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FinanzBusinessMagazin 03-2016

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Folgen des Brexit:<br />

Was leitende Bank-<br />

Manager sagen<br />

Preisboom auf den<br />

Wohnungsmärkten<br />

Mobile-Banking<br />

verdrängt Online-<br />

Banking<br />

ETF-Markt dürfte sich bis 2021 abermals<br />

verdoppeln<br />

Versicherungsbranche in Deutschland:<br />

Gewinnerstrategien für das Jahr 2025<br />

Weckruf der InsurTechs:<br />

Viel Lärm um Nichts?<br />

Ausgabe 3/<strong>2016</strong><br />

www.<strong>FinanzBusinessMagazin</strong>.de<br />

1


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EDITORIAL I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

EDITORIAL<br />

Die aktuelle Studie von Oliver Wyman „Versicherung 2025 – Ein Zukunftsszenario für die Gewinner<br />

von morgen“ analysiert die Treiber des Wandels im Versicherungsmarkt bis zum Jahr 2025,<br />

schätzt Folgen ab und zeigt neue Perspektiven auf. Von Wachstum ist nur in selektiven Feldern<br />

auszugehen, während das alte Stammgeschäft bröckelt: So könnte das Beitragsvolumen in der<br />

Lebensversicherung je nach Politikvorgaben um vier Milliarden Euro sinken, in der Schadenund<br />

Unfallversicherung herrscht nahezu Stagnation. Von 245.000 traditionellen Vermittlern und<br />

Maklern werden im Szenario der Studie rund 100.000 aus dem Markt ausscheiden. Chancen hingegen<br />

bietet eine konsequente Digitalisierung: Sie ermöglicht Versicherern, bis zum Jahr 2025<br />

ihre Kostenquote um ein Viertel zu senken und zugleich besseren Service anzubieten.<br />

InsurTechs werden die Versicherungswirtschaft umkrempeln: Etablierte Versicherer sind gut<br />

beraten, diesen Trend nicht kleinzureden. Doch wie laut ist der Weckruf der InsurTechs wirklich?<br />

Denn obwohl sie längst mehr als ein Phänomen sind, nutzen InsurTechs ihr Potenzial<br />

noch nicht auf allen Ebenen aus. Das zeigt der InsurTech-Radar von Oliver Wyman und Policen<br />

Direkt. Darin wurden die Start-ups der Versicherungswirtschaft erstmals einem umfassenden<br />

Check unterzogen und entlang der Versicherungswertschöpfungskette systematisch analysiert<br />

– von der Angebotsseite über den Vertrieb bis hin zum Betrieb.<br />

Leitende Bank-Manager spielen durch, welche Alternativen es nach dem Brexit zum Standort<br />

London für sie geben kann. Das geht aus einer Umfrage der Boston Consulting Group (BCG) zu<br />

den möglichen Folgen des Brexit hervor, an der rund 360 leitende Banker aus Großbritannien,<br />

Frankreich, den USA und Deutschland teilgenommen haben. Die Analyse wurde im Juni <strong>2016</strong>,<br />

kurz vor dem Referendum zum EU-Austritt Großbritanniens erhoben. Rund 20 Prozent der<br />

Finanzdienstleistungs-Jobs in London könnten an andere globale Finanzplätze verlagert werden,<br />

wie aus der Studie hervorgeht.<br />

Mobile-Banking entwickelt sich weltweit zum entscheidenden Kanal für Bankgeschäfte und<br />

trägt wesentlich zu einer hohen Kundenloyalität bei. Über keinen anderen Kanal äußern sich<br />

Privatkunden nach Interaktionen so positiv wie über eine App oder eine mobile Webseite. Das<br />

ergab die weltweite Befragung von rund 115.000 Privatkunden in 17 Ländern, darunter 9.800<br />

in Deutschland, die die internationale Managementberatung Bain & Company im Rahmen ihrer<br />

Studie „Loyalität im Privatkundengeschäft: Banken machen mobil“ durchgeführt hat.<br />

Das Redaktionsteam<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

3


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INHALTSVERZEICHNIS<br />

BANKEN<br />

6 Folgen des Brexit: Was leitende Bank-Manager sagen<br />

8 Stresstest zeigt stärkere Widerstandsfähigkeit des Bankensystems im Eurogebiet<br />

10 Globale Studie zur Kundenloyalität im Privatkundengeschäft: Mobile-Banking verdrängt Online-Banking<br />

12 Digitales CRM im Retail Banking erlaubt Umsatzwachstum von 40 Mrd. Euro<br />

14 A.T. Kearney: Kein Ende des Umbaus bei deutschen Privatkundenbanken in Sicht<br />

16 Zahlungsverkehr kostet Banken eine Milliarde Euro bis 2018<br />

17 Corporate-Banking-Index: Erträge mit Firmenkunden fallen auf tiefsten Stand seit 2009<br />

19 Die nächste Bankenkrise kommt bestimmt:<br />

Banken müssen Risiken vor Kreditvergabe umfassender analysieren<br />

21 Private Banking: Erträge der Vermögenden steigen, die der Banken nicht<br />

22 Bankkunden fordern digitalen Service<br />

24 Stresstest <strong>2016</strong>: EZB erhöht den Druck auf Bankengeschäftsmodelle - Europäischen Banken drohen im<br />

Stressfall Kapitallücken von bis zu 20 Mrd. Euro<br />

26 Studie: So digital sind Banken im Firmenkundengeschäft<br />

28 BaFin plant Verbot des Retailvertriebs von Bonitätsanleihen<br />

INVESTMENTS<br />

30 Coller Capital Global Private Equity Barometer - Summer <strong>2016</strong>:<br />

Wachstum des Schattenkapitals wird die Renditen von Private Equity-Fonds reduzieren<br />

32 Studie:<br />

Boom bei Beteiligungskäufen im Mittelstand / Private Equity-Häuser erwarten auch <strong>2016</strong> starke Zuwächse<br />

31 2015 zeigte: Wenig Angebot für Anleger Geschlossener Beteiligungen<br />

33 Aktienrenditen: Stärkster Wertzuwachs seit der Finanzkrise<br />

34 ETF-Markt dürfte sich bis 2021 abermals verdoppeln<br />

IMMOBILIEN<br />

37 Preisboom auf den Wohnungsmärkten<br />

39 Brexit: Immobilienbranche rechnet mit Verstärkung des Immobilienbooms in Deutschland<br />

41 Nachfrage nach Büroflächen europaweit höher als das Angebot<br />

42 Weiterhin hohe Transaktionsaktivitäten bei Offenen Immobilienfonds<br />

44 Baufinanzierung: Banken hadern mit der Vergabe von Immobilienkrediten<br />

4 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


INHALTSVERZEICHNIS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

VERTRIEB / MARKETING<br />

45 Lieber persönlich als virtuell: Für deutsche Verbraucher macht der Faktor Mensch den Unterschied<br />

46 Call Center vor dem Abstieg? Banken sollten ihre Kontaktkanäle ganzheitlich überdenken<br />

48 Nachwuchsmangel aufgrund mangelhafter Stellenanzeigen?<br />

VERSICHERUNGEN<br />

49 Versicherungsbranche in Deutschland: Gewinnerstrategien für das Jahr 2025<br />

52 Das große Warten: deutsche Versicherer zu zögerlich bei Innovationen<br />

54 Weckruf der InsurTechs: Viel Lärm um Nichts?<br />

56 InsurTechs werden als innovativ, aber nicht unbedingt seriös wahrgenommen<br />

57 Betriebsrente und Produktinnovationen könnten den schwächelnden Markt beleben<br />

58 Aktuelle Studie von Aon Hewitt zur betrieblichen Altersversorgung:<br />

Fast die Hälfte der befragten Unternehmen hält Überprüfung ihres Versorgungswerkes für erforderlich<br />

59 Zielrente – Mogelpackung zulasten der Arbeitnehmer?<br />

61 Outsourcing in der Assekuranzwirtschaft: Wachsender Kostendruck setzt Umdenken in Gang<br />

62 67rockwell Consulting:<br />

Digitalisierungsstrategien deutscher Versicherungsunternehmen greifen nicht weit genug<br />

63 So investieren Versicherer<br />

64 Nach dem Garantiezinsschock: „Klassik hat endgültig ausgedient“<br />

65 Niedrigzins treibt Pensionsverpflichtungen in die Höhe<br />

67 Assekuranz im Social-Media-Aufwind<br />

IMPRESSUM<br />

23 Impressum<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

5


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

Folgen des Brexit:<br />

Was leitende Bank-Manager sagen<br />

BCG-Studie: Entscheider denken nach über Alternativen<br />

zum Standort London - Hohes Maß an Unsicherheit über<br />

weitere Entwicklungen<br />

Leitende Bank-Manager spielen<br />

durch, welche Alternativen es nach<br />

dem Brexit zum Standort London für<br />

sie geben kann. Das geht aus einer Umfrage<br />

der Boston Consulting Group (BCG)<br />

zu den möglichen Folgen des Brexit hervor,<br />

an der rund 360 leitende Banker aus<br />

Großbritannien, Frankreich, den USA und<br />

Deutschland teilgenommen haben. Die<br />

Analyse wurde im Juni <strong>2016</strong>, kurz vor<br />

dem Referendum zum EU-Austritt Großbritanniens<br />

erhoben. Rund 20 Prozent<br />

der Finanzdienstleistungs-Jobs in London<br />

könnten an andere globale Finanzplätze<br />

verlagert werden, wie aus der Studie hervorgeht.<br />

Das beträfe alle Unternehmensbereiche<br />

von Banken, insbesondere den grenzüberschreitenden<br />

Zahlungsverkehr, das<br />

Investmentbanking und das Handelsgeschäft.<br />

Frankfurt gehört zu den attraktivsten<br />

Standorten für in London vertretene<br />

Finanzdienstleister, die aufgrund<br />

des anstehenden britischen EU-Austritts<br />

erwägen, ihre Geschäftsaktivitäten ins<br />

Ausland zu verlagern. "Insbesondere die<br />

ökonomische und politische Stabilität in<br />

Deutschland, kombiniert mit der Verfügbarkeit<br />

qualifizierter Arbeitskräfte,<br />

macht den Standort Frankfurt am Main<br />

zur Top-Adresse, wie aus dieser Umfrage<br />

kurz vor dem Brexit hervorgeht", sagt<br />

Bankenspezialist Dr. Wolfgang Dörner,<br />

Senior Partner und Leiter des Frankfurter<br />

BCG-Büros.<br />

14 Kriterien als Maßstab<br />

für die Attraktivität von Standorten<br />

Die Banker bewerten Frankfurt unter<br />

neun globalen Finanzzentren als Alternative<br />

zur britischen Finanzmetropole<br />

am besten, gefolgt von New York und<br />

Dublin. Insgesamt wurde die Attraktivität<br />

von neun Standorten abgefragt. Neben<br />

Frankfurt, New York und Dublin sind<br />

diese: Amsterdam, Hong Kong, Luxemburg,<br />

Madrid, Paris und Singapur. Jede<br />

Stadt hat nach Ansicht der Bank-Manager<br />

unterschiedliche Stärken. Paris etwa<br />

schneidet sehr gut ab, wenn es um die<br />

Lebensqualität geht. New York wiederum<br />

kommt dann ins Spiel, wenn einige amerikanische<br />

Banken sich dazu entschieden,<br />

dem EU-Markt den Rücken zuzukehren.<br />

Die Standortattraktivität für Banken wurde<br />

anhand von 14 Kriterien erhoben – u.<br />

a. Infrastruktur, Geschäftsumfeld, Stabilität,<br />

Lifestyle-Faktoren sowie Zugang zu<br />

Märkten und Institutionen.<br />

Was Frankfurt tun muss<br />

für noch höhere Anziehungskraft<br />

Bei einem spontanen Ranking der Finanzzentren<br />

ohne vorgegebene Bewertungskriterien<br />

sehen die befragten Banker<br />

Frankfurt hinter New York und Dublin<br />

auf Platz drei. Vor allem die Briten bevorzugen<br />

dann Dublin und New York.<br />

Doch Frankfurt ist besser als sein Ruf:<br />

Werden objektive Standortkriterien herangezogen,<br />

gibt es eine Präferenz für<br />

das Finanzzentrum am Main – vor allen<br />

Alternativen. Um auch bei weichen Faktoren<br />

besser zu punkten, müssen Stadt<br />

und Region vor allem ihre Internationalität,<br />

zum Beispiel bezogen auf vermeintliche<br />

Sprachbarrieren, sowie die<br />

vergleichsweise günstige Wohnungssituation<br />

besser vermarkten und die kulturelle<br />

Attraktivität für ein breiteres internationales<br />

Publikum erhöhen. "Zwei<br />

6 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Quelle: © pixabay.com<br />

Drittel der Finanzunternehmen haben<br />

noch keine genauen Pläne für eine mögliche<br />

Standortverlagerung nach dem<br />

Brexit. Die meisten rechnen mit einer<br />

Verlagerung innerhalb der nächsten ein<br />

bis zwei Jahre", erklärt Bankenspezialist<br />

Dr. Wolfgang Dörner.<br />

Jobverlagerungen<br />

auch in anderen Branchen<br />

Bankenvertreter erwarten nach dem britischen<br />

"Nein" zur fortgesetzten EU-Mitgliedschaft<br />

nicht nur Jobverlagerungen<br />

in ihrer eigenen Branche, sie sehen insbesondere<br />

das Dienstleistungsgewerbe<br />

und Versicherungen, aber beispielsweise<br />

auch die Pharmabranche und die Biotechnologie<br />

in Großbritannien vor tiefergreifenden<br />

Umbrüchen. "Nicht nur Frankfurt,<br />

sondern auch andere Wirtschaftszentren<br />

in Deutschland sollten sich auf Jobverlagerungen<br />

aus verschiedenen Branchen<br />

vorbereiten und die Chance des Zuzugs<br />

von qualifizierten Talenten aktiv nutzen",<br />

sagt Dr. Wolfgang Dörner.<br />

Unklarheit über Konsequenzen<br />

und langfristige Auswirkungen<br />

Fast 60 Prozent rechnen mit dauerhaften<br />

Einschränkungen beim Zugang zum<br />

EU-Markt oder lang anhaltender Unsicherheit,<br />

bis die EU und Großbritannien<br />

entsprechende Vereinbarungen als Konsequenz<br />

aus dem Brexit treffen werden.<br />

Dennoch sehen, auf Grundlage dieser<br />

Umfrage vor der Brexit-Abstimmung, die<br />

meisten Finanzdienstleister den Folgen<br />

des Brexit für die Finanzindustrie insgesamt<br />

eher gelassen entgegen. "Die Zeit<br />

wird uns zeigen, ob sie richtig liegen",<br />

sagt Dr. Wolfgang Dörner.<br />

Autor: www.bcg.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

7


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

Stresstest zeigt stärkere Widerstandsfähigkeit<br />

des Bankensystems<br />

im Eurogebiet<br />

Banken können heute<br />

besser mit wirtschaftlichen<br />

Schocks<br />

umgehen als im Stresstest<br />

von 2014. 37 von der EZB<br />

beaufsichtigte Banken nahmen<br />

mit einer robusten<br />

harten Kernkapitalquote<br />

(Common Equity Tier 1 –<br />

CET1) von durchschnittlich<br />

13 % am EU-weiten Stresstest<br />

teil. Durchschnittlicher<br />

Rückgang des CET1-Kapitals<br />

im adversen Szenario<br />

um 3,9 Prozentpunkte;<br />

durchschnittliche CET1-<br />

Quote mit 9,1 % dennoch<br />

höher als im Stresstest von<br />

2014. Beim Stresstest geht<br />

es nicht um das Bestehen<br />

oder Durchfallen; Ergebnisse<br />

werden auf nicht mechanistische<br />

Weise in den<br />

Beschlüssen des diesjährigen auf sichtlichen<br />

Überprüfungs- und Bewertungsprozess<br />

(Supervisory Review and Evaluation<br />

Process – SREP) berücksichtigt. Erwartungen<br />

der Aufsicht an die Kapitalausstattung<br />

der Banken im Euroraum insgesamt<br />

gegenüber 2015 weitgehend unverändert.<br />

Wie die Europäische Zentralbank (EZB)<br />

bekannt gab, zeigen die Ergebnisse des<br />

EU-weiten Bankenstresstests, dass die<br />

Banken im Euro-Währungsgebiet ihre<br />

Widerstandsfähigkeit erhöht haben. Die<br />

Erwartungen der Aufsicht an die Kapitalausstattung<br />

der Banken insgesamt<br />

bleiben gegenüber 2015 weitgehend unverändert.<br />

Der von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde<br />

(European Banking<br />

Authority – EBA) koordinierte Stresstest<br />

umfasste 51 Banken in der Europäischen<br />

Union, darunter 37 bedeutende Institute,<br />

die direkt von der EZB beaufsichtigt werden<br />

und rund 70 % der Bankaktiva im Euroraum<br />

repräsentieren. Die Ergebnisse des<br />

Quelle: © Sergey Nivens - Fotolia.com<br />

Stresstests wurden heute auf der Website<br />

der EBA veröffentlicht. Die 37 von der EZB<br />

beaufsichtigten Banken nahmen mit einer<br />

durchschnittlichen harten Kernkapitalquote<br />

(Common Equity Tier 1 – CET1) von 13<br />

% am Test teil, was eine Verbesserung gegenüber<br />

den 11,2 % im letzten EU-weiten<br />

Stresstest von 2014 darstellt. Im adversen<br />

Szenario belief sich der durchschnittliche<br />

Kapitalrückgang auf 3,9 Prozentpunkte<br />

und lag damit über den 2,6 Prozentpunkten<br />

im Stresstest von 2014. Grund hierfür<br />

waren unter anderem eine strengere<br />

Stresstestmethodik und ein härteres adverses<br />

Szenario, das sich erneut über einen<br />

Dreijahreszeitraum erstreckte und bei<br />

dem statische Bilanzen zugrunde gelegt<br />

wurden. Dank der großzügigeren Kapitalausstattung<br />

und weiterer Verbesserungen<br />

seit 2014 fiel die endgültige durchschnittliche<br />

CET1-Quote im adversen Szenario<br />

mit 9,1 % dennoch höher aus als 2014 (8,6<br />

%). Von einer Ausnahme abgesehen, belief<br />

sich das CET1-Kapital aller Banken auf<br />

8 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

einen Wert deutlich über der Benchmark<br />

von 5,5 %, die 2014 im hypothetischen<br />

adversen Szenario galt. Hierin spiegelt<br />

sich die insgesamt solide Kapitalausstattung<br />

der Banken, die Gegenstand des von<br />

der EBA initiierten Stresstests waren.<br />

„In dem Ergebnis des Stresstests kommen<br />

die beträchtliche Kapitalaufnahme und die<br />

zusätzlichen Maßnahmen zum Ausdruck,<br />

welche die Banken in den vergangenen<br />

zwei Jahren zur Sanierung ihrer Bilanzen<br />

durchgeführt haben“, so Danièle Nouy,<br />

Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der<br />

EZB. „Der Bankensektor ist heute widerstandsfähiger<br />

und kann deutlich besser<br />

mit wirtschaftlichen Schocks umgehen als<br />

noch vor zwei Jahren.“ Der Kapitalrückgang<br />

von durchschnittlich 3,9 Prozentpunkten<br />

im adversen Stresstestszenario<br />

war auf eine Reihe von Risikofaktoren zurückzuführen.<br />

Hierzu zählen unter anderem:<br />

• das Kreditrisiko, das im Schnitt mit 3,8<br />

Prozentpunkten zum gesamten CET1-<br />

Rückgang beitrug,<br />

• das Marktrisiko, dessen Beitrag bei<br />

durchschnittlich 1,1 Prozentpunkten<br />

lag, vor allem infolge von Neubewertungsverlusten<br />

aus zum Zeitwert ausgewiesenen<br />

Vermögenswerten, und<br />

• das operationelle Risiko, das im Mittel<br />

mit 0,9 Prozentpunkten zu Buche<br />

schlug, wofür Verlustprojektionen im<br />

Zusammenhang mit Verhaltensrisiken<br />

verantwortlich waren; dieses Element<br />

kam erstmals im Stresstest <strong>2016</strong> zum<br />

Einsatz.<br />

Darüber hinaus beeinflussten einige weitere<br />

Faktoren den Kapitalrückgang positiv<br />

bzw. negativ. Hier ist unter anderem das<br />

Nettozinseinkommen, Erträge aus Gebühren<br />

und Provisionen sowie der Verwaltungsaufwand<br />

zu nennen. Es wurde auch<br />

untersucht, wie sich Einkommensfaktoren<br />

unter Stressbedingungen verhalten. So<br />

wurde das Nettozinseinkommen im adversen<br />

Szenario einem erheblichen Stress<br />

ausgesetzt. Verglichen mit dem Basisszenario<br />

beliefen sich die Auswirkungen auf<br />

1,3 Prozentpunkte. Beim Stresstest geht<br />

es zwar nicht um das Bestehen oder Durchfallen,<br />

doch werden die Ergebnisse auf<br />

nicht mechanistische Weise als einer von<br />

mehreren Inputfaktoren bei der Festlegung<br />

des Säule-2-Kapitals im Rahmen des<br />

allgemeinen auf sichtlicher Überprüfungsund<br />

Bewertungsprozess (Supervisory Review<br />

and Evaluation Process – SREP) der<br />

EZB berücksichtigt. Das Säule-2-Kapital<br />

setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:<br />

Säule-2-Anforderungen und Säule-<br />

2-Empfehlungen.<br />

Die Ergebnisse des Stresstests werden<br />

von der EZB für die Säule-2-Empfehlungen<br />

verwendet, wobei unter anderem<br />

auch den Auswirkungen Rechnung getragen<br />

wird, die sich aus der Annahme einer<br />

statischen Bilanz und aus Gegenmaßnahmen<br />

der Banken ergeben. Weitere Einzelheiten<br />

hierzu finden sich in den Fragen<br />

und Antworten zum EU-weiten Stresstest<br />

<strong>2016</strong>. Daher lassen sich aus den Ergebnissen<br />

des Stresstests keine Säule-2-Empfehlungen<br />

ableiten. Die SREP-Beschlüsse<br />

werden Ende <strong>2016</strong> abgeschlossen und<br />

gelten ab Anfang 2017.<br />

Die EZB erwartet von den Banken, dass sie<br />

die Vorgaben der Säule-2-Empfehlungen<br />

jederzeit erfüllen. Bei Nichterfüllen dieser<br />

Vorgaben ergreift die EZB nicht automatisch<br />

Maßnahmen, sondern analysiert die<br />

Gründe und Umstände hierfür eingehend<br />

und legt gegebenenfalls spezifische aufsichtliche<br />

Maßnahmen fest. Die Säule-<br />

2-Empfehlungen sind für die Begrenzung<br />

des ausschüttungsfähigen Höchstbetrags<br />

(Maximum Distributable Amount – MDA)<br />

der Gewinne irrelevant.<br />

Autor: www.bundesbank.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

9


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

Globale Studie zur Kundenloyalität im<br />

Privatkundengeschäft: Mobile-Banking<br />

verdrängt Online-Banking<br />

Mobile-Banking entwickelt sich<br />

weltweit zum entscheidenden Kanal<br />

für Bankgeschäfte und trägt<br />

wesentlich zu einer hohen Kundenloyalität<br />

bei. Über keinen anderen Kanal äußern<br />

sich Privatkunden nach Interaktionen so<br />

positiv wie über eine App oder eine mobile<br />

Webseite. Das ergab die<br />

weltweite Befragung von<br />

rund 115.000 Privatkunden<br />

in 17 Ländern, darunter<br />

9.800 in Deutschland,<br />

die die internationale Managementberatung<br />

Bain &<br />

Company im Rahmen ihrer<br />

Studie „Loyalität im Privatkundengeschäft:<br />

Banken<br />

machen mobil“ durchgeführt<br />

hat. In Deutschland<br />

ist der Anteil mobiler Interaktionen<br />

zwischen Kunde<br />

und Bank zwischen 2012<br />

und 2015 von nahezu null<br />

auf rund 20 Prozent gestiegen.<br />

Im Gegenzug ging<br />

vor allem der Anteil des<br />

Online-Bankings zurück.<br />

Insbesondere die junge Generation nutzt<br />

ihr Smartphone zunehmend für Bankgeschäfte.<br />

In Deutschland setzen inzwischen<br />

mehr als 60 Prozent der 18- bis 24-Jährigen<br />

auf Mobile-Banking. Doch auch bei<br />

den Älteren erfreut es sich immer größerer<br />

Beliebtheit, Bankgeschäfte mobil zu<br />

tätigen.<br />

„Mobile-Banking ist im Alltag angekommen“,<br />

betont Bain-Partner und Studienautor<br />

Dr. Markus Bergmann. „Während<br />

Deutsche es vor allem für Routinetransaktionen<br />

nutzen, funktioniert es in Vorreiternationen<br />

wie den Niederlanden<br />

bereits als Vertriebskanal.“ Dort kaufen<br />

Kunden selbst komplexe Produkte wie einen<br />

Kredit per App oder mobiler Webseite.<br />

Welchen Stellenwert das Mobiltelefon<br />

im Alltag der Bankkunden mittlerweile<br />

hat, unterstreicht ein weiteres Ergebnis<br />

der Studie: Danach könnten sich in vielen<br />

Ländern vor allem Jüngere eher mit dem<br />

Verlust ihres Portemonnaies als mit dem<br />

ihres Smartphones abfinden. „Noch aber<br />

sind Bankprodukte wie EC- oder Kreditkarte<br />

analog im Geldbeutel und nicht in<br />

Quelle: © Sergey Nivens - Fotolia.com<br />

digitaler Form auf dem Mobiltelefon“, erklärt<br />

Bergmann. „Auf Dauer drohen die<br />

Banken so ins Abseits zu geraten.“<br />

Gut 40 Prozent der Bankkunden in<br />

Deutschland sind Omnikanal-Nutzer<br />

Ein überzeugender mobiler Auftritt allein<br />

bewegt die Kunden jedoch nicht dazu,<br />

mehr Bankprodukte zu kaufen oder ihre<br />

Bank weiterzuempfehlen. Im Gegenteil:<br />

Rein digital agierende Kontoinhaber stehen<br />

ihrer Bank sogar eher kritisch gegenüber.<br />

Eine mit dem Net Promoter®<br />

Score (NPS®) messbar hohe Loyalität<br />

weisen der Bain-Studie zufolge vor allem<br />

Omnikanal-Nutzer aus. In Deutschland<br />

erledigen bereits gut 40 Prozent der Kunden<br />

ihre Bankgeschäfte sowohl in den Filialen<br />

und Callcentern als auch über digi-<br />

10 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

tale Kanäle. Ihre Zufriedenheit zahlt sich<br />

aus. Über alle Nutzerprofile und Altersgruppen<br />

hinweg hängen hohe NPS-Werte<br />

eng mit der Zahl der erworbenen Produkte<br />

und der Kundenbindung zusammen. Bei<br />

den NPS-Werten in Deutschland hat die<br />

ING-DiBa die Nase vorn, auf den Plätzen<br />

zwei und drei liegen mit der DKB und mit<br />

comdirect zwei weitere Direktbanken vor<br />

dem ersten Filialisten, der Sparda-Bank.<br />

Die Lücke beim NPS zwischen Direkt- und<br />

Filialbanken beginnt sich allerdings in vielen<br />

Ländern zu schließen. Traditionellen<br />

Kreditinstituten gelingt es mit Omnikanal-<br />

Konzepten zunehmend, ihre Kunden in<br />

den Filialen, am Telefon, online und mobil<br />

gleichermaßen zu begeistern.<br />

Für einen überzeugenden Auftritt in allen<br />

Kanälen und für zügige Fortschritte auf<br />

dem Weg hin zum Omnikanal sind vier<br />

Stellhebel entscheidend:<br />

1. Besserer Kundenservice. Je intuitiver<br />

und einfacher Online- und Mobile-<br />

Banking funktionieren, desto eher<br />

kommt es zu der gewünschten Verlagerung<br />

von Routinetransaktionen in<br />

digitale Kanäle. Insbesondere die Filialen<br />

erhalten so mehr Raum, um im<br />

persönlichen Gespräch und bei komplexen<br />

Produkten zu überzeugen.<br />

2. Digitalisierung von Vertrieb und Beratung.<br />

Das Ziel ist eine durchgängig digitalisierte<br />

Kundenreise im Vertriebsund<br />

Beratungsprozess. Dazu müssen<br />

neue Technologien wie die Videoauthentifizierung<br />

eingesetzt und interne<br />

Prozesse umgestaltet werden.<br />

3. Schärfere Positionierung der Filialen.<br />

In einem Hub-and-Spoke-Netz haben<br />

Filialen fünf Funktionen: Branding,<br />

Beratung bei komplexen Produkten,<br />

Mobilisierung für die digitale Welt,<br />

persönliche Unterstützung vor Ort<br />

und Pflege der Kundenbeziehung.<br />

4. Innovative Methoden für die Transformation.<br />

Mit dem sogenannten<br />

Hot-House-Ansatz können Banken in<br />

ausgewählten Filialen innovative Konzepte<br />

entwickeln und deren Anwendbarkeit<br />

direkt testen. Für den anstehenden<br />

Transformationsprozess sind<br />

zudem der Einsatz agiler Methoden<br />

und ein breit angelegtes, konsequent<br />

gemanagtes Change-Management-<br />

Programm erforderlich.<br />

Kostenreduzierung<br />

um bis zu 50 Prozent möglich<br />

Werden die Hebel richtig angesetzt, kann<br />

der Anteil mobiler Kanäle an den Produktabschlüssen<br />

auf 30 bis 50 Prozent<br />

gesteigert werden. Die Kosten für Filialen<br />

und Callcenter wiederum lassen sich<br />

um 30 bis 50 Prozent senken. Auch wenn<br />

die Zahl der Filialen deutlich zurückgehen<br />

wird, bleiben sie ein integraler Bestandteil<br />

eines jeden Omnikanal-Konzepts.<br />

Sie tragen zur Kundenloyalität bei und<br />

erlauben es den Banken, sich sichtbar<br />

vom Wettbewerb abzuheben. Bain-Partner<br />

Dr. Dirk Vater, Co-Autor der Studie<br />

und Leiter der Praxisgruppe Banken im<br />

deutschsprachigen Raum, ist überzeugt:<br />

„Mit Mobile-Banking allein können Kreditinstitute<br />

im digitalen Zeitalter nicht<br />

gewinnen, mit intelligenten Omnikanal-<br />

Konzepten dagegen schon.“<br />

Autor: www.bain.de<br />

Quelle: © pab_map - Fotolia.com<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

