Bahnsport 10/2016

19.09.2016 Aufrufe

SPEEDWAY-WM Grand Prix 7 - Gorzow/PL Jason Doyle siegte in der „Hitzeschlacht“ in Gorzow. Greg Hancock schied im Semifinale aus, führt aber die WM weiterhin an. Sein Vorsprung ist jedoch etwas kleiner geworden. Jason Doyle vor Fredrik Lindgren und Matej Zagar Vor dem GP-Rennen in Gorzow hätte man den Eindruck gewinnen können, dass Petrus die GP- Teilnehmer für das schlechte Wetter in Malilla entschädigen und ihnen in Gorzow eine tropische Hitze schenken wollte. Der erste Lauf startete bei 30 Grad und erst nach der Qualifikation wurden die Temperaturen etwas erträglicher. Es war eine echte Herausforderung für die Fahrer und ihre Technik, aber die Rennqualität litt darunter nicht im Geringsten. Jason Doyle befindet sich momentan in der sportlichen Form seines Lebens. Der Australier triumphierte in Prag und es gelang ihm auch, im Edward-Jancarz-Stadion ganz oben auf dem Podium zu stehen. „Das Känguru“ gewann den Auftaktheat, hatte nach drei Durchgängen schon 8 Punkte und schloss die Qualifikation mit 11 Zählern ab. Im ersten Semifinallauf legte Doyle einen Bombenstart hin, musste jedoch in der zweiten Runde nach einem kleinen Fahrfehler Tai Woffinden ziehen lassen. Der 30-Jährige konnte den 2. Rang halten und zog in den Endlauf ein. Das Finale musste wiederholt werden. In der Startkurve geriet Chris Holder ins Sandwich zwischen Woffinden und Bartosz Zmarzlik, konnte sich nicht mehr auf dem Motorrad halten und stürzte. Referee Jim Lawrence brach den Lauf ab und ließ alle Fahrer zum Re-run zu. In der Wiederholung lieferten sich Doyle und Woffinden ein atemberaubendes Duell und die Führung wechselte mehrmals. Als die Fahrer die letzte Runde begonnen hatten, schien es, als ob „Woffy“ die Oberhand behalten würde, doch Doyle startete in der Zielkurve eine tolle Außenattacke und hatte im Ziel die Nase vorne. „Tai war sehr schnell. Ich habe im Semifinale gegen ihn verloren. Im Finale fuhr ich praktisch die ganze Zeit außen und konnte eine hohe Geschwindigkeit erreichen, darum ist es mir gelungen, Tai in der Zielkurve zu überholen. Ich wusste von Anfang an, dass der Kampf mit Woffinden im Finale sehr schwer werden wird. Ich bin glücklich, dass ich ihn bezwingen konnte. Ich startete von der Innenbahn und hatte nichts zu verlieren“, erzählte der Triumphator nach dem Rennen. „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Ein großer Abend und ein großer Sieg für mich, denn es ist schon etwas Besonderes, in Gorzow zu gewinnen. Ich hatte Probleme mit meinem Rücken, aber ein Physiotherapeut aus Zielona Gora konnte mir helfen“, fügte Doyle hinzu. Der Australier erzielte auf der 329 Meter langen Strecke insgesamt 16 Zähler und überholte in der WM-Wertung Woffinden. Der Titelverteidiger tat sich in der Anfangsphase des Turniers ziemlich schwer. Der Engländer gewann sein erstes Rennen, aber danach kam er zweimal nur als Dritter ins Ziel. Vor den weiteren Heats konnte Woffinden seine Technik besser abstimmen und erkämpfte in den Vorläufen 10 Punkte. Insgesamt schloss der 26-Jährige