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3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

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2. Interdisziplinäre Fachtagung „anders <strong>und</strong> gleich in <strong>NRW</strong>“ – Überblick <strong>und</strong> Ergebnisse<br />

Eine ausdrücklich intersektionale Perspektive forderte die Dipl.-Psych. Saideh Saadat-Lendle (LesMigraS,<br />

Berlin, vgl. Kapitel <strong>3.</strong>3) ein. Mit Verweis auf eine laufende Studie zu den Mehrfachdiskriminierungserfahrungen<br />

von lesbischen, bisexuellen <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> trans*-Menschen hob sie die ursächliche<br />

Rolle des Faktors „Gewalt“ für die prekären Lebenslagen hervor. Oft, so Saadat-Lendle weiter, werde<br />

die gewalttätige Gr<strong>und</strong>einstellung der Gesellschaft gegen Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong> als ein<br />

Thema unter vielen betrachtet. Demgegenüber plädierte sie für eine vorgelagerte Thematisierung <strong>und</strong><br />

Untersuchung der Gewalterfahrungen seitens Wissenschaft <strong>und</strong> sozialer Praxis. Gleichzeitig liege hier<br />

eins der dringendsten Handlungsfelder für die politischen Entscheidungsträger_innen, so Saadat-<br />

Lendle.<br />

Literaturbericht zum Forschungsstand „Queer in <strong>NRW</strong>. Forschungsstand zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur“<br />

Als Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt des Fachtages fungierte der Literaturbericht „Queer in <strong>NRW</strong>. Forschungsstand<br />

zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur“ (vgl. Kapitel 1) von Prof. Dr. Ilse Lenz, Prof. Dr. Katja Sabisch<br />

<strong>und</strong> Marcel Wrzesinski. Neben der Konkretisierung der Lebenslagen von Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong><br />

innerhalb bestimmter sozialer Felder/Kategorien (wie Familie, Bildung, Alter, Ges<strong>und</strong>heit, Arbeit,<br />

Kultur, Sport, Migration <strong>und</strong> Behinderung) oder spezifischer Problemlagen (wie Diskriminierung<br />

<strong>und</strong> Gewalt), benannte Marcel Wrzesinski in seinem Übersichtsvortrag zudem zentrale Forschungsdesiderate.<br />

Die eklatanten Forschungslücken, die im Rahmen des Literaturberichts zu Tage kamen, erlauben<br />

zudem eine weitergehende Spezifizierung des Forschungsprogramms: (1) Erforschung <strong>und</strong><br />

Konturierung der tatsächlichen Vielfalt sexueller <strong>und</strong> geschlechtlicher Lebensentwürfe; (2) intersektionale<br />

Perspektiven auf die alltäglichen Ausschluss- <strong>und</strong> Abwertungsmechanismen; (3) dezidierte Erfassung<br />

der Lebenswelten junger Menschen, insbesondere im Kontext kulturellen <strong>und</strong> medialen<br />

Wandels; sowie (4) gr<strong>und</strong>sätzliche qualitative/quantitative Arbeiten zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />

von trans*- bzw. inter*-Menschen. Diese Punkte, so Wrzesinski abschließend, würden die zentralen<br />

Aufgaben <strong>und</strong> Herausforderungen für Wissenschaft, Politik <strong>und</strong> soziale Praxis markieren.<br />

Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur – Eine Annäherung in Arbeitsgruppen<br />

Der programmatischen Idee der Verknüpfung verschiedener gesellschaftlicher Akteur_innen folgend,<br />

wurde am Nachmittag in Arbeitsgruppen über die Themen „Gewalt <strong>und</strong> Diskriminierung“, „Regenbogenfamilien“,<br />

„Trans* <strong>und</strong> Intersex“ <strong>und</strong> „LSBTTI aus intersektionaler Sicht“ diskutiert. In zwei<br />

aufeinanderfolgenden Sitzungen zu je 90 Minuten fand ein reger <strong>und</strong> ausführlicher Austausch der<br />

Teilnehmer_innen aus Wissenschaft, Politik <strong>und</strong> sozialer Praxis statt. Nach einem kurzen Diskussionsimpuls<br />

zu Beginn jeder Einheit durch eine_n geladene_n Referent_in wurden, mit Blick auf die Forschungslücken,<br />

Leitlinien <strong>und</strong> Perspektiven für die weitergehende Arbeit zusammengestellt.<br />

Arbeitsgruppe „Gewalt <strong>und</strong> Diskriminierung“ – Plädoyer für informierte Hilfe zur begleiteten<br />

Selbsthilfe<br />

Die Arbeitsgruppe „Gewalt <strong>und</strong> Diskriminierung“ (Moderation: Dipl.-Soz.-Päd. Merit Kummer, anyway-Jugendzentrum<br />

Köln) beschäftigte sich mit Abwertungs- <strong>und</strong> Abschlussmechanismen im Zusammenhang<br />

von Homo- <strong>und</strong> Transphobie sowie deren vielfältigen Erscheinungsformen. Beiden Formen<br />

gemein ist die zwangsweise Durchsetzung einer heteronormativen bzw. zweigeschlechtlichen Gesellschaftsordnung.<br />

Prof. Dr. Beate Küpper verwies in ihrem Eingangsstatement auf die zwar rückläufigen, aber immer<br />

noch verbreiteten Stereotypisierungen in dieser Hinsicht. Konkret würden diese von abfälligen Äußerungen<br />

über den Verlust des Arbeitsplatzes bis hin zu körperlicher <strong>und</strong> sexueller Gewalt reichen. Handlungs-<br />

<strong>und</strong> Forschungsbedarf bestehe vor allem im Jugendbereich, konkrete Einstellungsmuster<br />

müssten erfasst werden, zumal die homo- <strong>und</strong> transphoben Ansichten gesamtgesellschaftlich zu<br />

wenig Beachtung finden würden.<br />

Aus vor allem praktischer Perspektive hob Dipl.-Soz.-Päd. Almut Dietrich (Landeskoordinatorin<br />

der Anti-Gewalt-Arbeit für Schwule <strong>und</strong> Lesben in <strong>NRW</strong>, vgl. Kapitel <strong>3.</strong>5) in ihrem Beitrag die Relevanz<br />

des Themas hervor: Besonders die Einstellungsforschung liefere hierzu wichtige Erkenntnisse <strong>und</strong> Impulse.<br />

Weiterhin sei es jedoch nötig, etwaige Forschung zu aktualisieren <strong>und</strong> zu initiieren, die die spezifischen<br />

Gewalt- <strong>und</strong> Diskriminierungserfahrungen präzise benennt <strong>und</strong> bespricht. Aus Sicht der<br />

Beratungspraxis wäre zudem wünschenswert, dass die bereits vorhandenen Studien eine größere ge-<br />

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