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3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

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64 Nicht jammern, sondern<br />

klagen! Lesben <strong>und</strong> Schwule<br />

<strong>und</strong> das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz:Informationen<br />

<strong>und</strong> Erfahrungen (Dezember<br />

2007): Landeskoordination<br />

Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben<br />

<strong>und</strong> Schwule in <strong>NRW</strong>. Unsichtbar!?<br />

Häusliche Gewalt von<br />

Lesben, Schwulen <strong>und</strong> Transgender<br />

(2009): Interdisziplinärer<br />

Fachtag der Landeskoordination<br />

Anti-Gewalt-Arbeit für<br />

Lesben <strong>und</strong> Schwule in <strong>NRW</strong>.<br />

65 HIV- <strong>und</strong> AIDS-Beratung,<br />

Coming-out-Gruppen, psychosoziale<br />

Beratung, Paarberatung<br />

für Lesben.<br />

66 Siehe auch Ohms, Constance;<br />

Müller, Karin (2001):<br />

Gut aufgehoben? Zur psychosozialen<br />

Versorgung lesbischer<br />

<strong>Frauen</strong> mit Gewalt- <strong>und</strong>/oder<br />

Diskriminierungserfahrungen.<br />

Frankfurt a.M., S. 14–17.<br />

88<br />

<strong>3.</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> soziale Praxis: Perspektiven auf sexuelle <strong>und</strong> geschlechtliche Vielfalt<br />

ist in den Jahren 2008 <strong>und</strong> 2009 ein starker (Wieder-)Anstieg der dokumentierten Fälle zu diesen<br />

Themen zu beobachten. In diesen Jahren veröffentlichte die Landeskoordination eine Broschüre zum<br />

jeweiligen Thema, die landesweit versandt <strong>und</strong> durch Öffentlichkeitsarbeit begleitet wurde. 64 Seit<br />

2006 rückläufig (von 29 % auf 19 % der dokumentierten Fälle) ist das Thema „Gewalt im öffentlichen<br />

Raum“.<br />

2004 ist es zwar gelungen, die Erhebung von Gewalterfahrungen von Lesben neu zu etablieren.<br />

Der Anteil der dokumentierten Gewalterfahrungen von Lesben beträgt aber konstant zwischen einem<br />

Viertel <strong>und</strong> einem Drittel der Gesamtmenge der dokumentierten Fälle.<br />

Insgesamt auffällig ist die Tatsache, dass die Quantität der erhobenen Daten stark schwankt. Seit<br />

zwei Jahren ist die Anzahl der dokumentierten Beratungsfälle rückläufig, obwohl die Zahl der an der<br />

Datenerhebung beteiligten Einrichtungen seit Beginn der Erhebung ständig gestiegen ist.<br />

Dies wirft die Frage auf, was die Datenerhebung der Landeskoordination eigentlich genau abbildet.<br />

Leistet sie tatsächlich einen Beitrag zur Erhellung des Dunkelfeldes oder bildet sie die strukturellen<br />

Rahmenbedingungen ab, denen sowohl die Beratungsangebote als auch die Datenerfassung unterworfen<br />

sind? Anhand dreier Thesen möchte ich diese Frage konkretisieren <strong>und</strong> Vorschläge dafür machen,<br />

wie Forschung sowohl in die Exploration als auch in die Lösung der zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />

Problemstellungen eingeb<strong>und</strong>en werden kann.<br />

These 1:<br />

Die Datenerhebung bildet ab, inwieweit die Beratungsangebote von Betroffenen genutzt werden.<br />

Weniger als ein Drittel der am <strong>Netzwerk</strong> beteiligten Beratungsstellen dokumentiert regelmäßig Diskriminierungs-<br />

<strong>und</strong> Gewaltfälle. Ein Teil der Beratungsstellen begründet dies mit mangelnden personellen<br />

Ressourcen, ein anderer damit, keine oder nur sehr wenige Diskriminierungs- <strong>und</strong> Gewaltfälle<br />

in der Beratung zu haben.<br />

Zum einen betrifft dies Beratungsstellen, die mit einem allgemeinen oder spezifischen Beratungsangebot65<br />

zwar regelmäßig die Zielgruppe der Lesben <strong>und</strong>/oder Schwulen erreichen, aber offensichtlich<br />

von dieser nicht in ihrer Beratungskompetenz bei Diskriminierung <strong>und</strong> Gewalt wahrgenommen werden.<br />

Zum anderen werden die <strong>Frauen</strong>beratungsstellen als Expert_innen für das Thema (häusliche <strong>und</strong><br />

sexualisierte) Gewalt überwiegend nicht von lesbischen <strong>Frauen</strong> als Ansprechpartner_innen für diesen<br />

Themenbereich aufgefasst.<br />

Eine These ist, dass nur die Einrichtungen regelmäßig in ihrer Praxis mit Gewalterfahrungen von<br />

LSBT* zu tun haben, die sich sowohl auf die Beratung dieser Zielgruppe als auch auf mindestens<br />

einen der Themenbereiche Diskriminierung/Gewalt oder häusliche Gewalt spezialisiert haben. Elemente<br />

einer solchen Spezialisierung können sein, dass mindestens eine Person des Teams regelmäßig Betroffene<br />

von Diskriminierung <strong>und</strong> Gewalt berät <strong>und</strong> sich in diesen Themen fortbildet <strong>und</strong> vernetzt.<br />

Außerdem muss das Beratungsangebot für gewaltbetroffene LSBT* in allen Aspekten der Öffentlichkeitsarbeit<br />

regelmäßig kommuniziert werden. 66<br />

An dieser Stelle sehe ich eine Vielzahl von Forschungsansätzen:<br />

• Welche Angebote benötigen gewaltbetroffene LSBT* in <strong>NRW</strong>?<br />

• Welche Faktoren sind förderlich, welche hinderlich für den Zugang zu Beratungsangeboten<br />

bei Diskriminierung <strong>und</strong> Gewalt?<br />

• Welche Standards sind sinnvoll <strong>und</strong> wie sieht ein Modell der guten Praxis aus?<br />

These 2:<br />

Es gibt einen Zusammenhang zwischen den personellen Ressourcen, die für die Beratung von<br />

Diskriminierungs- <strong>und</strong> Gewaltopfern zur Verfügung stehen <strong>und</strong> der Anzahl der dokumentierten<br />

Fälle.<br />

Auffällig an der Dokumentation der Landeskoordination ist die mangelnde Kontinuität in der Datenmenge,<br />

die sich auch innerhalb der jährlichen Fallzahlen einzelner Beratungsstellen wiederfindet.<br />

Diese mangelnde Kontinuität spiegelt sich meiner Beobachtung nach in den personellen Ressourcen,<br />

die den Einrichtungen für die Beratung von LSBT*-Opfern zur Verfügung stehen.<br />

Bestimmt werden diese dadurch, dass es keine finanzielle Förderung einer spezialisierten Anti-<br />

Gewalt-Beratung in <strong>NRW</strong> für LSBT* gibt. In vielen Einrichtungen steht das Thema Diskriminierung/Gewalt<br />

gegenüber LSBT* in Konkurrenz mit einer Vielzahl von anderen Themen, die dem Förderschwerpunkt<br />

der Beratungsstellen (stärker) entsprechen.

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