die GP-Runde in Westpolen mit 15 Zählern ab. „Woffy“ ist zurzeit WM-Dritter und hat nur einen Punkt weniger auf dem Konto als Doyle. Chris Holder qualifizierte sich zum fünften Mal in dieser Saison fürs Finale und stand auch zum fünften Mal auf dem Podest. In einem packenden Fight um Rang 3 konnte der Exweltmeister Bartosz Zmarzlik bezwingen. In der Qualifikation erzielte „Crispy“ drei Siege und kam insgesamt auf 12 Punkte. Im Semifinale unterlag er zwar Zmarzlik, konnte sich jedoch im Endlauf am jungen Polen revanchieren. „Ich bin mit meiner Leistung in Gorzow zufrieden. Ich habe viele Punkte gesammelt und darum geht es ja. Das war ein gelungener Abend. Ich zeigte mich in guter Verfassung und war schnell, wodurch ich Läufe gewinnen konnte. Im Finale lagen wir zunächst eng beisammen, aber dann habe ich ziemlich viel Schmutz abbekommen. Später kämpfte ich mit Bartosz um die 3. Position. Ich freue mich, dass ich aufs Podest gekommen bin“, sagte der Australier. „In der Gesamtwertung liege ich hinter Woffinden und Doyle, aber in Polen konnte ich keinen Boden gutmachen, weil sie auch aufs Podest kamen. Es sind noch vier GP-Runden zu fahren. Ich muss diese Kontinuität beibehalten und hoffen, dass sie einen schlechteren Tag erwischen. Ich erwarte nicht, dass sie ein Rennen total vermasseln, aber auch ein etwas schlechteres Abschneiden könnte dazu führen, dass ich sie einholen kann“, spekulierte der 28-Jährige. Holder hat zurzeit 9 Zähler Rückstand auf Woffinden und ist WM-Vierter. Bartosz Zmarzlik konnte vor zwei Jahren als Wildcardfahrer in Gorzow gewinnen, aber diesmal musste sich der 21-Jährige mit dem unbeliebten 4. Platz begnügen. Der Pole hatte einen furiosen Rennanfang und nach drei Durchgängen schon 8 Punkte vorzuweisen. In Heat 14 kämpfte er mit Niels-Kristian Iversen und in der zweiten Kurve stürzte der außen fahrende Däne. Unverständlicherweise disqualifizierte Jim Lawrence den Fahrer der Gastgeber. Im Stadion konnte man Video-Aufzeichnungen von mehreren Kameras sehen und dabei feststellen, dass es zwischen den beiden Piloten keinen Kontakt gegeben hatte. Unter den polnischen Fans brach ein Sturm der Entrüstung los und sie beschimpften den Referee aufs Übelste. Zmarzlik kam in den Vorläufen auf insgesamt 11 Punkte, siegte im Semifinale, aber im Endlauf ging er vor über 16.000 Zuschauern leer aus. Nachdem das Finale nach dem Sturz von Holder unterbrochen worden war, veranlasste der junge Fahrer an seinem Motorrad eine Korrektur. „Ich bin beim ersten Start gut aus den Bändern gekommen. Danach habe ich den Motor etwas abgeschwächt, aber das war ein Fehler. Tja, wer nichts riskiert, siegt auch nicht. Ich habe daraus wieder etwas gelernt. Jetzt weiß ich, dass man so etwas nicht machen sollte“, sagte der Pole. „Im Großen und Ganzen kann ich mit dem Ergebnis zufrieden sein. Ich freue mich, dass ich ins Finale gekommen bin. Ich denke, 14 Punkte sind kein schlechtes Resultat. Ich werde weiter kämpfen, um unter den Topacht zu bleiben. Schade, dass mich der Schiedsrichter dis- 14 BAHNSPORT AKTUELL Oktober '16