11


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

Digitales CRM im Retail Banking erlaubt<br />

Umsatzwachstum von 40 Mrd. Euro<br />

Studie deckt brach liegende Potentiale<br />

bei Privatkundenbanken auf und zeigt,<br />

wie die Champions Customer Relationship Management<br />

(CRM) ertragssteigernd nutzen.<br />

„Europas Banken haben in den letzten<br />

zwei Jahrzehnten 20 Mrd. Euro in Technologien<br />

für Customer Relationship Management<br />

investiert, schöpfen deren Potentiale<br />

aber nicht aus. Würden sie, wie<br />

die Vorreiter, konsequent den Kunden in<br />

den Mittelpunkt rücken und die technologischen<br />

Möglichkeiten umfassend in ihr<br />

Geschäftsmodell integrieren, könnten sie<br />

insgesamt 30 bis 40 Mrd. Euro mehr Umsatz<br />

machen“, kommentiert Dr. Torsten<br />

Eistert, Partner bei A.T. Kearney die Studie<br />

der Managementberatung.<br />

In ihrer aktuellen Studie „Cultivating the<br />

Customer Relationship in Banking“ haben<br />

die Finanzexperten von A.T. Kearney die<br />

Auswirkungen von Customer Relationship<br />

Management auf die Umsatzentwicklung<br />

bei mehr als 100 Privatkundenbanken in<br />

Europa untersucht und qualitative Interviews<br />

mit einem Dutzend Vertreter führender<br />

CRM-Lösungsanbietern geführt. Das<br />

Ergebnis: Die meisten europäischen Retailbanken<br />

lassen die Wettbewerbsvorteile,<br />

die in einem datenbasierten Customer Relationship<br />

Management liegen, ungenutzt.<br />

Damit verspielen sie in Summe bis zu 40<br />

Mrd. Euro: 10 bis 14 Mrd. Euro können sie<br />

allein durch eine optimierte Preisbildung<br />

erzielen, 8 bis 11 Mrd. Euro durch Cross-<br />

Selling, hinzu kommen noch weitere Umsatzquellen<br />

durch Reduzierung von Kundenabwanderung,<br />

Neukundengewinnung<br />

z.B. via social media und Upselling.<br />

Was zeichnet Customer Relationship<br />

Management der Besten laut den Ergebnissen<br />

der Studie aus? Konzentrieren<br />

sich die Vorreiter auf Mitarbeiter,<br />

Daten oder auf beides?<br />

Die Studie zeigt, dass die erfolgreichsten<br />

Banken, die auf Kundenbindung durch Mitarbeiter<br />

setzen, zwar mit 1.000 bis 1.700<br />

Euro Umsatz pro Kunden ein Vielfaches<br />

des europäischen Durchschnitts erzielen,<br />

zugleich aber mit einem Mitarbeiter<br />

nur rund 400 Kunden abdecken können.<br />

Laufend steigende Personalkosten üben<br />

Druck auf dieses Geschäftsmodell aus.<br />

Nur wenige europäische Retailbanken<br />

(die deutsche ING Diba, mBank und Nationwide)<br />

decken eine breite Kundschaft<br />

mit nur wenigen Angestellten ab – 1.800<br />

bis 2.400 Kunden pro Mitarbeiter – und<br />

weisen deutlich niedrigere Cost-Income<br />

Ratios aus als der Wettbewerb.<br />

Diese Banken, die ihr CRM vor allem auf<br />

Digitalisierung und datengestützte Produkt-<br />

und Serviceangebote stützen, haben<br />

ein Geschäftsmodell, das sich leichter<br />

skalieren lässt als das der Wettbewerber –<br />

ihr Geschäftsmodell wächst also bei steigender<br />

Kundenzahl mit, ohne dass hohe<br />

neue Investitionen vonnöten wäre. So<br />

können sie ihre Konkurrenten in punkto<br />

Kosten und Profitabilität weit hinter sich<br />

lassen. Polens mBank zum Beispiel erzielt<br />

322.000 Euro Umsatz pro Mitarbeiter:<br />

263 Prozent mehr als der Durchschnitt<br />

des osteuropäischen Landes. Vor allem<br />

aber überzeugt die mBank ihre Kunden<br />

durch nutzerfreundliche Services, die zu<br />

ihren individuellen Bedürfnissen passen:<br />

12 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Quelle: © pixabay.com<br />

proaktiv angebotene kurzfristige Kleinkredite,<br />

wenn die Kunden beim Einkaufen<br />

höheren Finanzbedarf haben, oder location-based<br />

Couponing.<br />

Die Vorreiter zeigen, dass die Potentiale<br />

von CRM zur Kundengewinnung und<br />

-bindung nur dann vollends ausgeschöpft<br />

werden, wenn CRM organisationsweit zur<br />

Anwendung kommt und fester Bestandteil<br />

der Bankkultur und der täglichen Routine<br />

wird. Aus der Studie geht zugleich hervor,<br />

dass bei vielen Retailbanken Silodenken<br />

und dezentralisiertes Kundenmanagement<br />

die Prozesse bestimmen und sie mit<br />

historisch gewachsenen IT-Plattformen<br />

über die Komplexität multipler Systeme<br />

und individueller Schnittstellen stolpern,<br />

obwohl die Zukunft in offenen Architekturen<br />

und Schnittstellen liegt, die es erlauben,<br />

gezielt mit Ökosystempartnern<br />

(z.B. FinTechs) zusammenzuarbeiten.<br />

„Das Ergebnis der Studie“, so Achim Kaucic,<br />

Co-Autor der Studie, „ist umso überraschender,<br />

als europäische Retailbanken<br />

es sich nicht leisten können, Umsatzpotenziale<br />

zu verschenken“: Zwischen 2007<br />

und 2014 hätten sie inflationsbereini-<br />

gt mehr als 10 Prozent an Umsatz verloren<br />

Das entspreche einem Rückgang<br />

von jährlich zwei Prozent, während das<br />

Bruttoinlandsprodukt im europäischen<br />

Durchschnitt im gleichen Zeitraum real<br />

um 3,4 Prozent gewachsen sei. Die Institute<br />

seien, so ergänzt Eistert, durch den<br />

historischen niedrigen Zins, ein Marktumfeld,<br />

das den Wettbewerb anfache, und<br />

Geschäftsmodelle, die kaum Differenzierungsmöglichkeiten<br />

über klassische<br />

Bankprodukte böten, enorm unter Druck<br />

– der sich durch zunehmende Regulierung<br />

und Niedrigzinspolitik weiter verstärke.<br />

Digitales CRM böte die große Chance, sich<br />

jenseits der Kostenloskultur vom Wettbewerb<br />

abzusetzen: „Die Retailbanken<br />

brauchen offene IT-Architekturen und einen<br />

Kulturwandel weg vom Anbieter klassischer<br />

Produkte hin zu einem Lösungsanbieter<br />

mit überragenden Services. Der<br />

beste Weg: Sie tun sich mit neuen Partnern<br />

zusammen, um die digitalen Möglichkeiten<br />

auszuschöpfen. Arbeiten sie<br />

zum Beispiel mit den Fintechs zusammen<br />

statt gegen sie, können beide Seiten profitieren.“<br />

Autor: www.atkearney.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

13


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

A.T. Kearney:<br />

Kein Ende des Umbaus bei deutschen<br />

Privatkundenbanken in Sicht<br />

Aktuelles Ranking unter Europas Privatbankkunden<br />

zeigt einen leichten Aufschwung<br />

nach der Finanzkrise. Sorgen<br />

bereitet immer noch die Kostensituation:<br />

vor allem in Deutschland und Österreich.<br />

„Die Situation der europäischen Banken<br />

für Privatkunden entspannt sich langsam,<br />

wenngleich die meisten Institute, besonders<br />

die deutschen, ihre Ausgaben nicht<br />

in den Griff bekommen haben“ fasst Andreas<br />

Pratz, Leiter des A.T. Kearney Beratungsbereiches<br />

Financial Services in<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />

die Ergebnisse<br />

des aktuellen „Retail<br />

Banking Radar“<br />

zusammen:<br />

Mit einem leichten<br />

Ertragswachstum,<br />

kombiniert mit<br />

rückläufiger Risikovorsorge,<br />

konnten<br />

europäische Institute<br />

insgesamt ihre<br />

Gewinne steigern,<br />

hätten es aber<br />

nicht geschafft,<br />

ihre Kosten zu reduzieren.<br />

Besonders<br />

dramatisch, so<br />

Pratz: Deutschlands<br />

Banken hätten<br />

vor Österreich die<br />

zweitschlechteste<br />

Cost-Income Ratio – diese Kennziffer bemisst<br />

das Verhältnis zwischen Aufwand<br />

und Ertrag und gibt Auskunft über die Effizienz<br />

eines Instituts.<br />

Der seit 2007 jährlich erscheinende Retail<br />

Banking Radar der Mangementberatung<br />

untersucht die Performance europäischer<br />

Retailbanken und erlaubt damit<br />

einen umfassenden und einzigartigen<br />

Einblick in die Stärken und Schwächen<br />

der Privatkundenbanken und zeigt, wo<br />

sich deutsche Institute im europäischen<br />

Wettbewerb befinden. Für die aktuelle<br />

Studie wurden die Daten von fast 100<br />

Privatkundenbanken und Bankengruppen<br />

in 22 europäischen Ländern hinsichtlich<br />

der Kriterien Ertrag pro Kunde und Mitarbeiter,<br />

Gewinn pro Kunde, Cost-Income-<br />

Ratio und Kreditrisikovorsorgequote untersucht.<br />

Zum ersten Mal wurden in der<br />

Studie auch Champions unter den europäischen<br />

Privatkundenbanken identifiziert:<br />

jene Institute, die sich besonders<br />

deutlich bei Kosten, Ertrag und Digitalisierung<br />

vom Wettbewerb absetzen.<br />

Das Privatkundensegment<br />

ist seit der Finanzkrise,<br />

so die diesjährigen<br />

Ergebnisse,<br />

weiterhin stark unter<br />

Druck, befindet sich<br />

nun aber nachweisbar<br />

auf dem Weg der Erholung.<br />

Zwar stagniert<br />

wegen der historisch<br />

niedrigen Zinsen der<br />

durchschnittliche jährliche<br />

Ertrag pro Kunde<br />

(666 Euro) – doch<br />

konnte dies durch weitere<br />

Senkungen der<br />

Risikovorsorge (um<br />

32 Prozent) ausgeglichen<br />

werden, so dass<br />

ein deutliches Gewinnwachstum<br />

je Kunde zu verzeichnen ist<br />

(18 Prozent). Keine Verbesserung dagegen<br />

ist bei der Kostensituation zu vermerken,<br />

die sich sogar leicht verschlechtert<br />

(61 Prozent Cost-Income-Ratio).<br />

Die Studie zeigt starke Unterschiede<br />

zwischen den Regionen: Die skandinavischen<br />

Länder und die Schweiz verteidigen<br />

ihre Spitzenposition beim Ertrag<br />

pro Kunde – nicht nur dank ihrer stabilen<br />

Wirtschaft, sondern auch, weil sie<br />

14 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

die ausgeprägte digitale Affinität ihrer<br />

Kunden für sich zu nutzen wissen. Die<br />

südeuropäischen Banken haben kraft<br />

drastischer Kostenkürzungen, Abbau<br />

von Filialen und Digitalisierung von Geschäftsprozessen<br />

den Sprung zurück in<br />

die Gewinnzone geschafft. Die osteuropäischen<br />

Privatkundenbanken kämpfen<br />

dagegen weiterhin mit Risikovorsorge-<br />

Ausgaben auf hohem Niveau. In Westeuropa<br />

hat z. B. ein kleines Land wie die<br />

Niederlande, Deutschland und Frankreich<br />

überholt. Grund dafür ist die positive Ertragsentwicklung,<br />

deutlich gestiegener<br />

Ertrag je Mitarbeiter und verbesserter<br />

Cost-Income-Ratio. Österreich und<br />

Deutschland schneiden bei der Effizienz-<br />

Kennziffer Cost-Income-Ratio wiederum<br />

am schlechtesten ab.<br />

kann den Status Kosten-Champion für<br />

sich beanspruchen. Die italienische Intesa<br />

Sanpaolo, die schwedische Nordea und<br />

die spanische Bankia zeigen sich vorbildlich<br />

mit Kostenreduktion zwischen 11 und<br />

43 Prozent gegenüber 2010, die durch<br />

Filialbereinigung und Vereinfachung der<br />

gesamten Organisation erreicht wurde.<br />

Das Ergebnis der deutschen Retailbanken<br />

ist durchaus gemischt: Während die Ertragsentwicklung<br />

leicht positiv ist und die<br />

Risiken im europäischen Vergleich am<br />

stärksten minimiert haben, konnten sie<br />

beim Thema Effizienz keinen Fortschritt<br />

erzielen – mit der Konsequenz sinkender<br />

Gewinne (- 3 Prozent).<br />

Gleichzeitig sind zwei deutsche Direktbanken<br />

unter den Ertrags-Champions<br />

vertreten: Die ING-DiBa und die Deutsche<br />

Kreditbank konnten, wie auch die polnische<br />

mBank und die britische Nationwide,<br />

durchgängig im zweistelligen Bereich<br />

von 2010 bis 2015 wachsen. Diese Spitzenreiter<br />

haben sich in ihren Angeboten<br />

und Prozessen konsequent auf den Kundenbedarf<br />

konzentriert und sind Pioniere<br />

beim sogenannten „frictionless Banking“:<br />

Sie bieten nicht nur neue Services, sondern<br />

auch eklatant vereinfachte Abläufe<br />

z. B. für Kontoeröffnung oder Kreditantrag.<br />

Die ING in den Niederlanden oder die<br />

Commerzbank-Tochter mBank beweisen<br />

überdurchschnittliche Leistung bei der<br />

Digitalisierung. Keine deutsche Filialbank<br />

„Die deutschen Banken drohen im europäischen<br />

Wettbewerb zurückzufallen“,<br />

kommentiert Pratz, Co-Autor und Initiator<br />

der Studienreihe, das Abschneiden<br />

heimischer Institute: Der Abstand bei Effizienz<br />

vergrößere sich weiter, während<br />

Champions bei Wachstum, Kosten und<br />

digitaler Transformation die Geschwindigkeit<br />

erhöhten. „Wenn die Deutschen den<br />

europäischen Anschluss nicht verpassen<br />

wollen, müssen sie ihre Cost-Income-<br />

Ratio um 10 Prozentpunkte verbessern<br />

– das entspricht pro Kunde ca. 50 Euro<br />

mehr Ertrag oder weniger Kosten.“ Pratz<br />

schätzt, dass sich die Optimierung der<br />

Effizienz gleichermaßen aus Kostenreduktion<br />

wie auch aus Umsatzsteigerung<br />

schöpfen muss: „Neben Abbau der Filialen,<br />

Digitalisierung des Vertriebs und des<br />

Betriebs und Ausbau von frictionless banking<br />

werden die deutschen Institute auch<br />

ihre Preispolitik überdenken müssen:<br />

Gratiskonten sind ein Auslaufmodell.“<br />

Autor: www.atkearney.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

15


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

Zahlungsverkehr kostet Banken<br />

eine Milliarde Euro bis 2018<br />

Eine Milliarde Euro allein an Projektkosten<br />

für Personal kommen auf<br />

die rund 2.000 Kreditinstitute in<br />

Deutschland nur in den kommenden zwei<br />

bis drei Jahren zu – und nur im Bereich<br />

Zahlungsverkehr. Regularien wie SEPA,<br />

PSD II oder ein gesetzliches Basiskonto,<br />

aber auch neue Bezahlverfahren wie Instant<br />

Payments, paydirekt und Big Data<br />

sorgen bei deutschen Geldhäusern für<br />

diese Zusatzausgaben. Es gilt parallel an<br />

diversen Stellschrauben zu drehen. Das<br />

bedarf vieler Fachkräfte und damit zusätzlichem<br />

Geld. Das zeigt eine aktuelle<br />

Markteinschätzung der Unternehmensberatung<br />

PPI, für die vor dem Hintergrund<br />

langjähriger Projekterfahrung die relevanten<br />

Themen sowie die Kosten für die<br />

benötigten Manntage addiert wurden. Allein<br />

die Vereinheitlichung des Euro-Zahlungsverkehrs,<br />

kurz SEPA, war eine große<br />

Investition, die Banken bewältigen mussten.<br />

Seit dem 1. Februar <strong>2016</strong> sind alle<br />

Euro Überweisungen und Lastschriften<br />

vollständig auf das einheitliche System<br />

umgestellt. Nun folgt noch die analoge<br />

Umstellung für Nicht-Euro-Länder – ein<br />

Kostenaufwand in Höhe von etwa zwölf<br />

Millionen Euro für deutsche Geldhäuser.<br />

Das Update der SEPA-und SWIFT Regelwerke<br />

schlagen mit weiteren 15 Millionen<br />

Euro zu Buche. Noch weitaus massiver<br />

werden die Aufwände für die Erfüllung der<br />

PSD-II-Vorschriften. Die Zahlungsdiensterichtlinie<br />

verursacht nach Einschätzung<br />

der PPI-Experten 250 Millionen Euro allein<br />

für die Umsetzung. Insgesamt verursachen<br />

allein die aufgezählten Standardisierungen<br />

und Regulierungen Kosten in Höhe<br />

von 354 Millionen Euro.<br />

Neben den zwingend umzusetzenden Regularien<br />

beeinflussen aber auch 15 neue<br />

Zahlungsverkehrsprodukte und allgemeine<br />

Trends die Banken in den kommenden<br />

zwei bis drei Jahren. „Die Implementierung<br />

neuer Systeme und Aufrüstung bestehender<br />

Systeme im Rahmen von Big<br />

Data wird voraussichtlich allein 65 Millionen<br />

Euro an Personalkosten verbrauchen.<br />

Auch wenn es sich um keine regulatorische<br />

Vorgabe handelt, wird daran keine Bank<br />

vorbeikommen“, erklärt Dr. Hubertus von<br />

Poser, Partner und Zahlungsverkehrsexperte<br />

bei der Unternehmensberatung PPI.<br />

Berechnung einer Mammutaufgabe<br />

Er hat ausgerechnet, welche enormen<br />

Investitionen die deutschen Kreditinstitute<br />

bis 2018 allein im Zahlungsverkehr<br />

stemmen müssen. Für die Rechnung hat<br />

PPI alle Themen, die auf Banken in Sachen<br />

Zahlungsverkehr zukommen, in einer<br />

Themenlandkarte zusammengefasst.<br />

Dabei handelt es sich um Regularien und<br />

Gesetze wie die PSD II, die zwingend umzusetzen<br />

sind sowie um Trends und allgemeine<br />

Themen. Hochgerechnet auf den<br />

Gesamtmarkt ergeben sich für alle 33<br />

Themenfelder somit Kosten von rund einer<br />

Milliarde Euro. „Gravierend ist, dass<br />

den Kosten kaum zusätzliche Erträge gegenüberstehen“,<br />

sagt von Poser. Es handelt<br />

sich somit um weitere Kosten für die<br />

bereits in Effizienzprogrammen feststeckenden<br />

Banken.<br />

Begeisterung für den Zahlungsverkehr<br />

wecken<br />

Neben den Kosten müssen die Kreditinstitute<br />

auch den erhöhten Bedarf an Fachkräften<br />

stemmen. „Immer mehr Banken<br />

in Deutschland stellen fest, dass die Zahlungsverkehrsexperten<br />

in den eigenen<br />

Reihen ausgelastet sind und die Rekrutierung<br />

auf dem Arbeitsmarkt schwierig<br />

ist“, berichtet der PPI-Experte. Neben<br />

der Möglichkeit, externe Mitarbeiter auf<br />

Projektbasis zu beauftragen, kommt vor<br />

allem der internen Talentsuche eine große<br />

Bedeutung zu. „Aufgabe der Führungskräfte<br />

und Personaler ist es, die zentra-<br />

16 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

le strategische Relevanz und Attraktivität<br />

des Zahlungsverkehrs aufzuzeigen. Zahlungsverkehrsexperten<br />

müssen weg vom<br />

Nerd-Vorurteil“, sagt von Poser. Banken,<br />

denen dieser Schachzug gelingt, profitieren<br />

später von günstigeren Umsetzungskosten,<br />

weil sie nicht teuer einkaufen<br />

müssen. Auch für Mitarbeiter lohnt sich<br />

die Qualifikation zu langfristig gefragten<br />

Spezialisten.<br />

Autor: www.ppi.de<br />

Corporate-Banking-Index: Erträge<br />

mit Firmenkunden fallen auf tiefsten<br />

Stand seit 2009<br />

Profitabilität des Corporate-Banking in<br />

Deutschland sinkt im zweiten Halbjahr<br />

2015 deutlich. Zins- wie Provisionsüberschuss<br />

der Banken stehen unter<br />

Druck. Kreditmarge bewegt sich nahe historischen<br />

Tiefstständen. Verschärfte Regulierung<br />

führt zu weiter steigenden Verwaltungskosten.<br />

Nach einem traditionell<br />

stärkeren ersten Halbjahr 2015 und der<br />

damit verbundenen temporären Entspannung<br />

hat sich die Lage im Firmenkundengeschäft<br />

der deutschen Banken wieder<br />

verschärft. Der Bain-Corporate-Banking-<br />

Index fiel in den beiden Dimensionen Ertrag<br />

und Profitabilität in der zweiten Jahreshälfte<br />

2015 und liegt nun beim Ertrag<br />

nahe des Indexwerts der ersten sechs<br />

Monate des Jahres 2009, als die Banken<br />

weltweit mit den Folgen der Finanzkrise<br />

zu kämpfen hatten (Abbildung 1). Anders<br />

als noch im ersten Halbjahr 2015 konnten<br />

die Banken ihr schwaches Zinsergebnis bis<br />

zum Jahresende nicht mehr durch höhere<br />

Provisionseinnahmen kompensieren.<br />

Die Nachfrage nach Krediten ist seit 2011<br />

stabil, das Kreditvolumen liegt bei rund<br />

1 Billion Euro. Doch die durchschnittliche<br />

Kreditmarge schrumpft seitdem kontinuierlich:<br />

von 1,9 auf zuletzt 1,4 Prozent.<br />

Damit liegt sie nur noch 0,1 Prozentpunkte<br />

über den historischen Tiefstständen von<br />

2008. Dr. Jan-Alexander Huber, Partner<br />

bei Bain & Company und Corporate-Banking-Experte,<br />

weist auf erhebliche Unterschiede<br />

innerhalb der Branche hin: „Einzelne<br />

Institute erzielen mit Kernkunden<br />

im Kreditgeschäft weiterhin durchaus attraktive<br />

Renditen. Ihr effizienter und fokussierter<br />

Vertrieb zahlt sich hier sichtbar<br />

aus.“ Höhere Effizienz ist umso wichtiger,<br />

da die Verwaltungskosten im Firmenkundengeschäft<br />

unverändert steigen. Das<br />

liegt vor allem an der Anpassung der Tarifgehälter<br />

sowie der Umsetzung neuer regulatorischer<br />

Anforderungen. In der Folge<br />

steigt die Cost-Income-Ratio auf 43 Prozent<br />

und ist damit so hoch wie noch nie<br />

seit der Jahreswende 2008/2009.<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

17


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

Eigenkapitalrendite sinkt<br />

auf 14 Prozent vor Steuern<br />

Entlastet wurde das Ergebnis auch im<br />

zweiten Halbjahr 2015 durch eine Kreditrisikovorsorge<br />

weit unter dem langjährigen<br />

Durchschnitt. Die Banken profitieren nach<br />

wie vor von der robusten Konjunktur und<br />

den rückläufigen Firmeninsolvenzen. Das<br />

reicht allerdings nicht aus, um den Profitabilitätsverfall<br />

zu stoppen. Besonders<br />

augenscheinlich wird dieser bei der Eigenkapitalrendite<br />

vor Steuern: Mit 14 Prozent<br />

ist sie im zweiten Halbjahr 2015 auf<br />

das niedrigste Niveau seit Überwindung<br />

der Finanzkrise gesunken. „Die Banken<br />

kämpfen im Firmenkundengeschäft nicht<br />

nur mit schwindenden Erträgen und steigenden<br />

Kosten“, stellt Dr. Christian Graf<br />

fest, Principal bei Bain & Company und<br />

Co-Autor der Studie. „Sie müssen auch ihr<br />

Eigenkapital stärken, was die Rendite zusätzlich<br />

belastet.“<br />

Ertragssituation stabilisieren und<br />

neue Potenziale erschließen<br />

Die deutschen Banken durchlaufen derzeit<br />

eine weitere Runde von Kostensenkungen.<br />

Werden diese konsequent und<br />

nachhaltig umgesetzt, können sie die<br />

nötige Entlastung verschaffen. Mittelund<br />

langfristig aber müssen die Institute<br />

Wege finden, ihre Ertragssituation zu<br />

stabilisieren und neue Gewinnpotenziale<br />

zu erschließen. Mit einer konsequenten,<br />

vom Kunden her gedachten Digitalisierung<br />

kann es gelingen, sich vom Wettbewerb<br />

abzusetzen. „Corporate-Banking<br />

bleibt attraktiv“, so Bain-Partner Huber.<br />

„Dafür sprechen die immer noch zweistelligen<br />

Eigenkapitalrenditen. Doch nur<br />

mit neuen strategischen Ansätzen und<br />

höchster Effizienz können die Banken in<br />

diesem Markt auf Dauer bestehen.“<br />

Autor: www.bain.de<br />

18 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Die nächste Bankenkrise kommt<br />

bestimmt:<br />

Banken müssen Risiken vor Kreditvergabe<br />

umfassender analysieren<br />

Bankenkrisen laufen meistens nach<br />

dem gleichen Muster ab: Bei guter<br />

Konjunktur sind die Banken großzügig<br />

in ihrer Kreditvergabe. Folgt dann<br />

aber der wirtschaftliche Abschwung<br />

und Kredite geraten<br />

unter Druck, sind sie<br />

auf Zahlungsausfälle meist<br />

nicht ausreichend vorbereitet.<br />

Das passierte 2008<br />

durch die Subprime-Krise<br />

in den USA und während<br />

der europäischen Bankenkrise<br />

2010. Trotzdem wachsen<br />

die Kreditvolumina<br />

seit Jahren stärker als das<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP)<br />

oder bleiben auf hohem<br />

Niveau. So lag das Kreditvolumen<br />

deutscher Banken<br />

Ende 2015 bei 80,6 Prozent<br />

vom BIP gegenüber 81,8<br />

Prozent Ende 2014. Damit<br />

steigt auch das Ausfallrisiko,<br />

nicht zuletzt wegen der anhaltenden<br />

Niedrigzinspolitik in Europa und der Konsumfreude<br />

der Deutschen. Ein ähnliches<br />

Bild zeigt sich in den Emerging Markets:<br />

Dort wuchs der Anteil ausgegebener Kredite<br />

am BIP von 77 Prozent in 2007 auf<br />

128 Prozent im Jahr 2015. Entsprechend<br />

nahmen auch die Risiken zu.<br />

Um diesen Risiken besser zu begegnen,<br />

faule Kredite früh zu erkennen und so Zahlungsausfälle<br />

zu vermeiden sollten Banken<br />

ihre Kreditrisiken professioneller verwalten,<br />

sagen die Roland Berger-Experten in<br />

ihrer neuen Studie "Better safe than sorry<br />

– Mastering hidden risk in the loan portfolio".<br />

"Durch die großzügige Kreditvergabepolitik<br />

der vergangenen Jahre können<br />

Banken schnell wieder in unruhiges Fahrwasser<br />

kommen, sollte sich die Konjunktur<br />

eintrüben", erklärt Markus Strietzel, Partner<br />

von Roland Berger. "Außerdem kann<br />

noch niemand absehen, ob der Brexit Auswirkungen<br />

auf die Rückzahlung von Unternehmens-<br />

oder Immobilienkrediten haben<br />

wird." Einige Emerging Markets kämpfen<br />

heute schon mit Konjunkturproblemen<br />

oder schwachen Zukunftsaussichten. Ist<br />

die Rezession erst einmal in vollem Gange,<br />

sind Banken doppelt betroffen: Einerseits<br />

führt die rückläufige Kreditnachfrage<br />

zu sinkenden Zinseinnahmen und andererseits<br />

verlangen Kreditausfälle mehr Risikovorsorge<br />

und höhere Rückstellungen.<br />

Umfassende Analyse der Kreditportfolien<br />

nötig<br />

Kreditinstitute sollten sich daher frühzeitig<br />

auf diese Szenarien vorbereiten und<br />

eine umfassende Analyse ihrer gesamten<br />

Kreditengagements vornehmen. Denn ein<br />

tiefgreifendes Verständnis jedes einzelnen<br />

Kredits bietet große Vorteile: Neben der hö-<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

19


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

heren Transparenz in Bezug auf bestehende<br />

Risiken, können auch potenzielle Ausfallkandidaten<br />

früher identifiziert werden. Zudem<br />

helfen diese Informationen, Prozesse<br />

und Richtlinien weiterzuentwickeln und so<br />

mögliche Marktveränderungen besser zu<br />

antizipieren. "Kreditinstitute sollten auch<br />

nicht-finanzielle Indikatoren stärker unter<br />

die Lupe nehmen", rät Roland Berger-<br />

Partner Kai-Stefan Schober. "Umfangreiche<br />

Daten und Risikoprofile von Kunden haben<br />

die Banken ohnehin." Allerdings wurden<br />

Kreditrisiken bisher nur anhand einiger,<br />

meist vergangenheitsbezogener, Finanzindikatoren<br />

analysiert, anstatt alle verfügbaren<br />

Informationen einfließen zu lassen.<br />

"Die Folge sind Auswertungen, die nicht<br />

das tatsächliche Risikopotenzial widerspiegeln<br />

und zu falschen Entscheidungen bei<br />

der Kreditvergabe führen können", sagt<br />

Schober.<br />

Sechs Schritte für einen erfolgreichen<br />

Bewertungsprozess<br />

Für eine umfassende Bewertung von Kreditportfolien<br />

sind nach Ansicht der Experten<br />

von Roland Berger sechs Schritte erforderlich:<br />

1. Erstellung einer Liste von Risikoindikatoren:<br />

Kreditinstitute sollten hier<br />

auch zukunftsbezogene finanzielle und<br />

nicht-finanzielle Indikatoren sowie individuelle<br />

Verhaltensmuster von Kunden<br />

berücksichtigen. Hat ein Kunde in<br />

der Vergangenheit seine Kredite immer<br />

vollständig zurückgezahlt, ist davon<br />

auszugehen, dass dies auch in Zukunft<br />

der Fall sein wird.<br />

2. Abgleich der Liste: In der Datenbank<br />

vorhandene Risikodaten werden mit<br />

weiteren externen Informationen,<br />

etwa aus Unternehmensregistern oder<br />

Bonitätsdatenbanken, abgeglichen und<br />

fehlende Informationen ergänzt.<br />

3. Bewertung jedes einzelnen Risikoindikators<br />

unter Berücksichtigung von<br />

bank- und länderspezifischen Regularien,<br />

wie etwa unterschiedliche Steueroder<br />

Insolvenzgesetze.<br />

4. Quantitative Analyse: Die ausgewählten<br />

Risikoindikatoren müssen unter<br />

Berücksichtigung historischer Daten<br />

anhand von Kennzahlen wie beispielsweise<br />

Verzugstage bei Zinszahlungen<br />

analysiert werden.<br />

5. Automatisierung des Bewertungsprozesses:<br />

Mithilfe des eigenen IT-Systems<br />

sollte das Kreditinstitut die erhobenen<br />

Daten genau auswerten und so<br />

drohende Kreditausfälle schnell erkennen.<br />

6. Überprüfung von Prozessen und Systemen:<br />

Regelmäßige Tests sollten dabei<br />

helfen, Prozesse und Risikoindikatoren<br />

permanent zu aktualisieren.<br />

Die Überprüfung von Kreditportfolien ist<br />

für Banken sehr aufwändig und kann je<br />

nach den individuellen Voraussetzungen<br />

zwischen acht und zwölf Wochen dauern.<br />

"Doch der Aufwand lohnt sich, denn er<br />

ermöglicht den Banken, vor der Kreditvergabe<br />

genauer zu wissen, mit welchem<br />

Schuldner sie es zu tun haben", rät Markus<br />

Strietzel. "Spätestens wenn die nächste<br />

Bankenkrise droht, zahlt sich diese<br />

Mühe auf jeden Fall aus."<br />

Autor: www.rolandberger.com<br />

20 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Private Banking:<br />

Erträge der Vermögenden steigen,<br />

die der Banken nicht<br />

Die im Private Banking verwalteten<br />

Vermögen (Assets under Management,<br />

AuM) sind im vergangenen<br />

Jahr in Deutschland um 9% und in Europa<br />

insgesamt um 7% gestiegen. Dazu<br />

trug die positive Entwicklung an den Kapitalmärkten<br />

bei: In Deutschland kamen<br />

5 %-Punkte der Aufwärtsbewegung von<br />

Kursgewinnen, nur 4 %-Punkte durch<br />

zusätzlich angelegte Kundengelder (Nettomittelzuflüsse).<br />

In Europa stammten 3<br />

%-Punkte der insgesamt 7% aus Kursgewinnen<br />

und 4 %-Punkte aus Mittelzuflüssen.<br />

Dies sind Ergebnisse aus dem neuen<br />

Private Banking Survey von McKinsey &<br />

Company. Die Unternehmensberatung befragte<br />

dafür fast 200 Banken in Europa,<br />

Nordamerika, Asien, Lateinamerika und<br />

dem Mittleren Osten.<br />

Die deutschen Anleger erzielten im Vergleich<br />

zu den Kunden im restlichen Europa<br />

höhere Erträge, da sie mehr Mut zum Risiko<br />

zeigten. 33% der AuM stecken hierzulande<br />

in Aktien gegenüber 29% in Europa;<br />

die Barbestände sind gleichzeitig mit 26<br />

statt 31% Anteil in Deutschland geringer.<br />

Ein Fünftel der verwalteten Vermögen in<br />

Deutschland sind in festverzinsliche Papiere<br />

angelegt. „Angesichts schrumpfender<br />

Umsatzmargen müssen die Banken Antworten<br />

auf die verschärfte Regulierung, die<br />

Digitalisierung und die steigenden Ansprüche<br />

der Kunden finden“, sagte McKinsey-<br />

Seniorpartner Philipp Koch als Co-Autor zur<br />

Vorstellung der Analyse. Die Umsatzmarge<br />

der deutschen Anbieter ist im vergangenen<br />

Jahr von 70 auf 68 Basispunkte (0,68 Prozent<br />

des verwalteten Vermögens) gefallen.<br />

Die Gewinnmarge stagnierte hierzulande<br />

bei 17 Basispunkten, während sie im europäischen<br />

Schnitt 26 Basispunkte erreicht.<br />

Koch: „Europaweit sind die absoluten Erträge<br />

der Institute im Private Banking seit<br />

sechs Jahren jeweils gestiegen und erreichen<br />

jetzt wieder das Vorkrisenniveau von<br />

2007.“<br />

Tiefgreifende<br />

absehbar<br />

Marktveränderungen<br />

Dass die Volumina im Private Banking<br />

auch in den kommenden Jahren kontinuierlich<br />

steigen, ist keineswegs ausgemacht.<br />

Im Gegenteil: „Den Anbietern<br />

bleibt nicht viel Zeit, sich auf die schon<br />

heute absehbaren Veränderungen einzustellen“,<br />

so Experte Philipp Koch. Er<br />

nennt vier entscheidende Trends: Kunden<br />

nehmen die Vermögensverwaltung<br />

zunehmend selbst in die Hand. „Gebühren<br />

und Kosten sind heute transparenter<br />

denn je, daher sollten die Banken ihr<br />

Wertversprechen sehr klar machen können<br />

und sich vom Markt differenzieren“,<br />

so Koch.<br />

Kunden setzen mehr auf digitale Angebote.<br />

Auch im gehobenen Segment sind<br />

Online- und Multichannel-Angebote salonfähig<br />

geworden; die Anbieter müssen<br />

ansprechende Konzepte hierfür bereithalten.<br />

Die Kosten bleiben unter Druck. Regulatorische<br />

Vorschriften, Wettbewerb und<br />

steigende Kundenansprüche erzwingen<br />

eine schlanke und agile Struktur. Koch:<br />

„Die Kostenbasis weiter zu verschmälern,<br />

gehört zu den wichtigsten Themen<br />

der Branche.“<br />

Private Banking erfordert neue Talente.<br />

Anspruchsvollere und digitalaffine Kunden<br />

auf der einen Seite, neue Formate<br />

und Produkte auf der anderen – das verändert<br />

auch die Rollen der Mitarbeiter<br />

im Private Banking. „Die richtigen Mitarbeiter<br />

für das Banking von morgen zu<br />

gewinnen, gehört zu den Kernaufgaben<br />

des Topmanagements“, berichtet Koch.<br />

Weltweit ist eine Verschiebung der Gewichte<br />

im Private Banking zu beobachten.<br />

Das Vermögen der wohlhabenden<br />

Kundenschicht (high net worth, HNW)<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

