3. - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW
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benslagen von Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong> sowie für die Politikberatung relevant sind. Zentral<br />
sind vor allem juristische, sozialwissenschaftliche, sozialstrukturelle <strong>und</strong> medizinische Aspekte, die<br />
hier erstmals mittels einer integrierenden interdisziplinären Perspektive zusammengeführt werden.<br />
Neben wichtigen theoretischen Perspektivierungen im Literaturbericht werden die empirischen<br />
Untersuchungen zu Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong> ausgewertet. Dabei wird zunächst der rechtliche<br />
Stand der Gleichstellung von LSBTTI in den Blick genommen. Ein weiterer Schwerpunkt widmet sich<br />
den vielfältigen Lebenslagen im Hinblick auf Familie, Partnerschaft <strong>und</strong> Kinder. Es wird gezeigt, dass<br />
LSBTTI in der Jugendphase <strong>und</strong> Schule Diskriminierungen erfahren <strong>und</strong> dass die vorherrschenden Körperkonzepte<br />
in vielen Bereichen (etwa dem Ges<strong>und</strong>heitssektor) noch von Heteronormativität <strong>und</strong> unhinterfragter<br />
Zweigeschlechtlichkeit geprägt sind. Zudem ergeben sich gerade im Alter neue<br />
Problemlagen in Bezug auf Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Pflege. Schließlich fasst die Literaturstudie den Forschungsstand<br />
zu Diskriminierungs- <strong>und</strong> Gewalterfahrungen zusammen <strong>und</strong> stellt in diesem Zusammenhang<br />
auch die bisherigen Studien zu Lebenslagen <strong>und</strong> Diskriminierung von Menschen mit LSBTTI-Hintergr<strong>und</strong><br />
nach Klasse <strong>und</strong> Migration in intersektionaler Perspektive dar.<br />
Die Forschungsfragen <strong>und</strong> -desiderate, die im Literaturbericht herausgearbeitet wurden, waren<br />
Ausgangspunkt für die interdisziplinäre Fachtagung „anders <strong>und</strong> gleich in <strong>NRW</strong> – Gleichstellung <strong>und</strong><br />
Akzeptanz sexueller <strong>und</strong> geschlechtlicher Vielfalt“ am 10.05.2012 in Bochum. Im Rahmen von vier<br />
Workshops <strong>und</strong> einer Podiumsdiskussion wurde der Forschungsstand dargestellt <strong>und</strong> mit Expert_innen<br />
aus Wissenschaft, Politik <strong>und</strong> sozialer Arbeit in einem Theorie-Praxis-Dialog diskutiert. Gewalt <strong>und</strong><br />
Diskriminierung, Regenbogenfamilien, trans* <strong>und</strong> inter* sowie mehrfache soziale Ungleichheiten<br />
standen im Mittelpunkt der Diskussionen. Forderungen richteten sich auf die empirische Untersuchung<br />
von intersektionalen Ungleichheiten bei LSBTTI, die Vielfalt von Beziehungsformen <strong>und</strong> Identitätsentwürfen<br />
sowie auf die Sichtbarmachung von Themenfeldern, die bislang in Forschung <strong>und</strong> Praxis unterrepräsentiert<br />
sind: Gewalt <strong>und</strong> Diskriminierung im Arbeitsleben, Homophobie in der Schule,<br />
Verschränkungen von Benachteiligungsfaktoren sowie die Lebenslagen von trans*-/inter*-Menschen<br />
insgesamt. Diese Probleme sind zukünftig im Rahmen einer Kooperation von Wissenschaft, Politik<br />
<strong>und</strong> sozialer Praxis zu bearbeiten.<br />
Nach dieser dialogischen Aufarbeitung fassen ausgewählte Fachvertreter_innen die wichtigsten<br />
Probleme <strong>und</strong> Themenfelder zusammen (siehe Kapitel 3). Ihre Beiträge sind Schlaglichter der Debatten,<br />
die über den Fachtag hinaus geführt werden. Der Band endet mit der Darstellung einiger biographischer<br />
Erzählungen junger Menschen, die bereits auf der Fachtagung im Rahmen des Ausstellungsprojekts<br />
„Verqueere Welten 2.0“ zu sehen waren. Die Geschichten bleiben Fragmente, die Vielfalt<br />
<strong>und</strong> Komplexität queerer Lebensentwürfe können (<strong>und</strong> sollen) sie nicht ausschöpfen, wie die Projektleiterin<br />
von „Verqueere Welten“, Marta Grabski, auch einleitend bemerkt (Kapitel 4).<br />
Wir freuen uns, dass die Tagungsdokumentation in der Reihe „Studien <strong>Netzwerk</strong> <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Geschlechterforschung</strong> <strong>NRW</strong>“ erscheint. Die enge Vernetzung <strong>und</strong> interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
im Kontext der <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Geschlechterforschung</strong> an nordrhein-westfälischen Hochschulen ermöglicht<br />
es uns, neue Fragestellungen aufzugreifen <strong>und</strong> im produktiven Austausch miteinander zu arbeiten<br />
<strong>und</strong> zu forschen. Die Frage der Vervielfältigung von Lebensformen <strong>und</strong> dem sozialen Umgang damit<br />
– zwischen Diskriminierung <strong>und</strong> Anerkennung – ist sowohl eine Forschungsfrage, die es zu beantworten<br />
gilt, als auch einen Herausforderung für das Miteinander in unserer Gesellschaft <strong>und</strong> in unserem<br />
ganz persönlichen Leben. Vielfalt statt Einfalt sowohl im Denken als auch im Handeln ist<br />
notwendig <strong>und</strong> die Tagung, dies zeigt die vorliegende Veröffentlichung, hat hierzu wesentlich beigetragen<br />
<strong>und</strong> deutlich gemacht, welch hohes Potenzial die Begegnung von Wissenschaft, Praxis <strong>und</strong><br />
Community in sich trägt.<br />
Unser herzlicher Dank gilt zunächst dem Ministerium für Ges<strong>und</strong>heit, Emanzipation, Pflege <strong>und</strong><br />
Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (MGEPA), das das Projekt „Gleichstellung <strong>und</strong> Akzeptanz sexueller<br />
<strong>und</strong> geschlechtlicher Vielfalt. Lebenslagen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender,<br />
transsexuellen <strong>und</strong> intersexuellen Menschen in <strong>NRW</strong>“ gefördert hat. Insbesondere möchten wir uns<br />
an dieser Stelle für die hervorragende Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter_innen des Referats für