qualifiziert hat. Er hat diese Entscheidung getroffen und ich muss mich damit abfinden“, fügte „Bartek“ hinzu. Er ist momentan WM-Fünfter und hat nur 2 Punkte weniger als Holder. Nicki Pedersen konnte in dieser Saison nicht richtig überzeugen, darum war seine Performance in Gorzow eine große Überraschung. Der dreifache Weltmeister fuhr in der Qualifikation wie ausgewechselt. Er kam in seinem ersten Heat hinter Zmarzlik ins Ziel, aber danach holte der Däne drei Siege. Mit 12 Zählern war der Skandinavier bester Pilot dieser Rennphase. Im ersten Semifinallauf fuhr der 39-Jährige nicht mehr so stark, wurde Letzter und konnte seine Motorräder packen. Er wurde Tagesfünfter. „Ich bin auf dem richtigen Weg, aber mir fehlen immer noch 10, 15 Prozent, um dort zu sein, wo ich sein möchte. Ich hoffe, in Teterow werde ich noch besser sein“, sagte „Power“. „Alle restlichen GP-Runden sind für mich sehr wichtig. Schlicht und ergreifend muss ich nach jedem Turnier meine Gesamtplatzierung verbessern. Dann werden wir nach dem Rennen in Melbourne sehen, wie weit ich in der Wertung gekommen bin“, so Pedersen. In dieser Saison hat es Nicki noch nicht geschafft, einen Podestrang zu erkämpfen. Zuletzt war er vor sieben Jahren in solch einer Situation. Momentan liegt der Däne im WM-Klassement an 9. Stelle und hat 5 Zähler weniger als der achtplatzierte Pawlicki. Greg Hancock triumphierte vor fünf Jahren in Gorzow und wurde in der vergangenen Saison Zweiter, aber diesmal konnte der US-Amerikaner nicht an seine Erfolge anknüpfen. Der WM- Führende fing verheißungsvoll mit einem Sieg an, aber danach folgten zwei 3. Plätze. Mit 10 Zählern erreichte der 46-Jährige zwar das Semifinale, aber in Heat 21 kam er hinter Woffinden und Doyle ins Ziel und schied aus. „Heute lief es nicht so, wie ich es gern möchte. Andererseits lief es auch nicht so schlecht, wie es hätte sein können. Ich bin mit dem Resultat zufrieden, obwohl ich weiß, dass es besser sein könnte“, philosophierte Hancock nach dem Rennen. „Wir haben mehrere Korrekturen vorgenommen, um die optimale Abstimmung zu finden. Wir suchten etwas, damit ich mich auf der Bahn komfortabel fühlen kann. Ich denke, der Motor arbeitete am Ende ganz gut. Ich brauchte nur noch einen perfekten Start, aber meine Gegner waren auch schnell“, fasste der dreifache Weltmeister zusammen. „Herbie“ erzielte in Polen 11 Zähler und führt die WM weiterhin an. Sein Vorsprung auf Doyle beträgt 7 Punkte. Nachdem sich Jaroslaw Hampel von der GP-Serie zurückgezogen hatte (siehe „People & Facts, Seite 4/5), ging Fredrik Lindgren im Jancarz- Stadion als vollberechtigter GP-Teilnehmer ins Rennen. Der Schwede zeigte eine gute und konstante Leistung. In den Vorläufen kreuzte er fünfmal als Zweiter die Ziellinie und erreichte zum dritten Mal in dieser Saison das Semifinale. In Lauf 22 war jedoch Endstation. Lindgren wurde hinter Zmarzlik und Holder Dritter und belegte letztendlich Tagesrang 7. Piotr Pawlicki hatte nach vier Durchgängen 10 Punkte auf dem Konto und war dabei, an seinen Erfolg von Malilla, wo er Dritter wurde, anzuknüpfen. In Rennen 20 stürzte der 21-Jährige jedoch ausgangs der