibt sich für Versicherer und<br />
Krankenkassen ein gemischtes Bild: Viele<br />
Bundesbürger können sich beispielsweise<br />
vorstellen, mit Versicherern zu „Skypen“<br />
oder per „Messenger“ Kontakt aufzunehmen,<br />
während Aktivitäten auf „Twitter“<br />
von den Kunden nur wenig erwartet werden.<br />
Besonderes Potenzial sehen diese auf<br />
„YouTube“.<br />
Am stärksten wertschätzen die Bundesbürger<br />
Social-Media-Aktivitäten der Branchen<br />
Automobil und Konsumgüter, die Assekuranz<br />
landet im Branchenranking hier<br />
im Mittelfeld; vor Banken und Sparkassen.<br />
Wichtig zudem: unterschiedliche Social-Media-Kanäle<br />
erfordern differenzierte<br />
Strategien und müssen sich zugleich in ein<br />
übergeordnetes digitales Gesamtgerüst<br />
einfügen.<br />
Autor: www.heuteundmorgen.de<br />
Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
69
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