21


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

ist in den vergangenen fünf Jahren um<br />

40% auf zuletzt umgerechnet 53 Billionen<br />

Euro gestiegen. Dabei sind aber<br />

deutliche Unterschiede im Wachstum zu<br />

verzeichnen: Ein Drittel des Zuwachses<br />

stammt aus Asien. Dort stieg das Vermögen<br />

um 13,4% jährlich im Vergleich<br />

zu 5,8% in Nordamerika und nur 2,8%<br />

in Westeuropa.<br />

Autor: www.mckinsey.de<br />

Bankkunden fordern digitalen Service<br />

Immer mehr Bankkunden wünschen<br />

sich ein komplett digitalisiertes und<br />

auf ihre individuellen Bedürfnisse<br />

zugeschnittenes Angebot ihrer Bank. Wie<br />

die Umfrage „Privatkundengeschäft der<br />

Zukunft“ der Wirtschaftsprüfungs- und<br />

Beratungsgesellschaft PwC ergab, stehen<br />

für die Mehrzahl der deutschen Kunden der<br />

persönliche Bankberater (77 Prozent), individuelle<br />

Beratung (68 Prozent), ein rund<br />

um die Uhr erreichbarer Kundenservice<br />

(66 Prozent), Mobile Banking-Angebote<br />

(59 Prozent) und sichere Finanz-Apps (52<br />

Prozent), etwa zur Verwaltung von Bankkonten,<br />

ganz oben auf der Prioritätenliste.<br />

Die Banken sind indes stark auf ihren Produktvertrieb<br />

fokussiert. Die Hälfte der Befragten<br />

erklärte, ihre Bank melde sich nur,<br />

wenn sie ein Produkt – und dabei häufig<br />

ihr eigenes – verkaufen will. Rund 44 Prozent<br />

besuchen keine Bankfiliale mehr. Lediglich<br />

19 Prozent sagten, ihre Bank weise<br />

sie regelmäßig auf günstige Angebote von<br />

anderen Instituten hin. Dabei interessieren<br />

sich 44 Prozent der Befragten durchaus<br />

für Angebote von Wettbewerbern –<br />

gut 57 Prozent wären sogar bereit, dafür<br />

etwas zu zahlen. An der repräsentativen<br />

Online-Befragung nahmen 1.048 Bundesbürger,<br />

die älter als 18 Jahre sind, teil.<br />

Hohe Bereitschaft zur Datenanalyse<br />

für individuellen Service<br />

Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung<br />

wird Mobile Banking immer beliebter.<br />

Gut ein Drittel der Deutschen erledigt Bankgeschäfte<br />

bereits über Smartphone, Tablet<br />

oder Smartwatch, ein weiteres Viertel würde<br />

es gerne ausprobieren. Darüber hinaus<br />

sind knapp 60 Prozent der Befragten mit<br />

einer Analyse ihrer persönlichen Daten einverstanden,<br />

um individuelle Angebote zu<br />

erhalten. Knapp 40 Prozent würden ihrer<br />

Bank sogar für eine umfassende Finanzberatung<br />

ihr gesamtes Vermögen offenlegen.<br />

Rund ein Drittel von ihnen würde ihrer<br />

Bank auch nicht-finanzielle Daten etwa<br />

über Beruf, Hobbys oder persönliche Ziele<br />

zur Verfügung stellen. „Die überwältigende<br />

Mehrheit der Bankkunden vertraut ihrer<br />

Bank. Die Bereitschaft, persönliche Daten<br />

offenzulegen, ist durchaus vorhanden. Die<br />

Banken sollten viel stärker in den Dialog<br />

22 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

mit ihren Kunden treten, um deren Produkt-<br />

und Servicewünsche herauszufinden.<br />

Eine fortschrittliche Datenanalyse kann dabei<br />

immens helfen“, sagt Dr. Holger Kern,<br />

Partner bei PwC und Bankenexperte. Als<br />

wichtigste Funktion einer Banking-App<br />

nennen 76 Prozent der Befragten Tipps<br />

zum Steuersparen. Etwa 70 Prozent der<br />

Umfrageteilnehmer erwarten von Finanz-<br />

Apps außerdem Geldspartipps wie aktuelle<br />

Rabattangebote und Hilfe beim Erreichen<br />

der eigenen Sparziele. „Die Banken sollten<br />

sich auf ihr Kerngeschäft fokussieren und<br />

innovative digitale Serviceleistungen entwickeln,<br />

statt Produkte und Services anzubieten,<br />

die nicht zum Kunden passen.<br />

Eine ‚Kaffee-App‘ benötigt der Kunde nicht<br />

von seiner Bank“, erläutert Daniel Wildhirt,<br />

Bankenexperte bei PwC, der die Befragung<br />

federführend begleitet hat.<br />

Robo Advice wird kein Selbstläufer<br />

Digitale Innovationen wie Robo Advice<br />

können im Privatkundengeschäft bald<br />

eine zunehmend wichtige Rolle spielen.<br />

Zwar haben bislang lediglich vier Prozent<br />

einen Robo Advisor ausprobiert, gut<br />

zwölf Prozent möchten dies aber in den<br />

nächsten Monaten tun. Rund 45 Prozent<br />

nennen eingesparte Beratungsgebühren<br />

als Grund, sich automatisiert online beraten<br />

zu lassen, und ein Drittel der Befragten<br />

wünscht sich, dass ihre Bank<br />

Robo Advice einführt – auch in Kooperation<br />

mit einem anderen Anbieter. Rund 32<br />

Prozent der Befragten würden den Empfehlungen<br />

eines Robo Advisors eher vertrauen<br />

als denen eines Anlageberaters,<br />

da diese auf mathematischen Berechnungen<br />

basieren. „Der Kunde wünscht<br />

sich günstige, rentable und leicht verständliche<br />

Anlageprodukte. Daher wird<br />

der Trend weiter hin zur automatisierten<br />

Anlageberatung gehen. Jedoch wird<br />

Robo Advice kein Selbstläufer: Banken<br />

sollten den Kunden diese Ergänzung zur<br />

Beratung aktiv anbieten und erklären“,<br />

empfiehlt Wildhirt.<br />

Autor: www.pwc.de<br />

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Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

23


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

Stresstest <strong>2016</strong>: EZB erhöht den Druck<br />

auf Bankengeschäftsmodelle -<br />

Europäischen Banken drohen im<br />

Stressfall Kapitallücken<br />

von bis zu 20 Mrd. Euro<br />

Bis zu neun der 51 untersuchten Banken müssten sich<br />

voraussichtlich zusätzliches Kapital beschaffen /<br />

Auch deutsche Banken leiden unter fallenden<br />

Nettozinserträgen bei steigenden Risiken und<br />

regulatorischem Druck<br />

Am 29. Juli hat die European Banking<br />

Authority (EBA) die Ergebnisse des<br />

aktuellen Bankenstresstests veröffentlicht,<br />

in dem 51 der größten europäischen<br />

Banken - davon neun aus Deutschland<br />

- auf ihre Widerstandfähigkeit bei<br />

nachteiligen ökonomischen Bedingungen<br />

wie einer substantiellen Konjunkturabkühlung<br />

oder deutlich sinkenden Immobilienpreisen<br />

getestet wurden. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass Banken unter solchen Stressbedingungen<br />

damit rechnen müssen, im<br />

Schnitt 30% ihres Kapitals im adversen<br />

Szenario zu verlieren. Dadurch fällt die<br />

durchschnittliche harte Kernkapitalquote<br />

(CET1 Ratio) von 14,8% auf 9,5%. Anders<br />

als bei früheren Stresstests haben sich<br />

die Europäische Zentralbank (EZB) und<br />

die EBA jedoch dafür entschieden, keine<br />

allgemeine Mindestkapitalquote vorzugeben.<br />

Stattdessen werden die Ergebnisse<br />

vom Bankenaufseher für den jährlichen<br />

Beurteilungsprozess verwendet, um den<br />

individuell angemessenen Kapitalbedarf<br />

je Bank zu ermitteln. Dr. Philipp Wackerbeck,<br />

Leiter der Financial Services Practice<br />

bei Strategy&, der Strategieberatung von<br />

PwC, erklärt zu den heute veröffentlichten<br />

Ergebnissen und deren Auswirkungen<br />

für Finanzinstitute: "Unsere Analyse der<br />

Stresstestergebnisse deutet darauf hin,<br />

dass sich voraussichtlich bis zu neun von<br />

51 Banken zusätzliches Kapital beschaffen<br />

müssen. Auf europaweit aggregierter Basis<br />

kann bei Eintreten des adversen Szenarios<br />

ein Kapitalbedarf von 16 bis 20 Mrd. Euro<br />

auftreten. Das entspricht einem notwendigen<br />

Anstieg der aktuellen Kapitalausstattung<br />

um ca. 1%." Eine interessante<br />

Beobachtung ist, dass die Ergebnisse der<br />

beteiligten Länder durchaus vergleichbar<br />

sind und es keine Konzentration in Südeuropa<br />

gibt. Italienische Banken haben<br />

beispielsweise im Durchschnitt besser abgeschnitten<br />

als erwartet. Da die Rendite<br />

der europäischen Banken 2015 mit 6,5%<br />

signifikant unter dem Vorkrisenniveau von<br />

15 bis 20% bleibt, ist zu erwarten, dass<br />

die Kapitalmärkte den betroffenen Banken<br />

nur zögerlich zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten<br />

anbieten werden. Das impliziert,<br />

dass höchstwahrscheinlich die bestehenden<br />

Eigenkapitalgeber die Last der<br />

Rekapitalisierung tragen müssen.<br />

Eigenkapitalausstattung<br />

nicht ausreichend<br />

Mit einem durchschnittlichen Rückgang der<br />

harten Kernkapitalquote unter negativen<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen um<br />

3,8 Prozentpunkte ist die Auswirkung des<br />

aktuellen Stresstests noch einmal höher<br />

als der Rückgang um 3,3 Prozentpunkte<br />

in 2014. Trotz der daraufhin veranlassten<br />

Stärkung der Kapitalausstattung der Banken,<br />

die über die letzten Jahre in einem<br />

Anstieg der harten Kernkapitalquote von<br />

24 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

11,1% in 2014 auf 13,2% in <strong>2016</strong> resultierte,<br />

wird die bei Eintreten des adversen<br />

Szenarios zu erwartende Kapitallücke mit<br />

16 bis 20 Mrd. Euro signifikant höher ausfallen<br />

als 2014. Damals mussten Banken<br />

lediglich 4,7 Mrd. Euro zusätzliches Kapital<br />

aufnehmen. Erwartungsgemäß stellen<br />

Verluste aus Kreditrisiken, die aus Kreditausfällen<br />

und fallenden Bewertungen<br />

von Sicherheiten bei schwierigen ökonomischen<br />

Rahmenbedingungen resultieren,<br />

den größten Treiber bei den Kapitalauswirkungen<br />

für Banken dar. Die Verluste aus<br />

Kreditrisiken belaufen sich <strong>2016</strong> jedoch<br />

auf ähnliche Werte wie beim vorherigen<br />

Stresstest. Daraus lässt sich ableiten,<br />

dass Banken ihr Risikoprofil im Kreditgeschäft<br />

nicht wesentlich verändert haben.<br />

Tatsächlich ist der durchschnittliche Anteil<br />

notleidender Kredite am gesamten Kreditvolumen<br />

seit dem letzten Stresstest<br />

bei europäischen Banken sogar von 4,8%<br />

auf 4,1% gesunken. Hierbei bilden italienische<br />

Banken die Ausnahme, da diese<br />

immer noch mit der Reduktion ihrer enormen<br />

Anzahl notleidender Kredite in den<br />

Bankbilanzen zu kämpfen haben.<br />

Fallende Nettozinserträge<br />

bei steigenden Marktrisiken<br />

und regulatorischem Druck<br />

"Nach unserer Analyse stammen die erhöhten<br />

Auswirkungen unter Stressbedingungen<br />

neben den Verlusten aus Kreditrisiken<br />

auch von einem sich verschärfenden<br />

Rückgang der Nettozinserträge, einem<br />

stärkeren Einfluss von Marktrisiken sowie<br />

einer fortschreitenden Einführung der<br />

Basel-III-Regularien. Dies spiegelt weitestgehend<br />

die Durchsetzung einer stringenteren<br />

und konservativeren Methodik<br />

für diese Elemente durch die europäischen<br />

Aufseher im diesjährigen Stresstest wider",<br />

sagt Burkhard Eckes, Leiter Banking<br />

& Capital Markets bei PwC. "Auch Banken<br />

in Irland und Spanien haben die Basel-<br />

III-Anforderungen noch nicht ausreichend<br />

in ihren Kapitalpositionen reflektiert, was<br />

zum Teil zu deutlichen Kapitalrückgängen<br />

im Stresstest führt." Die Finanzkrise hat<br />

das Geschäftsumfeld für Banken grundlegend<br />

verändert und stellt noch immer<br />

eine fundamentale strategische Herausforderung<br />

für traditionelle, bilanzintensive<br />

Bankengeschäftsmodelle dar, die stark<br />

von Nettozinserträgen abhängig sind. Angesichts<br />

des aktuellen Niedrigzinsumfelds<br />

und des daraus resultierenden hohen<br />

Drucks auf Nettozinsmargen sind Banken<br />

gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zu<br />

überdenken und andere Ertragsquellen zu<br />

erschließen. Dies wird auch in den Stresstestergebnissen<br />

zum Nettozinsertrag<br />

deutlich, die im Durchschnitt mit einem<br />

Einbruch um 6% im Baseline-Szenario<br />

und um 17% im adversen Szenario einen<br />

signifikanten Anstieg der Auswirkung im<br />

Vergleich zu 2014 aufzeigen.<br />

Regulatorischer Druck auf Banken steigt<br />

Laut Wackerbeck enthalten diese Ergebnisse<br />

eine klare Nachricht: "Mit dem<br />

diesjährigen Stresstest erhöhen die europäischen<br />

Aufseher den Druck auf die Banken,<br />

sich zu reformieren. Wir beobachten<br />

in Italien Banken mit einem hohen Anteil<br />

notleidender Kredite in den Bilanzen oder<br />

in Irland und Spanien Geldhäuser mit Ka-<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

25


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

pitalelementen, die durch Basel III gerade<br />

stufenweise außer Kraft gesetzt werden.<br />

Gleichzeitig erwirtschaften diese Banken<br />

jedoch nur geringe, nichtnachhaltige<br />

Überschüsse - Letzteres gilt insbesondere<br />

auch in Deutschland. Zusätzliches Kapital<br />

aufzunehmen ist schlussendlich aber<br />

nicht ausreichend, um die strukturellen<br />

Probleme der Branche zu lösen, da dieser<br />

Schritt die Kapitalkosten steigert, ohne<br />

zu höheren Einnahmen oder Wachstumsraten<br />

zu führen." Jenseits der Kapitalanforderungen<br />

unterstreicht der Stresstest,<br />

dass Banken ihre Strategie mit Blick auf<br />

das aktuelle ökonomische und regulatorische<br />

Umfeld sowie die zunehmende Konkurrenz<br />

durch Start-ups aus dem FinTech-<br />

Bereich neu bewerten müssen. Banken<br />

sollten ihre Geschäftsmodelle daher konsequent<br />

weiterentwickeln und gezielt in<br />

Innovationen, Produktion und Marketing<br />

investieren, um die Chancen der Digitalisierung<br />

zur Transformation des bisherigen<br />

Geschäftsmodells zu nutzen. Sie sollten<br />

sich darauf fokussieren, ihre Erträge zu<br />

verbessern und gleichzeitig ihre Abhängigkeit<br />

von Zinserträgen zu reduzieren.<br />

Damit würde auch die Widerstandsfähigkeit<br />

gegenüber Stressbedingungen erhöht.<br />

"Reine Kostensenkungsprogramme<br />

reichen wohl nicht aus, um den im Stresstest<br />

zu Tage getretenen strategischen Herausforderungen<br />

zu begegnen. Die europäische<br />

Bankenindustrie muss vielmehr<br />

ihre gesamte Wertschöpfungskette hinterfragen<br />

und wo nötig neu ausrichten.<br />

Wenn die Banken diesen steinigen Weg<br />

nicht konsequent weiter beschreiten, wird<br />

der nächste Stresstest deutlich schlechter<br />

ausfallen", so das Fazit von Wackerbeck.<br />

Autor: www.pwc.de<br />

Studie: So digital sind Banken<br />

im Firmenkundengeschäft<br />

43 Prozent der Institute haben keine Digitalkanäle<br />

abseits von E-Mail<br />

Für 64 Prozent der Unternehmen in<br />

Deutschland gehören moderne Kommunikations-<br />

und Vertriebswege zu<br />

den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl<br />

von Dienstleistern. In der Geschäftsbeziehung<br />

mit ihrer Hausbank müssen die Firmen<br />

bisher jedoch Abstriche machen. Ein<br />

sehr gutes Digitalangebot bescheinigt aktuell<br />

weniger als jede zehnte Firma ihrer<br />

Hausbank. Der Grund: Bisher bietet nur<br />

etwas mehr als jedes zweite Institut ihren<br />

Firmenkunden Services über digitale Kanäle<br />

abseits von E-Mail an (57 Prozent).<br />

Eine App hat gerade einmal eine von fünf<br />

Banken im Programm, Videotelefonie weniger<br />

als jede zehnte. Dies sind Ergebnisse<br />

der Studie "Geschäftsbeziehungen<br />

von Firmenkunden zu Banken" der Unternehmensberatung<br />

Kampmann, Berg &<br />

Partner. Für die Studie befragte das Institut<br />

Forsa 200 Geschäftsführer, Vorstände<br />

und Entscheider aus mittelständischen<br />

Unternehmen. Deutsche Firmen treiben<br />

derzeit die Digitalisierung ihres Geschäfts<br />

voran. Der Vertrieb läuft in 46 Prozent der<br />

Unternehmen bereits überwiegend digital<br />

26 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


BANKEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

ab, der Kundenservice in 38 Prozent der<br />

Betriebe. Doch nicht nur im eigenen Haus<br />

haben Unternehmen die Bedeutung der<br />

Digitalisierung erkannt: Fast zwei Drittel<br />

der Firmen achten bei der Wahl ihrer<br />

Dienstleister darauf, ob dieser moderne<br />

Kommunikations- und Vertriebswege anbietet.<br />

Bei großen Unternehmen mit 100<br />

bis 250 Millionen Euro Umsatz legen neun<br />

von zehn auf diesen Aspekt wert.<br />

Kein Anschluss unter diesem<br />

Digitalkanal<br />

Ein sehr gutes Digitalangebot bescheinigt<br />

aktuell jedoch weniger als jede zehnte<br />

Firma ihrer Hausbank. Digitale Services<br />

für Firmenkunden sind abseits von E-Mail<br />

bei 43 Prozent der Banken Fehlanzeige.<br />

Selbst über ein Kontaktformular im Online-Banking-Bereich,<br />

seit Jahren Standard<br />

im Privat-kundengeschäft, kann weniger<br />

als jedes zweite Unternehmen ihre<br />

Bank erreichen (43 Prozent). Eine App für<br />

die mobile Kommunikation<br />

bietet gerade einmal jede<br />

fünfte Bank an (19 Prozent),<br />

Chatfunktionen sind ähnlich<br />

rar gesät (17 Prozent).<br />

Über soziale Medien ist nur<br />

jede zehnte Bank für ihre<br />

Geschäftskunden erreichbar<br />

- und auch die viel beworbene<br />

Videoberatung ist mit<br />

sechs Prozent Verbreitung<br />

alles andere als ein etablierter<br />

Kanal. Nach Banktyp differenziert<br />

zeigt sich: Kunden<br />

von Großbanken haben in<br />

Bezug auf das Digitalangebot<br />

besonders hohe Ansprüche,<br />

die aus ihrer Sicht von<br />

den Instituten noch nicht<br />

erfüllt werden. So hat beispielsweise weniger<br />

als jeder zehnte Privatbankkunde<br />

bisher eine Service-App von seiner Hausbank<br />

registriert. Bei den Kunden von Genossenschaftsbanken<br />

gibt jeder Dritte an,<br />

von einer solchen App zu wissen. Überdurchschnittlich<br />

hohe Werte zeigen die<br />

genossenschaftlichen Banken auch beim<br />

Chat (13% im Vergleich zu 6% bei Privatbanken),<br />

Social Media Kanälen (15% zu<br />

9%) und sogar beim klassischen Kontaktformular<br />

(50% zu 41%). "Anwendungen,<br />

die Kunden von genossenschaftlichen<br />

Banken als innovativ wahrnehmen, sind<br />

für Kunden von Großbanken oft nicht mehr<br />

als Standard", sagt Dr. Marc Jochims, Executive<br />

Partner der Unternehmensberatung<br />

Kampmann, Berg & Partner.<br />

Onlinekontakt als wichtiges<br />

Ergänzungsangebot<br />

"Banken mit ausgefeilten digitalen Serviceangeboten<br />

sind ihrer Zeit ein Stück<br />

weit voraus", so Jochims weiter. "Bei<br />

freier Wahl bevorzugen die meisten Entscheider<br />

für Servicefragen noch die klassischen<br />

Kanäle - Telefon, E-Mail und persönlichen<br />

Kontakt, wie die Studie zeigt."<br />

Demnach ist für eine große Mehrheit das<br />

Telefon Kontaktmittel Nummer Eins. E-<br />

Mail und persönlicher Kontakt sind mit<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

27


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I BANKEN<br />

20 beziehungsweise 19 Prozent gleichauf.<br />

Ein Kontaktformular nutzt nur einer von<br />

100 Geschäftskunden, wenn er die Wahl<br />

hat. Jochims begründet diese Zurückhaltung<br />

mit den hohen Ansprüchen, die Geschäftskunden<br />

an Bankdienstleistungen<br />

haben. Sicherheit und individuelle Betreuung<br />

seien dabei das A und O, wie auch die<br />

Studie zeigt. Als Ergänzungsangebot sind<br />

die digitalen Kontaktmöglichkeiten dem<br />

Experten zufolge für Banken aber wichtig,<br />

um vor allem junge Entscheider sowie<br />

Dienstleistungsunternehmen von der<br />

Zukunftsfähigkeit zu überzeugen. Diese<br />

Zielgruppen zeigen sich besonders aufgeschlossen<br />

gegenüber digitalen Kommunikationswegen.<br />

Hier äußerten überdurchschnittlich<br />

viele Teilnehmer in der Studie<br />

den expliziten Wunsch, ihre Hausbank<br />

möge sowohl für Servicefragen als auch<br />

für die Abwicklung von Bankgeschäften<br />

weitere Kommunikationskanäle zur Verfügung<br />

stellen, die sie aktuell noch nicht<br />

bietet. "Beim Aufbau digitaler Servicekanäle<br />

geht Qualität vor Quantität", so Firmenkundenexperte<br />

Jochims von Kampmann,<br />

Berg und Partner. "Besonderes<br />

Augenmerk sollte auf Datenschutzaspekte<br />

und individuelle Betreuung gelegt werden,<br />

so werden digitale Services zum Kontaktangebot<br />

mit echtem Mehrwert."<br />

Autor: www.kampmann-berg.de.<br />

BaFin plant Verbot des Retailvertriebs<br />

von Bonitätsanleihen<br />

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beabsichtigt aus Gründen des<br />

Anlegerschutzes, die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Bonitätsanleihen an<br />

Privatkunden zu verbieten. Dazu hat sie die beabsichtigte Allgemeinverfügung im Entwurf<br />

veröffentlicht. Bis zum 2. September <strong>2016</strong> besteht Gelegenheit, dazu schriftlich Stellung<br />