Startkurve schwer und wurde disqualifiziert. Infolge des Sturzes spielte der Pole im Semifinale keine Rolle mehr und schied aus. Er landete auf Platz 8. Krzysztof Kasprzak fuhr in Gorzow mit der Wildcard. Der Ex-Vizeweltmeister erkämpfte in seinen ersten Läufen 7 Punkte, hatte aber in Rennen 18 viel Pech. Ungefähr zwei Sekunden bevor das Startband hochschnellte, ging der Motor aus und „KK“ blieb ohne Punkte. Seine Punkteausbeute reichte nur für Rang 9. Unter den Erwartungen fuhr Maciej Janowski. „Magic“ verzeichnete nach drei Durchgängen nur 2 Zähler und seine Chance, ins Semifinale einzuziehen, war nur noch rein theoretisch. Zu allem Übel wurde der 25-Jährige in Lauf 13 von Matej Zagar vom Motorrad geholt. Der Referee brach den Heat ab, disqualifizierte den Slowenen und sprach Janowski einen Punkt zu, ohne den Lauf neu zu starten. Da half ein Sieg in der letzten Serie nichts mehr. „Magic“ wurde lediglich Zehnter. Weiter folgten Niels-Kristian Iversen und Antonio Lindbäck. Vor allem das schwache Abschneiden des Schweden war eine große Überraschung. Der Rennanfang war für „Toninho“ alles andere als schlecht. Nach zwei Läufen hatte der 30-Jährige 4 Punkte, aber danach kam er nicht mehr über letzte Plätze hinaus. Punktgleich mit ihm waren Chris Harris und Matej Zagar, die entsprechend Rang 13 und 14 belegten. Peter Kildemand kam nur auf 3 Punkte, wobei er im letzten Durchgang das Startband gerissen hatte. Von Andreas Jonssons Leistung kann man überhaupt nichts Gutes sagen, außer dass er am Turnier teilgenommen hat. Der Schwede sammelte in Gorzow fünf Nuller und wurde Letzter. „AJ“ ist momentan WM-Vierzehnter und hat kaum noch eine reale Chance, sich im GP zu halten. • Text: Georg Dobes; Fotos: Jarek Pabijan AM RANDE Impressionen und Stimmen zum Rennen Gorzow ’16 ... ein Speedwayfest! Schon Tage zuvor war das Edward-Jancarz-Stadion mit seinen 17.000 Sitzplätzen erstmals zu einem GP-Lauf ausverkauft. Somit wurden auch erstmals wegen der großen Nachfrage noch zirka 1600 Stehplatzkarten in den Verkauf gebracht. Dennoch bekam man vor dem Stadion noch etliche Karten von den Touts (Schwarzhändlern) und Fans zu kaufen. Das Thermometer stieg – wie Tage zuvor – weit über die 30-Grad-Marke. Selbst nach dem Rennen waren es noch 27 Grad! Greg Hancock meinte dazu: „Es war ein harter Abend. Es war sehr heiß und kostete Kraft.“ Und heiß ging es auf dem bestens präparierten Oval zu. Die 329 Meter lange Bahn hatte an diesem Abend weitaus mehr Griff als tags zuvor. Buhmann war diesmal nicht Nicki Pedersen, sondern Schiedsrichter Jim Lawrence. Der Brite hatte an diesem Tag kein so gutes Händchen. Das betrifft in erster Linie den kontroversen Lauf 14, als er Localhero Bartosz Zmarzlik disqualifizierte. Der Pole ging innen an Iversen vorbei. Dabei soll es zu einer Berührung gekommen sein, durch die der Däne stürzte. Es erging ein lang anhaltender, lauter verbaler „Shitstorm“ auf den Referee nieder. Zumal man in der im Stadion gezeigten Wiederholung eigentlich keine Berührung beider Fahrer feststellen konnte. Dazu Zmarzlik: „Die Entscheidung des Referees in Lauf 14 war eine schlechte Entscheidung. Meiner Meinung nach bin ich zu unrecht disqualifiziert worden. Der 4. Platz – wie im letzten Jahr – ist schon okay. Mein ganz großes Ziel ist es, in meiner ersten Grand-Prix-Saison unter den Topacht zu bleiben.