EPD-Dokumenation_TTIP
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2 37/2016 epd-Dokumentation<br />
• Freihandelsabkommen<br />
und christliche<br />
Ethik<br />
Über <strong>TTIP</strong>, CETA und das weniger<br />
bekannte TiSA, ein weltweites<br />
Abkommen über den Handel<br />
mit Dienstleistungen, wird seit<br />
Jahren verhandelt. Sowohl die<br />
Freihandelsabkommen selbst als<br />
auch die Art der Verhandlungsführung<br />
sind politisch äußerst<br />
umstritten und stoßen auf vielfältige<br />
zivilgesellschaftliche Kritik.<br />
Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt<br />
(KDA) im Evangelischen<br />
Verband Kirche Wirtschaft<br />
Arbeitswelt (KWA) legt mit dieser<br />
Ausgabe von epd-Dokumentation<br />
bereits die zweite Stellungnahme<br />
zu Freihandelsabkommen<br />
vor.<br />
»Wichtig ist uns, <strong>TTIP</strong> und die<br />
anderen geplanten Abkommen in<br />
einem größeren sozioökonomischen<br />
Kontext zu diskutieren und<br />
dabei interdisziplinär vorzugehen,<br />
um das Geschehen möglichst<br />
in seiner Ganzheit zu erfassen«,<br />
schreiben die Autoren in<br />
ihrem Vorwort. Und weiter: »Die<br />
sozioökonomischen Probleme<br />
der gegenwärtigen Globalisierung<br />
haben nicht erst seit der Finanzund<br />
Wirtschaftskrise epochalen<br />
Charakter: hohe Arbeitslosigkeit<br />
und Unterbeschäftigung im internationalen<br />
Maßstab; die z.T.<br />
drastische Zunahme sozialer und<br />
ökonomischer Ungleichheit zwischen<br />
dem reichen Norden und<br />
dem schwach entwickelten Süden,<br />
aber auch innerhalb der<br />
wohlhabenden und armen Staaten<br />
selbst; die mittlerweile sichtbar<br />
werdenden negativen Effekte<br />
einer Wirtschafts- und Konsumweise,<br />
die unsere Umwelt als<br />
Grundlage aller menschlichen<br />
Reproduktion fundamental bedroht;<br />
die wachsenden globalen<br />
Migrationsbewegungen, die nicht<br />
nur humanitäre Katastrophen<br />
produzieren, sondern auch hohe<br />
volkswirtschaftliche Kosten für<br />
die abgebenden wie die aufnehmenden<br />
Länder. (. . .) Während<br />
die Befürworter eines forcierten<br />
Freihandels langfristige Prosperität<br />
und durch verstärkten internationalen<br />
Wettbewerb induzierte<br />
Innovationsschübe und sinkende<br />
Produktionskosten erwarten,<br />
gibt es bei den Kritikern die<br />
Befürchtung, dass unter Regie<br />
der großen transnationalen Konzerne<br />
die neoliberale Globalisierung<br />
mit ihrer Agenda der Liberalisierung,<br />
Privatisierung und<br />
Deregulierung ihre dauerhafte<br />
Fortsetzung findet. Vor dem Hintergrund<br />
bestehender Erfahrungen<br />
wird vermutet, dass unter<br />
dem Druck dieser Globalisierung<br />
weitere Sozial-, Öko-, Verbraucher-<br />
und Arbeitsstandards abgesenkt<br />
werden. (. . .) Unser Herangehen<br />
ist normativ geprägt, d.<br />
h., wir betrachten ‚Wirtschaft‘<br />
aus der Sicht des Sein-Sollens,<br />
also mit ethischen Werturteilen,<br />
die wir dem System Wirtschaft<br />
als Subsystem der Gesellschaft<br />
zuschreiben. Dabei orientieren<br />
wir uns am christlichen Glauben,<br />
der den Menschen in seinem Tun<br />
und Lassen in Freiheit und Verantwortlichkeit<br />
vor Gott sieht,<br />
und an einer humanistischen und<br />
ethischen Haltung, die die Grenzen<br />
der individuellen Freiheit<br />
dort sieht, wo die gesamtgesellschaftlichen<br />
Interessen und die<br />
natürlichen Lebensgrundlagen<br />
negativ beeinflusst werden. Wirtschaftliches<br />
Handeln ist aus unserer<br />
Sicht kein Selbstzweck und<br />
schon gar nicht letzter Zweck des<br />
menschlichen Daseins. Es dient<br />
durch die Bereitstellung von Gütern<br />
und Dienstleistungen grundsätzlich<br />
der Überwindung von<br />
Knappheiten und der Befriedigung<br />
menschlicher existenzieller<br />
und entwicklungsbezogener Bedürfnisse.<br />
(…) Einsichten der<br />
christlichen Anthropologie und<br />
ökonomischer Theorietraditionen<br />
jenseits des derzeitigen Mainstreams<br />
gilt es auch im Feld des<br />
Ökonomischen zu stärken, durch<br />
eine Handelspolitik, die sensibel<br />
ist für die ökologischen Herausforderungen<br />
sowie die sozialen<br />
und ökonomischen Ungleichgewichte<br />
und die soziale Gerechtigkeit<br />
und kooperatives, faires<br />
Handeln fördert.«<br />
Quelle:<br />
Freihandelsabkommen <strong>TTIP</strong>, CETA, TiSA – warum wir eine andere Globalisierung für<br />
alle Menschen brauchen<br />
Eine Stellungnahme des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) im Evangelischen Verband Kirche Wirtschaft Arbeitswelt<br />
(KWA), September 2016