3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW
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walt-Arbeit für Lesben <strong>und</strong> Schwule in <strong>NRW</strong> 2010). Zentral ist zum einen der Wunsch nach Rahmenbedingungen,<br />
die es den Lehrer_innen ermöglichen, Maßnahmen gegen Homo- bzw. Transphobie in<br />
den Schulalltag zu integrieren bzw. unterschiedliche Formen der sexuellen Orientierung, Partnerschaft<br />
<strong>und</strong> Familienformen mit Schüler_innen zu besprechen. Zum anderen wird die strukturelle Verankerung<br />
jener Maßnahmen in der Lehrer_innenausbildung, im Lehrplan als auch im Schulmaterial gefordert<br />
(Landeskoordination Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben <strong>und</strong> Schwule in <strong>NRW</strong> 2010; Jugendnetzwerk<br />
Lambda/Schwules <strong>Netzwerk</strong> <strong>NRW</strong> e.V. 2005). Des Weiteren wird empfohlen, sich stärker mit Migration<br />
im Kontext von Homosexualität auseinanderzusetzen (Jugendwerk Lambda/Schwules <strong>Netzwerk</strong> <strong>NRW</strong><br />
e.V. 2005).<br />
Es existiert eine Vielzahl von Vorschlägen, die eine sensible <strong>und</strong> angemessene Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema Homosexualität <strong>und</strong>/oder trans* in der Schule konkretisieren (Ebenfeld 2010;<br />
Fuge/Gerber/Martin et al. 2008; Belling/Bolter/Dankmeijer 2004); einen Überblick über internationale<br />
pädagogische Ansätze <strong>und</strong> Diskurse liefern van Dijk/van Driel (2008).<br />
ALTER, PFLEGE UND GESUNDHEIT<br />
1. QUEER in <strong>NRW</strong> – Forschungsstand zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />
Die ges<strong>und</strong>heitliche Situation von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*- <strong>und</strong> inter*-Menschen<br />
muss differenziert betrachtet werden. Die empirischen Studien befassen sich zumeist mit einer bestimmten<br />
Gruppe, wobei es einige wenige Untersuchungen zur Ges<strong>und</strong>heit von homosexuellen <strong>Frauen</strong><br />
<strong>und</strong> Männern gibt.<br />
Psychische Probleme lesbischer <strong>Frauen</strong><br />
Studien, die die ges<strong>und</strong>heitliche Situation von lesbischen <strong>Frauen</strong> betrachten, beziehen sich hauptsächlich<br />
auf die psychische Ges<strong>und</strong>heit (Geisler 2011; Dennert 2004; Wolf 2003; Frossard 2000). Lesbische<br />
<strong>Frauen</strong> zeigen hiernach eine signifikant größere psychische Belastung auf Symptomebene als<br />
heterosexuelle <strong>Frauen</strong>. Ferner weisen lesbische <strong>Frauen</strong> höhere Werte bei Somatisierung auf (Kopf<strong>und</strong><br />
Kreuzschmerzen, Übelkeit bei Belastungssituationen), Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressivität,<br />
Ängstlichkeit, Schlaf- <strong>und</strong> Essprobleme (Geisler 2011). Allgemeine Risikofaktoren für lesbische <strong>Frauen</strong><br />
in Bezug auf psychische Belastungen formieren sich um die Begriffe Selbstwert, Selbstwirksamkeit,<br />
Selbstverbalisation, Hoffnung/Hoffnungslosigkeit, Coping, soziale Unterstützung, negative kognitive<br />
Einstellungen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>haltungen, feminine Geschlechtsrolle, borderline Persönlichkeitsakzentuierung,<br />
impulsive-explosive <strong>und</strong> narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung. Als spezielle Risikofaktoren<br />
werden Gewalt- <strong>und</strong> Diskriminierungserfahrungen aufgr<strong>und</strong> der sexuellen Orientierung <strong>und</strong> internalisierte<br />
Homophobie genannt. Je weniger soziale Unterstützung lesbische <strong>Frauen</strong> erhalten, desto mehr<br />
psychische Belastungen treten bei ihnen auf.<br />
Sozialisation <strong>und</strong> Coming-Out als gesonderte Risikophasen<br />
Lesbische, schwule, bisexuelle, trans*- <strong>und</strong> inter*-Jugendliche sind in ihrem Sozialisationsprozess mit<br />
Belastungen <strong>und</strong> mangelnden Ressourcen konfrontiert, was sich negativ auf ihre Ges<strong>und</strong>heit auswirkt.<br />
Soziale Ausgrenzung, Isolation <strong>und</strong> eine höhere Suizidrate sind die Folgen der insgesamt schlechteren<br />
Lebenslage (Ryser 2005).<br />
Der Coming-Out-Prozess wird als besonderes Risiko für die Entstehung psychischer Belastungen<br />
gesehen (Biechele 2009). Lesbische Mädchen <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> schwule Jugendliche müssen sich im<br />
Coming-Out-Prozess mit zahlreichen Widerständen wie strukturell verankerter Gewalt <strong>und</strong> Diskriminierung<br />
auseinandersetzen (Biechele 2001; Wolf 2003). Auch Fiedler beschreibt in dem Sammelband<br />
„Anders ver-rückt?! Lesben <strong>und</strong> Schwule in der Psychiatrie“ vermehrte psychische Probleme <strong>und</strong> Störungen<br />
wie Ängste, Panikstörungen, Schlaflosigkeit, Depressionen <strong>und</strong> Suizidneigungen beim Coming-Out-Prozess<br />
(Biechele/Hammelstein/Heinrich 2006).<br />
Lesbische <strong>Frauen</strong> in Deutschland sind in der medizinischen Versorgung verschiedenen Formen<br />
von diskriminierendem <strong>und</strong> abwertendem Verhalten durch die Ärzt_innenschaft ausgesetzt (Dennert<br />
2004). Es wird deutlich, dass lesbische <strong>Frauen</strong> im Ges<strong>und</strong>heitssystem nach wie vor auf weitverbreitete<br />
Vorurteile stoßen <strong>und</strong> dementsprechend oft keine fachgerechte Versorgung erfahren (Biechele 2006).<br />
Wichtig ist, wie sich das Coming Out <strong>und</strong> das offene homosexuelle Leben auf die Ges<strong>und</strong>heitssituation<br />
auswirkt. Verdeckt lebende lesbische <strong>Frauen</strong> haben ihr psychisches Wohlbefinden als signifikant<br />
schlechter eingeschätzt als offen lebende homosexuelle <strong>Frauen</strong>. Die Teilnahme an Vorsorge-<br />
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