“ Die Stimmung im Stadion war enorm und kann durch keine Fernsehübertragung auf die Bildschirme übertragen werden. Auch nicht durch die sehr guten englischen BT-Sports-Kommentatoren Nigel Pearson und Kelvin Tatum. Im Finale übertrafen sich die beiden selbst. Bevor die Bänder hochschnellten, feuerte Tatum seinen Kumpel noch mit einem „C’mon, Nige“ an. Nicht wissend, dass er selbst schon nach drei Runden nur noch heiser und mit Aussetzern in der Stimme kommentieren konnte! Das erinnerte an den legendären Endlauf-Kommentar beim 2011er GP im schwedischen Malilla, als Ex-Canal+ Kommentator Piotr Olkowicz nach dem unglaublichen Hampel-Sieg vollkommen ausrastete! Das Grand Final bot exakt 62 ½ Sekunden grandiosen Speedwaysport. Nicht weniger als sechsmal überholten sich Tai Woffinden und Jason Doyle! Zmarzlik verpasste – wie schon im Vorjahr – einen Platz auf dem Treppchen. Das zumindest von den polnischen Fans erhoffte Zmarzlik-Speedway-Märchen wie 2014 blieb aus. Somit gab es ein recht ungewöhnliches, reines Commonwealth-Siegertreppchen. Solch ein Ergebnis – mit zwei Australiern und einem Engländer – gab es zuvor nur zweimal in der gesamten Grand-Prix-Historie. Und das jeweils in Schweden: 2003 in Malilla mit Ryan Sullivan (1.), Scott Nicholls (2.) und Leigh Adams (3.) und 2000 in Linköping mit Jason Crump (1.), Mark Loram (2.) und Todd Wiltshire (3.). Der kontinuierlichste Fahrer im negativen Sinne war zweifelsohne der Schwede Andreas Jonsson. Seine Null-Punkte-Performance kann man nur fassungslos zur Kenntnis nehmen. Mit nunmehr 39 Punkten trennen ihn satte 21 Punkte vom rettenden 8. Platz in der Gesamtwertung. Er wollte seine Leistung nicht weiter kommentieren. Jason Doyle ist einfach nur happy. Den deutschen Zuschauern ist er spätestens seit 2013 bekannt, als der 30-Jährige das Rennen „Master of Speedway“ gewann. Sein erfolgreichstes Jahr bislang war 2015 mit dem Gewinn der australischen Meisterschaft und der Elite League Riders Championship. Es ist sein zweiter GP- Sieg in dieser Saison. Er ist der Einzige, dem das dieses Jahr gelang. „Damit hab ich nicht gerechnet, dass ich nach diesem Rennen an 2. Stelle stehe. Ich kämpfe zwar jetzt um den WM-Titel, aber mein Ziel ist nach wie vor, mich unter den besten acht zu platzieren. Danke an mein großartiges Team, das unermüdlich für mich gearbeitet hat.“ Ganz gelassen blieb Weltmeister Tai Woffinden: „Im Finale war ich zu weit innen und bekam nicht genug Grip. Das Finale war einer der besten Heats, in denen ich gefahren bin. Und es war eines der besten Rennen, in denen ich gefahren bin. Ich kann aber nicht sagen, ob es das beste für mich war. Die Tür zum Titel steht nun für mehrere Fahrer weit offen. Alles kann noch geschehen.“ Viele Fans – und nicht nur Australier – träumen jetzt schon vom großen Showdown um den Titel im heimischen Etihad Stadion in Melbourne am 22. Oktober. • Andreas Fahldiek u. Dieter Thielking Oktober '16 BAHNSPORT AKTUELL 15