zu nehmen.<br />

Die BaFin plant, den Retailvertrieb<br />

von Zertifikaten zu verbieten, die<br />

sich auf Bonitätsrisiken von Referenzunternehmen<br />

beziehen. „Strukturierte<br />

Produkte, die sich auf Kreditrisiken<br />

beziehen, können für institutionelle Investoren<br />

eine sinnvolle Anlagealternative<br />

sein. In die Hände von Privatkunden gehören<br />

sie aus unserer Sicht aber nicht“,<br />

begründet Exekutivdirektorin Elisabeth<br />

Roegele den Schritt der Aufsicht. „Uns ist<br />

bewusst, dass wir die Zertifikateindustrie<br />

damit vor Herausforderungen stellen“,<br />

sagt Roegele. „Aber gerade weil der Zertifikatemarkt<br />

bei uns in Deutschland einen<br />

hohen Stellenwert hat, dessen Ruf und<br />

Glaubwürdigkeit von zentraler Bedeutung<br />

sind, müssen wir bei einzelnen Produkten<br />

intervenieren.“ Die BaFin habe bei den Bonitätsanleihen<br />

vor allem wegen der hohen<br />

Produktkomplexität erhebliche Bedenken<br />

für den Anlegerschutz. Bei Bonitätsanleihen<br />

sind Kreditrisiken von Referenzunternehmen<br />

ausschlaggebend für Verzinsung<br />

und Rückzahlung des investierten Geldbetrags.<br />

Von besonderer Relevanz ist da-<br />

28 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

bei, ob ein Kreditereignis in Bezug auf die<br />

zugrundeliegende Referenzverbindlichkeit<br />

eintreten wird. Privatkunden können<br />

dies in der Regel nicht bewerten. Für sie<br />

ist nicht erkennbar, wie groß die Wahrscheinlichkeit<br />

für die Rückzahlung des<br />

Anlagebetrags ist und ob die Übernahme<br />

des Kreditrisikos durch die Höhe des Zinsversprechens<br />

adäquat vergütet wird. Als<br />

problematisch sieht die BaFin auch das<br />

in der Produktstruktur angelegte Risiko<br />

eines Interessenkonflikts an. Emittenten<br />

sind einerseits Produzenten der Bonitätsanleihen,<br />

die an Privatkunden abgesetzt<br />

werden. Andererseits unterhalten sie aber<br />

auch Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmen,<br />

deren Bonitätsrisiken sie in<br />

ihren Produkten zugrunde legen, und treten<br />

etwa selbst als Kreditgeber auf. Die<br />

gängigen Vertragsbedingungen für Bonitätsanleihen<br />

räumen den Emittenten<br />

in diesem Zusammenhang erheblichen<br />

Spielraum ein. Anlegerschutzbedenken<br />

bestehen aber auch darin, dass bereits die<br />

Produktbezeichnung „Bonitätsanleihe“ irreführend<br />

ist. Anders als der Name nahelegt,<br />

handelt es sich dabei nicht um Anleihen<br />

im klassischen Sinne. Der Anleger ist<br />

bei wirtschaftlicher Betrachtung nämlich<br />

gerade nicht (Anleihe-) Darlehensgeber,<br />

sondern übernimmt vielmehr eine ähnliche<br />

Rolle wie ein Versicherungsgeber und<br />

damit das Risiko des Kreditereignisses.<br />

Diese „Rollenverwirrung“ lässt Bonitätsanleihen<br />

bei Privatanlegern fälschlicherweise<br />

als Zinspapiere erscheinen.<br />

Die BaFin hatte in den letzten Monaten untersucht,<br />

inwieweit Bonitätsanleihen aktiv<br />

auch an Privatkunden vertrieben werden<br />

und ob diese ausreichend über die Risiken<br />

aufgeklärt werden. Dabei zeigte sich, dass<br />

Emittenten Bonitätsanleihen gezielt für<br />

den Absatz an Privatkunden produzieren.<br />

Die Auswertung der Beratungsdokumentation<br />

machte deutlich, dass diesen Kunden<br />

die Funktionsweise der Produkte in der<br />

Regel nicht adäquat erklärt wird. Mit dem<br />

Verbot macht die BaFin von ihrer Möglichkeit<br />

zur Produktintervention Gebrauch.<br />

Das Kleinanlegerschutzgesetz führte diese<br />

im Juli 2015 ein. Die Aufsicht kann seitdem<br />

die Vermarktung, den Vertrieb und<br />

den Verkauf bestimmter Finanzprodukte<br />

beschränken oder verbieten, etwa um Anleger<br />

zu schützen (§ 4b Wertpapierhandelsgesetz).<br />

Autor: www.bafin.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

29


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INVESTMENTS<br />

Coller Capital Global Private Equity<br />

Barometer - Summer <strong>2016</strong>:<br />

Wachstum des Schattenkapitals wird die Renditen von<br />

Private Equity-Fonds reduzieren<br />

Mittelgroße Limited Partner (LPs)<br />

finden es schwer mit ausreichend<br />

Volumen in ihre ausgewählten<br />

General Partner zu investieren. Anleger<br />

glauben, dass sich der Ruf von Private<br />

Equity allmählich verbessert. In Private<br />

Equity (PE) investierende Limited Partner<br />

hinterfragen den begrenzten Einsatz<br />

von leistungsorientierter Bezahlung in<br />

ihren Einrichtungen. Nach<br />

dem aktuellen von Coller<br />

Capital herausgegebenen<br />

Global Private Equity Barometer<br />

glauben zwei Drittel<br />

der LPs, dass das schnelle<br />

Wachstum von Private<br />

Equity „Schattenkapital“<br />

- direkte Investitionen von<br />

LPs, Co-Investments und<br />

Separate Accounts - die<br />

Renditen von Private Equity-Fonds<br />

verringern wird.<br />

Das Barometer beschreibt<br />

darüber hinaus die Popularität<br />

von Co-Investments,<br />

einer Form des Schattenkapitals,<br />

welches von ungefähr<br />

der Hälfte von Private<br />

Equity-Investoren genutzt<br />

wird: fast zwei Drittel der<br />

LPs berichten, dass ihre Co-<br />

Investments in den vergangenen Jahren<br />

höhere Renditen erzielt haben als ihre Private<br />

Equity-Portfolios im Allgemeinen.<br />

Anleger glauben, dass das aktuelle Investitionsumfeld<br />

schwieriger geworden<br />

ist - fast 70 % der LPs sagen, dass die<br />

Unberechenbarkeit der heutigen globalen<br />

Wirtschaft Investitionsentscheidungen<br />

grundsätzlich schwieriger gestaltet. Dies<br />

hat ihre Begeisterung für Private Equity<br />

jedoch nicht geschmälert - 88 % der LPs<br />

beabsichtigen in den nächsten Jahren ihre<br />

Kapitalzusagen beizubehalten oder zu erhöhen.<br />

„Anleger sehen dabei nicht nur die<br />

kurzfristigen Marktschwankungen“, sagt<br />

Jeremy Coller, CIO von Coller Capital. „In<br />

einer Welt, in der viele Asset-Klassen unvorhersehbar<br />

oder in Schwierigkeiten sind,<br />

glauben sie, dass Private Equity weiterhin<br />

gute langfristige risikoadjustierte Rendite<br />

bringen wird. “Es ist gut zu sehen, dass<br />

Investoren ihre Allokation zu Private Equity<br />

Fonds erhöhen”, sagt Michael Schad,<br />

Partner bei Coller Capital. „Dies ist aber<br />

keine Überraschung, da Private Equity Investoren<br />

langfristig jährlich Nettorenditen<br />

im zweistelligen Bereich erzielt haben.“<br />

Limited Partner sind in den vergangenen<br />

Jahren kritischer geworden - 70 % der LPs<br />

sagen, dass Private Equity-Investoren einzelnen<br />

GPs gegenüber weniger loyal sind<br />

als früher - und dies hat den Wettbewerb<br />

zwischen LPs für die gefragtesten Fonds<br />

30 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

verstärkt. Ein verstärkter Wettbewerb erwies<br />

sich für einige Anleger als Herausforderung,<br />

insbesondere für mittelgroße Anleger<br />

- fast 90 % der mittelgroßen Limited<br />

Partner geben an, dass es für sie schwierig<br />

ist, in dem von ihnen gewünschten<br />

Umfang mit ihren ausgewählten Managern<br />

zu investieren. Private Equity-Investoren<br />

glauben das talentierte Investoren innerhalb<br />

ihres Sektors immer mobiler werden;<br />

zwei Drittel der LPs geben an, dass Individuen<br />

eher zu einem anderen LP wechseln<br />

als noch vor fünf Jahren. In diesem<br />

Zusammenhang sind die Ansichten von<br />

Anlegern über die Art und Weise ihrer Bezahlung<br />

interessant. Über die Hälfte der<br />

LPs glauben, dass ein leistungsbezogenes<br />

Element hinzugefügt werden oder einen<br />

größeren Teil ihrer Vergütung ausmachen<br />

sollte.<br />

Der Ruf von Private Equity<br />

Nach Aussagen von Anlegern verbessert<br />

sich der Ruf der Asset-Klasse allmählich.<br />

Im Vergleich zu 55 % der LPs im Barometer<br />

von 2012 glauben zwei Drittel der<br />

LPs, dass der Ruf von private Equity nun<br />

neutral bzw. gut ist. Ermutigend ist, dass<br />

44 % der Anleger, die Private Equity einsetzen<br />

der Meinung sind, dass die Industrie<br />

einen besseren Ruf verdient, als sie es<br />

derzeit hat.<br />

Anlagen und Renditen<br />

Ein Viertel der LPs plant ihre Zielzuweisungen<br />

an Hedge-Fonds zu reduzieren.<br />

Sie planen jedoch, alles in allem, ihre Allokation<br />

zu anderen alternativen Assetklassen<br />

zu steigern - rund ein Drittel der<br />

LPs plant ihre Allokation zu Private Equity,<br />

Infrastruktur und Immobilien zu steigern.<br />

LPs erzielen weiterhin attraktive Renditen<br />

aus Private Equity - 87 % der LPs erzielten<br />

jährliche Nettorenditen von über<br />

11 % über die gesamte Lebensdauer ihrer<br />

Private Equity-Portfolios, und ein Fünftel<br />

erzielte Nettorenditen von über 16 %. Ein<br />

Drittel der LPs erzielte Nettorenditen von<br />

über 16 % aus nordamerikanischen Übernahmen<br />

und über ein Viertel der LPs erzielte<br />

ähnliche Renditen aus europäischen<br />

Übernahmen. Anleger sagen, dass sie erwarten,<br />

dass die von Private Debt Fonds<br />

erzielten Renditen in den nächsten 3 - 5<br />

Jahren zurückgehen werden.<br />

Die Aussichten für Private<br />

Equity-Märkte in Industrie- und<br />

Entwicklungsländern<br />

LPs erwarten, dass sich die Bedingungen<br />

für Private Equity in den nächsten Jahren<br />

allmählich verbessern werden und dass in<br />

Nordamerika und Europa 2017 ein stärkeres<br />

Jahr sein wird als <strong>2016</strong>. Dieses Jahr<br />

wird allgemein angenommen, dass die<br />

Bedingungen in Nordamerika schwieriger<br />

sind als in Europa - zwei Fünftel der Anleger<br />

geben an, dass sie <strong>2016</strong> in Nordamerika<br />

als schwächer als durchschnittliche<br />

Jahre ansehen. Anleger verfolgen ähnliche<br />

Strategien für nordamerikanisches und<br />

europäisches privates Beteiligungskapital.<br />

Als Gruppe planen sie ihre Allokation gegenüber<br />

großen Buyouts etwas zu verringern<br />

und ihr Exposure in kleine und mittelständische<br />

Buyouts, Wachstumskapital<br />

und Private Debt zu erhöhen. In Private<br />

Equity-Märkten ist Asien ein beliebtes Ziel<br />

für Anleger. Über die Hälfte von LPs haben<br />

eine Exposition gegenüber chinesischem<br />

Private Equity und ein Viertel dieser Gruppe<br />

plant seine Anlagen zu erhöhen. Zwei<br />

Fünftel der LPs haben eine Allokation zu<br />

Südostasien und Indien und 17 % dieser<br />

LPs planen ihre Zusagen in diesen Regionen<br />

aufzustocken. Obwohl nur knapp<br />

über ein Zehntel der Limited Partner derzeit<br />

eine Private Equity-Allokation zu Afrika<br />

hat, plant ein Drittel dieser Gruppe seine<br />

Anlagen zu erhöhen.<br />

Autor: www.collercapital.com<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

31


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INVESTMENTS<br />

Studie: Boom bei Beteiligungskäufen<br />

im Mittelstand / Private Equity-Häuser<br />

erwarten auch <strong>2016</strong> starke Zuwächse<br />

Die Beteiligungsbranche plant umfassende<br />

Investitionen in mittelständische<br />

Unternehmen in<br />

Deutschland. Während sich die Marktentwicklung<br />

bei großen Deals eingetrübt hat,<br />

sind die PE-Häuser optimistisch, auch im<br />

laufenden Jahr <strong>2016</strong> bei Mid-Cap-Deals<br />

mit einem Volumen von etwa 20 Millionen<br />

Euro auf hohem Niveau zuzulegen. Dabei<br />

hält der Trend zur Buy- and Build-Strategie<br />

an: Neben Eigenkapital<br />

bringen die PE-<br />

Gesellschaften Branchenexpertise<br />

und<br />

unternehmerisches<br />

Know-how ein, um<br />

ihre Beteiligungen<br />

zum Erfolg zu führen.<br />

Das ergibt die<br />

bereits zum 10. Mal<br />

durchgeführte Studie<br />

zur deutschen Beteiligungsbranche<br />

von<br />

Rödl & Partner. Im<br />

Branchenfokus liegen<br />

Unternehmen aus den Bereichen Automotive<br />

sowie Maschinen- und Anlagenbau<br />

vor der IT- und Gesundheitsbranche.<br />

„Der Private Equity-Markt boomt. Einziges<br />

Handicap für die Investoren ist die niedrige<br />

Zahl verkaufswilliger Unternehmen",<br />

erklärt Partner Jochen Reis von Rödl &<br />

Partner Eschborn, der die Studie durchgeführt<br />

hat. „Deutsche Mittelständler sind<br />

weltweit begehrt. Wer sein Unternehmen<br />

verkaufen will, ist in der komfortablen<br />

Lage, sich den Käufer auszusuchen. Dabei<br />

fällt die Wahl vor allem auf PE-Häuser, die<br />

eine klare Perspektive aufzeigen, das Unternehmen<br />

fortzuführen und in künftiges<br />

Wachstum zu investieren." Entscheidend<br />

für die Verkaufsentscheidung an eine Beteiligungsgesellschaft<br />

ist immer häufiger<br />

deren unternehmerisches Engagement.<br />

„Der eindeutige Trend geht zur Buy- and<br />

Build-Strategie. Mit ihr können PE-Häuser<br />

auch bei hohen Kaufpreisen noch eine gute<br />

Rendite erzielen", betont Björn Stübiger,<br />

Leiter des Bereichs Corporate Finance und<br />

M&A bei Rödl & Partner. „Das gilt besonders<br />

beim Verkauf zur Lösung der Nachfolge.<br />

Die Unternehmer suchen Käufer<br />

ihres Lebenswerks gezielt danach aus, ob<br />

sie neben Kapital auch Branchenexpertise<br />

und operative Erfahrung einbringen."<br />

Gebremst wird die<br />

Entwicklung des PE-<br />

Marktes durch die<br />

Preisspirale und die<br />

niedrigen Zinsen.<br />

„Viele Beteiligungskäufe<br />

scheitern auch<br />

im Mittelstand an den<br />

zu hohen Kaufpreisvorstellungen.<br />

Die<br />

Unternehmen haben<br />

keinen Druck zu verkaufen.<br />

Denn eine<br />

Unternehmensbeteiligung<br />

erzielt aktuell<br />

eine weitaus höhere Rendite als die Anlage<br />

des Verkaufserlöses", so Stübiger.<br />

„Es erweist sich auch nicht als hilfreich,<br />

dass so viel Kapital bereit steht. Das hat<br />

die Begehrlichkeiten auf Verkäuferseite<br />

wachsen lassen." Wichtiger Treiber bei<br />

der Aufnahme von Beteiligungskapital ist<br />

die internationale Expansion deutscher<br />

Unternehmen. Hier haben global aufgestellte<br />

PE-Häuser die Nase vorn. „Kapitalgeber<br />

aus dem anglo-amerikanischen<br />

Raum erleichtern mit ihrem Netzwerk den<br />

Einstieg in ausländische Märkte", betont<br />

Reis. „Zwar ist die Konkurrenz durch strategische<br />

Investoren, insbesondere aus<br />

Asien, sehr stark. Aber die USA sind außerhalb<br />

der Europäischen Union nach wie<br />

vor der wichtigste Markt für deutsche Unternehmen.<br />

Zur Finanzierung der Expansion<br />

in den Vereinigten Staaten sind amerikanische<br />

PE-Investoren die erste Wahl."<br />

Autor: www.roedl.de<br />

32 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Aktienrenditen:<br />

Stärkster Wertzuwachs seit der<br />

Finanzkrise<br />

BCG-Studie ermittelt durchschnittliches<br />

Wachstum von 12 Prozent<br />

pro Jahr - Hauptgewinner am Aktienmarkt<br />

sind US-Firmen und die Pharma-<br />

und Medienbranche - Continental<br />

beste deutsche Aktie mit 33 Prozent<br />

durchschnittlicher Aktienrendite pro Jahr<br />

Die globalen Top-Unternehmen haben in<br />

den vergangenen fünf Jahren überdurchschnittlich<br />

viel Wert für ihre Aktionäre<br />

geschaffen – trotz hoher Volatilität der<br />

Märkte und schwacher Weltkonjunktur.<br />

Zwischen 2011 und 2015 legten die weltweit<br />

führenden börsennotierten Unternehmen<br />

im Durchschnitt um 12 Prozent<br />

Aktienrendite pro Jahr zu. Die zehn Bestplatzierten<br />

unter den Unternehmen mit<br />

der höchsten Marktkapitalisierung (sogenannte<br />

Large-Caps) erreichten sogar eine<br />

durchschnittliche Aktienrendite zwischen<br />

35 Prozent und 75 Prozent pro Jahr. Zu<br />

diesem Ergebnis kommt der Value Creators<br />

Report <strong>2016</strong> der Boston Consulting<br />

Group (BCG). Die seit 1999 jährlich veröffentlichte<br />

Studie weist eine Rangliste der<br />

global führenden wertschaffenden Unternehmen<br />

aus. "Diese Entwicklung der Aktienrenditen<br />

ist ein historischer Rekord",<br />

sagt Frank Plaschke, Partner bei BCG und<br />

Experte für Corporate-Development. "Angesichts<br />

der Turbulenzen an den Aktienmärkten<br />

und der zunehmenden weltwirtschaftlichen<br />

Unsicherheit entspricht das<br />

Ergebnis nicht den gängigen Erwartungen.<br />

Es zeigt vielmehr: Unternehmen, die<br />

nachhaltig gut wirtschaften, können auch<br />

in einem schwierigen Marktumfeld einen<br />

überdurchschnittlichen Wertzuwachs erzielen."<br />

Die BCG-Rangliste <strong>2016</strong> basiert<br />

auf einer Analyse von rund 2000 führenden<br />

globalen Unternehmen aus 28 Branchen.<br />

Die Wertsteigerung wurde anhand<br />

der durchschnittlichen Aktienrendite im<br />

Zeitraum von 2011 bis 2015 gemessen;<br />

die Aktienrendite setzt sich zusammen<br />

aus dem Dividendenertrag und dem Kursgewinn<br />

einer Aktie. Die 200 Unternehmen<br />

mit einer Marktkapitalisierung von jeweils<br />

mindestens 44 Milliarden US-Dollar, die<br />

den größten Wert schufen, fassten die<br />

BCG-Experten in einer Rangliste der globalen<br />

Large-Caps zusammen.<br />

Pharma-/Biotechnologie- und Medienbranche<br />

gewinnen<br />

US-Unternehmen belegen 7 der Top-<br />

10-Plätze unter den Large-Caps. Die Gewinnerbranchen<br />

sind Pharma- und Biotechnologie<br />

sowie Medien. Am meisten<br />

Grund zur Freude hatten Anleger beim<br />

US-Konzern Regeneron Pharmaceuticals:<br />

Der Erstplatzierte brachte seinen Anlegern<br />

seit 2011 rund 75 Prozent Aktienrendite<br />

pro Jahr ein. Der Zweitplatzierte, Allergan,<br />

brachte es immerhin auf rund 43 Prozent<br />

durchschnittliche Wertschaffung. Ähnlich<br />

zufrieden dürften die Anteilseigner von<br />

Medienunternehmen sein. Das südafrikanische<br />

Medien- und Verlagshaus Naspers<br />

(Platz 4), der chinesische Social-Media-<br />

Spezialist Tencent (Platz 7) und das Internet-TV-Netzwerk<br />

Netflix (Platz 8) glänzten<br />

ebenfalls mit Spitzenwerten. "Viele Unternehmen<br />

aus Pharma und Medien haben<br />

in den vergangenen Jahren ihre Portfolios<br />

bereinigt, innovative Entwicklungen vorangetrieben<br />

und vor allem frühzeitig in<br />

die Digitalisierung von Prozessen und Produkten<br />

investiert. Das zahlt sich bereits<br />

jetzt durch eine überdurchschnittliche<br />

Umsatz- und Gewinnentwicklung aus", erläutert<br />

Frank Plaschke.<br />

Continental ist beste deutsche Aktie<br />

Die beste Aktienentwicklung in Deutschland<br />

hat die Continental AG erreicht. Der<br />

Autozulieferer schaffte es mit 33 Prozent<br />

Aktienrendite pro anno auf Rang 12 der<br />

Large-Caps. Im branchen- und größenübergreifenden<br />

Vergleich deutscher Bör-<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

33


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I INVESTMENTS<br />

senunternehmen führt mit Abstand der<br />

Pharma- und Laborausrüster Sartorius,<br />

der eine mittlere Aktienrendite von 64<br />

Prozent pro Jahr erwirtschaftet hat.<br />

Umsatzwachstum als entscheidender<br />

Faktor nachhaltiger Aktienrendite<br />

Die BCG-Experten ermittelten sechs fundamentale<br />

Werttreiber für die Aktienrendite:<br />

Umsatzwachstum, Gewinnmarge,<br />

Dividende, reduziertes Aktienvolumen,<br />

Schuldenabbau und gestiegene Börsenbewertung.<br />

Als entscheidender Faktor<br />

für nachhaltig steigende Gewinne kristallisiert<br />

sich das Umsatzwachstum immer<br />

stärker heraus, wenn dieses profitabel<br />

ist. Bei einigen Unternehmen lässt sich<br />

die Aktienrendite allerdings vor allem auf<br />

gestiegene Börsenbewertungen zurückführen.<br />

"Steigende Bewertungen bedeuten,<br />

dass Anleger weiter steigende Erträge<br />

erwarten. Die Gefahr einer künftigen<br />

Aktienblase darf man dabei nicht außer<br />

Acht lassen", so Frank Plaschke. "Langfristige<br />

Anleger sollten immer die verschiedenen<br />

Werttreiber im Auge behalten. Sich<br />

in seiner Anlagestrategie nur auf ein oder<br />

zwei Faktoren zu konzentrieren, kann zu<br />

ungewollten Überraschungen führen."<br />

Autor: www.bcg.de<br />

ETF-Markt dürfte sich bis 2021<br />

abermals verdoppeln<br />

Allein in Europa könnten die verwalteten<br />

Vermögen von derzeit<br />

500 Milliarden Euro auf rund 1,6<br />

Billionen Euro steigen, zeigte eine PwC-<br />

Studie / Robo-Advisor gelten unter inzwischen<br />

als zweitwichtigster Wachstumstreiber<br />

/ Der steigende Druck der<br />

Regulierer auf das Provisionsmodell<br />

dürfte den Anbietern weiteren Zulauf<br />

bescheren / PwC-Experte Hammer:<br />

„Der Triumphzug des ETFs ist nicht aufzuhalten.“<br />

Der Triumphzug börsengehandelter Indexfonds<br />

(ETFs) ist nicht aufzuhalten.<br />

Befeuert von neuen Investmenttrends<br />

wie Robo-Advisory und dem tendenziell<br />

günstigen regulatorischen Umfeld dürfte<br />

sich der 3,2 Billionen Dollar schwere globale<br />

ETF-Markt in den kommenden fünf<br />

Jahren abermals verdoppeln, zeigt eine<br />

Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsgesellschaft<br />

PwC.<br />

Ein besonders starkes Wachstum erwarten<br />

Fachleute für Europa. Hier könnte<br />

das verwaltete Vermögen von rund 500<br />

Millionen Dollar bis 2021 auf 1,6 Billionen<br />

Dollar steigen. Für die Studie sprach PwC<br />

mit Managern von 60 der größten ETF-<br />

Emittenten weltweit. Die befragten Unternehmen<br />

decken mehr als 80 Prozent<br />

des globalen Marktvolumens ab.<br />

Warum „Robo-Advisory“<br />

den ETF-Anbietern nutzt<br />

„Sowohl unter Privatanlegern als auch<br />

unter institutionellen Investoren ist<br />

die Nachfrage nach ETFs ungebrochen<br />

– und alles spricht dafür, dass dieser<br />

34 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


INVESTMENTS I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Trend in den nächsten Jahren anhalten<br />

oder sich sogar noch einmal verstärken<br />

wird“, sagt Markus Hammer, Leiter der<br />

Bereichs Asset and Wealth Management<br />

bei PwC in Deutschland. „Eine Schlüsselrolle<br />

könnte dabei unserer Studie zufolge<br />

den sogenannten Robo-Advisorn<br />

zufallen.“ Diese neuartigen Tools, die<br />

aus der Fintech-Szene stammen, aber<br />

inzwischen auch bei vielen Banken zum<br />

Einsatz kommen, stellen Anlegern in automatisierter<br />

Form das für sie passende<br />

Portfolio zusammen. Die meisten Robo-<br />

Advisor greifen dabei auf ETFs zurück.<br />

Laut Studie könnten die Anlageroboter<br />

zumindest im europäischen Retailmarkt<br />

schon bald zum zweitwichtigsten<br />

Wachstumstreiber avancieren. Lediglich<br />

ein Thema sieht die Branche momentan<br />

als noch relevanter an – nämlich die allgemeine<br />

Finanzbildung.<br />

Smart-Beta-Fonds sind erst<br />

der Anfang<br />

Eine entscheidende Rolle spielt der Umfrage<br />

zufolge auch die weitere Ausdifferenzierung<br />

der Produktpalette. Ursprünglich<br />

dienten ETFs in erster Linie<br />

dazu, bestimmte Aktienindizes wie den<br />

Dax, den EuroStoxx 50 oder den MSCI<br />

World abzubilden. Längst lassen sich mit<br />

Exchange Traded Funds aber auch komplexere<br />

Investmentstrategien verfolgen.<br />

Ein Beispiel sind ETFs, die beispielsweise<br />

gezielt in Aktien von Unternehmen investieren,<br />

die hohe Dividenden ausschütten<br />

oder ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum<br />

ausweisen.<br />

„Diese sogenannten Smart-Beta-Fonds<br />

bescheren vielen Anbietern momentan<br />

hohe Zuflüsse“, sagt Hammer. „Unsere<br />

Studie allerdings zeigt, dass die<br />

Produktentwicklung damit noch lange<br />

nicht am Ende ist. Das größte Wachstumspotenzial<br />

in Europa dürften in den<br />

kommenden Jahren ETFs haben, die in<br />

festverzinsliche Anlagen investieren. Ein<br />

anderes großes Thema werden aktiv gemanagte<br />

Indexfonds. Diese relativ neue<br />

Produktkategorie soll die Brücke schlagen<br />

zwischen ETFs einerseits und klassischen<br />

Investmentfonds andererseits.“<br />

Eine starke Marke ist wichtiger als<br />

der „Track Record“<br />

Am stärksten vom ETF-Boom dürften<br />

auch in den kommenden Jahren jene Anbieter<br />

profitieren, die schon seit Jahren<br />

am Markt sind und über einen entsprechenden<br />

Bekanntheitsgrad verfügen. So<br />

meinten 60 Prozent der Umfrageteilnehmer,<br />

zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren<br />

in der Branche gehöre ein eingeführter<br />

Markenname. Dahinter folgte mit 42<br />

Prozent der Zugang zu institutionellen<br />

Investoren – während „Track Record“<br />

(38 Prozent) und „niedrige Kosten“ (35<br />

Prozent) lediglich im Mittelfeld landeten.<br />

Spannend wird zu beobachten sein, wie<br />

sich die zunehmende Regulierung der Finanzbranche<br />

in den kommenden Jahren<br />

auf die ETF-Anbieter auswirken wird.<br />

Ein Beispiel ist die europäische „MiFID II“-<br />

Richtlinie, die Anfang 2018 in Kraft treten<br />

soll. Durch sie dürfte sich der Druck<br />

auf provisionsgestützte Vertriebsmodelle<br />

weiter erhöhen – was ETFs aufgrund ihrer<br />

vergleichsweise niedrigen Gebühren zupass<br />

kommen könnte. Immerhin 50 Prozent<br />

der befragten Branchenmanager gaben<br />

an, dass „MIFID II“ beziehungsweise<br />

der parallel in Großbritannien durchgeführte<br />

„Retail Distribution Review“ (RDR)<br />

„tendenziell positive Folgen“ auf die ETF-<br />

Branche hätten. 13 Prozent sprachen sogar<br />

von „signifikant positiven Folgen“,<br />

während die übrigen Teilnehmer meinten,<br />

für eine abschließende Bewertung sei es<br />

noch zu früh.<br />

Autor: www.pwc.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

35


IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Preisboom auf den Wohnungsmärkten<br />

Der Mietpreisanstieg auf dem Wohnungsmarkt<br />

in den acht von JLL<br />

untersuchten Städten*, Berlin,<br />

Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln,<br />

Leipzig, München und Stuttgart hat sich<br />

im ersten Halbjahr <strong>2016</strong> weiter beschleunigt.<br />

Über alle Städte hinweg ist in diesen<br />

ersten sechs Monaten (gegenüber H1<br />

2015) mit einem Plus von 6 % der stärkste<br />

Mietpreiszuwachs in einem Jahresvergleich<br />

seit Beginn der Untersuchung<br />

in 2004 zu notieren, er reicht in den einzelnen<br />

Städten von 4 % bis 7 %. Seit<br />

2004 beträgt der Mietpreisanstieg in den<br />

Städten damit insgesamt zwischen 21 %<br />

(Köln) und 59 % (Berlin). Die Dynamik bei<br />

den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen<br />

hält ebenfalls an: die hohen Wachstumsraten<br />

der vorherigen Halbjahre wurden in<br />

sechs Städten übertroffen. Nur Berlin und<br />

Leipzig blieben hier außen vor. Der Kaufpreisanstieg<br />

in den ersten sechs Monaten<br />

gegenüber 2004 erreicht damit eine Spanne<br />

von 54 % (Köln) bis 104 % (Berlin)<br />

– ohne Leipzig, das lediglich um 2 % zulegte.<br />

Dort hatte nach dem ersten Boom<br />

infolge der Wiedervereinigung die Nachfrage<br />

wieder deutlich nachgelassen.<br />

Den höchsten Anstieg bei den angebotenen<br />

Mietpreisen** im ersten Halbjahr<br />

<strong>2016</strong> gegenüber dem Vergleichszeitraum<br />

des Vorjahres verzeichnete mit einem<br />

Plus von rund 8 % Düsseldorf, gefolgt<br />

von Leipzig (7 %). In Köln, Hamburg,<br />

München, Berlin und Stuttgart bewegte<br />

sich der Anstieg auf Jahressicht zwischen<br />

5 und 6 %. Frankfurt bildet das Schlusslicht<br />

mit + 4 %. „In allen Städten außer<br />

Frankfurt und Stuttgart liegen den aktuellen<br />

Entwicklungen stark steigende Preise<br />

im Neubauangebot zugrunde, die in<br />

der Regel hochwertiger und damit teurer<br />

als Wohnungen aus dem Bestand sind“,<br />

so Roman Heidrich, bei JLL Team Leader<br />

Residential Valuation Advisory Berlin.<br />

Und weiter: „Die Steigerungsraten für Bestandsmieten<br />

liegen in den untersuchten<br />

Städten zwischen 1 und 3 Prozentpunkten<br />

niedriger, aber mit 3 bis 7 % auf Jahressicht<br />

immer noch deutlich über dem<br />

Trendverlauf der Vorjahre. Damit lässt<br />

sich zugleich in keinem der untersuchten<br />

Wohnungsmärkte die Wirksamkeit der<br />

Mietpreisbremse beobachten. Unbeeindruckt<br />

vom verfehlten Regulierungsinstrument<br />

steigen die Mieten aufgrund des<br />

deutlichen Nachfrageüberhangs weiter.“<br />

Stärker als im letzten Halbjahr zugelegt<br />

haben auch die Angebots-Kaufpreise für<br />

Eigentumswohnungen**. Bis zur Jahresmitte<br />

verteuerten sie sich in Leipzig mit<br />

über 20 % im Jahresvergleich am stärksten.<br />

Nicht viel weniger sind es in Stuttgart;<br />

die schwäbische Landeshauptstadt<br />

kommt auf 17 %. Zweistellig im Plus bewegen<br />

sich die Angebotspreise auch noch<br />

in München (13%) und Köln (10 %).<br />

Durchaus kräftig ist die Zunahme in Berlin<br />

(9%), Frankfurt (6 %) und Düsseldorf<br />

(5 %), moderat in Hamburg mit einem<br />

Plus von 2%. „Gegenläufig zum Mietmarkt<br />

sind bei den Eigentumswohnungen<br />

in sechs der untersuchten Städte höhere<br />

Preissteigerungsraten für Bestandswohnungen<br />

als im Neubausegment zu beobachten“,<br />

so Sebastian Grimm, bei JLL<br />

Team Leader Residential Valuation Advisory<br />

Frankfurt. Grimm weiter: „Die preisliche<br />

Schere zwischen Bestands- und<br />

stark zunehmenden Neubauangeboten<br />

hatte sich über die letzten Jahre immer<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

