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3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

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MENSCHEN MIT TRANS*-HINTERGRUND<br />

Rechtliche Situation<br />

Wenn schon bei homo- <strong>und</strong> bisexuellen Menschen rechtliche <strong>und</strong> gesellschaftliche Diskriminierung<br />

festzustellen ist, muss die rechtliche Situation von trans*-Personen als noch problematischer angesehen<br />

werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich wären die im Transsexuellengesetz bestehende Verquickung von Recht<br />

<strong>und</strong> Medizin <strong>und</strong> die damit einhergehende Pathologisierung zu kritisieren. Allerdings sind Verbesserungen<br />

zu erwarten, da die weitreichenden rechtlichen Voraussetzungen für ein Leben in einem anderen<br />

Geschlecht als dem laut Geburtseintrag vorgesehenen jüngst in Frage gestellt wurden: Das<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht erachtete die diesbezüglich erforderliche andauernde Fortpflanzungsunfähigkeit<br />

sowie die zwingende operative Angleichung aufgr<strong>und</strong> des hoch invasiven Charakters unter<br />

gegebenen Umständen als mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung unvereinbar. Außerdem<br />

wurde die bis 2009 gültige Ehelosigkeitsforderung im Transsexuellengesetz aufgehoben. Die rechtliche<br />

Stellung von trans*-Personen bleibt aber weiterhin prekär, solange die zweigeschlechtliche Strukturierung<br />

zum Beispiel des Personenstands erhalten bleibt. Alternative geschlechtliche Eintragungsmöglichkeiten<br />

(„anderes“) oder der vollständige Verzicht des Geschlechtseintrags sind hier zu diskutieren.<br />

Lebenslagen unzureichend erforscht<br />

Insgesamt sind die Lebenslagen von trans*-Personen völlig unzureichend erforscht. Es liegen gegenwärtig<br />

keine quantitativen Daten zur Diskriminierung von trans*-Personen in Deutschland vor. Internationale<br />

Studien zeigen jedoch, dass Transphobie vor allem im (Arbeits-)Alltag eine große Rolle spielt<br />

<strong>und</strong> trans*-Personen mehr als doppelt so oft Opfer von Gewalttaten werden wie der Durchschnitt<br />

der Bevölkerung. Zudem bestehen deutliche Diskrepanzen zwischen den Qualifikationen der Befragten<br />

<strong>und</strong> deren Einkommen. Diesbezüglich wird eine trans*-inklusive Einstellungspolitik gefordert, die<br />

durch gezielte Diversity- <strong>und</strong> Antidiskriminierungsmaßnahmen begleitet wird. Aufklärungs- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

wird vor allem für Behörden, Betriebe <strong>und</strong> Organisationen, inkl. der (Betriebs-)<br />

Ärzt_innen empfohlen.<br />

Trans* entpathologisieren<br />

Die Entpathologisierung von Transgeschlechtlichkeit ist als eine zentrale politische Forderung hervorzuheben.<br />

Indem trans*-spezifische Lagen nicht mehr als psychische Störung klassifiziert, sondern sie<br />

diagnostisch ernstgenommen werden oder die Behandlung von trans*-Menschen auf individuelle Bedürfnisse<br />

abgestimmt wird, kann einer Medikalisierung von geschlechtlicher Vielfalt entgegengewirkt<br />

werden.<br />

Vielfältiger Forschungsbedarf<br />

Aus einer wissenschaftlichen Perspektive sind vielfältige Forschungsdesiderate auszumachen. Außer<br />

einer Studie des LSVD (2012) fehlen bislang gr<strong>und</strong>legende Arbeiten zu Lebenslagen, die vor allem<br />

die Dimensionen von Arbeit, Relationalität <strong>und</strong> Anerkennung berücksichtigen sollten. Weiterhin mangelt<br />

es an Wissen über das Ausmaß (quantitative Studien) <strong>und</strong> die Formen (qualitative Studien) von<br />

transphoben Diskriminierungen.<br />

MENSCHEN MIT INTER*-HINTERGRUND<br />

1. QUEER in <strong>NRW</strong> – Forschungsstand zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche juristische Anerkennung einfordern<br />

Die heteronormative <strong>und</strong> geschlechterdichotome Konstruktion der Rechtsordnung macht es nötig,<br />

zunächst die gr<strong>und</strong>legende juristische Anerkennung von inter*-Menschen <strong>und</strong> deren Lebenssituation<br />

einzufordern. Vorschläge reichen von dem Verbot geschlechtszuweisender Operationen bei Kleinkindern<br />

über die Verlängerung von Verjährungsfristen bei verursachtem Leid bis hin zur Einführung eines<br />

erweiterten Geschlechtsverständnisses im Sinne des Personenstands.<br />

Lebenslagen nahezu unbekannt<br />

Über die Lebenslagen von inter*-Menschen ist kaum etwas bekannt. Erste Anhaltspunkte liefert die<br />

Studie des Deutschen Ethikrats (2012). Diese prekäre Forschungslage ist u. a. darauf zurückzuführen,<br />

dass die Emanzipationsbewegung von inter*-Menschen noch relativ jung ist <strong>und</strong> die Wissenschaft<br />

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