3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW
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Grußwort<br />
Lebensentwürfe sind individuell <strong>und</strong> höchst unterschiedlich. Gemeinsam ist allen: Wie ich leben will<br />
<strong>und</strong> wen ich liebe, das ist <strong>und</strong> bleibt eine persönliche Entscheidung. In der Vielfalt der Lebensentwürfe<br />
steckt eine Bereicherung für unsere Gesellschaft <strong>und</strong> unser kulturelles Zusammenleben. Dafür müssen<br />
wir werben. Aufklären gegen Vorurteile. Entschieden vorgehen gegen Diskriminierungen. Sei es in<br />
Schulen, am Arbeitsplatz, im Sportverein, in persönlichen Gesprächen <strong>und</strong> Begegnungen, überall sind<br />
wir als Zivilgesellschaft aufgefordert, Vorurteile <strong>und</strong> Ressentiments abzubauen.<br />
Um gesellschaftlichen Ausgrenzungstendenzen frühzeitig <strong>und</strong> wirkungsvoll begegnen zu können,<br />
müssen wir die unterschiedlichen Lebenslagen, Bedürfnisse <strong>und</strong> Wünsche der Menschen kennen. Die<br />
auf der Fachtagung „anders <strong>und</strong> gleich in <strong>NRW</strong>“ vorgestellten aktuellen Forschungsergebnisse über<br />
die Lebenslagen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen <strong>und</strong> Intersexuellen<br />
(LSBTTI) zeigen die Lücken auf. Dazu gehören insbesondere Erkenntnisdefizite zu den Lebenslagen<br />
von Jugendlichen <strong>und</strong> Regenbogenfamilien. Aber auch zu Transgender <strong>und</strong> Intersexualität <strong>und</strong> vor<br />
allem aus einer mehrdimensionalen Perspektive, wie z. B. sexueller Identität <strong>und</strong> Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong>/oder Behinderung, gibt es noch Forschungsbedarf.<br />
Darüber hinaus bestätigen die Forschungen den praktischen Handlungsbedarf, den es aufgr<strong>und</strong><br />
bestehender Vorurteile in der Bevölkerung gibt. R<strong>und</strong> ein Fünftel der Befragten neigt zu homophoben<br />
Einstellungen. Bemerkenswert ist, dass seit 2002 insgesamt zwar ein leichter Rückgang von Homophobie<br />
in der Bevölkerung zu verzeichnen ist, insbesondere bei den über 50-Jährigen, nicht aber in<br />
der Gruppe der jungen Menschen zwischen 16 <strong>und</strong> 21 Jahren. Bei ihnen gibt es sogar einen leichten<br />
Anstieg.<br />
Die Situation von Transsexuellen in Nordrhein-Westfalen veranschaulicht eine aktuelle Studie des<br />
LSVD. Gesellschaftliche Ausgrenzung <strong>und</strong> entgegengebrachtes Unverständnis haben bei vielen Befragten<br />
zu Selbstmordgedanken <strong>und</strong> Selbstmordversuchen geführt. Gleichzeitig bestätigen alle, dass<br />
sie den Weg der Transition wieder gehen würden. Sie wollen ihre eigene Identität offen leben.<br />
Besonders problematisch ist die noch immer geübte Praxis, intersexuell geborene Kinder frühzeitig<br />
geschlechtsangleichend zu operieren. Wird ein Kind ohne Not durch einen nicht mehr rückgängig zu<br />
machenden operativen Eingriff körperlich einem Geschlecht zugeordnet, mit dem es sich nicht identifizieren<br />
kann, bedeutet dies lebenslanges Leid. Hier muss nach Wegen gesucht werden, wie diesen<br />
gravierenden Menschenrechtsverletzungen entgegengewirkt werden kann. Dazu gehört auch eine<br />
offene Debatte darüber, ob angesichts der vorliegenden Erkenntnisse eine starre Festlegung auf zwei<br />
Geschlechterkategorien geeignet ist, um der Vielfalt des Lebens gerecht zu werden.<br />
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen versteht Antidiskriminierungspolitik, rechtliche Gleichstellung<br />
<strong>und</strong> Wertschätzung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen <strong>und</strong> Intersexuellen<br />
<strong>und</strong> deren Selbsthilfe als zentrale Aufgaben. Der Koalitionsvertrag der Landesregierung<br />
für die 16. Legislaturperiode bekräftigt dieses umfassende Vorhaben. Sukzessive werden wir nun beginnen,<br />
den in der Vorbereitung befindlichen „<strong>NRW</strong>-Aktionsplan für Gleichstellung <strong>und</strong> Akzeptanz<br />
sexueller <strong>und</strong> geschlechtlicher Vielfalt – gegen Homo- <strong>und</strong> Transphobie“ umzusetzen. Als Emanzipationsministerin<br />
werde ich mich diesen Vorhaben mit großer Aufmerksamkeit widmen.<br />
Mit der nun vorliegenden Dokumentation ist eine wichtige Gr<strong>und</strong>lage geschaffen, um aktuelle<br />
Erkenntnisse über die Lebenslagen von sexuellen Minderheiten allen Interessierten zugänglich zu machen<br />
<strong>und</strong> auf dieser Basis weiter zu arbeiten.<br />
Barbara Steffens<br />
Ministerin für Ges<strong>und</strong>heit, Emanzipation,<br />
Pflege <strong>und</strong> Alter des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
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