37


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I IMMOBILIEN<br />

weiter geöffnet. Teilweise erreicht der Anteil<br />

des Neubaus schon 40 % aller Angebote.<br />

Deren Preise haben ein Niveau erreicht,<br />

das potentielle Käufer sich wieder<br />

vermehrt Bestandswohnungen zuwenden<br />

lässt. Die Folge: mittlerweile haben auch<br />

hier die Preise stark zugelegt.“<br />

Untersuchungsergebnisse<br />

für die einzelnen Städte im Überblick:<br />

Alle untersuchten Städte zeigen hohe<br />

Mietpreisanstiege im 1.Halbjahr <strong>2016</strong><br />

München bleibt die mit Abstand teuerste<br />

Stadt: die Angebotsmieten legten auf<br />

Jahressicht um 6,2 % auf 16,90 Euro/<br />

m²/Monat zu. Günstiger wird es für Hessens<br />

Wohnungssuchende: Frankfurt verzeichnete<br />

trotz des spürbaren Anstiegs<br />

von 4,3 % auf 13,30 Euro/m²/Monat die<br />

schwächste Dynamik der untersuchten<br />

Städte, liegt im Angebotspreis aber nach<br />

wie vor vor Stuttgart (12,55 Euro/m²/<br />

Monat). Dessen Zuwachs (5,2%) wird<br />

getoppt von Hamburg, wo sich die Mieten<br />

nach sieben Halbjahren der Stagnation<br />

zum ersten Mal wieder kräftig nach oben<br />

bewegt haben. Sie verteuerten sich auf<br />

Jahressicht um +6,3 % auf 11,50 Euro/<br />

m²/Monat.<br />

Mit dem gleichen Plus erfuhr Köln seinen<br />

stärksten Anstieg seit Beginn der Zeitreihe<br />

in 2004. Mit einer Angebotsmiete von<br />

10,55 Euro/m²/Monat wird Düsseldorf<br />

beim Angebotsmietpreis (10,35 Euro/m²/<br />

Monat) übertroffen – dies trotz dessen<br />

kräftigsten Steigerung unter den untersuchten<br />

Städten von 7,6 %. Vergleichsweise<br />

günstig bleibt die Hauptstadt.<br />

Nachdem 2015 der Aufwärtstrend etwas<br />

nachgelassen hatte, zeigen die Auswertungen<br />

für das erste Halbjahr auf Jahressicht<br />

eine Wachstumsrate von 5,4 % auf<br />

9,55 Euro/m²/Monat. In Leipzig setzte<br />

sich der Anstieg der Mieten der letzten<br />

Halbjahre fort: mit einem deutlichen Plus<br />

von 6,9 % gegenüber dem Vergleichszeitraum<br />

des Vorjahres liegen die Medianmieten<br />

mittlerweile bei 6,20 Euro/m²/Monat.<br />

„Die Nachfrage bleibt der wesentliche Treiber<br />

der Mietpreise. Der Neubau hat sich in<br />

den Großstädten erhöht, droht nun aber<br />

vielerorts zu stagnieren, wie aktuelle Baugenehmigungszahlen<br />

belegen. Nur eine<br />

Angebotsausweitung hilft gegen weitere<br />

Mietpreisanstiege, auch wenn dadurch das<br />

Angebot teurerer Mietwohnungen an sich<br />

ansteigt. Durch Umzug aus Bestandwohnungen<br />

in einen Neubau machen darüber<br />

hinaus Wohnungen im mittleren Preissegment<br />

im Wohnungsbestand verfügbar“, so<br />

Heidrich.<br />

Eigentumswohnungen in München<br />

viermal so teuer wie in Leipzig<br />

In allen untersuchten Märkten geht die<br />

Preisspirale weiter nach oben. Dabei verzeichneten<br />

Leipzig, Stuttgart und München<br />

im ersten Halbjahr die höchsten<br />

Preisanstiege. „Der Aufwärtstrend auf den<br />

Märkten für Eigentumswohnungen ist ungebrochen.<br />

Weiter angetrieben von den<br />

günstigen Finanzierungsmöglichkeiten<br />

und einem Angebot in den Großstädten<br />

unterhalb der Nachfrage steigen die Preise<br />

wieder wie in den Boomjahren 2012<br />

und 2013. Der zunehmend preisbedingten<br />

Umlandwanderung stehen genügend zahlungskräftige<br />

Kaufinteressenten gegenüber,<br />

die die Preisentwicklung antreiben“,<br />

so Sebastian Grimm.<br />

Wer eine Wohnung kaufen will, muss in<br />

München am tiefsten in die Tasche greifen.<br />

6.490 Euro/m² werden im Mittel für<br />

einen Quadratmeter aufgerufen und damit<br />

auf Jahressicht 12,5 % mehr. Alle<br />

anderen Städte liegen weit unter den<br />

Angeboten der Isarmetropole. Nach einer<br />

kurzen Stagnation sind die Preise in<br />

Frankfurt um 5,5 % auf 4.210 Euro/m²<br />

38 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

gestiegen. Weiter kräftig zulegt haben<br />

sie in Stuttgart: dort betrug der Zuwachs<br />

16,8 % auf 3.900 Euro/m². „In den letzten<br />

Jahren führte ein überproportional<br />

zunehmender Zuwachs an Einwohnern<br />

bei viel zu geringem Neubau zu einer<br />

Preiserhöhung von durchschnittlich 15 %<br />

pro Jahr. Auch im Bestand haben sich<br />

die Preise deutlich verteuert“, so Grimm.<br />

3.880 Euro/m² kostet im Durchschnitt<br />

eine Eigentumswohnung in Hamburg. Es<br />

ist unter den acht Städten mit 2,4 % der<br />

moderateste Anstieg. Mit einem Plus von<br />

5,2 % auf Jahressicht setzte sich der Aufwärtstrend<br />

des letzten Jahres in Düsseldorf<br />

fort. In der nordrhein-westfälischen<br />

Landeshauptstadt muss im Mittel mit<br />

Kaufpreisen von 3.320 Euro/m² gerechnet<br />

werden. Düsseldorfs Kaufpreisniveau hat<br />

zum ersten Mal die Hauptstadt erreicht,<br />

bei 9,9 % lag die Steigerung in Berlin. Köln<br />

blieb, im Gegensatz zum Mietwohnungsmarkt,<br />

bei den Kaufpreisen hinter Düsseldorf<br />

– dies trotz eines Plus von 9,3% auf<br />

3.100 Euro/m². Den mit knapp über 20 %<br />

höchsten Anstieg aller acht von JLL untersuchten<br />

Städte verzeichnete der nach wie<br />

vor mit Abstand preiswerteste Markt: In<br />

Leipzig konnten sich Kaufwillige im Mittel<br />

für 1.620 Euro/m² eine Eigentumswohnung<br />

zulegen.<br />

Autor: www.jll.de<br />

Brexit: Immobilienbranche<br />

rechnet mit Verstärkung<br />

des Immobilienbooms in Deutschland<br />

Zu den Hauptprofiteuren des Brexit-<br />

Votums der britischen Wähler werden<br />

nach Ansicht der Immobilienbranche<br />

der deutsche Immobilienmarkt<br />

und der Finanzplatz Frankfurt zählen: In<br />

einer aktuellen Befragung von Immobilienmarktakteuren<br />

gaben 57 Prozent an,<br />

dass sie mit positiven Folgen für den Immobilienmarkt<br />

in Deutschland rechnen.<br />

Sowohl die Transaktionsvolumina als auch<br />

die Kauf- bzw. Mietpreise werden nach<br />

Meinung der Mehrheit der Befragten steigen.<br />

Das betrifft insbesondere den Standort<br />

Frankfurt, wo sogar nach Ansicht von<br />

86 Prozent der Befragten die Preise für<br />

Wohnimmobilien weiter steigen werden.<br />

79 Prozent rechnen mit steigenden Preisen<br />

für Büroimmobilien. Grund für diese Einschätzung<br />

dürfte die zukünftig steigende<br />

Bedeutung Frankfurts als Finanzplatz<br />

sein: 72 Prozent der Befragten erwarten,<br />

dass der Finanzplatz Frankfurt am meisten<br />

von einem Austritt des Vereinigten<br />

Königreiches aus der EU profitieren wird.<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

39


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I IMMOBILIEN<br />

Dublin liegt mit 13 Prozent auf dem zweiten<br />

Platz, Paris wird nur von sechs Prozent<br />

als Profiteur eines Brexits gesehen.<br />

Das sind die Ergebnisse einer Online-<br />

Befragung von 555 deutschen Immobilienmarktteilnehmern,<br />

die von EY Real<br />

Estate durchgeführt wurde.<br />

Die Folgen eines Brexits für das eigene Unternehmen<br />

sind für die Branche allerdings<br />

noch weitgehend unklar: Jeweils etwa ein<br />

Fünftel der Befragten sehen vor allem positive<br />

bzw. negative Auswirkungen, ein<br />

weiteres Fünftel sieht keine Relevanz für<br />

das eigene Geschäft. Immerhin 40 Prozent<br />

sehen sich hingegen derzeit außerstande,<br />

die Auswirkungen zu bewerten.<br />

Insbesondere die befragten Finanzierer<br />

(52 %) können die Folgen für ihr Unternehmen<br />

noch nicht einschätzen. Insgesamt<br />

wird aber das zukünftige Geschäft<br />

im Vereinigten Königreich (UK) – unabhängig<br />

vom Sitz des Unternehmens – derzeit<br />

neubewertet. Nur ca. ein Drittel der<br />

Unternehmen ohne Hauptsitz in UK plant<br />

eine Fortführung ihrer Aktivitäten in UK<br />

auf bisherigem Niveau. „Bei einem großen<br />

Teil der Befragten scheint die zukünftige<br />

Geschäftsausrichtung zum gegenwärtigen<br />

Zeitpunkt noch nicht absehbar zu sein“,<br />

sagt Christian Schulz-Wulkow. Er ist Partner<br />

und Leiter des Immobiliensektors bei<br />

EY Real Estate in Deutschland, Österreich<br />

und der Schweiz und verantwortet die<br />

Studie.<br />

Deutscher Immobilienmarkt<br />

wird positiv gesehen<br />

Immobilieneigentümer in Deutschland<br />

dürften in weiten Teilen vom Brexit profitieren.<br />

Jeder zweite Befragte ist demnach<br />

überzeugt, dass Mieten und Kaufpreise<br />

in Deutschland steigen werden. Negative<br />

Brexit-Effekte auf Mieten, Kaufpreise,<br />

Transaktionsvolumina und Finanzierungskosten<br />

in Deutschland erwarten im Durchschnitt<br />

aller Befragten nur 10 bis 15 Prozent.<br />

Auch die Finanzierungskonditionen<br />

in Deutschland bleiben nach<br />

Ansicht von etwa 70 Prozent<br />

der Befragten stabil. „Es<br />

deutet sich an, dass internationale<br />

Investoren, die vorerst<br />

nicht mehr in London<br />

investieren möchten, noch<br />

stärker auf den deutschen<br />

Immobilienmarkt drängen<br />

werden“, kommentiert<br />

Schulz-Wulkow. Die Ergebnisse<br />

der Umfrage deuten<br />

darauf hin, dass Frankfurt in<br />

den kommenden Jahren davon<br />

profitieren könnte. Die<br />

ohnehin sehr hohe Bankenpräsenz,<br />

der Sitz der Europäischen<br />

Zentralbank und<br />

die sehr gute Verkehrsanbindung<br />

dürften dabei eine<br />

Rolle spielen.<br />

Autor: www.ey.com<br />

40 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Nachfrage nach Büroflächen<br />

europaweit höher als das Angebot<br />

Dem aktuellen European Offices<br />

Market Report des internationalen<br />

Immobiliendienstleistungs-Unternehmens<br />

Savills zufolge wurde die Büroflächennachfrage<br />

in Europa im 1. Quartal<br />

<strong>2016</strong> durch den Mangel an hochwertigem<br />

Angebot beeinträchtigt. Dabei wird sich<br />

auch der prognostizierte Anstieg der Neubautätigkeit<br />

um 22 % in den meisten Städten<br />

kaum auswirken.<br />

Der Büroflächenumsatz in Europa summierte<br />

sich im 1. Quartal <strong>2016</strong> auf insgesamt<br />

1,75 Mio. m² und liegt damit annähernd<br />

auf Vorjahresniveau. Geringe<br />

Neubautätigkeit bei gleichzeitig hohem Flächenumsatz<br />

haben in den meisten Städten<br />

das Angebot zum Erliegen gebracht. Lediglich<br />

Warschau (+ 180 Bp. ggü Q1 2015),<br />

Kopenhagen (+ 20 Bp.) und London West<br />

End (+ 10 Bp.) verzeichneten einen Anstieg<br />

des Flächenangebots. Der Büroflächenumsatz<br />

des 1. Quartals <strong>2016</strong> ist vor allem auf<br />

Unternehmensexpansionen zurückzuführen,<br />

womit sich der Nachfragezuwachs im<br />

kleinteiligen bzw. mittleren Flächensegment<br />

in diversen Städten erklären lässt.<br />

Durch einen Rückgang des Flächenfertigstellungsvolumens<br />

um 16 % in 2015 bei<br />

gleichzeitig dynamischer Vermietungstätigkeit<br />

in den vergangenen 12 Monaten ging<br />

der verfügbare Flächenbestand drastisch<br />

zurück. Auf Basis der aktuellen Projektentwicklungspipeline<br />

wird bis Jahresende ein<br />

Büroflächenzuwachs von 22 % bzw. 2,7<br />

Mio. m² prognostiziert. Dieses Volumen<br />

entspricht etwa 42 % des durchschnittlichen<br />

5-Jahres-Umsatzes in Europa, wird<br />

sich jedoch auf die meisten Märkte kaum<br />

spürbar auswirken. Außer in Warschau und<br />

Brüssel sind viele Projekte bereits vorvermietet<br />

– in Berlin liegt dieser Anteil sogar<br />

bei 63 %. Es wird davon ausgegangen,<br />

dass die Leerstandsraten weiter zurückgehen<br />

bzw. stabil bleiben. Die durchschnittliche<br />

Leerstandsrate ging von 8,4 % in Q4<br />

2015 auf 8,1 % in Q1 <strong>2016</strong> zurück und<br />

liegt damit auf dem niedrigsten Niveau seit<br />

7 Jahren.<br />

In 92 % der europäischen Märkte wird ein<br />

Anstieg der Mieten prognostiziert. Durch<br />

den Neubauflächenzuwachs wird der Aufwärtsdruck<br />

auf die Spitzenmieten nachlassen.<br />

Nach einem Plus von 3 % im Vorjahreszeitraum<br />

stiegen die Spitzenmieten in<br />

CBD-Lagen im 1. Quartal <strong>2016</strong> um durchschnittlich<br />

4,9 %. Die Mieterincentives gingen<br />

in den vergangenen 12 Monaten signifikant<br />

zurück. Aktuell belaufen sie sich auf<br />

7,7 % der Gesamtmiete gegenüber 10 %<br />

im vergangenen Jahr. Aufgrund der Angebotsknappheit<br />

sind einige Mieter zwischenzeitlich<br />

bereit, längerfristige Mietverträge<br />

abzuschließen, wenn es ihnen dadurch gelingt,<br />

günstigere Mietkonditionen zu verhandeln.<br />

Auch in Lagen außerhalb des CBD zogen<br />

die Spitzenmieten an. Allerdings fiel der<br />

Anstieg mit durchschnittlich 2,9 % geringer<br />

aus als in CBD-Lagen und ebenso geringer<br />

als im Vorjahr. Savills zufolge überrascht<br />

diese Entwicklung etwas angesichts<br />

der Nachfrage nach City-Lagen. Für B-Lagen<br />

gibt es jedoch kaum Beweggründe, so<br />

dass die Nutzer nicht bereit sind, dort hohe<br />

Mieten zu zahlen.<br />

Lydia Brissy, Director European Research<br />

bei Savills, merkt an: „Trotz des für <strong>2016</strong><br />

erwarteten hohen Flächenfertigstellungsvolumens<br />

gehen wir davon aus, dass die<br />

durchschnittlichen Leerstandsraten in 71<br />

% der in unserer Analyse beleuchteten europäischen<br />

Märkte zurückgehen oder stabil<br />

bleiben werden. Der geplante Neubauflächenzuwachs<br />

wird aufgrund der anhaltend<br />

hohen Nachfrage zügig absorbiert sein. Das<br />

für 2017 projektierte Büroflächenfertigstellungsvolumen<br />

liegt 9 % unter dem Niveau<br />

von <strong>2016</strong>, so dass die Angebotsknappheit<br />

auf absehbare Zeit anhalten wird.“<br />

Autor: www.savills.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

41


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I IMMOBILIEN<br />

Weiterhin hohe Transaktionsaktivitäten<br />

bei Offenen Immobilienfonds<br />

Offene Immobilienfonds haben sich<br />

im Zeitraum 1. Oktober 2015 bis<br />

31. März <strong>2016</strong> weiterhin positiv<br />

entwickelt. Dies ist ein Ergebnis des aktuellen<br />

Ratings der Offenen Immobilienfonds<br />

durch die FERI EuroRating Services<br />

AG. Sämtliche der zwölf bewerteten Fonds<br />

erhielten eine Ratingnote zwischen A- und<br />

A+, was dem Rating-Kommentar „sehr<br />

gut“ entspricht. „UniImmo: Europa“ und<br />

„UniImmo: Deutschland“ erhielten die<br />

Note A+, die beste im aktuellen Rating<br />

vergebene Note. Acht Fonds wurden mit<br />

der Note A bewertet, zwei Fonds mit der<br />

Note A-. Von den untersuchten Fonds wurden<br />

elf quantitativ auf Basis der öffentlich<br />

verfügbaren Informationen bewertet.<br />

Der „LEADING CITIES INVEST“, der sich<br />

auf ausgewählte europäische Metropolen<br />

konzentriert, wurde hingegen aufgrund<br />

seiner jungen Historie anhand einer qualitativen<br />

Analyse bewertet. „UniImmo:<br />

Europa“, „Deka-ImmobilienEuropa“ und<br />

„WestInvest InterSelect“ konnten sich im<br />

Vergleich zum vorherigen Rating für das<br />

dritte Quartal 2015 um eine Ratingklasse<br />

verbessern. Lediglich „grundbesitz Europa<br />

RC“ ist als einziger der untersuchten Fonds<br />

eine Ratingklasse heruntergestuft worden.<br />

„Mittlerweile bewegen sich alle Ratings innerhalb<br />

des Bereichs von A- bis A+ und<br />

befinden sich somit auf einem sehr hohen<br />

Niveau“, sagt Wolfgang Kubatzki, Leiter<br />

Real Estate der FERI EuroRating Services<br />

Quelle: © denisismagilov - Fotolia.com<br />

AG. „Die Offenen Immobilienfonds profitieren<br />

von dem hohen Interesse an Immobilien.<br />

Dabei weisen die Offenen Immobilienfonds<br />

einen deutlichen Renditespread<br />

zu deutschen Staatsanleihen auf, deren<br />

Renditen sich auf einem historischen Tiefstand<br />

befinden“, so Kubatzki weiter.<br />

7 Milliarden Euro Transaktionsvolumen<br />

in sechs Monaten realisiert<br />

Gemäß den der FERI EuroRating vorliegenden<br />

Daten für die elf quantitativ<br />

bewerteten Fonds wurden im Zeitraum<br />

4. Quartal 2015 bis 1. Quartal <strong>2016</strong> für<br />

rund 1,5 Milliarden Euro (ca. 21 Prozent)<br />

Objekte in Frankreich ver- und gekauft,<br />

dicht gefolgt von Deutschland mit 1,3 Milliarden<br />

Euro (rund 20 Prozent) und Großbritannien<br />

mit rund 1,1 Milliarden Euro<br />

(rund 16 Prozent), jeweils gemessen am<br />

gesamten Transaktionsvolumen (An- und<br />

Verkäufe) in Höhe von rund 7 Milliarden<br />

Euro. Die restlichen 43 Prozent verteilen<br />

sich auf weitere 13 Länder, wobei sich<br />

Niederlande und die USA mit jeweils rund<br />

550 Millionen Euro Transaktionsvolumen<br />

(jeweils rund 8 Prozent) nochmals abheben.<br />

Der Trend geht zu größeren Objekten<br />

Bei den elf quantitativ bewerteten Fonds<br />

wurden im Zeitraum 4. Quartal 2015 bis<br />

1. Quartal <strong>2016</strong> in Summe 60 Immobilien<br />

für insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro<br />

verkauft. Das entspricht einem Durchschnitt<br />

von rund 58 Millionen Euro pro Immobilie.<br />

Im selben Zeitraum wurden für<br />

diese Fonds Ankäufe von 27 Immobilien<br />

im Wert von ebenfalls rund 3,5 Milliarden<br />

Euro getätigt. Das entspricht einem<br />

Durchschnittswert von rund 130 Millionen<br />

Euro pro Immobilie. „Viele Fondsgesellschaften<br />

haben das aktuelle Marktumfeld<br />

für Verkäufe genutzt und haben gleichzeitig<br />

ihre Portfolien bereinigt. Es zeigt sich<br />

ein Trend in Richtung größerer Objekte<br />

42 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


IMMOBILIEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Quelle: © Kzenon - Fotolia.com<br />

und ungebrochener Marktaktivität“, kommentiert<br />

Kubatzki.<br />

Über die Hälfte aller Objektverkäufe<br />

fanden in Deutschland statt<br />

Betrachtet man die reine Anzahl der insgesamt<br />

60 Objektverkäufe isoliert vom Transaktionsvolumen,<br />

so entfallen alleine auf<br />

Deutschland 31 Immobilienverkäufe (rund<br />

52 Prozent) im Betrachtungszeitraum. „Einige<br />

Fondsgesellschaften haben sich von<br />

kleineren und älteren Immobilien mit vorwiegender<br />

Büronutzung in Deutschland<br />

getrennt“, kommentiert Kubatzki. Von den<br />

insgesamt 27 Immobilienankäufen entfallen<br />

acht Immobilenankäufe auf Deutschland<br />

(rund 30 Prozent) bei einem dazugehörigen<br />

Ankaufs-Transaktionsvolumen von rund 630<br />

Millionen Euro. Demgegenüber stehen die<br />

31 Immobilienverkäufe in Deutschland mit<br />

einem dazugehörigen Verkaufs-Transaktionsvolumen<br />

von rund 710 Millionen Euro.<br />

Dies entspricht einem Ankaufs-Durchschnittswert<br />

von rund 79 Millionen Euro<br />

pro Immobilie und einem Verkaufs-Durchschnittswert<br />

von rund 23 Millionen Euro pro<br />

Immobilie, jeweils in Deutschland.<br />

Möglicher Brexit fand keine Beachtung,<br />

Frankreich der große Verlierer<br />

Während sich die Immobilienwerte in den<br />

Portfolios für Großbritannien noch erhöht<br />

haben – dem Verkaufsvolumen von rund<br />

490 Millionen Euro steht ein Einkaufsvolumen<br />

von rund 610 Millionen Euro gegenüber,<br />

ist die größte Veränderung bei den<br />

Frankreich-Immobilien zu verzeichnen:<br />

rund 1,2 Milliarden Euro Verkaufswerte<br />

standen Ankaufswerten von lediglich rund<br />

300 Millionen Euro gegenüber.<br />

Fonds mit hoher Liquiditätsquote<br />

stehen vor Herausforderungen<br />

Die Spanne der im Untersuchungszeitraum<br />

zuletzt gemeldeten freien Liquiditätsquoten<br />

der elf quantitativ untersuchten Fonds<br />

liegt zwischen 8,5 Prozent und 22 Prozent.<br />

„Die Anlage der Liquidität stellt die<br />

Fondsmanager im Niedrigzinsumfeld vor<br />

große Herausforderungen. Viele werden<br />

es schwer haben, noch eine positive Rendite<br />

für ihre freie Liquidität zu erzielen“, so<br />

Kubatzki. Im Detail gibt es bei den drei in<br />

die Bewertung einfließenden Kriterien Performance<br />

(25 Prozent), Immobilienportfolio<br />

(50 Prozent) und Finanzstrukturen (25<br />

Prozent) deutliche Unterschiede zwischen<br />

den einzelnen Fonds. So erreichen „Uni-<br />

Immo: Europa“ und „UniImmo: Deutschland“<br />

die Ratingklasse A+, beide Fonds<br />

werden aber in der Kategorie Performance<br />

sowohl von „grundbesitz europa RC“ als<br />

auch von „hausinvest“ leicht übertroffen.<br />

Autor: www.feri.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

43


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I FINANZIERUNGEN<br />

Baufinanzierung: Banken hadern mit<br />

der Vergabe von Immobilienkrediten<br />

Deutschlands Kreditinstitute gehen<br />

bei der Immobilienfinanzierung<br />

derzeit unterschiedliche Wege:<br />

Während sich viele Institute seit Inkrafttreten<br />

einer neuen EU-Richtlinie im März<br />

bei der Kreditvergabe deutlich restriktiver<br />

verhalten, weiten andere Institute die Immobilienfinanzierung<br />

noch aus, wie Analysen<br />

der auf Finanzdienstleister spezialisierten<br />

Unternehmensberatung Cofinpro<br />

zeigen. Insgesamt herrscht derzeit bei der<br />

Immobilienkreditvergabe auf dem Markt<br />

eine große Unsicherheit, zumal der Branche<br />

eine weitere Regulierung mit strengeren<br />

Richtlinien für Baufinanzierungen<br />

droht. Neue Modelle zur Risikobewertung<br />

würden treffsichere Aussagen zur künftigen<br />

Tilgungsfähigkeit ermöglichen und<br />

Transparenz schaffen – für Banken und<br />

ihre Kunden gleichermaßen.<br />

Derzeit blicken Banken bei der Risikobewertung<br />

eines Immobilienkredits noch<br />

überwiegend in die Vergangenheit oder die<br />

Gegenwart. Bei der Analyse der drei zentralen<br />

Faktoren einer Kreditentscheidung,<br />

nämlich Rating, Kapitaldienstfähigkeit und<br />

Sicherheiten werden lediglich in geringem<br />

Maße Prognosen hinsichtlich zukünftiger<br />

Entwicklungen herangezogen. „Es ist von<br />

zentraler Bedeutung für die Banken, bessere<br />

Modelle zu entwickeln, die die Daten<br />

in die Zukunft fortschreiben und verschiedene<br />

Szenarien simulieren. Bisher häufig<br />

genutzte Excel-Berechnungen reichen<br />

hierfür nicht aus – eine systemgestützte<br />

Datenbasis ist für diese Bewertungen essentiell“,<br />

sagt Melanie Purgar, Senior Expert<br />

Consultant bei Cofinpro. „Auf dieser<br />

Grundlage ist es noch präziser möglich,<br />

die richtigen Kredite zu vergeben und die<br />

richtigen abzulehnen.“<br />

So müssten in die Analyse beispielsweise<br />

verstärkt die künftige Entwicklung der<br />

Immobilienpreise und Einkünfte, inkl.<br />

der Mietpreisentwicklung bei vermieteten<br />

Immobilien oder die Zinsentwicklung für<br />

die Prognose künftiger Belastungen des<br />

Kunden einfließen. Mit Hilfe von Simulationsmodellen<br />

kann die Bank dann eine<br />

exaktere Kreditentscheidung treffen. „Für<br />

den Kunden ist es wichtig, dass diese in<br />

einer individuellen Beratung transparent<br />

und verständlich kommuniziert wird – anhand<br />

mehrerer Szenarien. Wird dabei beispielsweise<br />

deutlich, dass die gewünschte<br />

Kredithöhe für beide Seiten ein Risiko<br />

darstellt, kann die Bank den Kunden unterstützen,<br />

mit einer kleineren Immobilie<br />

doch noch den Traum vom Eigenheim zu<br />

realisieren“, so Purgar. Fintechs wie z.B.<br />

auxmoney gehen bereits diesen Weg und<br />

überprüfen mit Hilfe von innovativen Simulationsmodellen<br />

die Kreditwürdigkeit<br />

ihrer Kunden. Teilweise fließen Hunderte<br />

von Daten in die Entscheidung über eine<br />

Kreditvergabe mit ein. Szenarioanalysen<br />

bei der Immobilienkreditvergabe minimieren<br />

auch die Risiken für Banken gerade<br />

im derzeitigen unsicheren Markt- und Zinsumfeld.<br />

Steigen die Zinsen oder sinken<br />

die Immobilienpreise wieder, drohen in<br />

einigen Jahren bei der Anschlussfinanzierung<br />

Kreditausfälle. „Es gilt für die Institute<br />

gerade auch bei Immobilienkrediten,<br />

langfristig zu denken und ihren Kunden<br />

heute Kredite zu vermitteln, die auch in<br />

zehn Jahren noch getilgt werden können“,<br />

so die Immobilienkreditexpertin von Cofinpro.<br />

Autor: www.cofinpro.de<br />

44 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERTRIEB / MARKETING I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Lieber persönlich als virtuell:<br />

Für deutsche Verbraucher macht der<br />

Faktor Mensch den Unterschied<br />

Deutsche Verbraucher wollen lieber<br />

mit echten Menschen sprechen<br />

statt digitale Kanäle zu nutzen,<br />

wenn sie den Kundenservice für Beratung<br />

oder bei Problemen in Anspruch nehmen.<br />

Laut einer Studie des Dienstleistungsunternehmens<br />

Accenture gaben drei Viertel<br />

(74%) der Befragten an, dass sie die<br />

menschliche Interaktion bevorzugen. Digitale<br />

Kanäle werden vor allem für Standardanfragen<br />

in Anspruch genommen. Die<br />

Konsumenten erhoffen sich auf diesem<br />

Weg schnellere Antworten und eine bessere<br />

Verfügbarkeit. Allerdings finden nur<br />

sechs Prozent, dass digitale und physische<br />

Kanäle gut aufeinander abgestimmt sind.<br />

„Zu glauben, dass mit den neuen digitalen<br />

Möglichkeiten die Servicequalität und damit<br />

die Kundenzufriedenheit automatisch<br />

steigen, ist ein Trugschluss“, sagt Sven<br />

Drinkuth, Geschäftsführer bei Accenture<br />

Strategy und Leiter des Bereichs Advanced<br />

Customer Strategy. „Die Unternehmen<br />

dürfen den Faktor Mensch nicht aus<br />

den Augen verlieren. Mitarbeiter im Kundenservice<br />

werden zu oft als Kostenfaktor<br />

gesehen. Dabei sind sie es, die den Ausschlag<br />

geben, ob ein Kunde bei seinem<br />

Anbieter bleibt oder enttäuscht zur Konkurrenz<br />

wechselt.“<br />

Guter Rat darf teuer sein<br />

Die Studie ‘Digital Disconnect in Customer<br />

Engagement’ von Accenture Strategy basiert<br />

auf der jährlichen durchgeführten Verbraucherumfrage<br />

Global Consumer Pulse<br />

Research. Dafür wurden weltweit mehr<br />

als 24.000 Konsumenten hinsichtlich ihrer<br />

Zufriedenheit mit Marketing-, Vertriebsund<br />

Servicekanälen sowie ihrer Loyalität<br />

befragt, darunter 1.240 aus Deutschland.<br />

Die Studie zeigt, wie sich das Verhalten<br />

und die Einstellungen von Kunden in Bezug<br />

auf digitale und analoge Kundenerlebnisse<br />

verändern. Drei von vier deutschen<br />

Verbrauchern bevorzugen demnach den<br />

persönlichen Kontakt bei Beratung (78%)<br />

und bei Problemen (74%). Jeder Dritte<br />

(31%) wäre sogar bereit, für ein Produkt<br />

oder eine Dienstleistung einen höheren<br />

Preis zu zahlen, wenn damit ein besserer<br />

Kundenservice verbunden wäre. Insbesondere<br />

beim Besuch eines Geschäfts<br />

schätzen die Kunden in Deutschland eine<br />

gute Beratung (70%) sowie die Möglichkeit,<br />

Produkte anzufassen und auszuprobieren<br />

(66%). Das sind deutlich höhere<br />

Werte als in vergleichbaren europäischen<br />

Ländern oder in den USA. Schlechte Erfahrungen<br />

bei der Beratung oder mit dem<br />

Kundenservice haben zudem Folgen. Mehr<br />

als die Hälfte der Befragten (52%) hat daraufhin<br />

im vergangenen Jahr mindestens<br />

einen Anbieter gewechselt. Am häufigsten<br />

haben Kunden Einzelhändlern (17%),<br />

Mobilfunkanbietern (13%) sowie Banken<br />

(11%) den Rücken gekehrt.<br />

Markentreue war gestern<br />

Grund zur Sorge haben die Unternehmen<br />

auch wegen der abnehmenden Bindungskraft<br />

von Marken. So empfindet nur ein<br />

Viertel (26%) der Befragten eine besondere<br />

Loyalität gegenüber ihren aktuellen<br />

Anbietern und jeder Vierte (40%) gab an,<br />

häufiger über einen Wechsel nachzudenken,<br />

als noch vor zwei Jahren. Auch bei<br />

der Suche nach einem neuen Anbieter<br />

spielt die Reputation nur eine untergeordnete<br />

Rolle (23%). Viel wichtiger sind<br />

Kriterien wie der Preis (64%), der Service<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