SPEEDWAY-WM<br />

Grand Prix 7 - Gorzow/PL<br />

Jason Doyle siegte in der „Hitzeschlacht“<br />

in Gorzow. Greg Hancock schied im<br />

Semifinale aus, führt aber die WM<br />

weiterhin an. Sein Vorsprung ist<br />

jedoch etwas kleiner geworden.<br />

Jason Doyle vor Fredrik Lindgren<br />

und Matej Zagar<br />

Vor dem GP-Rennen in Gorzow hätte man den<br />

Eindruck gewinnen können, dass Petrus die GP-<br />

Teilnehmer für das schlechte Wetter in Malilla<br />

entschädigen und ihnen in Gorzow eine tropische<br />

Hitze schenken wollte. Der erste Lauf startete<br />

bei 30 Grad und erst nach der Qualifikation<br />

wurden die Temperaturen etwas erträglicher.<br />

Es war eine echte Herausforderung für die Fahrer<br />

und ihre Technik, aber die Rennqualität litt<br />

darunter nicht im Geringsten.<br />

Jason Doyle befindet sich momentan in der<br />

sportlichen Form seines Lebens. Der Australier<br />

triumphierte in Prag und es gelang ihm auch, im<br />

Edward-Jancarz-Stadion ganz oben auf dem Podium<br />

zu stehen. „Das Känguru“ gewann den<br />

Auftaktheat, hatte nach drei Durchgängen<br />

schon 8 Punkte und schloss die Qualifikation<br />

mit 11 Zählern ab. Im ersten Semifinallauf legte<br />

Doyle einen Bombenstart hin, musste jedoch in<br />

der zweiten Runde nach einem kleinen Fahrfehler<br />

Tai Woffinden ziehen lassen. Der 30-Jährige<br />

konnte den 2. Rang halten und zog in den Endlauf<br />

ein. Das Finale musste wiederholt werden.<br />

In der Startkurve geriet Chris Holder ins Sandwich<br />

zwischen Woffinden und Bartosz Zmarzlik,<br />

konnte sich nicht mehr auf dem Motorrad halten<br />

und stürzte. Referee Jim Lawrence brach<br />

den Lauf ab und ließ alle Fahrer zum Re-run zu.<br />

In der Wiederholung lieferten sich Doyle und<br />

Woffinden ein atemberaubendes Duell und die<br />

Führung wechselte mehrmals. Als die Fahrer<br />

die letzte Runde begonnen hatten, schien es,<br />

als ob „Woffy“ die Oberhand behalten würde,<br />

doch Doyle startete in der Zielkurve eine tolle<br />

Außenattacke und hatte im Ziel die Nase vorne.<br />

„Tai war sehr schnell. Ich habe im Semifinale<br />

gegen ihn verloren. Im Finale fuhr ich praktisch<br />

die ganze Zeit außen und konnte eine hohe Geschwindigkeit<br />

erreichen, darum ist es mir gelungen,<br />

Tai in der Zielkurve zu überholen. Ich<br />

wusste von Anfang an, dass der Kampf mit Woffinden<br />

im Finale sehr schwer werden wird. Ich<br />

bin glücklich, dass ich ihn bezwingen konnte.<br />

Ich startete von der Innenbahn und hatte nichts<br />

zu verlieren“, erzählte der Triumphator nach<br />

dem Rennen. „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl.<br />

Ein großer Abend und ein großer Sieg für<br />

mich, denn es ist schon etwas Besonderes, in<br />

Gorzow zu gewinnen. Ich hatte Probleme mit<br />

meinem Rücken, aber ein Physiotherapeut aus<br />

Zielona Gora konnte mir helfen“, fügte Doyle<br />

hinzu. Der Australier erzielte auf der 329 Meter<br />

langen Strecke insgesamt 16 Zähler und überholte<br />

in der WM-Wertung Woffinden. Der Titelverteidiger<br />

tat sich in der Anfangsphase des<br />

Turniers ziemlich schwer. Der Engländer gewann<br />

sein erstes Rennen, aber danach kam er<br />

zweimal nur als Dritter ins Ziel. Vor den weiteren<br />

Heats konnte Woffinden seine Technik besser<br />

abstimmen und erkämpfte in den Vorläufen<br />

<strong>10</strong> Punkte. Insgesamt schloss der 26-Jährige<br />

die GP-Runde in Westpolen mit 15 Zählern ab.<br />

