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3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

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1. QUEER in <strong>NRW</strong> – Forschungsstand zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />

Deutschland sind Schüler_innen, die eine allgemeinbildende Schule besuchen, häufiger von Diskriminierungen<br />

<strong>und</strong> Gewalt betroffen. Der Anteil der Bedrohungen lag beim Gymnasium höher als an<br />

den Haupt- <strong>und</strong> Realschulen, an denen ein höherer Anteil von physischer Gewalt auszumachen ist<br />

(Bodo 2008; Maneo 2007). Insgesamt haben 61 % der Befragten Gewalt erfahren <strong>und</strong> nur knapp<br />

die Hälfte der Betroffenen konnte auf Unterstützung von Mitschüler_innen <strong>und</strong> Lehrpersonal zählen.<br />

Über die Hälfte (57 %) sind der Meinung, dass es besser sei, sich nicht in der Schule zu outen (Bodo<br />

2008; Maneo 2007).<br />

Erhebliche Unterschiede in der pubertären Phase<br />

Auf Gr<strong>und</strong>lage einer Fragebogenerhebung aus dem Jahr 2001 kommt Biechele unter anderem zu<br />

dem Ergebnis, dass sich die Pubertät von männlichen homosexuellen Jugendlichen erheblich von der<br />

heterosexueller Jugendlicher unterscheidet. Sie haben die erste feste Partnerschaft im Schnitt mit<br />

19,3 Jahren, während das durchschnittliche Alter bei männlichen heterosexuellen Jugendlichen bei<br />

16,8 Jahren liegt. Psychosoziale Probleme finden sich überwiegend in den Bereichen Liebe, Sexualität<br />

<strong>und</strong> soziale Beziehungen: Über ein Viertel der Befragten nahm bereits psychologische Hilfe in Anspruch.<br />

8,2 % der Befragten hatten bereits einen oder mehrere Suizidversuche unternommen (Biechele<br />

2001). Nach einer Studie der Senatsverwaltung in Berlin haben 18 % der befragten homosexuellen<br />

Personen bereits einen oder mehrere Suizidversuche hinter sich; 56 % der Befragten gaben an, über<br />

Selbstmord schon mal nachgedacht zu haben (Lähnemann 2001). Neue Studien liegen zu diesem Bereich<br />

lediglich mit internationaler Ausrichtung vor. Auf die zum Teil abweichenden Zahlen in Bezug auf Suizidrisiko<br />

bzw. -versuche verweist Christian Leu in einer ausführlichen Metaanalyse (vgl. Leu 2008).<br />

Stärkere psychische Belastung jugendlicher/junger lesbischer <strong>Frauen</strong><br />

Die psychische Situation von jugendlichen/jungen lesbischen <strong>Frauen</strong> zeigt, dass sie stärkeren psychischen<br />

Belastungen ausgesetzt sind <strong>und</strong> weniger soziale Unterstützung erfahren als ältere lesbische<br />

<strong>Frauen</strong> (Geisler 2011). Lesbische Jugendliche sind mit mehr stressvollen Aspekten konfrontiert als<br />

ihre heterosexuellen Altersgenoss_innen. Stressvolle Aspekte bei lesbischen Jugendlichen sind der<br />

Coming-Out-Prozess, Angst vor Ablehnung durch Familie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e, Gewalt- <strong>und</strong> Diskriminierungserfahrungen<br />

aufgr<strong>und</strong> der sexuellen Orientierung <strong>und</strong> eine stigmatisierte Identität (Geisler 2011). Ein<br />

Problem von lesbischen <strong>Frauen</strong> ist der häufigere Konsum von Alkohol, der vor allem bei jüngeren lesbischen<br />

<strong>Frauen</strong> zu beobachten ist (Dennert 2004). Dies wird auch durch internationale Studien bestätigt.<br />

Kaum Lebenslagenforschung zu trans*- <strong>und</strong> inter*-Jugendlichen<br />

Zu trans*- <strong>und</strong> inter*-Jugendlichen, teils auch für junge Lesben, liegen kaum Untersuchungen vor.<br />

Die „Studie zur Lebenssituation von Transsexuellen in Nordrhein-Westfalen“ stellt für den Bereich<br />

„Schule, Ausbildung <strong>und</strong> Arbeitswelt“ fest, dass es vor allem die fehlende Kompetenz der Lehrer_innen<br />

oder Vorgesetzen ist, welche die Probleme während der Transition verschärfen kann (LSVD 2012).<br />

Zentrale Handlungsempfehlungen<br />

Handlungsempfehlungen betreffen vor allem Verbesserungen der sozialen <strong>und</strong> rechtlichen Bedingungen<br />

von Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong> in Deutschland, da diese wiederum Einfluss auf die Situation<br />

von Regenbogenfamilien im Kontext „Schule“ haben. Solange Regenbogenfamilien in<br />

Schulbüchern, Curricula <strong>und</strong> auch in den Vorstellungen von Lehrpersonal fehlen, sind Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

aus Regenbogenfamilien im schulischen Kontext potenzielle Adressat_innen von Diskriminierungen<br />

(Streib-Brzi /Quadflieg 2011). An dieser Stelle wird eine Erweiterung der Ausbildungs-,<br />

Fortbildungs- <strong>und</strong> Unterrichtscurricula gefordert, sodass ein offener Umgang mit Familienformen <strong>und</strong><br />

Verwandtschaft gefördert wird (Streib-Brzi /Quadflieg 2011).<br />

Homophobie frühzeitig erkennen<br />

Außerdem wird Homophobie in Schulen oftmals erst thematisiert, wenn es zu Diskriminierungserfahrungen<br />

<strong>und</strong> Gewalt gekommen ist. Aus Angst vor Ausgrenzung verbergen viele homosexuelle<br />

Schüler_innen <strong>und</strong> Lehrende häufig ihre sexuelle Orientierung. Aber auch heterosexuelle Lehrkräfte<br />

befürchten negative Reaktionen aus ihrem beruflichen Umfeld, wenn sie sich für die Anerkennung<br />

<strong>und</strong> Gleichstellung von sexueller <strong>und</strong> geschlechtlicher Vielfalt einsetzen (Landeskoordination Anti-Ge-

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