3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW
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2. Interdisziplinäre Fachtagung „anders <strong>und</strong> gleich in <strong>NRW</strong>“ – Überblick <strong>und</strong> Ergebnisse<br />
INTERDISZIPLINÄRE FACHTAGUNG „ANDERS UND GLEICH IN<br />
<strong>NRW</strong>“ – ÜBERBLICK UND ERGEBNISSE<br />
Ilse Lenz, Katja Sabisch, Marcel Wrzesinski<br />
2.1 Verlauf <strong>und</strong> Diskussionen – ein Tagungsbericht<br />
Gr<strong>und</strong>lage der interdisziplinären Fachtagung „anders <strong>und</strong> gleich in <strong>NRW</strong>. Gleichstellung <strong>und</strong> Akzeptanz<br />
sexueller <strong>und</strong> geschlechtlicher Vielfalt“ war die erstmalige Aufarbeitung des Forschungsstandes<br />
zu den Lebenslagen von Menschen mit lesbischem, schwulem, bisexuellem, transsexuellem, transgender<br />
<strong>und</strong> intersexuellem Hintergr<strong>und</strong> (LSBTTI) in <strong>NRW</strong>. Die Organisator_innen Prof. Dr. Ilse Lenz,<br />
Prof. Dr. Katja Sabisch <strong>und</strong> Marcel Wrzesinski konzipierten die Veranstaltung dabei als Dialog von<br />
Wissenschaft, Politik <strong>und</strong> sozialer Praxis. Programmatisch sollten so im Rahmen von Fachvorträgen,<br />
einer Podiumsdiskussion zur Forschungslage sowie einschlägigen Arbeitsgruppensitzungen Leitlinien<br />
<strong>und</strong> Ziele zukünftiger Forschung <strong>und</strong> sozialpolitischen Handelns erarbeitet werden. Dem zugr<strong>und</strong>e<br />
lag die Annahme, dass sich die mehrdimensionale <strong>und</strong> hochkomplexe Lebenswelt von Menschen mit<br />
LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong> über das soziologische Lebenslagenkonzept beschreiben lässt.<br />
Frau Ministerin Barbara Steffens (Ministerium für Ges<strong>und</strong>heit, Emanzipation, Pflege <strong>und</strong> Alter des<br />
Landes <strong>NRW</strong>) <strong>und</strong> Frau Prorektorin Prof. Dr. Uta Wilkens (Prorektorat für Lehre, Weiterbildung <strong>und</strong><br />
Medien der Ruhr-Universität Bochum) sprachen die Grußworte der Tagung. Beide betonten einerseits<br />
die dringend nötige, dezidierte Beschäftigung mit dem Thema durch Akteur_innen aus Wissenschaft,<br />
Politik <strong>und</strong> sozialer Praxis; andererseits verwiesen sie auf das Potential einer interdisziplinären wie<br />
auch intersektionalen Aufarbeitung der Lebenslagen von Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong>. Ein erster<br />
Beleg der politischen Handlungsbereitschaft ist die Kampagne „anders <strong>und</strong> gleich in <strong>NRW</strong>. Nur Respekt<br />
Wirkt“ (gefördert durch das Land <strong>NRW</strong>), die auf der Tagung am 10. Mai 2012 erstmals öffentlich<br />
in Erscheinung trat.<br />
Eröffnungsvortrag „Anders <strong>und</strong> gleich? Chancen <strong>und</strong> Probleme sexualpolitischer Kategorien“<br />
Prof. Dr. Ilse Lenz (Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Sozialwissenschaft) eröffnete die Fachtagung<br />
mit einem einführenden Vortrag über die Chancen <strong>und</strong> Probleme sexualpolitischer Kategorien. Von<br />
einer gr<strong>und</strong>sätzlich dialogischen Warte aus kritisierte Lenz die Identitätskonstruktion: Was als Identität<br />
behauptet würde, sei performativ hergestellt. So hätten Diskurse eine symbolische Macht, denn jedes<br />
Sprechen beschreibe nicht nur die Wirklichkeit, sondern konstituiere sie zugleich. Ebenso würden identitätsbildende<br />
Verfahren Einschlüsse <strong>und</strong> Ausschlüsse im Feld der Macht <strong>und</strong> Konkurrenz produzieren.<br />
Anerkannte sexualpolitische Kategorien wie „schwul“ oder „lesbisch“ könnten daher zur Exklusion<br />
<strong>und</strong> Abwertung anderer Lebensentwürfe führen. Sie würden ähnlich wie heteronormative Tendenzen<br />
wirken, die fest in das F<strong>und</strong>ament der modernen Geschlechterordnung eingebaut seien. Die gesellschaftlichen<br />
Veränderungen – von einer neopatriarchalen über eine differenzbegründete hin zu einer<br />
flexibilisierten Geschlechterordnung – brächten in der Folge eine Wandlung der Machtdiskurse <strong>und</strong><br />
sexualpolitischen Kategorien mit sich, so Lenz weiter. Der Ort des Kampfes um Anerkennung <strong>und</strong><br />
Gleichheit von LSBTTI finde heute in der Mitte der Gesellschaft statt. Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong><br />
seien dabei als offene Spektren mit flexiblen, vielfältigen Identitäten zu fassen. Gleichzeitig seien sie<br />
von rechtlicher Ungleichheit, fehlender Anerkennung als Personen/Gruppen <strong>und</strong> der Ausgrenzung hinsichtlich<br />
einer Beziehungsform jenseits der Heteronormativität betroffen. Dennoch würden in jüngster<br />
Zeit Stimmen laut, die wesentlich für gleichstellungspolitische Handlungsträger_innen seien. Diesen<br />
Stimmen müsse nun angemessene Beachtung geschenkt werden.<br />
Podium „Forschungsstand <strong>und</strong> -perspektiven: LSBTTI in <strong>NRW</strong>“<br />
Die anschließende Podiumsdiskussion war der aktuellen Forschungslage <strong>und</strong> -diskussion gewidmet.<br />
Die Moderatorin, Prof. Dr. Konstanze Plett (Universität Bremen, Fachbereich Rechtswissenschaft), eröffnete<br />
das Podium mit dem Hinweis auf die Virulenz des Themas in der Wissenschaftslandschaft.<br />
Zudem verwies sie auf die enge Verknüpfung von Recht <strong>und</strong> Geschlecht, hier mit ausdrücklichem Hinweis<br />
auf die Belange von Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong>. Speziell trans*- <strong>und</strong> inter*-Personen<br />
seien nach wie vor in unzumutbarer Weise von rechtlicher Benachteiligung betroffen.<br />
2.<br />
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