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3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

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44 Das 2008 gestartete Beziehungs-<br />

<strong>und</strong> Familienpanel<br />

pairfam („Panel Analysis of<br />

Inti- mate Relationships and<br />

Family Dynamics“) ist eine<br />

multidisziplinäre Längsschnittstudie<br />

der TU Chemnitz, Universität<br />

Bremen <strong>und</strong> LMU<br />

München zur Erforschung der<br />

partnerschaftlichen <strong>und</strong> familialen<br />

Lebensformen in<br />

Deutschland. Die jährlich erhobenen<br />

Befragungsdaten von<br />

über 12.000 b<strong>und</strong>esweit zufällig<br />

ausgewählten Personen der<br />

Geburtsjahrgänge 1971-73,<br />

1981-83 <strong>und</strong> 1991-93 sowie<br />

von deren Partner_innen,<br />

Eltern <strong>und</strong> Kindern bieten ein<br />

weltweit einmaliges Analysepotenzial<br />

bezüglich der Entwicklung<br />

von Partnerschafts<strong>und</strong><br />

Generationenbeziehungen<br />

in unterschiedlichen Lebensphasen.<br />

Der inhaltliche Fokus<br />

ist auf die vielschichtigen Prozesse<br />

der Partnerschaftsentwicklung<br />

<strong>und</strong> -gestaltung, der<br />

Familiengründung <strong>und</strong> -erweiterung,<br />

des Erziehungsverhaltens,<br />

der kindlichen Entwicklung<br />

<strong>und</strong> der intergenerationalen<br />

Beziehungen gerichtet. Das<br />

Frageprogramm von pairfam<br />

deckt darüber hinaus eine Vielzahl<br />

von Aspekten aus anderen<br />

Lebensbereichen ab.<br />

45 Schmauch (2007) untersucht<br />

in diesem Zusammenhang<br />

die Verwendung des<br />

Begriffs „Homosexualität“ als<br />

Schimpfwort.<br />

46 Es wurden 22 Kinder <strong>und</strong><br />

Jugendliche zwischen 8 <strong>und</strong> 20<br />

Jahren, die in einer Regenbogenfamilie<br />

aufgewachsen sind,<br />

interviewt; darüber hinaus<br />

wurden 29 Eltern oder Bezugspersonen,<br />

die mit Kindern in<br />

einem Haushalt leben <strong>und</strong> sich<br />

als lesbisch, schwul, bisexuell,<br />

transgender, queer oder homosexuell<br />

bezeichnen, befragt.<br />

28<br />

1. QUEER in <strong>NRW</strong> – Forschungsstand zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />

schung zwei Vorgehensweisen an: Zum einen sollte eine Sek<strong>und</strong>äranalyse der pairfam-Daten 44 vorgenommen<br />

werden, um die sozioökonomische Vielfalt von Regenbogenfamilien in <strong>NRW</strong> abbilden zu<br />

können; zum anderen bieten sich kontrastierende Fallstudien von Regenbogenfamilien in unterschiedlichen<br />

Schichten <strong>und</strong>/oder Migrationsmilieus an, um die individuelle Vielfalt sexualpolitischer Kategorien<br />

empirisch untermauern zu können.<br />

JUGEND UND SCHULE<br />

Schule ist eine zentrale gesellschaftliche Institution, in der Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen sowohl Wissen<br />

wie auch soziale Kompetenzen vermittelt werden. Lernen findet hier auch informell <strong>und</strong> außerhalb<br />

des Unterrichts in der Peer-Group statt. Somit ist die Schule ein Ort, an dem gesellschaftliche Werte<br />

<strong>und</strong> Normvorstellungen eingeübt werden (Streib-Brzi /Quadflieg 2011). Wie sich Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

in diesem Umfeld fühlen, kann Einfluss auf ihren schulischen als auch beruflichen Werdegang<br />

haben (Rupp 2009). Diesbezüglich ist es besorgniserregend, dass in vielen Schulen ein Klima herrscht,<br />

welches von Vorurteilen, Angst <strong>und</strong> einer feindlichen Haltung gegenüber Homosexualität geprägt ist<br />

