3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW
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<strong>3.</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> soziale Praxis: Perspektiven auf sexuelle <strong>und</strong> geschlechtliche Vielfalt<br />
Thorn, Petra; Hermann-Green, Lisa (2009): Die Geschichte unserer Familie. Mörfelden: famART.<br />
[3-6 Jahre]<br />
Willhoite, Michael (1994): Papas Fre<strong>und</strong>. Köln: Jackwerth. [3-6 Jahre]<br />
Zehender, Dirk (2008): So lebe ich... <strong>und</strong> wie lebst Du? Hanstedt: Mardi. [ab 4 Jahre]<br />
Zehender, Dirk (2011): Inga <strong>und</strong> der verschw<strong>und</strong>ene Wurm. Hanstedt: Mardi. [ab 4 Jahre]<br />
<strong>3.</strong>3 Erfahrungen mit Gewalt <strong>und</strong> Mehrfachdiskriminierung von<br />
lesbischen/bisexuellen <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Trans* – Erste Ergebnisse der Studie<br />
LesMigraS<br />
Die Studie „Gewalt <strong>und</strong> Mehrfachdiskriminierungserfahrungen von lesbischen, bisexuellen <strong>Frauen</strong><br />
<strong>und</strong> Trans*Menschen in Deutschland“ untersucht die Situation von lesbischen/bisexuellen <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong><br />
Trans*Menschen im Zusammenhang von Gewalt- <strong>und</strong> Diskriminierung sowie die Intersektion von Erfahrungen<br />
entlang verschiedener Linien gesellschaftlicher Ein- <strong>und</strong> Ausschlüsse 58 . Darüber hinaus sollen<br />
die Daten dazu genutzt werden, Empfehlungen für spezifische Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsangebote<br />
zu formulieren. Die Auswertung, Analyse <strong>und</strong> Dokumentation der Studiendaten, die im Rahmen<br />
der LesMigraS-Kampagne erhoben wurden, finden seit Beginn 2012 in Zusammenarbeit mit der<br />
Alice-Salomon-Hochschule Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. María do Mar Castro Varela statt.<br />
Die Projektleitung liegt bei der Lesbenberatung Berlin e.V. – unter der Leitung von Saideh Saadat-<br />
Lendle/LesMigraS. Die hier dargestellten ersten Ergebnisse stammen aus der Auswertung einer Print<strong>und</strong><br />
Online-Fragebogenerhebung, die zwischen August <strong>und</strong> November 2010 durchgeführt wurde. Insgesamt<br />
wurden 2.143 Fragebögen ausgewertet.<br />
Die Untersuchung kann nicht nur die im politischen Diskurs oft infrage gestellte(n) Diskriminierungsrealität(en)<br />
von Menschen mit non-normativen sexuellen Lebensweisen nachweisen, sondern<br />
gewährt auch einen differenzierten Einblick in Formen, Ausmaß, Folgen <strong>und</strong> Ursachen der erlebten<br />
Gewalt <strong>und</strong> Diskriminierung.<br />
Interessant ist, dass obgleich sich 83,9 % der Befragten als „Frau“ bezeichnen, nur 58,8 % angeben,<br />
„weiblich“ zu sein. Dies beweist die in der Theorie viel diskutierte Unterscheidung zwischen<br />
„sex“ <strong>und</strong> „gender“, aber auch die Differenz zwischen „Identität“ <strong>und</strong> „(Lebens-)Praxen“. Die sehr<br />
vielfältigen <strong>und</strong> differenzierten Antworten auf die offene Frage nach Zugehörigkeit <strong>und</strong> Selbstbezeichnung<br />
weist auf eine hoch reflektierte Teilnehmer_innengruppe hin, ist aber auch ein Indiz für das Erodieren<br />
<strong>und</strong>/oder die Zurückweisung klarer Zugehörigkeiten. Viele stellten Kategorisierungen generell<br />
infrage, wie Kommentare zu einzelnen Items des Fragebogens belegen (Bsp.: „pfeif ich drauf“; „eine<br />
solche Definition nehme ich nicht vor“ etc.).<br />
Die Studie zeigt, dass insbesondere der Arbeits- <strong>und</strong> Bildungsbereich auf Abweichung von normativen<br />
Gendervorstellungen mit Diskriminierung(en) <strong>und</strong> auch Formen von Sexismus zu reagieren<br />
scheint. Es kann hier von einer hohen Diskriminierungsbelastung gesprochen werden – insbesondere<br />
wenn berücksichtigt wird, dass Ausbildung <strong>und</strong> Beruf die Bereiche sind, an denen viele Menschen<br />
die meiste Zeit ihres Tages verbringen. Etwa ein Drittel der Befragten gibt an, mindestens einmal am<br />
Arbeitsplatz gemobbt worden zu sein. Weiterhin äußern 72,6 %, dass ihre Leistungen im Bildungsbereich<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer Lebensweise vergleichsweise schlechter bewertet wurden. Eine überwältigende<br />
Mehrheit von 96,9 % hält es daher für notwendig, dass im Bildungsbereich mehr über vielfältige sexuelle<br />
Orientierungen/Lebensweisen aufgeklärt wird.<br />
Als weitere Diskriminierungsgründe wurden vor allem die „scheinbare Nichtübereinstimmung<br />
der Art einer Person (Kleidung, Gestik etc.) mit der gesellschaftlichen Vorstellung der ‚Geschlechterrolle‘<br />
<strong>und</strong> das ‚Frausein‘“ angegeben. Bezüglich der Diskriminierungserfahrungen im Bereich Ämter <strong>und</strong><br />
Behörden sowie Ges<strong>und</strong>heitswesen merken mehr als ein Viertel der Teilnehmenden an, dass sich ihre<br />
lesbische oder bisexuelle Lebensweise negativ auf ihre Chancen auswirkt, von der Polizei geschützt<br />
zu werden. Des Weiteren haben etwa 20 % respektlose Behandlung durch medizinisches Fachpersonal<br />
erfahren. Etwa 9 % aller Befragten haben außerdem den Fragebereich ausgefüllt, der sich explizit an<br />
Trans*Menschen richtete. Insgesamt 63 % von ihnen geben an, dass es sehr belastend ist, dass ihr<br />
Trans*Sein als „psychische Störung“ gilt. Mehr als die Hälfte sagen aus, dass das amtliche Verfahren<br />
zur Geschlechtsangleichung sie so sehr beansprucht, dass ihr Lebensalltag darunter leidet.<br />
58 Diese Zusammenfassung<br />
wurde von Kim Alina Siekierski<br />
erstellt (auf Basis der Informationen<br />
vom 14.06.2012). Weitere<br />
Informationen zur Studie<br />
siehe Website von LesMigraS:<br />
http://lesmigras.de/kampagne_<br />
mehrfachdiskriminierung.html<br />
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