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3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW

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Zudem ist bemerkenswert, dass hoheitliche Gebiete wie das Steuer- oder Beamtenrecht ebenso wie<br />

asylrechtliche Belange (Adamietz/Markard 2011) kaum oder unzureichend auf die Bedürfnisse von<br />

queeren Menschen abgestimmt sind. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf wie auch die<br />

Notwendigkeit, auf europäische <strong>und</strong> verfassungsgerichtliche Entscheidungen umfassend <strong>und</strong> zeitnah<br />

zu reagieren. Empfohlen wird:<br />

• Übernahme des Gleichheitsmerkmals „sexuelle Identität“ in das Gr<strong>und</strong>gesetz zum Schutz<br />

gegen Diskriminierung<br />

• Anpassung des AGG:<br />

• Mietrecht: Verringerung des Schwellenwertes<br />

• Problematisierung der Sonderstellung von „Tendenzbetrieben“<br />

• Vollständige Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft <strong>und</strong> Ehe<br />

• Steuerrecht <strong>und</strong> Familienleistungsausgleich: Kinderfreibetrag, Kindergeld,<br />

Ehegattensplitting<br />

• Angleichung von Erbschafts- <strong>und</strong> Schenkungssteuer<br />

• Adoptionsrecht: Erleichterung der Stiefkindadoption, sukzessiven Adoption,<br />

gemeinsamen Fremdadoption<br />

• Anpassungen zum Personenstand:<br />

• Alternative geschlechtliche Eintragungsmöglichkeiten für trans*- oder inter*-Personen<br />

• Verzicht auf die geschlechtliche Markierung in amtlichen/öffentlichen Dokumenten<br />

• Rechtliche Stellung von inter*-Menschen<br />

• Weitergehende Sanktionierung kosmetischer geschlechtszuweisender Operationen<br />

• Fallspezifische rechtliche Regulierungen (Personenstand, Möglichkeit der Zuerkennung eines<br />

Grade an Behinderung)<br />

• Geschlechter-/identitätssensible Bezeichnungspraxis: Fortbildung von Jurist_innen <strong>und</strong> Sachbearbeiter_innen;<br />

Begriffspräzisierung in Rechtstexten.<br />

1.3 Lebenslagen von Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong><br />

REGENBOGENFAMILIEN<br />

1. QUEER in <strong>NRW</strong> – Forschungsstand zu Lebenslagen <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />

Regenbogenfamilien sind Familien, in denen mindestens ein Elternteil (sozial, rechtlich, biologisch)<br />

lesbisch oder schwul lebt. Der Begriff Queerfamily bezeichnet Lesben <strong>und</strong> Schwule, die sich gemeinsam<br />

zu einer Familiengründung entschieden haben (Herbertz-Floßdorf 2010). Allerdings konnte gezeigt<br />

werden, dass sich gleichgeschlechtliche Eltern trotz der möglichen familialen Neuordnungen eher an<br />

der F<strong>und</strong>amentalstruktur der bürgerlichen Familie orientieren (Funcke/Thorn 2010). Unterschiede bestehen<br />

jedoch in der Zuschreibung der klassischen Rollenmuster; Haus- <strong>und</strong> Erwerbsarbeit sind in Regenbogenfamilien<br />

<strong>und</strong> Queerfamilies egalitärer verteilt als in heteronormativen Familienformen. 43<br />

Die 2009 erschienene repräsentative Studie von Rupp über Partnerschaft <strong>und</strong> Elternschaft bei<br />

gleichgeschlechtlichen Paaren ist das Referenzwerk für den Bereich Regenbogenfamilien (Rupp 2009).<br />

Ihre Auswertung des Mikrozensus von 2006 ergab, dass in Deutschland 62.300 gleichgeschlechtliche<br />

Paare in einem gemeinsamen Haushalt leben, Schätzungen zufolge sind davon 5.000 Familien mit<br />

6.600 Kindern. 29 % aller Regenbogenfamilien-Kinder leben bei Eltern, die eine Lebenspartnerschaft<br />

(LP) begründet haben. Die Lebenssituation von 693 dieser Kinder wurde durch Befragungen der Eltern<br />

<strong>und</strong> der Kinder ermittelt. Allerdings wurde angemerkt, dass der alleinige Fokus auf Familien, die als<br />

LP zusammenleben, die Vielfalt von Regenbogenfamilien nicht widerspiegeln würde (Gerlach 2010).<br />

Die Lebenssituation der Kinder steht auch bei der Studie von Carapaccio (2008) im Vordergr<strong>und</strong>. Sie<br />

untersuchte, welche Erfahrungen Kinder von Schwulen <strong>und</strong> Lesben wegen der Homosexualität ihrer<br />

Eltern in ihrem Umfeld machen <strong>und</strong> verglich die Beziehungen zu Eltern <strong>und</strong> Stiefeltern sowie Fre<strong>und</strong>schaftsbeziehungen<br />

von Kindern homosexueller Menschen mit denen von Kindern heterosexueller.<br />

Die Daten stammen aus standardisierten Befragungen von 46 Jugendlichen <strong>und</strong> deren homosexuellen<br />

Elternteilen sowie von 46 gleichaltrigen Jugendlichen mit deren heterosexuellen Müttern <strong>und</strong> belegen,<br />

43 Für eine internationale<br />

Perspektivierung vor allem juristischer<br />

Fragestellungen vgl.<br />

Rupp (Hg.) 2011.<br />

25

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