08.12.2012 Aufrufe

3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

62<br />

2. Interdisziplinäre Fachtagung „anders <strong>und</strong> gleich in <strong>NRW</strong>“ – Überblick <strong>und</strong> Ergebnisse<br />

sellschaftliche Relevanz entfalten <strong>und</strong> handlungsleitend für die Gestaltung von Maßnahmen der Opferhilfe<br />

oder Prävention werden.<br />

Als zentrale Forderungen der Arbeitsgruppe ließen sich anführen: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung für Lehrer_innen<br />

sowie die Implementierung der Themenfelder um „queere“ Lebensentwürfe in den Unterricht.<br />

Ferner wurden die beachtlichen Forschungslücken im Bereich der Arbeitswelt von Menschen mit<br />

LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong> kritisiert (z. B. konkrete Diskriminierungen; kirchliche Arbeitgeber). Nicht zuletzt<br />

müssten die Gewalt- <strong>und</strong> Diskriminierungserfahrungen von trans*- <strong>und</strong> inter*-Menschen spezifiziert<br />

werden, um eine fallgerechte Vernetzung von Beratungsstellen sowie die Fortbildung der<br />

Berater_innen zu ermöglichen. Damit einher müsse die Enttabuisierung von Gewalt gegenüber LSBTTI<br />

auf breiter gesellschaftlicher Ebene gehen.<br />

Arbeitsgruppe „Regenbogenfamilien“ – Gleiche Pflichten, ungleiche Rechte<br />

In der Arbeitsgruppe „Regenbogenfamilien“ (Moderation: Michaela Herbertz-Floßdorf, Mediatorin in<br />

Düsseldorf) wurde sich auf empirischer <strong>und</strong> theoretischer Ebene dem Phänomen gleichgeschlechtlicher<br />

Paare bzw. Familienkonstellationen mit Kind/ern angenähert. Diese oft als „Regenbogenfamilien“<br />

(ein bis zwei Eltern) oder „Queerfamily“ (bei Mehrelternschaft) bezeichneten Konstellationen sind<br />

zwar im juristischen Diskurs relativ anerkannt, in verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereichen aber<br />

immer noch Diskriminierungen ausgesetzt.<br />

So hob Dipl.-Psych. Dominic Frohn (Lehrbeauftragter, Hochschule Fresenius Köln, vgl. Kapitel <strong>3.</strong>2)<br />

neben der mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz eine strukturelle Benachteiligung der Regenbogenfamilien<br />

hervor (eingetragene Lebenspartnerschaft anstatt Ehe, Stiefkindadoption als inadäquates<br />

Konstrukt, keine Fremdkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare, keine juristische Abbildung von<br />

Mehrelternschaft). Regenbogenfamilien müssten dabei als ein interdisziplinäres Thema aufgefasst<br />

werden, das viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens berühre. Von alltäglichen Diskriminierungen<br />

in Ämtern <strong>und</strong> Behörden, Kindergärten, Schulen sowie in Beruf <strong>und</strong> Freizeit bis hin zu komplizierten<br />

Fragen nach biologischer oder rechtlicher Kindeswunschrealisierung – die Vielzahl der möglichen Familienformen<br />

scheine mit der Vielzahl der Benachteiligungen zu konkurrieren. Frohn stellte zudem<br />

heraus, dass zwar aktuellen Studien zufolge mehrheitlich <strong>Frauen</strong> diese Familienform pflegen. Dennoch<br />

stelle ein Leben mit Kind/ern auch für Männer einen wünschenswerten Lebensentwurf dar, wenngleich<br />

unter anderen <strong>und</strong> zum Teil erschwerten Bedingungen (z. B. Kinderwunsch).<br />

Dipl.-Soz.-Päd. Stefan Meschig (Beratung <strong>und</strong> konzeptionelle Leitung RUBICON, Köln) unterstrich<br />

in seinem Statement den großen Bedarf an Beratung, Information <strong>und</strong> Unterstützung zum Thema Regenbogenfamilie<br />

bzw. Queerfamily. Eine Vielzahl der Anfragen sei psychosozialer <strong>und</strong> pädagogischer<br />

Natur; zudem werden rechtliche Aspekte nachgefragt (Verpartnerung <strong>und</strong> Realisierung des Kinderwunsches).<br />

Es fehle an einer neutralen Vermittlung <strong>und</strong> Beratung durch das Jugendamt sowie entsprechenden<br />

juristischen Gr<strong>und</strong>lagen. Meschig verwies außerdem auf das Desiderat einer Beratung<br />

speziell für Kinder aus dieser Familienform: Die vielschichtigen Diskriminierungserfahrungen <strong>und</strong> gemischten<br />

Konstellationen (schwule Väter, lesbische Mütter etc.) würden die Notwendigkeit einer gezielten<br />

Kinderwunsch- <strong>und</strong> Familienberatung belegen.<br />

Neben jenen zentralen Forderungen, die im Zusammenhang mit der Studie „Wir sind Eltern!“<br />

(Frohn/Herbertz-Floßdorf/Wirth 2011) erhoben <strong>und</strong> im Rahmen der Arbeitsgruppe erneut als wichtige<br />

Desiderate ausgezeichnet wurden, wurde das Modell der „bürgerlichen Kleinfamilie“ diskutiert. Viele<br />

Teilnehmer_innen verwiesen auf Spannungen zwischen emanzipatorischem Lebensentwurf <strong>und</strong> konservativer<br />

Familienstruktur, die entweder eine Etablierung neuerer Familienformen (Regenbogenfamilien,<br />

Queerfamilies) erschweren oder selbst wiederum zu Ausschlussmechanismen innerhalb der<br />

LSBTTI-Community führen würden – letzteres insbesondere durch die Setzung eines „normalen“ Konzepts<br />

des Zusammenlebens, im Lichte dessen die meisten Wahlverwandtschaftsentwürfe als Normabweichung<br />

markiert werden würden. Phänomene wie transsexuelle oder Mehr-Elternschaft seien<br />

zudem bislang nur unzureichend erforscht. Auch die Perspektive der psychosozialen Entwicklung von<br />

Kindern aus gleichgeschlechtlichen Elternkonstellationen bedürfe der weiteren wissenschaftlichen<br />

Auseinandersetzung – insbesondere, da es sich um eine expansive Familienform handle.<br />

Arbeitsgruppe „Trans* <strong>und</strong> Intersex“ – Entpathologisierung <strong>und</strong> Menschenrechte<br />

Wesentlich gr<strong>und</strong>legendere Aspekte im Zusammenhang mit Respekt <strong>und</strong> Anerkennung wurden in der<br />

Arbeitsgruppe zu „Trans* <strong>und</strong> Intersex“ (Moderation: Deborah Reinert, Rechtsanwältin aus Köln) dis-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!