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3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

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1. QUEER in <strong>NRW</strong> – Forschungsstand zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />

dass sich die Jugendlichen trotz gesellschaftlicher Vorbehalte <strong>und</strong> negativer Erfahrungen solidarisch<br />

zu ihren Eltern verhalten.<br />

Sozialstrukturelle Aspekte von Regenbogenfamilien<br />

Hinsichtlich sozialstruktureller Aspekte konnte Rupp zeigen, dass Regenbogenfamilien in der Regel<br />

klein sind, wobei zwei Drittel Ein-Kind-Familien sind <strong>und</strong> zumeist in Großstädten leben. Die Eltern<br />

sind zu einem hohen Teil im Erwerbsleben integriert <strong>und</strong> verfügen über ein hohes Bildungsniveau;<br />

die Kinder besuchen ebenfalls überproportional häufig höhere Schulen. Als Motive für die LP werden<br />

vor allem die Möglichkeit der Stiefkindadoption, die Festigung der Beziehung, die Absicherung des<br />

Kindes <strong>und</strong> die rechtliche Anerkennung der Familie angegeben. Ungefähr 50 % der Kinder stammen<br />

aus früheren heterosexuellen Beziehungen, 42 % wurden in die aktuelle Beziehung hineingeboren.<br />

Kleinere Gruppen bilden Pflegefamilien (6 %) <strong>und</strong> Familien, die ein fremdes Kind (zumeist im Ausland)<br />

adoptiert haben (2 %).<br />

Besondere Stellung von Männerpaaren<br />

Für Männerpaare stellen Adoption <strong>und</strong> Inpflegenahme von Kindern wichtige Optionen dar, wobei hier<br />

anzumerken ist, dass es insgesamt wenig Informationen über die Verwirklichung des Kinderwunsches<br />

für homosexuelle Männer gibt (Kläser 2011; Patterson/Tornello 2011; Carapacchio 2008). Auch beträgt<br />

der Anteil der von Rupp untersuchten Vaterfamilien nur 7 %. Hertling kommt in seiner 2011<br />

publizierten Interviewstudie über die vielfältigen Lebensweisen homosexueller Männer zu dem Ergebnis,<br />

dass sich eine bedeutende Gruppe der Befragten eine konventionelle Lebensweise <strong>und</strong> eine<br />

Vaterschaft wünscht. Aufgr<strong>und</strong> der juristischen Ungleichbehandlung von LP <strong>und</strong> heteronormativen<br />

Familienvorstellungen wird dies jedoch als nur schwer erreichbar eingeschätzt (Hertling 2011). Auch<br />

Imhorst verweist in ihrer 2011 erschienenen psychoanalytischen Studie über verheiratete homosexuelle<br />

Männer mit Kindern auf den gesellschaftlichen Druck, der oft zu scheinheterosexuellen Arrangements<br />

führt (Imhorst 2011).<br />

Erziehungsverantwortung <strong>und</strong> Erziehungsverhalten<br />

Die Erziehungsverantwortung <strong>und</strong> das Erziehungsverhalten von Regenbogenfamilien-Eltern werden<br />

insgesamt als engagiert wahrgenommen; die Befragten attestieren ein positives Familienklima, welches<br />

durch Offenheit <strong>und</strong> gegenseitige Fürsorge gekennzeichnet sei. Rupp (2009) kommt zu dem<br />

Schluss, dass es beim Kindeswohl keine gr<strong>und</strong>legenden Unterschiede zwischen gleichgeschlechtlichen<br />

<strong>und</strong> heterosexuellen Familien gibt; auffällig sei jedoch die erhöhte Fürsorglichkeit der Regenbogenfamilien-Eltern,<br />

die ihren Kindern dadurch Nachteile ersparen möchten. Die Befragung der Kinder aus<br />

Regenbogenfamilien ergab, dass sie ein höheres Selbstwertgefühl <strong>und</strong> mehr Autonomie in der Beziehung<br />

zu beiden Elternteilen als Gleichaltrige in anderen Familienformen aufweisen. Wenn Konflikte<br />

auftreten, sind diese zumeist auf die unterschiedlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der<br />

Familien zurückzuführen.<br />

Hohe Bedeutung von <strong>Netzwerk</strong>en<br />

Neben der von Rupp erhobenen sozioökonomischen Situation von Regenbogenfamilien <strong>und</strong> den von<br />

Herbertz-Floßdorf, Hertling, Kläser <strong>und</strong> Imhorst dargestellten individuellen Umgangsweisen mit der<br />

familiären Situation spielen <strong>Netzwerk</strong>e eine große Rolle in der Forschungsliteratur. Da Regenbogenfamilien<br />

in der Regel wenig Unterstützung bei der Kinderbetreuung durch die eigenen Eltern erfahren,<br />

organisieren sie sich in nicht-verwandten Unterstützungssystemen (Berger/Reisbeck/Schwer 2000).<br />

Herbertz-Floßdorf (2010) <strong>und</strong> Kläser (2011) bewerten <strong>Netzwerk</strong>e ebenfalls als wichtige Ressource<br />

für Regenbogenfamilien <strong>und</strong> sehen in deren Förderung <strong>und</strong> deren Ausbau eine zentrale politische<br />

Aufgabe.<br />

Diskriminierung von Regenbogenfamilien<br />

Jedoch sind Kindern aus Regenbogenfamilien einem erhöhten Diskriminierungsrisiko ausgesetzt (Kläser<br />

2011). Immerhin 46 % der befragten Kinder berichteten von diskriminierenden Erlebnissen wie<br />

Beschimpfungen, aber auch der Androhung von Gewalt <strong>und</strong> selten Gewaltanwendung; die Vorfälle<br />

finden vornehmlich im schulischen Umfeld statt <strong>und</strong> führen zu Traurigkeit, Scham, Angst <strong>und</strong> Rückzug<br />

(vgl. Punkt „Jugend <strong>und</strong> Schule“). Die gesellschaftliche Randstellung <strong>und</strong> mangelnde Akzeptanz von

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