(Landeskoordination Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben <strong>und</strong> Schwule in <strong>NRW</strong> 2010; Timmermanns 2003). 45<br />

Kinder von Regenbogenfamilien in der Schule<br />

In einer aktuellen Vergleichsstudie wurden die Erfahrungen von Kindern aus Regenbogenfamilien in<br />

Deutschland, Slowenien <strong>und</strong> Schweden analysiert. Für Deutschland kann festgehalten werden, dass<br />

an Schulen die Vorstellung von heterosexuell strukturierten Lebens- <strong>und</strong> Familienformen sowie konventionelle<br />

Zuschreibungen von Geschlecht dominieren. 46 Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus Regenbogenfamilien<br />

nehmen ihre Familienstruktur allerdings als „normal“ <strong>und</strong> alltäglich wahr. Darüber hinaus<br />

zeigen einige einen offensiven Umgang mit ihrem Familienhintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> machen eine positive<br />

Identifizierung mit dem „Besonderen“ ihrer Familie kenntlich. Keines der befragten Kinder wurde<br />

Opfer von physischer Gewalt. Dennoch wurden Erfahrungen von Ausgrenzung auf verbaler <strong>und</strong> nonverbaler<br />

Ebene durch Peers <strong>und</strong> Pädagog_innen beschrieben (Streib-Brzi/Quadflieg 2011; Schweer/<br />

Gerwinat/Petermann 2011).<br />

Diskriminierungserfahrungen von Kindern in Regenbogenfamilien<br />

Im Rahmen der Erhebung von Rupp zu Regenbogenfamilien aus dem Jahr 2009 wurde parallel eine<br />

Kinderstudie durchgeführt. An dieser Teilstudie nahmen 95 Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus eingetragenen<br />

Lebenspartnerschaften (43 Jungen, 52 Mädchen) im Alter von 10 bis 18 Jahren teil. Sie wurden telefonisch<br />

zu Aspekten ihrer Entwicklung (Bindung/Beziehung zu den Eltern, psychische Anpassung/Befindlichkeit,<br />

Konflikte in der Familie) <strong>und</strong> ihren Diskriminierungserfahrungen befragt. Darüber hinaus<br />

wurden die Aussagen durch vertiefende Interviews mit 87 Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen überprüft. Immerhin<br />

47 % der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen berichten über Benachteiligungen aufgr<strong>und</strong> ihrer Familiensituation.<br />

Bei den Diskriminierungen handelte es sich meist um Hänseleien <strong>und</strong> Beschimpfungen<br />

<strong>und</strong> seltener um physische Gewalterfahrungen. Rupp macht deutlich, dass in der überwiegenden<br />

Mehrheit (88 %) die Diskriminierung von Gleichaltrigen ausgeht.<br />

Kaum Entwicklungsunterschiede<br />

Zudem zeigt sich, dass sich die Entwicklung von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen aus Lebenspartnerschaften<br />

kaum von denen aus Kern-, Stiefvater- oder Mutterfamilien unterscheidet. Keinerlei Unterschiede bestehen<br />

zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf Depressivität, somatische Beschwerden <strong>und</strong> Aggressivität.<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus Lebenspartnerschaften verfügen jedoch häufiger über ein<br />

höheres Selbstwertgefühl im Vergleich zu Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen aus heteronormativen Familienformen<br />

(Rupp 2009). Darüber hinaus sieht sich die Mehrheit der Befragten nicht durch ihre familiäre<br />

Situation in ihrer Entwicklung beeinträchtigt. Lediglich ein geringer Anteil berichtet von negativen<br />

Einflüssen. Diese beziehen sich in der Regel auf Diskriminierungserfahrungen oder die Angst, von<br />

Fre<strong>und</strong>_innen aufgr<strong>und</strong> der sexuellen Orientierung der Eltern ausgegrenzt <strong>und</strong> nicht akzeptiert zu<br />

werden. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des überdurchschnittlich hohen Bildungsniveaus der befragten Eltern<br />

<strong>und</strong> dem überdurchschnittlich hohen Anteil der Kinder auf höheren Schulen sind nach Rupp (2009)<br />

auch überdurchschnittliche Abschlüsse der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen zu erwarten.

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