45


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERTRIEB / MARKETING<br />

(61%) und das Produkt (47%). „Die Loyalität<br />

gehört heute nicht mehr der Marke<br />

sondern dem Erlebnis“, sagt Sven Drinkuth.<br />

„Was zählt, ist der Moment. Diesen<br />

müssen die Unternehmen erkennen und<br />

mit maßgeschneiderten Serviceangeboten<br />

und persönlicher Beratung reagieren.<br />

Dafür braucht es das passgenaue Zusammenspiel<br />

des Mitarbeiters im Kundenservice<br />

und der digitalen Servicekanäle, so<br />

dass ein einheitliches Kundenerlebnis entsteht.“<br />

Einmal weg, immer weg<br />

Für die Unternehmen steht viel auf dem<br />

Spiel. Das Umsatzvolumen, das durch<br />

abgewanderte Kunden verloren geht,<br />

beträgt allein für Deutschland hochgerechnet<br />

rund 330 Milliarden Euro. Sich<br />

um bestehende Kunden zu kümmern,<br />

zahlt sich also aus. Immerhin sagen drei<br />

Viertel (77%) der Wechsler, dass sie bei<br />

ihrem Anbieter geblieben wären, wenn<br />

dieser sich mehr Mühe gegeben hätte.<br />

Diese Kunden zurück zu gewinnen, ist<br />

sehr aufwändig und teuer. So erklärten<br />

knapp zwei Drittel (63%), dass sie sich<br />

nicht vorstellen können, wieder zu ihrem<br />

alten Anbieter zurück zu gehen. Und die,<br />

die zurückkommen, tun das nur, wenn<br />

sie Preisvorteile sehen. „Die Digitalisierung<br />

ist hilfreich, aber kein Allheilmittel“,<br />

sagt Sven Drinkuth. „Digitale Servicekanäle<br />

erhöhen die Möglichkeiten für Kunden,<br />

den Kontakt aufzunehmen und das<br />

funktioniert auch wesentlich einfacher<br />

und schneller als früher. Aber echte Kundenbindung<br />

entsteht erst durch den Menschen.<br />

Das ist umso wichtiger, weil Unternehmen<br />

oft nur eine Chance haben,<br />

wenn es wirklich drauf ankommt. Geht<br />

das schief, sagt der Kunde ade.“<br />

Autor: www.accenture.com<br />

Call Center vor dem Abstieg?<br />

Banken sollten ihre Kontaktkanäle<br />

ganzheitlich überdenken<br />

Die Akzeptanz konventioneller Call<br />

Center geht bei Bankkunden rapide<br />

zurück. So hat sich zum Beispiel<br />

die Abschlussbereitschaft über diesen<br />

Kontaktkanal innerhalb von vier Jahren<br />

von 28 auf 14 Prozent halbiert. Mit diesem<br />

Ergebnis untermauert die Studie<br />

„Kundenberatung der Zukunft“ von Sopra<br />

Steria Consulting, dass eine konkurrenzfähige<br />

Customer Journey mit isoliertem<br />

Kanaldenken im digitalen Zeitalter unmöglich<br />

geworden ist. Banken stehen so-<br />

46 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERTRIEB / MARKETING I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

mit vor der Herausforderung, die telefonische<br />

Kundeninteraktion als weiterhin<br />

notwendiges Element nahtlos in die Omni-<br />

Channel-Betreuung zu integrieren. Trotz<br />

häufig hoher Anrufaufkommen in den Call<br />

Centern deutscher Banken sinkt die Akzeptanz<br />

der Kunden, zu telefonieren – und<br />

zwar substanziell. Wie ein Vergleich zweier<br />

Kundenbefragungen von Sopra Steria<br />

Consulting zeigt, ist die Bereitschaft, telefonische<br />

Auskünfte eines Call Centers in<br />

Anspruch zu nehmen, zwischen 2011 und<br />

2015 von 38 auf 22 Prozent zurückgegangen.<br />

Ebenfalls um 16 Prozentpunkte sank<br />

im gleichen Zeitraum die Zustimmung zu<br />

telefonischer Call-Center-Beratung von 37<br />

auf 21 Prozent. Am wenigsten sind Bankkunden<br />

derzeit zu Abschlüssen über diesen<br />

Vertriebskanal bereit – hier liegt die<br />

Akzeptanz nur noch bei 14 Prozent. Lediglich<br />

für Serviceaktivitäten wie die Durchgabe<br />

von Kontodatenänderungen steht<br />

das Call Center mit 36 Prozent noch relativ<br />

hoch im Kurs; 2011 jedoch betrug die<br />

Zustimmung noch 53 Prozent.<br />

„Die Umfrageergebnisse zeigen, dass es<br />

nicht damit getan ist, das traditionelle<br />

Call Center einfach nur umzubenennen.<br />

Auch unter einem neuen Namen wie Kundenservicecenter<br />

muss seine Rolle im<br />

Omni-Channel-Mix völlig neu definiert<br />

werden“, kommentiert Simon Oberle,<br />

Manager Digital Banking bei Sopra Steria<br />

Consulting. Dazu gehöre in erster Linie<br />

eine durchgängige Integration der Datenbasis<br />

mit allen digitalen und nicht-digitalen<br />

Kontaktkanälen. Auf diese Weise<br />

wissen Agenten im Servicecenter sofort,<br />

an welcher Stelle ein anrufender Kunde<br />

mit seiner Informationssuche auf anderen<br />

Kanälen nicht fündig geworden ist.<br />

Idealerweise liegen den Servicecenter-<br />

Agenten sämtliche Kontaktinformationen<br />

einschließlich begonnener Beratungen<br />

und aktueller Kampagnen in Echtzeit vor.<br />

Unter dieser Prämisse können Banken<br />

das, was früher Call Center hieß, zu einer<br />

Drehscheibe der Kundeninteraktion im<br />

Omni-Channel weiterentwickeln. Diese<br />

müssten auch auf Ergebnisse aus Chats<br />

mit Bankkunden zugreifen können und<br />

neue Serviceangebote wie beispielsweise<br />

eine Videoberatung liefern – Angebote,<br />

die sich gerade an jüngere Kundensegmente<br />

wenden. Diese informieren sich<br />

stärker digital und kommunizieren häufig<br />

lieber per Chat als per Telefon. Die kurzen<br />

Responsezeiten eines solchen Informationsangebots<br />

könnten einen wichtigen<br />

Beitrag leisten, die generelle Akzeptanz<br />

gegenüber einem Kundenservicecenter<br />

zu steigern. Zumindest ein Teil der deutschen<br />

Kreditinstitute hat diese Herausforderung<br />

offenbar erkannt: Laut dem<br />

Branchekompass Banken 2014 von Sopra<br />

Steria Consulting will rund ein Drittel von<br />

ihnen bis 2017 in den Ausbau ihres Kundenservicecenters<br />

investieren.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

Quelle: © Kurhan - Fotolia.com<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

47


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERTRIEB / MARKETING<br />

Nachwuchsmangel aufgrund<br />

mangelhafter Stellenanzeigen?<br />

Stellenanzeigen für den Versicherungsvertrieb<br />

sind nicht aussagekräftig<br />

genug, um die angebotene<br />

Stelle beurteilen zu können. Dies ist ein<br />

zentrales Ergebnis einer Untersuchung<br />

der FH Dortmund und der Versicherungsforen<br />

Leipzig. Ein funktionierendes Vertriebsmanagement<br />

ist der Schlüssel zum<br />

Unternehmenserfolg und damit weit oben<br />

immer auf der Agenda von Versicherern<br />

und Maklern. Ein schlechtes Image sowie<br />

die deutliche Überalterung der Vermittlerschaft<br />

führen zu einem spürbaren Nachwuchsmangel<br />

in der Branche. Die offenen<br />

Stellen attraktiv darzustellen, ist Aufgabe<br />

der Versicherungsunternehmen. Ob<br />

sie das wirklich tun, untersuchte Prof. Dr.<br />

Matthias Beenken von der Fachhochschule<br />

Dortmund gemeinsam mit den Versicherungsforen<br />

Leipzig. Anhand zweier zentraler<br />

Hypothesen wurde untersucht, ob<br />

die Personalwerbung für Vertriebspositionen<br />

noch mit den heutigen Anforderungen<br />

an die Stelle des Versicherungsvermittlers<br />

kompatibel ist, und ob Versicherer<br />

ihre Personalwerbung im Vergleich auch<br />

zu anderen Dienstleistungsbranchen attraktiv<br />

genug gestalten.<br />

Für die Studie wurde eine Zufallsstichprobe<br />

von 85 Stellenanzeigen für Vertriebspositionen<br />

aus Versicherungs-, Finanzdienstleistungs-<br />

und sonstigen Dienstleistungsunternehmen<br />

untersucht. Dabei handelte es<br />

sich überwiegend um selbstständige Vertriebspositionen<br />

auf Basis eines Handelsvertretervertrags<br />

nach § 84 HGB, teilweise<br />

auch um angestellte Positionen. Es zeigte<br />

sich, dass Stellenausschreibungen von<br />

Versicherern häufig nicht aussagekräftig<br />

genug sind, um die Stellen angemessen<br />

bewerten zu können. Fast nie wird die Perspektive<br />

einer abwechslungsreichen Tätigkeit<br />

hervorgehoben. Auch die Selbstständigkeit<br />

und andere Karrieremotive werden<br />

eher selten in den Fokus gerückt. In der<br />

Regel werben Versicherungsunternehmen<br />

hingegen mit dem attraktiven Einkommen,<br />

das Bewerber erwartet. „Das steht<br />

in einem gewissen Widerspruch zur empirischen<br />

Wirklichkeit, nach der jeder zweite<br />

selbstständige Versicherungsvermittler<br />

kein Einkommen erzielt, das gemessen an<br />

vergleichbaren Angestelltentätigkeiten,<br />

zum Beispiel im Versicherungsinnendienst,<br />

zufriedenstellend ist“, so Studieninitiator<br />

Beenken. „Außerdem spricht das Motiv<br />

‚viel Geld verdienen‘ die jüngeren Generationen<br />

kaum noch an, denen das Einkommen<br />

zwar nicht unwichtig, aber eine<br />

erfüllende und sinnstiftende Tätigkeit viel<br />

wichtiger ist.“ Die von der Tätigkeit geforderten<br />

Kompetenzen sowie Informationen<br />

über die Arbeitsbedingungen werden jedoch<br />

nicht immer ausgewiesen. Auffällig<br />

ist zudem, dass Anzeigen von Versicherern<br />

typischerweise keine oder nur sehr<br />

vage Anforderungen an die fachlichen,<br />

methodischen und sozialen Kompetenzen<br />

der Bewerber formulieren.<br />

„Es entsteht der Eindruck, dass der Versicherungsverkauf<br />

keine besonderen Anforderungen<br />

stellt und für Jedermann<br />

leicht erlernbar ist“, so Sascha Noack,<br />

Kompetenzfeldleiter Versicherungsvertrieb<br />

bei den Versicherungsforen Leipzig.<br />

„Dabei sind Beratung und Vermittlung<br />

beispielsweise durch die Vermittlerregulierung,<br />

die enorme Angebotsvielfalt, sich<br />

ständig ändernde rechtliche Vorgaben,<br />

Niedrigzins-bedingte Veränderungen von<br />

Vorsorgestrategien oder eine komplexe<br />

Besteuerung von Altersvorsorgeprodukten<br />

eine hoch anspruchsvolle Tätigkeit.“<br />

Im Vergleich zu den untersuchten<br />

Stellenanzeigen der anderen Branchen<br />

zeigt sich, dass Anzeigen sehr viel konkreter<br />

formuliert werden können und dadurch<br />

eher dazu anregen, sich mit der angebotenen<br />

Position zu beschäftigen. „Bei<br />

Versichereranzeigen entsteht teilweise<br />

der Eindruck, dass gar keine konkret frei<br />

gewordene Agentur beworben wird, son-<br />

48 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

dern die Anzeige nur eine Art unverbindlicher<br />

Aufforderung zur Kontaktaufnahme<br />

darstellt und erst später geprüft wird, für<br />

welche Aufgabe ein Bewerber gebracht<br />

wird“, so Noack weiter. „So lustlos würde<br />

kein Personalmanager auf die Suche<br />

gehen, wenn er eine qualifizierte Stelle<br />

im Innendienst auszuschreiben hat“, ergänzt<br />

Beenken. „Damit verfestigen Versicherer<br />

ohne Not das Klischee, dass Außendiensttätigkeiten<br />

einen geringeren<br />

Stellenwert aufweisen als solche im Innendienst,<br />

wundern sich dann aber über<br />

massive Nachwuchsprobleme.“ Aus der<br />

Untersuchung ergeben sich einige Handlungsempfehlungen,<br />

wie Versicherer ihre<br />

Stellenanzeigen für Vertriebsmitarbeiter<br />

attraktiver gestalten können. Perspektiven,<br />

die die Arbeit als Vermittler bietet,<br />

sollten konkreter, inhaltlich gehaltvoller<br />

sowie zielgruppenfokussierter sein. Weiter<br />

sollten Karrieremöglichkeiten eher in<br />

den Vordergrund gestellt werden, als das<br />

Einkommen. Die Selbstständigkeit und<br />

die Abwechslung, die die Arbeit als Versicherungsvermittler<br />

bietet, könnten betont<br />

werden. Insgesamt gilt es, die Stelle<br />

anspruchsvoller darzustellen und Soft<br />

Skills wie Teamfähigkeit hervorzuheben,<br />

die gerade bei der jüngeren Generation<br />

einen hohen Stellenwert haben.<br />

Autor: www.versicherungsforen.net<br />

Versicherungsbranche<br />

in Deutschland:<br />

Gewinnerstrategien für das Jahr 2025<br />

Die aktuelle Studie von Oliver Wyman<br />

„Versicherung 2025 – Ein Zukunftsszenario<br />

für die Gewinner von morgen“<br />

analysiert die Treiber des Wandels im<br />

Versicherungsmarkt bis zum Jahr 2025,<br />

schätzt Folgen ab und zeigt neue Perspektiven<br />

auf. Von Wachstum ist nur in selektiven<br />

Feldern auszugehen, während das<br />

alte Stammgeschäft bröckelt: So könnte<br />

das Beitragsvolumen in der Lebensversicherung<br />

je nach Politikvorgaben um vier<br />

Milliarden Euro sinken, in der Schadenund<br />

Unfallversicherung herrscht nahezu<br />

Stagnation. Von 245.000 traditionellen<br />

Vermittlern und Maklern werden im Szenario<br />

der Studie rund 100.000 aus dem<br />

Markt ausscheiden. Chancen hingegen<br />

bietet eine konsequente Digitalisierung:<br />

Sie ermöglicht Versicherern, bis zum Jahr<br />

2025 ihre Kostenquote um ein Viertel zu<br />

senken und zugleich besseren Service anzubieten.<br />

Wer heute sein Kern-Geschäftsmodell<br />

klar definiert, strategische Schwerpunkte<br />

setzt und eine agile Firmenkultur<br />

etabliert, ist auch gegen steigenden Wettbewerbs-<br />

und Kostendruck gewappnet.<br />

Die Oliver Wyman-Studie gibt einen klaren<br />

Orientierungsrahmen mit Erfolgsbausteinen<br />

und archetypischen Geschäftsmodellen<br />

für Gewinnerstrategien im Jahr 2025.<br />

Kennen Sie Klaus Könner? Er ist Vorstandsvorsitzender<br />

der „Solide Leben AG“<br />

– und lebt im Jahr 2025. Ebenso wie seine<br />

Branchenkollegen Nicola Netz, Sven<br />

Slim und Henri Hipp hat er eine Zeitreise<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

49


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

unternommen und berichtet rückblickend<br />

über den absolvierten Erfolgspfad seines<br />

Unternehmens. Die vier fiktiven Entscheider<br />

aus der aktuellen Oliver-Wyman-<br />

Studie „Versicherung 2025“ haben es alle<br />

geschafft: Sie unterzogen ihr Unternehmen<br />

im Jahr <strong>2016</strong> mit genauem Zielbild<br />

und ausgewählten Handlungsbausteinen<br />

einem kräftigen Veränderungsprozess –<br />

und führten es so in sicheres Fahrwasser.<br />

Dabei positionierten sich die Versicherer<br />

höchst unterschiedlich: mal klassisch generalistisch,<br />

mal hocheffizient und pfeilschnell.<br />

„Anhand der Fallbeispiele skizzieren<br />

wir vier Transformationspfade, die aus<br />

unserer Sicht als Gewinnerstrategien gelten<br />

dürfen“, sagt Markus<br />

Zimmermann, Partner bei<br />

Oliver Wyman und Leiter<br />

des Versicherungsbereichs<br />

Deutschland,<br />

Österreich und Schweiz.<br />

„Wandel ist in der Versicherungsindustrie<br />

bei jedem<br />

Unternehmen Programm.<br />

Es kommt jetzt<br />

darauf an, die strategische<br />

Stoßrichtung zu definieren<br />

und dann den Umbau<br />

konsequent voranzutreiben“, so Zimmermann.<br />

„Klar ist: Nur noch einige große<br />

Marktteilnehmer werden 2025 das komplette<br />

Spektrum an Produkten, Services<br />

und Vertriebskanälen bieten können.“<br />

Differenzierte Wertversprechen und<br />

strikte Kundenorientierung<br />

Von den vier charakteristischen Erfolgsunternehmen<br />

ist in Zukunft nur ein Typus ein<br />

wirklicher Allrounder: der Blue-Chip-Komfortpartner.<br />

Er agiert omnipräsent, markenstark<br />

und kooperiert dabei im Hintergrund<br />

auch mit „White Label“-Anbietern<br />

für Spezial- und Nischenprodukte. Dagegen<br />

stellt sich der vertriebsstarke Stammgeschäfts-Modernisierer<br />

so auf, dass<br />

er häufig in bestimmten Regionen oder<br />

Kernsegmenten verankert ist und damit<br />

nah, vertrauenswürdig und durchgängig<br />

kundenorientiert agiert. Einige Versicherer<br />

behaupten sich laut Analyse auch als<br />

leistungsstarke Risiko- oder Produktspezialisten,<br />

wobei sie je nach Ausprägung ihrer<br />

Risikoexpertise und Spezialisierung als<br />

innovative Qualitätsanbieter oder plattformorientierte<br />

Produktfabriken auftreten<br />

können. Der agile Preis- und Kostenführer<br />

punktet mit einem Konzept, das besonders<br />

zu Online- und Direktversicherern passt:<br />

einfach, günstig und schnell – dank maximaler<br />

Digitalisierung sowie hoch agiler<br />

analytischer Fähigkeiten. So unterschiedlich<br />

die strategische Ausrichtung<br />

auch sein mag:<br />

Alle Marktteilnehmer<br />

stehen gemeinsam vor<br />

drei großen Herausforderungen.<br />

Sie müssen<br />

eine stets kundenzentrierte<br />

Unternehmenskultur<br />

schaffen, die Agilität<br />

ihrer Organisation stärken<br />

und über neue Anreize<br />

und Denkmuster ihr<br />

Talentmanagement neu<br />

ausrichten. „Nötig ist ein Denken und Arbeiten<br />

über Bereichsgrenzen hinweg mit<br />

offener Feedback-Kultur. Erst wenn dies<br />

gelingt, entstehen neue Geschäftsmodellbausteine<br />

und eine wahrnehmbare<br />

Kundenorientierung“, sagt Zimmermann.<br />

Gute Nachrichten für Kunden: Sie erwarten<br />

auch dank Digitalisierung ganz neue<br />

Interaktionsmöglichkeiten, flexiblere Produkte<br />

sowie mehr Service und Transparenz.<br />

„Auf der für den Kunden erlebbaren<br />

Schaden- und Serviceseite werden Versicherer<br />

in zahlreiche neue Leistungsfelder<br />

und Mehrwertdienste investieren, die sie<br />

auch mithilfe externer Partner erbringen.<br />

Versicherung 2025 ist geprägt von ‚erlebter<br />

Sicherheit‘ und einfacher Kommunikation<br />

entlang aller Kanäle“, sagt Rouget<br />

Quelle: © Gee - Fotolia.com<br />

50 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Pletziger, Principal im Bereich Versicherungen<br />

bei Oliver Wyman. Dabei besetzt<br />

nicht mehr jedes Versicherungsunternehmen<br />

die Kundenschnittstellen selbst. Mancher<br />

Anbieter wird zum reinen Risikoträger<br />

im Hintergrund – also bewusst ohne<br />

strategische Kontrolle der Kunden- und<br />

Vertriebsschnittstelle.<br />

Omnikanal ist Trumpf, Provisionen<br />

schrumpfen, Effizienz wächst<br />

Gerade für den Vertrieb erwartet Zimmermann<br />

einschneidende Veränderungen:<br />

„Alte Fürstentümer innerhalb von Versicherungsunternehmen<br />

bröckeln – und<br />

Kunden gehören in Zukunft in der Regel<br />

dem Unternehmen, und nicht einem Vertriebsweg<br />

oder Vermittler.“ Dominieren<br />

werden sogenannte Omnikanalmodelle,<br />

wobei die Bedeutung von digitalen Medien,<br />

Aggregatoren sowie unabhängigen<br />

Drittvertrieben wächst. In traditionellen<br />

Vermittlerorganisatioen muss ein nahtloses<br />

Zusammenspiel zwischen Mensch<br />

und Online-Unterstützungsinstrumenten<br />

erfolgen. Den klassischen Versicherungsvermittlern<br />

und -beratern stehen schwere<br />

Zeiten bevor: Verändertes Kundenverhalten<br />

und verschärfte regulatorische Vorgaben<br />

zur Vertriebsvergütung sorgen laut<br />

Oliver Wyman-Analyse dafür, dass von<br />

den rund 245.000 traditionellen Vermittlern<br />

und Maklern im Jahr 2014 bis 2025<br />

rund 100.000 aus dem Markt ausscheiden.<br />

Für viele ist das eine wirtschaftliche<br />

Notwendigkeit, denn das erzielbare Provisionsvolumen<br />

im Markt sinkt ebenfalls<br />

drastisch um 40 bis 50 Prozent. Das Kostenmanagement<br />

behält in der Versicherungswirtschaft<br />

überragende Bedeutung.<br />

„Die Branche wird ihre mittlere Kostenquote<br />

ohne Provisionen im Schnitt um 20<br />

bis 25 Prozent senken können und müssen“,<br />

prognostiziert Pletziger. Besonders<br />

hohe Effizienzgewinne seien bei den Abschlussgemeinkosten<br />

sowie bei hoch automatisierbaren<br />

internen Betriebs-, Schaden-<br />

und Servicefunktionen realisierbar.<br />

In der IT hingegen bleiben die künftigen<br />

Effizienzgewinne im Branchenschnitt bis<br />

2025 noch ohne Wirkung, da im Gegenzug<br />

erhebliche Investitionen in Digitalisierungs-<br />

und Data Management-Themen<br />

nötig sind. Die verschärfte Regulierung<br />

und niedrige Zinsen lassen das Risiko- und<br />

Kapitalmanagement stärker in den Mittelpunkt<br />

rücken. Versicherer werden diesen<br />

Bereich enger in strategische Planungen<br />

und Investitionsentscheidungen einbinden.<br />

In der Produktentwicklung werden<br />

zudem viele Unternehmen aufgrund der<br />

Solvency-II-Vorgaben bis 2025 deutlich<br />

schärfere interne Transparenzanforderungen<br />

festgelegt haben.<br />

Autor: www.oliverwyman.de<br />

Quelle: © yexela - Fotolia.com<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

51


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

Das große Warten:<br />

deutsche Versicherer zu zögerlich bei<br />

Innovationen<br />

InsurTech-Trend wird als Chance erkannt, aber eigene<br />

Geschäftsmodelle werden kaum weiterentwickelt<br />

Die deutschen Versicherungsunternehmen<br />

fokussieren zu stark auf<br />

interne Themen wie Infrastrukturen<br />

und Prozesse und zeigen sich zögerlich,<br />

wenn es darum geht, Innovationen zu entwickeln.<br />

Sie drohen dadurch zunehmend<br />

den Anschluss an neue InsurTech-Trends<br />

zu verpassen. Zwar wird in der Branche<br />

allgemein anerkannt, dass Versicherungs-<br />

Start-ups große Chancen bieten. Dennoch<br />

haben die wenigsten Unternehmen bisher<br />

Prozesse und Maßnahmen angestoßen,<br />

um neue digitale Produkte und Dienstleistungen<br />

am Versicherungsmarkt durchzusetzen.<br />

Sie erwarten zudem, dass die<br />

klassischen Vermittler zu den Verlierern<br />

der InsurTech-Innovationswelle gehören<br />

werden, und hoffen darauf, ihr Geschäft<br />

künftig über andere Vertriebskanäle generieren<br />

zu können. Dies sind zentrale Ergebnisse<br />

der aktuellen InsurTech-Studie<br />

von zeb. Die Strategie- und Managementberatung<br />

– führend in der Beratung von<br />

Unternehmen im europäischen Finanzsektor<br />

– hat untersucht, wie deutsche Versicherungsunternehmen<br />

aktuelle Insur-<br />

Tech-Trends bewerten und beabsichtigen,<br />

darauf zu reagieren. Insgesamt haben<br />

sich über 120 Vorstände, Führungskräfte<br />

und Experten aus der Versicherungsbranche<br />

an der zeb-Studie beteiligt, was gemessen<br />

am Beitragsvolumen mehr als 80<br />

% des deutschen Versicherungsmarktes<br />

entspricht. Dr. Matthias Uebing, verantwortlicher<br />

zeb-Partner für das Versicherungsgeschäft,<br />

erläutert: „Die deutsche<br />

Assekuranz öffnet sich Schritt für Schritt<br />

neuen Geschäftsideen und Innovationen.<br />

Das geschieht aus unserer Sicht jedoch zu<br />

langsam. Die Branche muss lernen, wesentlich<br />

schneller und konsequenter auf<br />

die Bedürfnisse ihrer digital verwöhnten<br />

Kunden einzugehen.“<br />

Quelle: © DragonImages - Fotolia.com<br />

Sehr großes Interesse – aber geringe<br />

Kenntnis des InsurTech-Marktes<br />

Die InsurTech-Studie von zeb ist auf sehr<br />

großes Interesse der Branche gestoßen.<br />

Angesichts dessen überrascht es, dass nur<br />

die Hälfte der Versicherer (52 %) angibt,<br />

den InsurTech-Markt genauer zu beobachten.<br />

So besteht bei der Bekanntheit von<br />

InsurTechs großer Nachholbedarf. Fast<br />

alle Versicherer kennen Vergleichsportale<br />

und digitale Makler. Andere innovative Geschäftsmodelle,<br />

die zudem die Versicherer/<br />

Vermittler unterstützen, statt zu konkurrieren,<br />

fristen dagegen ein „Schattendasein“<br />

(zum Beispiel White-Label-Apps für<br />

Vermittler, Prozessunterstützungstools,<br />

Schadenmanagement). Unterm Strich:<br />

Von zurzeit über 50 InsurTechs in Deutschland<br />

sind den Versicherern nur eine Handvoll<br />

Unternehmen bekannt.<br />

52 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Quelle: © yurolaitsalbert - Fotolia.com<br />

Versicherer sehen hohes Potenzial –<br />

setzen aber keine Maßnahmen um<br />

Im Detail ergab die zeb-Studie, dass die<br />

deutschen Versicherer mehrheitlich vom<br />

Potenzial der InsurTechs als Innovationstreiber<br />

überzeugt sind. So bewerten<br />

74 % der Befragten den InsurTech-Trend<br />

als relevant bzw. sehr relevant. 73 %<br />

der Befragten erwarten zudem, dass sich<br />

durch deren Geschäftsmodelle Chancen<br />

für die etablierte Branche ergeben. Den<br />

Vermittlern hingegen werden schwere<br />

Zeiten vorhergesagt. 56 % der Versicherer<br />

denken, dass hier die Risiken überwiegen.<br />

Jakob Baron, Manager bei zeb<br />

und Autor der Studie, ergänzt: „Versicherer<br />

gehen offenbar davon aus, dass<br />

klassische Vermittler gegenüber Aggregatoren<br />

und digitalen Maklern Kunden<br />

verlieren werden. Aus unserer Sicht<br />

sollten die Versicherer jedoch nicht zu<br />

sehr darauf vertrauen, dass das Geschäft<br />

künftig im selben Umfang über<br />

andere Kanäle kommt. Es gilt vielmehr,<br />

vor allem den eigenen Vertrieb zukunftsfest<br />

aufzustellen.“ Die Unternehmen haben<br />

bislang kaum Maßnahmen umgesetzt,<br />

um diese Chancen zu realisieren<br />

oder den Risiken zu begegnen. Nur 19<br />

% der Studienteilnehmer geben an, InsurTech-Ideen<br />

adaptiert zu haben. 17 %<br />

der Befragten bejahen, mit InsurTechs<br />

zu kooperieren, und 3 % haben Abwehrmaßnahmen<br />

umgesetzt.<br />

Versicherer überlassen Innovationen<br />

den InsurTechs – und warten ab<br />

Stattdessen verlassen sich Versicherer auf<br />

Altbewährtes. 91 % geben an, auf ihre bestehenden<br />

Geschäftsmodelle zu vertrauen<br />

und Innovationen nur dann zu übernehmen,<br />

wenn diese sich am Markt durchgesetzt<br />

haben. Nur 9 % der Versicherer<br />

sehen sich als Innovationsführer. Das ist<br />

aus Sicht von zeb ein zu zögerliches Vorgehen.<br />

„Die Versicherer sind zu stark mit<br />

ihren internen Themen beschäftigt. Die<br />

Verbesserung des Kundenerlebnisses wird<br />

dabei fast kampflos den InsurTechs überlassen“,<br />

bilanziert Jakob Baron. „Es wird<br />

aktuell oft geschrieben, dass Versicherer<br />

sich neu erfinden und innovative Lösungen<br />

erarbeiten. Die Studie beweist jetzt das<br />

Gegenteil“, so abschließend Dr. Matthias<br />

Uebing. „Bis auf sehr wenige, große Versicherungskonzerne<br />

ist die Branche passiv<br />

und abwartend.“<br />

Autor: www.zeb.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

53


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

Weckruf der InsurTechs:<br />

Viel Lärm um Nichts?<br />

Studie zu Gewinnern und Verlierern unter Start-ups in<br />

der Versicherungswirtschaft von Oliver Wyman und<br />

Policen Direkt<br />

InsurTechs werden die Versicherungswirtschaft<br />

umkrempeln: Etablierte Versicherer<br />

sind gut beraten, diesen Trend<br />

nicht kleinzureden. Doch wie laut ist der<br />

Weckruf der InsurTechs wirklich? Denn obwohl<br />

sie längst mehr als ein Phänomen sind,<br />

nutzen InsurTechs ihr Potenzial noch nicht<br />

auf allen Ebenen aus. Das zeigt der Insur-<br />

Tech-Radar von Oliver Wyman und Policen<br />

Direkt. Darin wurden die Start-ups der Versicherungswirtschaft<br />

erstmals einem umfassenden<br />

Check unterzogen und entlang<br />

der Versicherungswertschöpfungskette systematisch<br />

analysiert – von der Angebotsseite<br />

über den Vertrieb bis hin zum Betrieb.<br />

„Wir zeigen in 19 Branchenfeldern, welche<br />

Newcomer und welche Geschäftsmodelle<br />

man zwingend auf dem Radarschirm haben<br />

muss“, sagt Dietmar Kottmann, Insurance-<br />

Partner bei Oliver Wyman und Co-Autor der<br />

Studie. Zentrale Ergebnisse des InsurTech-<br />

Radars sind:<br />

• Bei Versicherungsangeboten liegen die<br />

besten Chancen der InsurTechs nur in<br />

Nischenbereichen wie situativen oder<br />

Community-basierten (P2P)-Ansätzen.<br />

Traditionelle Versicherer können sich<br />

dagegen mit echten Angebotsinnovationen<br />

auch in der digitalen Welt behaupten.<br />

• Aktuell findet der Hauptangriff der InsurTechs<br />

im Versicherungsvertrieb statt<br />

– mit guten Erfolgsaussichten.<br />

• Der Versicherungsbetrieb wird von InsurTechs<br />

in Deutschland im internationalen<br />

Vergleich bisher vernachlässigt,<br />

obwohl dort viel zu holen wäre.<br />

Die Industrie ist aufgewacht. „Der Weckruf<br />

der InsurTechs ist unüberhörbar“, sagt Nikolai<br />

Dördrechter, Geschäftsführer von Policen<br />

Direkt als Co-Autor der Studie. „Die<br />

digital agierenden InsurTechs, befeuert von<br />

kühnen Wachstumsphantasien, frischem<br />

Wagniskapital und einer Menge Gründergeist,<br />

haben einen längst überfälligen<br />

Strukturwandel in der Versicherungswirtschaft<br />

ausgelöst.“<br />

Zwischen Hype und Hysterie<br />

Naht also das Ende der etablierten Versicherer<br />

oder ist der Weckruf der InsurTechs<br />

nur viel Lärm um Nichts? Fakt ist: Die InsurTechs,<br />

im Jahr 2015 weltweit gefüttert<br />

mit 2,7 Milliarden US-Dollar Risikokapital,<br />

könnten selbst Versicherungsriesen in arge<br />

Bedrängnis bringen. Der InsurTech-Radar<br />

zeigt: Die Schwergewichte der Branche<br />

wirken verunsichert und reagieren teils hyperaktiv.<br />

Die Folge: Unternehmen setzten<br />

oft rasch eine Digitalagenda auf. „Bisher<br />

schwankt die Branche zwischen Hype und<br />

Hysterie. Es ist an der Zeit, das Thema<br />

nüchtern und analytisch zu betrachten“,<br />

sagt Dietmar Kottmann, Partner und Digital<br />

Insurance Lead Europa bei Oliver Wyman.<br />

Angebote: Hier punkten etablierte<br />

Versicherer<br />

Die Analyse demonstriert: Nicht auf allen<br />

Gebieten sind die von InsurTechs in den<br />

Markt getragenen Technologien und Prozesse<br />

so unwiderstehlich, dass sie die herrschende<br />

Ordnung vollständig in Frage stellen.<br />

So tun sich die InsurTechs vor allem im<br />

traditionellen Kerngeschäft der Versicherer<br />

schwer – nämlich beim Kreieren neuer Angebote.<br />

Zwar existieren innovative Konzepte,<br />

wenn es zum Beispiel darum geht,<br />

situativ per Smartphone einen Versicherungsschutz<br />

abzuschließen oder Policen<br />

aufzusetzen, die enge Communitys adressieren.<br />

„Das allerdings sind Nischenthemen,<br />

in denen geringes wirtschaftliches Potenzial<br />

steckt“, sagt Versicherungsexperte<br />

54 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Kottmann. „Im Klartext: Nur weil Peer-to-<br />

