Alte Rassen Ziegen u. Schafe o.T. - Arche Austria
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Die Grünlandbewirtschaftung der Mittenwalder Wiesen ist bis 1406 zurück nachgewiesen,<br />
vermutlich aber viel älter (BAYER. STAATSMINISTERIUM FÜR LANDESENTWICKLUNG UND UM-<br />
WELTFRAGEN 1998). Als Mähderlandschaft sind dabei die weithin berühmten Buckelwiesen<br />
entstanden. Die gebuckelte Oberfläche wird auf Frostwirkung und Verkarstung am Ende der<br />
letzten Eiszeit zurückgeführt. Ihre Nährstoffarmut bedingt eine Vielfalt an schützenswerten<br />
Kleinstandorten und Pflanzenarten (GUTSER & KUHN 1998). Die eigentlichen Weidegebiete<br />
von Rindern, <strong>Schafe</strong>n und <strong>Ziegen</strong> lagen traditioneller Weise in den Schneeheide-<br />
Kiefernwäldern auf steilen und flachgründigen, sonnseitigen Trockenhängen und auf Isar-<br />
schottern und beherbergen ebenfalls etliche seltene Arten. Die Kargheit der Flächen eignet<br />
sich besonders für die Weidewirtschaft mit <strong>Ziegen</strong>; 1939 waren dort noch 270 bis 280 vor-<br />
handen. Als der Fremdenverkehr Anfang der 1950er Jahre zunahm und man meinte, den<br />
Erholungsuchenden die Böcke nicht zumuten zu können, wurden die <strong>Ziegen</strong> kurzerhand eli-<br />
miniert. 1970 gab es in Mittenwald nur mehr eine einzige Ziege (A. Sailer, Mittenwald,<br />
mündl. Mitt. 2003). Seit dem Einstellen der Beweidung vor mindestens 40 Jahren, wurde die<br />
ursprüngliche Biodiversität vom vorrückenden Fichtenwald verdrängt, bis man ab Mitte der<br />
Neunzigerjahre mit <strong>Ziegen</strong> und gelegentlich auch <strong>Schafe</strong>n gegen diese Sukzession anzukämp-<br />
fen begann.<br />
Heute leben in Mittenwald etwa 350 <strong>Ziegen</strong>. Die Startherde stammt aus dem Passeiertal, was<br />
an ihrer Morphologie noch zu erkennen ist (vgl. Kapitel 2.1.4.), und wurde im Lauf der Zeit<br />
mit verschiedensten <strong>Ziegen</strong> vorwiegend zur Aufbesserung der Milchleistung verkreuzt. Ende<br />
der Neunzigerjahre hatten viele Bauern von Rindern auf <strong>Ziegen</strong> umgestellt, da ein Vollerwerb<br />
mit Milchkühen nicht mehr machbar erschienen war. Sie vermarkten heute <strong>Ziegen</strong>milchpro-<br />
dukte selbst und verkaufen das Kitzfleisch im Rahmen der Solidargemeinschaft Werdenfelser<br />
Land für € 9,- pro Kilogramm (A. Sailer, Mittenwald, mündl. Mitt. 2003). Abgesehen von den<br />
<strong>Ziegen</strong>, die den Sommer zum Melken im Heimbetrieb verbringen, wird eine Gemeinschafts-<br />
herde von ca. 170 Stück von etwa 40 Auftreibern in einem Umtriebkoppelsystem auf der 38<br />
ha großen <strong>Ziegen</strong>alm Mittenwald gesömmert (Foto 6.1.) und auch touristisch vermarktet.<br />
Auftriebszeitpunkt und -dauer werden nach dem jeweiligen Naturschutzwert der Weideflä-<br />
chen bestimmt. Die Naturschutzbeweidung wird vom Freistaat Bayern gefördert, wodurch<br />
sich die Gemeinde Mittenwald einen eigenen Hirten leisten kann. Anstatt eines Auftriebsprei-<br />
ses verpflichten sich die Mitglieder der Weidegenossenschaft zur persönlichen Landschafts-