„Woffy“ ist zurzeit WM-Dritter und hat nur einen<br />

Punkt weniger auf dem Konto als Doyle.<br />

Chris Holder qualifizierte sich zum fünften Mal<br />

in dieser Saison fürs Finale und stand auch zum<br />

fünften Mal auf dem Podest. In einem packenden<br />

Fight um Rang 3 konnte der Exweltmeister<br />

Bartosz Zmarzlik bezwingen. In der Qualifikation<br />

erzielte „Crispy“ drei Siege und kam insgesamt<br />

auf 12 Punkte. Im Semifinale unterlag er<br />

zwar Zmarzlik, konnte sich jedoch im Endlauf<br />

am jungen Polen revanchieren. „Ich bin mit<br />

meiner Leistung in Gorzow zufrieden. Ich habe<br />

viele Punkte gesammelt und darum geht es ja.<br />

Das war ein gelungener Abend. Ich zeigte mich<br />

in guter Verfassung und war schnell, wodurch<br />

ich Läufe gewinnen konnte. Im Finale lagen wir<br />

zunächst eng beisammen, aber dann habe ich<br />

ziemlich viel Schmutz abbekommen. Später<br />

kämpfte ich mit Bartosz um die 3. Position. Ich<br />

freue mich, dass ich aufs Podest gekommen<br />

bin“, sagte der Australier. „In der Gesamtwertung<br />

liege ich hinter Woffinden und Doyle, aber<br />

in Polen konnte ich keinen Boden gutmachen,<br />

weil sie auch aufs Podest kamen. Es sind noch<br />

vier GP-Runden zu fahren. Ich muss diese Kontinuität<br />

beibehalten und hoffen, dass sie einen<br />

schlechteren Tag erwischen. Ich erwarte nicht,<br />

dass sie ein Rennen total vermasseln, aber<br />

auch ein etwas schlechteres Abschneiden<br />

könnte dazu führen, dass ich sie einholen<br />

kann“, spekulierte der 28-Jährige. Holder hat<br />

zurzeit 9 Zähler Rückstand auf Woffinden und<br />

ist WM-Vierter.<br />

Bartosz Zmarzlik konnte vor zwei Jahren als<br />

Wildcardfahrer in Gorzow gewinnen, aber diesmal<br />

musste sich der 21-Jährige mit dem unbeliebten<br />

4. Platz begnügen. Der Pole hatte einen<br />

furiosen Rennanfang und nach drei Durchgängen<br />

schon 8 Punkte vorzuweisen. In Heat 14<br />

kämpfte er mit Niels-Kristian Iversen und in der<br />

zweiten Kurve stürzte der außen fahrende Däne.<br />

Unverständlicherweise disqualifizierte Jim<br />

Lawrence den Fahrer der Gastgeber. Im Stadion<br />

konnte man Video-Aufzeichnungen von mehreren<br />

Kameras sehen und dabei feststellen, dass<br />

es zwischen den beiden Piloten keinen Kontakt<br />

gegeben hatte. Unter den polnischen Fans<br />

brach ein Sturm der Entrüstung los und sie beschimpften<br />

den Referee aufs Übelste. Zmarzlik<br />

kam in den Vorläufen auf insgesamt 11 Punkte,<br />

siegte im Semifinale, aber im Endlauf ging er<br />

vor über 16.000 Zuschauern leer aus. Nachdem<br />

das Finale nach dem Sturz von Holder unterbrochen<br />

worden war, veranlasste der junge Fahrer<br />

an seinem Motorrad eine Korrektur. „Ich bin<br />

beim ersten Start gut aus den Bändern gekommen.<br />

Danach habe ich den Motor etwas abgeschwächt,<br />

aber das war ein Fehler. Tja, wer<br />

nichts riskiert, siegt auch nicht. Ich habe daraus<br />

wieder etwas gelernt. Jetzt weiß ich, dass<br />

man so etwas nicht machen sollte“, sagte der<br />

Pole. „Im Großen und Ganzen kann ich mit dem<br />

Ergebnis zufrieden sein. Ich freue mich, dass<br />

ich ins Finale gekommen bin. Ich denke, 14<br />

Punkte sind kein schlechtes Resultat. Ich werde<br />

weiter kämpfen, um unter den Topacht zu bleiben.<br />

Schade, dass mich der Schiedsrichter dis-<br />

14 BAHNSPORT AKTUELL Oktober '16

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