Peer draufsteht, muss es sich noch lange<br />

nicht um ein überlegenes Geschäftsmodell<br />

handeln.“<br />

Viel mehr Erfolg trauen die Studienautoren<br />

jenen Traditionsanbietern zu, die es<br />

schaffen, Angebote zur Absicherung neuer<br />

digitaler Risiken im Markt zu platzieren.<br />

Wachsendes Gewicht bekommen auch innovative<br />

Versicherungsprodukte rund um<br />

das Internet der Dinge, Produkte, die neben<br />

reinem Versicherungsschutz „erlebbare<br />

Sicherheit“ bieten sowie Produkte, die<br />

Big-Data-Technologien nutzen – allerdings<br />

müssen Versicherer hier Quereinsteiger<br />

aus vorgelagerten Industrien fürchten. So<br />

könnten beispielsweise Automobilhersteller<br />

ihre Wertschöpfung verlängern, indem sie<br />

im Bereich der Telematik eigene Versicherungsangebote<br />

auflegen. Trotz Preisdrucks<br />

und erhöhter Transparenz können auch<br />

etablierte Versicherer erfolgreich Low-Cost-<br />

Angebote auf den Markt bringen. Hier bekommen<br />

sie allerdings die Konkurrenz von<br />

InsurTechs besonders zu spüren, so ein<br />

Studienergebnis.<br />

Die mit Abstand größte InsurTech-Aktivität<br />

in Deutschland herrscht im Versicherungsvertrieb.<br />

„Hier ist ein harter Wettbewerb<br />

zwischen Alt und Neu entbrannt“, so Nikolai<br />

Dördrechter. „Auch wenn die InsurTechs<br />

den Etablierten erst einen relativ kleinen<br />

Teil der Kunden abspenstig machen konnten,<br />

ist es den Start-ups dennoch gelungen,<br />

enormen Druck auf die gewachsenen<br />

Vertriebsstrukturen auszuüben.“ Der InsurTech-Radar<br />

zeigt: Versicherer fürchten,<br />

dass im Vertrieb Oligopole der Onlinemakler<br />

entstehen, wie es Preisvergleichern wie<br />

Check24 bereits gelungen ist. Bislang machen<br />

die Kundenbedürfnisse und das mangelnde<br />

Interesse an Versicherungen den<br />

InsurTechs einen Strich durch die Rechnung.<br />

So haben auch traditionelle Vertriebe<br />

eine Chance zu bestehen, wenn sie sich<br />

über hochwertige Kundenberatung und digitale<br />

Omnikanal-Modelle positionieren.<br />

Signifikante Geschäftschancen werden in<br />

Deutschland noch liegengelassen, wenn es<br />

um Digitalstrategien im Versicherungsbetrieb<br />

geht. Das gilt laut InsurTech-Radar für<br />

Start-ups wie für Etablierte gleichermaßen.<br />

„Im Betrieb gibt es vor allem im Schadenbereich<br />

viel Potenzial, das in Deutschland im<br />

Gegensatz zum Ausland noch wenig adressiert<br />

wird“, sagt Nikolai Dördrechter. Seine<br />

Überzeugung: InsurTechs in Deutschland<br />

sollten verstärkt auf Segmente zielen, die<br />

ein höheres wirtschaftliches Potenzial versprechen.<br />

Viel Aktivität, wenig Disruption<br />

Fegen die Start-ups bald über alles Bestehende<br />

radikal hinweg? Davon sei noch nicht<br />

auszugehen, sagt Oliver Wyman-Partner<br />

Kottmann: „Es gibt viel InsurTech-Aktivität,<br />

aber noch wenig echte Disruption in<br />

Deutschland.“ Zwar sind nach den USA hierzulande<br />

die meisten dieser Gründungen zu<br />

beobachten. „Aber nicht hinter jeder hippen<br />

Webseite steckt ein gutes Geschäftsmodell.<br />

Längst nicht alle InsurTechs werden überleben.<br />

Es besteht viel Potenzial zur Partnerschaft<br />

zwischen Alt und Neu.“ Dennoch<br />

seien Versicherer gut beraten, sich genauer<br />

mit den Start-ups zu befassen. Zumal die<br />

Geschäftsmodelle der InsurTechs oft eine<br />

Zusammenarbeit mit etablierten Versicherern<br />

vorsehen. Der InsurTech-Radar zeigt:<br />

Deutschland kann international eine führende<br />

Rolle bei der Digitalisierung der Assekuranz<br />

einnehmen. Die starke Position<br />

der deutschen Versicherungswirtschaft mit<br />

führenden Unternehmen wie Allianz oder<br />

Munich Re sei eine gute Startrampe. Viel<br />

Arbeit und erhebliche Investitionen seien<br />

freilich nötig. „Einige der deutschen Insur-<br />

Techs wie Schutzklick zeigen heute schon<br />

ihr Potenzial, sich auch international erfolgreich<br />

zu etablieren“, sagt Kottmann.<br />

Autor: www.oliverwyman.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

55


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

InsurTechs werden als innovativ, aber<br />

nicht unbedingt seriös wahrgenommen<br />

InsurTechs versuchen mit frischen<br />

Ideen, modernen Technologien und<br />

lockerer Kundenansprache den Markt<br />

für Versicherungsprodukte umzukrempeln<br />

sowie etablierten Versicherern und Versicherungsmaklern<br />

Marktanteile streitig zu<br />

machen. Zwei Drittel (69 Prozent) der Finanzenentscheider<br />

und -mitentscheider in<br />

Deutschland sind der Ansicht, dass Verbraucher<br />

von den alternativen Anbietern<br />

profitieren können. Dies geht allerdings<br />

einher mit einer wahrgenommenen Überforderung.<br />

Fast vier von fünf (78 Prozent)<br />

der Versicherungskunden sind der Ansicht,<br />

dass der Finanz- und Versicherungsmarkt<br />

durch die Angebote von InsurTechs unübersichtlicher<br />

wird. Dies zeigt die dritte<br />

Befragungswelle des YouGov FinTech Tracker<br />

des internationalen Marktforschungsund<br />

Beratungsinstituts YouGov, für den<br />

rund 1.000 private Finanzentscheider<br />

und -mitentscheider vom 02.05.<strong>2016</strong> bis<br />

09.05.<strong>2016</strong> internetrepräsentativ befragt<br />

wurden. Dabei besteht die Stärke der InsurTechs<br />

gegenüber klassischen Angeboten<br />

aus Konsumentensicht in der klaren,<br />

einfachen Darstellung der Produkte sowie<br />

dem schnellen, einfachen Abschlussprozess<br />

online oder per App. Auch profitieren<br />

die neuen Anbieter gegenüber klassischen<br />

Anbietern von einer weniger förmlichen<br />

Ansprache, wodurch die Produkte besonders<br />

für jüngere Verbraucher an Attraktivität<br />

gewinnen. Dies zeigt die qualitative<br />

Studie „Produktinnovationen in der Assekuranz“,<br />

die Kundenerlebnisse und -erwartungen<br />

unter anderem zu InsurTechs<br />

tiefergehend analysiert.<br />

Verbrauchervertrauen<br />

bei klassischen Anbietern höher<br />

„Ein klarer Vorteil klassischer Versicherer<br />

gegenüber den relativ neuen InsurTechs<br />

ist das Vertrauen, dass Verbraucher diesen<br />

entgegenbringen. Gerade bei Versicherungen<br />

orientieren sich Versicherungsnehmer<br />

stärker an großen Gesellschaften mit<br />

Tradition und gutem Ruf“, sagt Jutta Rothmund,<br />

Senior Consultant bei YouGov und<br />

Leiterin der qualitativen Studie. „So werden<br />

die Angebote der InsurTechs zwar als innovativ,<br />

aber nicht unbedingt als seriös angesehen.<br />

“Beispielsweise ist das Konzept von<br />

friendsurance für die Verbraucher auf den<br />

ersten Blick durchaus interessant, dabei<br />

zieht vor allem das Versprechen von Schadenfreiheitsboni.<br />

Bei näherer Betrachtung<br />

ist den Konsumenten aber nicht klar, wo<br />

genau der Vorteil zum klassischen Versicherungsprinzip<br />

besteht. Dementsprechend ist<br />

die Abschlussbereitschaft hier auch eher<br />

gering. So können sich im YouGov FinTech<br />

Tracker nur 13 Prozent der Markenkenner<br />

von friendsurance vorstellen, dort Kunde zu<br />

werden“, so Rothmund weiter.<br />

„Auch situative Kleinversicherungen, wie sie<br />

unter anderem AppSichern anbietet, stellen<br />

aus Sicht der Konsumenten durchaus eine<br />

sinnvolle Ergänzung des Versicherungsschutzes<br />

dar. Das Angebot auf der Plattform<br />

löste bei den Befragten jedoch auch Skepsis<br />

aus. Wenngleich die günstigen Preise<br />

attraktiv waren, hatten viele den Eindruck,<br />

hier sollen unnötige Versicherungen vermarktet<br />

werden.“ „Die Ergebnisse unserer<br />

Studien zeigen, dass InsurTechs frischen<br />

Wind in die Branche bringen, indem sie<br />

Konsumentenwünsche aufgreifen und Versicherungen<br />

eine gewisse Leichtigkeit und<br />

Einfachheit geben. Damit reduzieren sie die<br />

Barrieren gerade jüngerer Konsumenten,<br />

sich mit dem Thema Versicherungen zu<br />

beschäftigen. In Punkto Vertrauenswürdigkeit<br />

und Beratungskompetenz können und<br />

müssen sie aber von den etablierten Anbietern<br />

einiges lernen. Versicherungen sind<br />

und bleiben ein ernsthaftes Thema, das<br />

auch Jüngere nicht auf die leichte Schulter<br />

nehmen. Letztlich können InsurTechs und<br />

klassische Anbieter gegenseitig voneinander<br />

lernen und profitieren“, so Rothmund.<br />

Autor: www.yougov.de<br />

56 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Betriebsrente und<br />

Produktinnovationen könnten den<br />

schwächelnden Markt beleben<br />

Wie sich der Gesamtmarkt bis 2025<br />

entwickeln wird, hängt auch vom<br />

politischen Rahmen ab – dies gilt<br />

insbesondere für die Lebensversicherung.<br />

Das Beitragsvolumen könnte bei einer gesetzlich<br />

verordneten Stärkung der betrieblichen<br />

Altersversorgung von rund 94 Milliarden<br />

Euro im Jahr 2014 bis 2025 auf 98<br />

Milliarden Euro steigen. Bleiben Vorgaben<br />

der Politik aus, droht laut Analyse ein Absinken<br />

auf 90 Milliarden Euro. Die Niedrigzinsen<br />

belasten weiterhin das Ergebnis und<br />

die Attraktivität der privaten Altersvorsorgeprodukte.<br />

In der Schaden- und Unfallversicherung<br />

erwarten die Experten von Oliver Wyman<br />

nahezu Stagnation. Von 2014 bis 2025<br />

werde das Prämienvolumen um nur sieben<br />

Prozent von rund 63 auf 67 Milliarden<br />

Euro zulegen. Während die Kraftfahrtsparte<br />

deutlich schrumpft, erhöhen sich die<br />

Beitragseinnahmen in der gewerblichen<br />

Sach- und Haftpflichtversicherung. Neue<br />

Wachstumschancen und Innovationsimpulse<br />

bestehen insbesondere in den Feldern<br />

„Neue Mobilität“, „Internet der Dinge“<br />

und im „Mid-Corp“-Firmensegment.<br />

Entwarnung gibt Zimmermann für ein bereits<br />

diskutiertes Szenario, wonach „Online-<br />

Riesen“ als unmittelbare Wettbewerber auf<br />

den Plan treten könnten. Dazu werde es<br />

nicht kommen: „Wir erwarten nicht, dass<br />

Internetkonzerne wie Google oder Amazon<br />

selbst als Risikoträger in das direkte<br />

Versicherungsgeschäft einsteigen werden.<br />

Gleichwohl kommen sie – neben einer Vielzahl<br />

neuer Plattformpartner – dank ihres<br />

Kundenzugangs und ihrer Kundenkenntnis<br />

als wichtige und verhandlungsstarke Kooperationspartner<br />

für die Versicherungsindustrie<br />

in Frage“, so der Oliver Wyman-<br />

Experte. Zusätzlichen Wettbewerbsdruck<br />

und verstärkte Innovationskraft bringen<br />

darüber hinaus zahlreiche InsurTech-Unternehmen<br />

in den Markt. Dies betrifft neue<br />

Formen der Kundeninteraktionen ebenso<br />

wie die Prozesse „hinter dem Vorhang“.<br />

Versicherer müssen dauerhafte Innovation<br />

als Teil ihrer eigenen DNA begreifen. Häufig<br />

braucht es dafür zu Beginn spezifische<br />

Innovations- und Digitalisierungsteams,<br />

die jedoch sukzessive wieder Teil der Organisation<br />

werden müssen. Daneben wird<br />

es neue Formen der Kooperation mit jungen<br />

innovativen Unternehmen geben, um<br />

vielversprechende Geschäftsmodelle unabhängig<br />

von eigenen Prozessen und Systemen<br />

zu testen. „Nur wer frühzeitig und<br />

mutig Neues ausprobiert, wird sich auch<br />

2025 erfolgreich im deutschen Versicherungsmarkt<br />

positionieren können“, so Zimmermann.<br />

Autor: www.oliverwyman.de<br />

Quelle: © Kurhan - Fotolia.com<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

57


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

Aktuelle Studie von Aon Hewitt<br />

zur betrieblichen Altersversorgung:<br />

Fast die Hälfte der befragten Unternehmen hält<br />

Überprüfung ihres Versorgungswerkes für erforderlich<br />

Der anhaltende Niedrigzins und die<br />

damit einhergehenden Veränderungen<br />

im deutschen Lebensversicherungsmarkt<br />

wirken sich zunehmend<br />

auch auf die betriebliche Altersversorgung<br />

(bAV) aus: Fast die Hälfte der Unternehmen<br />

hält es für erforderlich, ihr Versorgungswerk<br />

grundsätzlich zu überprüfen.<br />

Mehr als 20 Prozent von ihnen haben<br />

bereits Veränderungen vorgenommen,<br />

indem sie beispielsweise die zugesagte<br />

Verzinsung reduziert oder aber von leistungs-<br />

auf beitragsorientierte Zusagen<br />

umgestellt haben. Dies ist das Ergebnis<br />

der aktuellen Studie „Insurance Survey<br />

<strong>2016</strong>: Rethink Insured Pensions“, die Aon<br />

Hewitt, der weltweit führende Anbieter<br />

von Services im Bereich Human Resources,<br />

durchgeführt hat. Dazu wurden mehr<br />

als 70 – sowohl im DAX geführte als auch<br />

mittelständische – Unternehmen aus den<br />

unterschiedlichsten Branchen befragt.<br />

Die Lebensversicherer reagieren mit neuen<br />

Produkten und eingeschränkten Garantieversprechen<br />

auf das Niedrigzinsumfeld<br />

und den sich aus der europäischen Richtlinie<br />

Solvency II ergebenen Anforderungen.<br />

„Unternehmen, die ihren Mitarbeitern eine<br />

betriebliche Altersversorgung mit Versicherungsbezug<br />

anbieten, müssen handeln“,<br />

erläutert Thorsten Teichmann, Geschäftsführer<br />

der Aon Pensions Insurance<br />

Broker GmbH in Hamburg und Partner bei<br />

Aon Hewitt. Betroffen seien Vertragsverhältnisse<br />

mit zahlreichen Versicherern, sei<br />

es aufgrund der Schließung bestehender<br />

Tarife oder der eingeschränkten Zugangsmöglichkeit<br />

zu noch vorhandenen Garantieprodukten<br />

für Versorgungszusagen für<br />

neue Mitarbeiter. Das habe der Großteil<br />

der Unternehmen auch erkannt.<br />

Statt nur zu einem anderen Lebensversicherer<br />

zu wechseln, der das zur Versorgung<br />

passende Produkt noch anbietet,<br />

empfiehlt bAV-Experte Teichmann den Unternehmen<br />

zu prüfen, ob nicht eine grundsätzliche<br />

Modernisierung der Versorgung<br />

sinnvoller ist. Die Aon Hewitt-Studie ergab,<br />

dass es für 45 Prozent der Befragten<br />

sogar denkbar wäre, ihre Versorgungsregelung<br />

komplett neu zu gestalten, wenn<br />

Handlungsdruck entstehen sollte. Bei der<br />

Wahl eines neuen Versicherungsproduktes<br />

ist 88 Prozent der Befragten die finanzielle<br />

Stabilität des Anbieters sehr wichtig –<br />

gefolgt von Transparenz (48 Prozent) und<br />

Flexibilität (37 Prozent). Für 65 Prozent<br />

der Arbeitgeber sind außerdem die Möglichkeit,<br />

Hinterbliebene im Todesfall und<br />

Mitarbeiter im Fall der Berufsunfähigkeit<br />

(55 Prozent) abzusichern, wichtige Bestandteile<br />

des bAV-Angebotes. Mehr als<br />

60 Prozent der befragten Unternehmen<br />

wünschen sich daher, die Leistungen bei<br />

Alter, Tod und Invalidität in einem Versicherungsvertrag<br />

zu bündeln. „Hier sind<br />

die Lebensversicherer aufgefordert, die<br />

Produkte der neuen Generation dahingehend<br />

weiterzuentwickeln, dass sie sich<br />

auch für die Abbildung komplexer Versorgungsordnungen<br />

eignen, um sie uneingeschränkt<br />

für die bAV tauglich zu machen“,<br />

macht Teichmann deutlich.<br />

Große Unsicherheiten bestehen noch bei<br />

den Handlungsoptionen und deren Vorund<br />

Nachteilen. „Das Angebot an neuen<br />

Produkten ist nicht mehr so homogen und<br />

selbst für Fachleute nicht immer transparent“,<br />

berichtet der Aon Hewitt-Manager.<br />

Bei den Produkten der neuen Generation<br />

könne sowohl die garantierte als auch die<br />

zum Rentenbeginn hochgerechnete Leistungshöhe<br />

nur sehr eingeschränkt als<br />

Entscheidungsgrundlage herangezogen<br />

werden. Um das passende Produkt zu finden,<br />

seien – anders als bei klassischen<br />

58 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Tarifen – Produktmerkmale, wie beispielsweise<br />

Gestaltungsrechte bei der Kapitalanlage<br />

oder die Einschlussmöglichkeit von<br />

Zusatzversicherungen, ausschlaggebend.<br />

Die Versicherer lenken ihren Fokus im Bereich<br />

der bAV auf die Direktversicherung.<br />

Bei der Nutzung als Rückdeckungsversicherung<br />

haben die neuen Produkte noch<br />

Schwächen. „Hier ist darauf zu achten,<br />

dass die Versorgungsregelung sehr sorgfältig<br />

ausgestaltet wird, damit es nicht<br />

zu unerwünschten bilanziellen Effekten<br />

kommt“, mahnt Teichmann.<br />

Die Studie ergab auch, dass die Unternehmen<br />

an der arbeitgeberfinanzierten<br />

Versorgung festhalten wollen: Unverändert<br />

gegenüber dem Vorjahresergebnis<br />

ist der überwiegende Teil der Befragten<br />

(87 Prozent) davon überzeugt, dass die<br />

bAV auch zukünftig eine wichtige Rolle<br />

spielen wird, um neue Mitarbeiter zu gewinnen<br />

und Arbeitnehmer zu binden. Nur<br />

11 Prozent der Unternehmen überprüfen<br />

derzeit, ob sie ihr Angebot einstellen.<br />

Autor: www.aonhewitt.com<br />

Zielrente – Mogelpackung zulasten<br />

der Arbeitnehmer?<br />

Wege aus der Zinsfalle mit Defined Ambition<br />

In der andauernden Niedrigzinsphase<br />

suchen Unternehmen nach alternativen<br />

Betriebsrentenkonzepten. Immer<br />

häufiger taucht in diesem Zusammenhang<br />

der Begriff „Defined Ambition“<br />

oder „Zielrente“ in der Öffentlichkeit auf.<br />

Gemeint ist damit, dass lediglich eine<br />

dauerhafte Betriebsrentenhöhe (Zielrente)<br />

angestrebt wird, der Arbeitnehmer<br />

jedoch kein garantiertes Leistungsniveau<br />

erhält. Dieses kann je nach Ertragslage<br />

schwanken, also auch geringer ausfallen.<br />

Der Arbeitgeber ist somit nicht in<br />

der Pflicht, für die in Aussicht gestellten<br />

Leistungen einzustehen, da im Falle ungünstiger<br />

Entwicklungen das Leistungsniveau<br />

– auch während des Rentenbezugs<br />

– korrigiert werden darf. Handelt es sich<br />

also um ein Konzept, das die Arbeitgeber<br />

aus der Haftung nimmt – zulasten der Arbeitnehmer?<br />

„Der Arbeitgeber kann nicht<br />

gezwungen werden, hohe Betriebsrenten<br />

zuzusagen und zu garantieren und damit<br />

verbundene langfristige finanzielle Risiken,<br />

die sich gerade in der seit Jahren<br />

andauernden Niedrigzinsphase zeigen,<br />

einzugehen“, erklärt Dr. Rafael Krönung,<br />

Aktuar und Principal bei Aon Hewitt. „Das<br />

Konzept der Defined Ambition oder Zielrenten<br />

unterstützt vielmehr das Bestreben,<br />

Arbeitnehmern auch zukünftig eine<br />

attraktive Versorgung zu ermöglichen“,<br />

führt Krönung weiter aus. So zeigen realistische<br />

Beispielrechnungen, dass im<br />

Vergleich zu klassischen Modellen – auch<br />

ohne erhöhtes Risiko in den Kapitalanlagen<br />

– eine Erhöhung des Leistungsniveaus<br />

um mehr als 50 Prozent zugunsten<br />

der Arbeitnehmer möglich wäre. Der Preis<br />

hierfür: Die Rentenhöhe ist nicht garantiert<br />

und könnte bei Bedarf auch nach unten<br />

angepasst werden.<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

59


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

Quelle: © contrastwerkstatt - Fotolia.com<br />

Defined Ambition oder Zielrenten stellen<br />

für Krönung im aktuellen Marktumfeld<br />

eine Chance dar, weiterhin auskömmliche<br />

Betriebsrenten zu ermöglichen. Erwartet<br />

beispielsweise eine Pensionskasse derzeit,<br />

dauerhaft 2,75 Prozent an Kapitalverzinsung<br />

zu erzielen, könnte den Versicherten<br />

bei einem Renteneintritt mit 65 Jahren für<br />

ein Versorgungskapital von 100.000 Euro<br />

eine lebenslange Altersrente von rund<br />

5.500 Euro jährlich gewährt werden. Bei<br />

dieser Summe handelt es sich um das Leistungsniveau,<br />

das man glaubt, dauerhaft<br />

erreichen zu können – also die Zielrente.<br />

Stellen sich die ursprünglichen Annahmen<br />

im Nachhinein als unzutreffend heraus,<br />

müsste die Zielrente nach oben oder unten<br />

angepasst werden.<br />

Dazu Krönung: „Die derzeitige Realität<br />

bei den klassischen Zusagekonzepten ist<br />

hingegen, dass aufgrund der vorsichtig<br />

zu wählenden Rechnungsgrundlagen in<br />

aktuellen Tarifen für das gleiche Versorgungskapital<br />

eher eine garantierte Rente<br />

in Höhe von ca. 3.000 Euro p.a. resultieren<br />

würde.“ Selbst wenn die Rentenleistung<br />

jährlich durch erwirtschaftete<br />

Überschüsse um 1,5 Prozent erhöht würde,<br />

erreicht diese klassische garantierte<br />

Rente das Niveau des Zielrentensystems<br />

erst, wenn der Versicherte 96 Jahre alt<br />

ist. Eine Gegenrechnung zeigt auf, dass<br />

sich die Zielrente selbst bei einer Kürzung<br />

der Leistungen um 45 Prozent noch<br />

auf dem Niveau der garantierten Rente<br />

befinden würde. Gerade im Hinblick auf<br />

die Senkung des aufsichtsrechtlichen<br />

zulässigen Höchstrechnungszinses für<br />

Neuzusagen auf lediglich 0,9 Prozent ab<br />

dem 1. Januar 2017 ist klar: Ohne Änderungen<br />

an den traditionellen Betriebsrentenkonzepten<br />

werden sich Arbeitnehmer<br />

darauf einstellen müssen, dass die<br />

zugesagten Garantieleistungen weiter<br />

sinken werden. Selbst Überschussbeteiligungen<br />

können diese Verminderungen<br />

des Leistungsniveaus bei Weitem nicht<br />

kompensieren. Ein Verzicht auf Garantien<br />

zugunsten einer deutlich höheren<br />

Zielrente ist somit keine Mogelpackung,<br />

sondern vor allem auch im Interesse der<br />

Arbeitnehmer.<br />

Autor: www.aonhewitt.com<br />

60 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Outsourcing in der<br />

Assekuranzwirtschaft: Wachsender<br />

Kostendruck setzt Umdenken in Gang<br />

Noch halten sich deutsche Versicherer<br />

mit Outsourcing-Investitionen<br />

zurück. Doch das dürfte sich in Zukunft<br />

ändern: Laut einer aktuellen Untersuchung<br />

von Sopra Steria Consulting sehen<br />

35 Prozent der befragten Unternehmen in<br />

der Auslagerung von Geschäftsprozessen<br />

hohe Potenziale zur Realisierung von Kostensenkungen.<br />

Die Untersuchung zeigt<br />

aber auch, dass Outsourcing-Erfolge in<br />

dieser Branche nur mit einer veränderten<br />

Unternehmenskultur und verstärkter Prozessstandardisierung<br />

möglich sind.<br />

Die Auslagerung von IT-Anwendungen und<br />

Querschnittsfunktionen bietet in der Versicherungsbranche<br />

ein besonders hohes<br />

Kosteneinsparpotenzial. Zu diesem Ergebnis<br />

kommt die empirische Untersuchung<br />

„Outsourcing-Potenziale in der deutschen<br />

Versicherungswirtschaft“<br />

von<br />

Sopra Steria Consulting.<br />

Ebenfalls<br />

lohnenswert nennen<br />

86 Prozent<br />

der befragten Unternehmen<br />

die –<br />

in Teilen bereits<br />

praktizierte – Auslagerung<br />

ihres<br />

Output-Managements.<br />

Das ist insofern<br />

nicht überraschend, als das interne<br />

Output-Management nicht dem Kerngeschäft<br />

eines Versicherers zugerechnet<br />

wird und somit keinen direkten Beitrag<br />

zur Wertschöpfung leistet. Als klassische<br />

Outsourcing-Kandidaten gelten insbesondere<br />

die unterstützenden Funktionen, weil<br />

sie zumeist stärker standardisiert sind,<br />

eine geringere Komplexität aufweisen und<br />

sich durch eine Auslagerung somit höhere<br />

Skaleneffekte erzielen lassen. Zudem<br />

ist das Outsourcing-Risiko bei unterstützenden<br />

Querschnittsfunktionen in der<br />

Regel deutlich geringer und die Transaktionshäufigkeit<br />

größer als bei strategisch<br />

bedeutsamen Prozessen.<br />

„Versicherungsgesellschaften sollten den<br />

Wertschöpfungsbeitrag ihrer Prozesse<br />

zum eigenen Kerngeschäft konsequent<br />

analysieren, da sich nur so das unternehmensindividuelle<br />

Outsourcing-Potenzial<br />

unter Berücksichtigung der strategischen<br />

Ausrichtung valide abschätzen lässt“,<br />

empfiehlt Studienautor Harry Schumacher.<br />

Eine Überprüfung der eigenen Wertschöpfungskette<br />

sei auch deshalb angeraten,<br />

weil auf diese Weise am schnellsten<br />

erkennbar wird, welche Prozessbereiche<br />

beim Outsourcing die größten Kostenvorteile<br />

versprechen. Allerdings streut<br />

die derzeitige Unternehmensorganisation<br />

vieler Versicherungen beim Outsourcing<br />

oftmals Sand ins Getriebe. Schuld daran<br />

sind zumeist spartenund<br />

produktorientierte<br />

Organisationstrukturen,<br />

die zudem für den vergleichsweise<br />

geringen<br />

Standardisierungsgrad<br />

in der Versicherungsbranche<br />

verantwortlich<br />

sind. „Höhere Kosteneffizienz<br />

durch Prozess-<br />

Outsourcing setzt folglich<br />

organisatorische Veränderungen<br />

voraus, die ihrerseits<br />

nur mit einer gewandelten Unternehmenskultur<br />

gelingen können“, so Harry<br />

Schumacher. Wie hoch der Kostendruck in<br />

der Assekuranzwirtschaft heute ist, belegt<br />

nicht zuletzt der „Branchenkompass Insurance<br />

2015“ von Sopra Steria Consulting:<br />

Sieben von zehn der dafür Befragten bezeichneten<br />

die Kostenlage ihres Unternehmens<br />

als eine zentrale Herausforderung.<br />

90 Prozent gaben sinkende Prozesskosten<br />

und steigende Prozesseffizienz als eine ihrer<br />

strategischen Prioritäten für die nächsten<br />

Jahre an.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

61


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

67rockwell Consulting:<br />

Digitalisierungsstrategien deutscher<br />

Versicherungsunternehmen greifen<br />

nicht weit genug<br />

Die Digitalisierungsstrategien deutscher<br />

Versicherungsunternehmen<br />

schöpfen nach wie vor die<br />

Potentiale der Digitalisierung nicht aus.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt 67rockwell<br />

Consulting bei ihrer Analyse der Digitalisierungsaktivitäten<br />

im Versicherungsbetrieb.<br />

Die aktuelle Studie zeigt, dass die<br />

Strategie- und Projektansätze im Wesentlichen<br />

der Optimierung tradierter Strukturen<br />

folgen – die notwendige nachhaltige<br />

Änderung der Geschäftsmodelle der<br />

Versicherungsunternehmen entlang der<br />

Möglichkeiten digitaler Transformation ist<br />

nicht erkennbar. „Im Vordergrund stehen<br />

aktuell Kosteneinsparpotentiale, die durch<br />

die Verbesserung von Prozessen gehoben<br />

werden sollen. Die Herausforderungen der<br />

Digitalisierung greifen jedoch sehr viel<br />

weiter. Vielen Unternehmen<br />

fehlt noch immer das klare<br />

Zielbild ihrer Digitalisierungsaktivitäten<br />

und damit<br />

auch die Vorstellung, was<br />

zukünftig möglich sein wird“,<br />

sagt Marcus Laakmann, Geschäftsführender<br />

Gesellschafter<br />

bei 67rockwell Consulting.<br />

Die aktuell durchgeführte<br />

Studie zur Digitalisierung im Versicherungsbetrieb<br />

zeigt, dass die Erhöhung der<br />

Prozessgeschwindigkeit (71 %), die Verbesserung<br />

der Kommunikationswege (71<br />

%), die Verbesserung des Kundenservice<br />

(65 %) und die Hebung von Kosteneinsparpotentialen<br />

(65 %) als die wesentlichen<br />

Ziele der Digitalisierung angesehen<br />

werden. Veränderungen auf der Produktseite<br />

und die sich ergebenden Herausforderungen<br />

im Kundenumgang bekommen<br />

laut der Studie erst langsam Priorität:<br />

Projekte wie Self-Service-Portale und Onlineberatungen<br />

sind in Planung, deren<br />

Umsetzung steht noch aus. Die Integration<br />

detaillierten Untersuchungen zum digitalen<br />

Verhalten der Kunden bei der Entwicklung<br />

der Digitalisierungsmaßnahmen<br />

ist dabei nur mittelbar erkennbar. „Die<br />

Entwicklung der digitalen Transformation<br />

rund um die deutschen Versicherungsunternehmen<br />

zeigt, dass die Kundenschnittstelle<br />

noch deutlicher in den Fokus der Digitalisierungsaktivitäten<br />

gerückt werden<br />

muss. Den Segmentierungsstrategien der<br />

Insure-Techs gelingt es inzwischen zunehmend<br />

erfolgreich, die ertragsstarken Kunden<br />

aus bestehenden Vertragsmodellen<br />

zu lösen“, führt Laakmann aus. „Um hier<br />

die richtigen Schwerpunkte bei den Maßnahmen<br />

zur Kundenbindung zu setzen,<br />

empfiehlt sich eine detaillierte Analyse der<br />

Kundenkontaktpunkte auf<br />

Basis des Customer-Journey-Ansatzes“,<br />

führt Laakmann<br />

aus. „Unsere Auftraggeber<br />

konnten so ihre<br />

Budgets in für den Kunden<br />

nutzenstiftende Maßnahmen<br />

lenken und Fehlinvestitionen<br />

vermeiden. Es ist essentiell,<br />

die Kundenerwartungen und<br />

das digitale Verhalten der<br />

Kunden zu kennen, denn<br />

nicht alles, was technisch möglich ist, wird<br />

auch vom Kunden angenommen.“<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass bei 50 % der<br />

Unternehmen veraltete IT-Systeme sowie<br />

eingeschränkte IT-Kapazitäten bei einer<br />

gleichzeitig sehr hohen Zahl laufender<br />

IT-Projekte stark limitierende Faktoren<br />

der Digitalisierung sind. Zusätzlich werden<br />

die Möglichkeiten der Digitalisierung<br />

in den Gesellschaften und Sparten der<br />

Unternehmen unterschiedlich bewertet;<br />

bei knapp 50 % der befragten Unterneh-<br />

62 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

men sind verschiedene Organisationseinheiten<br />

mit der Digitalisierung befasst.<br />

Der Schritt, die Gesamtverantwortung<br />

der Steuerung der digitalen Transformation<br />

der oft neu geschaffenen Position<br />

des CDO (Chief Digital Officer) zu<br />

übertragen, ist ein konsequenter Schritt<br />

in Richtung Stabilisierung der Geschäftsmodelle.<br />

„Die nachhaltige Anpassung der<br />

Geschäftsmodelle aufgrund der digitalen<br />

Transformation ist zwingend notwendig.<br />

Nur wer ein klares Zielbild seiner Digitalisierungsstrategie<br />

hat, wird im Wettbewerb<br />

bestehen können. Die feste Verankerung<br />

der Kundensicht ist dabei der<br />

wesentliche Erfolgsparameter, “ fasst<br />

Laakmann zusammen.<br />

Autor: www.67rockwell.de<br />

So investieren Versicherer<br />

Kapitalanlagen übersteigen erstmals 1,5 Billionen Euro<br />

Die Kapitalanlagen der deutschen<br />

Versicherer haben 2015 erstmals<br />

die Marke von 1,5 Billionen Euro<br />

überschritten. Rund 80 Prozent des Investitionsvolumens<br />

entfallen auf Zinsanlagen<br />

– beispielsweise Pfandbriefe, Rentenfonds<br />

oder auch Darlehen. In Staatsanleihen<br />

investieren die Versicherer weniger als<br />

häufig angenommen – sie machen in der<br />

Direktanlage weniger als 6 Prozent der<br />

gesamten Kapitalanlagen aus. Die deutschen<br />

Erst- und Rückversicherer hielten<br />

zum Jahresende 2015 Kapitalanlagen im<br />

Volumen von 1,509 Milliarden Euro. Im<br />

Vergleich zu 2014 ist dies ein Anstieg um<br />

fast 60 Milliarden Euro bzw. rund 4 Prozent.<br />

Festverzinsliche Kapitalanlage dominiert<br />

Damit Versicherer jederzeit ihre zugesagten<br />

Verpflichtungen erfüllen können,<br />

investieren sie überwiegend in sichere<br />

Kapitalanlagen mit langfristig planbaren<br />

Zinserträgen. Diese Rentenanlagen machen<br />

vier Fünftel des gesamten Anlagevolumens<br />

aus. Lediglich 20 Prozent entfallen<br />

auf Investitionen mit höheren Risiken<br />

bzw. weniger gut kalkulierbaren Erträgen.<br />

Der Aktienanteil beispielsweise lag zum<br />

Jahresende 2015 nur bei gut 4 Prozent,<br />

auf Immobilien und Unternehmensbeteiligungen<br />

entfallen zusammengenommen<br />

rund 13 Prozent. Das Verhältnis von Renten-<br />

zu anderen Kapitalanlagen ist seit<br />

einigen Jahren weitgehend stabil. Unter<br />

den Rentenanlagen dominieren Anleihen:<br />

Rentenfonds machen 22 Prozent der gesamten<br />

Kapitalanlagen aus, Unternehmensanleihen<br />

7,2 Prozent und Staatsanleihen<br />

sowie Anleihen anderer öffentlicher<br />

Schuldner 5,7 Prozent.<br />

56 Milliarden Euro für Häuslebauer<br />

Auch als Kreditgeber spielt die Versicherungswirtschaft<br />

eine bedeutende Rolle.<br />

Gut 18 Prozent der Kapitalanlagen fließen<br />

in Darlehen – überwiegend an Kreditinstitute<br />

und die öffentliche Hand. Aber auch<br />

für Privathaushalte sind Versicherer wichtige<br />

Kapitalgeber. In Hypotheken zur Immobilienfinanzierung<br />

stecken 3,7 Prozent<br />

der Kapitalanlagen – das entspricht rund<br />

56 Milliarden Euro.<br />

Autor: www.gdv.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

63


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

Nach dem Garantiezinsschock:<br />

„Klassik hat endgültig ausgedient“<br />

Laut einer Kurzbefragung erwarten<br />

Versicherer Stückeverluste im deutlichen<br />

zweistelligen Bereich. Die<br />

Branche muss nun Maßnahmen ergreifen,<br />

um auf dem Damm zu bleiben. Die Absenkung<br />

des Garantiezinses auf 0,9 Prozent ist<br />

insgesamt schlecht für die Branche, aber<br />

dennoch erforderlich. Das gestehen sich<br />

die Versicherer selbst<br />

ein. Simon-Kucher &<br />

Partners hat mit einer<br />

Kurzbefragung<br />

unter Versicherungsmanagern<br />

ein Stimmungsbild<br />

der Branche<br />

eingefangen.<br />

Dass die Absenkung<br />

schlecht für die Branche<br />

ist, geben demnach<br />

über die Hälfte<br />

der Befragten zu.<br />

Gleichzeitig sind drei<br />

Viertel der Meinung,<br />

dass diese Regelung<br />

zwingend ist. Die gute Nachricht: Fast<br />

jeder Zweite sieht in dem notwendigen<br />

Übel eine Chance. „Richtig so, Klassik hat<br />

endgültig ausgedient. Versicherer sollten<br />

nun das Beste daraus machen und die<br />

Senkung vielleicht sogar positiv für sich<br />

nutzen“, erklärt Dr. Dirk Schmidt-Gallas,<br />

Member of the Board bei Simon-Kucher.<br />

Stückeverluste und<br />

Gegenmaßnahmen<br />

Das Ganze klingt zunächst nach einer<br />

Katastophe: Die Hälfte der Befragten ist<br />

sich bereits sicher, dass die Absenkung<br />

des Garantiezinses zu massiven Stückeverlusten<br />

führen wird. Demnach erwarten<br />

acht von zehn einen Stückeverlust<br />

im zweistelligen Bereich für das kommende<br />

Jahr. Über die Hälfte schätzt den<br />

Rückgang auf 10-25 Prozent ein. Mehr<br />

als jeder Zehnte glaubt, dass es Stückeverluste<br />

in Höhe von 35 Prozent oder<br />

mehr geben wird. „Das ist eine beachtliche<br />

Menge – aber überrascht nicht“, so<br />

Studienleiter Frank Gehrig, Director bei<br />

Simon-Kucher. „Man wird den Beitrag<br />

nicht halten könnten. Die Versicherer<br />

haben nun handeln, um langfristig wieder<br />

auf einen grünen Zweig im Neugeschäft<br />

zu kommen.“ Das glauben auch<br />

die Befragten, die<br />

konkrete Maßnahmen<br />

ergreifen<br />

wollen. So planen<br />

fast drei Viertel<br />

der Befragten,<br />

neue Produkte<br />

Quelle: © vege - Fotolia.com<br />

mit alternativen<br />

Garantieformen<br />

und mehr als die<br />

Hälfte neue Produkte<br />

ohne Garantien<br />

auf den<br />

Markt zu bringen.<br />

„In die Offensive<br />

zu gehen ist jetzt<br />

genau der richtige Weg“, so Gehrig. Eine<br />

weitere Reduktion von Verwaltungs- und<br />

Abschlusskosten – die mehr als die Hälfte<br />

planen – sieht Gehrig hingegen nicht als<br />

Lösung des Kernproblems. Die Begeisterung<br />

in der Branche hält sich also allgemein<br />

in Grenzen. Auch, da ein Großteil<br />

den Zeitdruck und verlorene Kapazitäten<br />

aufgrund der Garantiezinssenkung als<br />

lästig empfindet. Denn mehr als die Hälfte<br />

der Befragten findet, dass sie durch<br />

die notwendigen Reaktionen auf den abgesenkten<br />

Garantiezins daran gehindert<br />

wird, sich mit volumen- und ertragsrelevanten<br />

Themen zu beschäftigen. Und für<br />

rund ein Drittel wird die Überschussbeteiligung<br />

durch die Absenkung des Garantiezinses<br />

wichtiger. „Um in Zukunft<br />

wieder zu punkten muss die Assekuranz<br />

anpacken: nämlich jetzt neue Produkte<br />

entwickeln, die bei Endkunden und Vertrieb<br />

ankommen“, so Schmidt-Gallas.<br />

Autor: www.simon-kucher.com<br />

64 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Niedrigzins treibt<br />

Pensionsverpflichtungen in die Höhe<br />

Willis-Towers-Watson-Analyse “German Pension Finance<br />

Watch / 2. Quartal <strong>2016</strong>”<br />

Die aktuellen Marktturbulenzen hinterlassen<br />

ihre Spuren auch in der<br />

Bilanzierung betrieblicher Pensionspläne.<br />

Im zweiten Quartal <strong>2016</strong> stiegen<br />

die Pensionsverpflichtungen der DAX-<br />

Konzerne um 7,0 Prozent auf 428,8 Mrd.<br />

Euro, nachdem der Rechnungszins auf<br />

1,7 Prozent gefallen war. Hingegen stieg<br />

das Planvermögen leicht um 0,4 Prozent<br />

auf 237,0 Mrd. Euro. Zu diesem Ergebnis<br />

kommen Modellberechnungen von Willis<br />

Towers Watson. Die „German Pension<br />

Finance Watch“ (GPFW) stellt die Auswirkungen<br />

der Kapitalmarktentwicklungen<br />

auf deutsche Benchmark-Pensionspläne<br />

dar. Verglichen wird ein Musterplan, der<br />

Ende 20<strong>03</strong> vollständig ausfinanziert war<br />

(100-Prozent-Plan) und laufend in Höhe<br />

der neu verdienten Ansprüche dotiert wird<br />

mit einem für ein DAX- beziehungsweise<br />

MDAX-Unternehmen typischen Pensionsplan.<br />

Rechnungszins unter Druck<br />

Von April bis Juni kletterten die Pensionsverpflichtungen<br />

der DAX-Konzerne um<br />

7,0 Prozent auf 428,8 Mrd. EUR, zeigt die<br />

Hochrechnung des DAX-Musterplans. Auch<br />

die Pensionsverpflichtungen<br />

der MDAX-Unternehmen<br />

verzeichneten<br />

ein Plus von<br />

6,9 Prozent auf 67,1<br />

Mrd. EUR. Grund für<br />

diesen deutlichen Anstieg<br />

war der Verfall<br />

des Rechnungszinses. Dieser war im zweiten<br />

Quartal um 42 Basispunkte auf 1,70<br />

Prozent eingebrochen, nachdem schon im<br />

ersten Quartal ein Rückgang um 38 Basispunkte<br />

auf 2,12 Prozent zu verzeichnen<br />

war. „Diese Talfahrt lässt sich zum einen<br />

auf die Leitzinspolitik der Europäischen<br />

Zentralbank (EZB) und der US Federal Reserve<br />

(US Fed) und zum anderen auf eine<br />

gestiegene Nachfrage nach sicheren Anlagen<br />

zurückführen. So wurden im März die<br />

Leitzinsen im Euroraum gesenkt und in den<br />

USA – anders als erwartet – nicht erhöht.<br />

Die Ausweitung des Quantitative Easing-<br />

Programms der EZB sowie die Marktturbulenzen<br />

in Folge des Brexit ließen die Nachfrage<br />

nach den für die Zinsfestsetzung<br />

maßgeblichen AA-Anleihen steigen. In der<br />

Folge reduzierten sich ihre Renditen und<br />

damit der anzusetzende Rechnungszins<br />

weiter“, erklärt Dr. Thomas Jasper, Leader<br />

Retirement Western Europe von Willis Towers<br />

Watson, die aktuelle Entwicklung. Er<br />

betont: „Dadurch stieg der in den Bilanzen<br />

anzusetzende Verpflichtungsumfang für<br />

die betriebliche Altersversorgung – erfolgt<br />

gemäß der Rechnungslegungsvorschriften<br />

unmittelbar der Volatilität des Zinsumfelds.“<br />

Planvermögen stabil,<br />

Verpflichtungsumfang gestiegen<br />

Trotz des turbulenten Marktumfelds wuchsen<br />

die Planvermögen im DAX um 0,7 Prozent<br />

auf 237,0 Mrd. Euro; im MDAX blieben<br />

sie stabil bei 27,8 Mrd. Euro. Hingegen<br />

waren aufgrund des Niedrigzinsumfelds<br />

deutlich höhere Pensionsverpflichtungen<br />

in den Bilanzen anzusetzen – im<br />

DAX 428,8 Mrd. Euro (+7 Prozent)<br />

und im MDAX 67,1 Mrd. Euro (+<br />

6,9 Prozent). Dies hat im zweiten<br />

Quartal zu einem deutlich geringeren<br />

Ausfinanzierungsgrad von<br />

Pensionsplänen geführt. Der Ausfinanzierungsgrad<br />

zeigt das Verhältnis<br />

von Pensionsverpflichtungen und<br />

den Finanzmitteln, die zu ihrer Erfüllung<br />

zurückgestellt werden. Die GPFW kommt<br />

zu dem Schluss, dass die Planvermögen<br />

im DAX Ende Juni einen Ausfinanzierungsgrad<br />

von nur 55,3 Prozent erreichten – ein<br />

Rückgang um weitere 3,5 Prozentpunkte<br />

gegenüber Ende März. Bei den MDAX-<br />

Planvermögen fiel das Minus mit 2,7 Prozentpunkten<br />

auf 41,5 Prozent etwas mo-<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

65


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

derater aus. „Da es sich bei den Pensionen<br />

um langfristige Verpflichtungen handelt,<br />

hat der aktuelle Druck auf das Bilanzbild<br />

keinen unmittelbaren Einfluss auf den<br />

Cashflow. Die Zahlung der Betriebsrenten<br />

ist weiterhin gewährleistet“, erklärt Jasper.<br />

Dennoch sollten<br />

seiner Meinung nach<br />

sowohl Unternehmen<br />

als auch die Politik<br />

nicht untätig bleiben:<br />

„Eine flächendeckende<br />

Verbreitung<br />

der betrieblichen Altersversorgung<br />

(bAV)<br />

ist immer noch nicht<br />

erreicht. Daher gilt<br />

es, die gesetzlichen<br />

Rahmenbedingungen<br />

für die bAV weiter zu verbessern, damit es<br />

den Unternehmen erleichtert wird, ihren<br />

Mitarbeitern ein werthaltige bAV anzubieten“,<br />

fordert der Altersversorgungsexperte.<br />

bAV-Verantwortlichen in Unternehmen<br />

empfiehlt er, die Marktturbulenzen zum<br />

Anlass zu nehmen, um den angebotenen<br />

Pensionsplan noch einmal zu prüfen: „Ist<br />

das bAV-Angebot zeitgemäß? Kann die<br />

Finanzierungsstrategie weiter ausgefeilt<br />

werden? Sind Risikomanagement und Reporting<br />

auf dem aktuellen Stand?“ Jasper<br />

führt aus: „In den letzten Jahren haben<br />

zahlreiche Unternehmen ihre bAV überarbeitet<br />

und ihre Finanzierungsstrategien an<br />

das Niedrigzinsumfeld angepasst. Damit<br />

ist die bAV ‚wetterfest‘ aufgestellt – ganz<br />

im Sinne von Unternehmen und Mitarbeitern.“<br />

bAV: aus Mitarbeitersicht der<br />

wichtigste Weg für die ergänzende<br />

Altersvorsorge<br />

Bei Arbeitnehmern steht die bAV weiterhin<br />

hoch im Kurs, wie eine aktuelle Studie,<br />

der „Global Benefits Attitudes Survey“<br />

von Willis Towers Watson, belegt. Knapp<br />

70 Prozent der Mitarbeiter in Deutschland<br />

geben an, hauptsächlich über die bAV für<br />

ihre Rente vorzusorgen. Über 90 Prozent<br />

meinen, dass die bAV ein gleichwertiges<br />

oder sogar besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />

bietet als die private Altersvorsorge.<br />

Mehr als vier Fünftel<br />

(83 Prozent) wünschen sich,<br />

dass ihr Arbeitgeber eine aktive<br />

Rolle bei der Bereitstellung<br />

einer Altersversorgung<br />

spielt. „Gerade hier kann die<br />

Politik ansetzen, wenn sie<br />

eine weitere Verbreitung der<br />

ergänzenden Altersvorsorge<br />

erreichen will. Mitarbeiter<br />

wollen die bAV und für Unternehmen<br />

ist es im Hinblick<br />

auf die Mitarbeitergewinnung<br />

und -bindung mehr als sinnvoll, auf<br />

diesen Wunsch einzugehen. Wenn nun die<br />

Politik bürokratische Hürden und unnötige<br />

Komplexität ausräumt, steht einer weiteren<br />

Verbreitung nichts im Weg“, kommentiert<br />

Jasper.<br />

Quelle: © denphumi - Fotolia.com<br />

Hohes Interesse an<br />

Wahlmöglichkeiten –<br />

Beratung erforderlich<br />

Drei Viertel der Mitarbeiter wünschen sich<br />

eine flexible bAV, um die Höhe ihrer Eigenbeiträge,<br />

Auszahlungsoptionen und z.B.<br />

eine Hinterbliebenenversorgung an ihre<br />

individuelle Lebenssituation anzupassen.<br />

Jasper betont: „Wenn Unternehmen entsprechende<br />

Wahloptionen anbieten und<br />

Mitarbeitern beispielsweise durch eine individuelle<br />

Beratung helfen, aus dem angebotenen<br />

Pensionsplan das Beste für sich<br />

herauszuholen, stärkt das die Mitarbeiterbindung<br />

erheblich.“ So sagen fast drei<br />

Viertel der Mitarbeiter, die mit ihrer bAV<br />

zufrieden sind, dass sie gern bis zur Rente<br />

bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber arbeiten<br />

möchten.<br />

Autor: www.willistowerswatson.com<br />

66 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

Assekuranz im Social-Media-Aufwind<br />

Aktuelle Trendstudie von HEUTE UND MORGEN<br />

untersucht Mediennutzung und Kommunikation der<br />

Bundesbürger sowie aktuelle Social-Media-Aktivitäten<br />

der Versicherer und Krankenkassen<br />

Der Lebensalltag der meisten Bundesbürger<br />

– und damit auch der<br />

Versicherungskunden – wir immer<br />

digitaler und vernetzter. Angetrieben<br />

wird diese Entwicklung durch das mobile<br />

Internet und die wachsende Zahl an Social-Media-Kanälen.<br />

Aktuell verbringen<br />

die 18-65-Jährigen durchschnittlich bereits<br />

fünf Stunden täglich im Internet und<br />

in den sozialen Netzwerken; klassische<br />

Medien und Kommunikationskanäle verlieren<br />

demgegenüber an Bedeutung. Auf<br />

diesen rasanten Wandel müssen sich auch<br />

die Versicherer und Krankenkassen in ihren<br />

Kommunikationsangeboten und Geschäftsprozessen<br />

einstellen. Sie tun dies<br />

im Social-Media-Bereich<br />

bereits aktiver<br />

und erfolgreicher als<br />

oft angenommen –<br />

zugleich fällt es jedoch<br />

noch schwer<br />

mit den rasanten<br />

Veränderungen im<br />

Kundenverhalten<br />

schrittzuhalten,<br />

echte Strategien<br />

zu entwickeln und<br />

eigene digitale Aktivitäten<br />

auf Markenebene wirksam zu<br />

integrieren. Dies zeigt die aktuelle Trendstudie<br />

«Mediennutzung und Kommunikation<br />

in Deutschland <strong>2016</strong>» des Marktforschungsinstituts<br />

HEUTE UND MORGEN in<br />

Kooperation mit dem Kommunikationsberater<br />

„As im Ärmel“. 2.000 Bundesbürger<br />

im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die<br />

über Internetanschluss verfügen, wurden<br />

im April <strong>2016</strong> repräsentativ zu ihrer Mediennutzung<br />

und ihrem Kommunikationsverhalten<br />

im Alltag befragt. Zugleich wurden<br />

die aktuellen Social-Media-Aktivitäten<br />

und Strategien von 210 deutschsprachigen<br />

Versicherern und Krankenkassen<br />

aus der DACH-Region differenziert nach<br />

unterschiedlichen Medienkanälen analysiert<br />

(Stand: Juni <strong>2016</strong>).<br />

Der moderne Kunde: mobil und digital<br />

vernetzt<br />

Der normale digitale Alltag verteilt sich<br />

aktuell auf zwei Stunden stationäres Surfen<br />

am PC, eine Stunde mobiles Surfen<br />

via Smartphone oder Tablet, eine Stunde<br />

E-Mails lesen und schreiben, und jeweils<br />

eine halbe Stunde Aktivität mit „Whats-<br />

App“ und in den – so genannten – „sozialen<br />

Medien“. Als besonders wirksam in<br />

der Ausbreitung der Digitalisierung im Alltag<br />

erweist sich das Smartphone:<br />

2010 nutzten dieses<br />

erst 36 Prozent der bis<br />

65-jährigen erwachsenen<br />

Bundesbürger, heute sind es<br />

über 80 Prozent.<br />

Zu den bevorzugten Aktivitäten<br />

zählen dabei das<br />

Lesen und Schreiben von<br />

„WhatsApp“-Nachrichten sowie<br />

von klassischen E-Mails,<br />

das Checken sozialer Netzwerke<br />

sowie das Lesen von<br />

News aus aller Welt. 42 Prozent nutzen ihr<br />

Smartphone nicht nur tagsüber, sondern<br />

auch noch abends im Bett vor dem Einschlafen<br />

und jeder Dritte (33%) auch bereits<br />

wieder vor dem Aufstehen. Mit dem<br />

Smartphone als „zweiter Haut“ mutieren<br />

die Deutschen zunehmend zum „Homo Digitalis“.<br />

Gewinner und Verlierer der veränderten<br />

Mediennutzung im Alltag<br />

Im Entwicklungsvergleich der letzten fünf<br />

Jahre zeigen sich bei der Mediennutzung<br />

der Bundesbürger deutliche Gewinner und<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

67


<strong>FinanzBusinessMagazin</strong> I VERSICHERUNGEN<br />

Verlierer: so hat beispielsweise die tägliche<br />

Nutzung des Messenger-Dienstes «Whats-<br />

App» seit 2010 besonders stark von 20<br />

Prozent auf aktuell über 65 Prozent zugenommen,<br />

während sich die Verwendung<br />

´normaler´ SMS-Dienste im gleichen Zeitraum<br />

mehr als halbierte (2010: 51%, <strong>2016</strong>:<br />

23%). Ebenfalls zugenommen, wenn auch<br />

weniger stark, haben die täglichen Aktivitäten<br />

auf «Facebook» (2010: 32%, <strong>2016</strong>:<br />

49%). «Twitter» und «Instagram» werden<br />

aktuell erst von sieben Prozent der erwachsenen<br />

Bundesbürger täglich genutzt.<br />

Zu den Verlieren zählt - wie zu erwarten -<br />

weiterhin das klassische TV. Insbesondere<br />

bei den jüngeren Bundesbürgern: 54 Prozent<br />

der erwachsenen Schüler, Azubis und<br />

Studenten würden - vor die Wahl gestellt<br />

– heute bereits lieber auf das klassische<br />

Fernsehen als auf «YouTube» verzichten<br />

(Bevölkerungsdurchschnitt: 19%). Generell<br />

nutzen weiterhin vier Fünftel (79%) der<br />

Bundesbürger das ´Echtzeit-TV´ (2010:<br />

84%); allerdings verbringen sie im Vergleich<br />

zu anderen Medienkanälen deutlich<br />

weniger Zeit vor dem Fernseher als früher.<br />

Die unter 40-Jährigen würden zudem mittlerweile<br />

eher auf das Telefonieren als auf<br />

das Chatten verzichten; nur bei den älteren<br />

verhält es sich umgekehrt. Zudem lassen<br />

sich unterschiedliche „digitale Typen“ ausmachen,<br />

die immer weniger vom Alter der<br />

Nutzer als von deren Medienkompetenz<br />

und Bildungsbiographie abhängen; die tradierte<br />

Unterscheidung in „Digital Natives“<br />

und „Digital Immigrants“ verwischt zunehmend<br />

- trotz weiterhin bestehender Unterschiede.<br />

„Der fortschreitende Wandel des<br />

Alltagsverhaltens in puncto Mediennutzung<br />

und Kommunikation hat für die Assekuranz<br />

erhebliche Auswirkungen auf die Erreichbarkeit<br />

und Markenwahrnehmung der<br />

Kunden und nicht zuletzt für die Gestaltung<br />

der unmittelbaren Kundenbeziehungen“,<br />

sagt Tanja Höllger, Geschäftsführerin beim<br />

Marktforscher und Unternehmensberater<br />

HEUTE UND MORGEN.<br />

„Die Potenziale des mobilen Internets und<br />

der sozialen Netzwerke im Hinblick auf<br />

Reichweiten und Nutzungskontexte ist<br />

enorm. Um diese wirksam zu nutzen und<br />

den Anschluss an den Wettbewerb nicht<br />

zu verlieren, müssen alte Denkmuster in<br />

Frage gestellt und der Spagat zwischen<br />

Strategie und nachlaufendem Aktionismus<br />

gelingen. Einfach nur irgendwie dabei zu<br />

sein, reicht nicht aus.“<br />

Assekuranz im Social-Media-Aufwind –<br />

zugleich noch deutliche<br />

Entwicklungs- und Innovationspotentiale<br />

Von den 210 im Rahmen der Studie untersuchten<br />

deutschsprachigen Versicherern<br />

und Krankenkassen verzichten aktuell lediglich<br />

16 Gesellschaften gänzlich auf den<br />

Einsatz von Social-Media-Kanälen in ihrer<br />

Marken- und Kundenkommunikation. Die<br />

in den sozialen Netzwerken aktiven 194<br />

Gesellschaften sind in 25 verschiedenen<br />

Plattformen und Diensten mit insgesamt<br />

933 Social-Media-Profilen vertreten. Die<br />

meisten Versicherer nutzen bereits durchschnittlich<br />

sechs bis acht Social-Media-<br />

Kanäle, rund jedes fünfte Unternehmen<br />

allerdings auch erst ein oder zwei. Besonders<br />

aktiv sind hier Provinzial, Allianz<br />

und Techniker Krankenkasse. Allgemein<br />

ist es für die Kunden noch schwer ein<br />

zusammenhängendes, einheitliches Bild<br />

der Social-Media-Aktivitäten der Anbieter<br />

zu gewinnen. Zugleich decken sich die<br />

Schwerpunkte der Aktivitäten der Assekuranz<br />

im Social Web nicht automatisch mit<br />

den aktuellen Nutzungsschwerpunkten<br />

der Bundesbürger: so sind bspw. 57 Prozent<br />

der Versicherungen auf „Twitter“ aktiv,<br />

während nur sieben Prozent der Deutschen<br />

den Kurznachrichtendienst täglich<br />

nutzen. Hingegen bieten nur zwei Prozent<br />

der Versicherungen „WhatsApp“ als Kommunikationskanal<br />

an, obwohl zwei Drittel<br />

(65%) der Bundesbürger diesen Messenger<br />

täglich nutzen. Zugleich erscheinen<br />

68 Ausgabe 2/<strong>2016</strong>


VERSICHERUNGEN I <strong>FinanzBusinessMagazin</strong><br />

die Social-Media-Aktivitäten häufig eher<br />

noch als „Anhängsel“ denn als Bestandteil<br />

einer integrierten digitalen Kommunikationsstrategie.<br />

„Social Web und digitaler<br />

Markenaufbau sind für die Versicherungsbranche<br />

teils immer noch Neuland“, sagt<br />

Marko Petersohn von dem auf die Assekuranz<br />

spezialisierten Kommunikationsberater<br />

„As im Ärmel“. „Die professionelle und<br />

zielgerichtete Nutzung der neuen Kommunikationskanäle<br />

nimmt aktuell allerdings<br />

deutlich zu.“<br />

Aktuelle Social-Media-Reichweiten<br />

der Assekuranz<br />

Auf „Facebook“ hat sich die Reichweite der<br />

gesamten Versicherungsbranche seit Januar<br />

2013 kontinuierlich um über 300 Prozentpunkte<br />

auf aktuell 3,5 Millionen „Fans“<br />

gesteigert. Spitzenreiter sind hier die Allianz,<br />

Zurich und Techniker Krankenkasse.<br />

Keinem Unternehmen gelingt es allerdings<br />

bisher mehr als drei Prozent seiner Kunden<br />

auf Facebook zu erreichen bzw. zu<br />

aktivieren. Die Abonnentenzahl der Versicherer-Seiten<br />

auf „Xing“ hat sich seit 2013<br />

recht kontinuierlich auf mittlerweile über<br />

170.000 entwickelt. Zahlenmäßig führen<br />

hier Ergo, R+V und Axa. Die Follower-Entwicklung<br />

auf der aufstrebenden Plattform<br />

„Instagram“ - auf der immerhin bereits<br />

37 Versicherer und Krankenkassen aktiv<br />

sind - steigerte sich in den vergangenen<br />

12 Monaten um etwa 650 Prozentpunkte.<br />

Die absolute Zahl der Follower ist mit rund<br />

33.500 Personen allerdings noch gering.<br />

Die Reichweite unterschiedlicher Versicherungskanäle<br />

auf „YouTube“ hat sich<br />

seit Anfang 2013 kontinuierlich auf aktuell<br />

über 76.000 Abonnenten entwickelt; eine<br />

absolute Steigerung von über 1.100 Prozentpunkten.<br />

Deutlicher Spitzenreiter ist<br />

hier die AOK Rheinland/Hamburg, gefolgt<br />

von der HUK 24. Während die YouTube-<br />

Abonnentenzahl absolut betrachtet noch<br />

gering ausfällt, kann die Zahl von aktuell<br />

1,58 Mio. Video-Aufrufen bei einer Steigerung<br />

von über 900 Prozent in den letzten<br />

drei Jahren bereits stärker beeindrucken.<br />

Eher noch zu verschlafen scheinen viele<br />

Versicherer hingegen den – insbesondere<br />

durch den Messenger-Dienst „Whats-<br />

App“ in der Breite ausgelösten – Eintritt<br />

in das „Messenger-Zeitalter“: Versicherer<br />

bieten ihren Kunden bisher erst selten die<br />

Möglichkeit, per „WhatsApp“ oder anderen<br />

Messenger-Diensten mit ihnen in Kontakt<br />

aufzunehmen. Gerade mit der unmittelbaren<br />

digitalen Kommunikation via Chat,<br />

Skype und Messenger zeigen sich viele<br />

Versicherer noch sehr zurückhaltend, bzw.<br />

tun sich schwer mit aktuellen Entwicklungen<br />

im Medien- und Kommunikationsverhalten<br />

Schritt zu halten.<br />

Assekuranz bei Akzeptanz der<br />

Social-Media-Aktivitäten<br />

im Branchenmittelfeld<br />

Fragt man die Bundesbürger selbst, welche<br />

Unternehmen und Branchen mit ihren<br />

Social-Media-Auftritten in den verschiedenen<br />

Kanälen am meisten geschätzt<br />

werden, ergibt sich für Versicherer und<br />

Krankenkassen ein gemischtes Bild: Viele<br />

Bundesbürger können sich beispielsweise<br />

vorstellen, mit Versicherern zu „Skypen“<br />

oder per „Messenger“ Kontakt aufzunehmen,<br />

während Aktivitäten auf „Twitter“<br />

von den Kunden nur wenig erwartet werden.<br />

Besonderes Potenzial sehen diese auf<br />

„YouTube“.<br />

Am stärksten wertschätzen die Bundesbürger<br />

Social-Media-Aktivitäten der Branchen<br />

Automobil und Konsumgüter, die Assekuranz<br />

landet im Branchenranking hier<br />

im Mittelfeld; vor Banken und Sparkassen.<br />

Wichtig zudem: unterschiedliche Social-Media-Kanäle<br />

erfordern differenzierte<br />

Strategien und müssen sich zugleich in ein<br />

übergeordnetes digitales Gesamtgerüst<br />

einfügen.<br />

Autor: www.heuteundmorgen.de<br />

Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

69


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2015/16<br />

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