Henselowsky Boschmann – Verlagsprospekt 2016
Der regionale Literaturversorger Ruhrgebiet
Der regionale Literaturversorger Ruhrgebiet
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Der Umzug<br />
Neulich sollte ich umziehen. Es musste sein. Sagte der<br />
Chef. Ich habe mit Befehlen vom Chef kein Problem.<br />
Ich war auf einer katholischen Schule. Einer muss ja<br />
sagen, was Gut und Böse ist. Ich fand mein altes Büro<br />
gut, aber der Chef findet ein neues besser. Ich würde<br />
solche Dinge einem Chef nie übelnehmen. Ein Chef hat<br />
ja auch wieder einen Chef. Und der hat auch wieder<br />
einen. Wer das nicht erkennt, wird immer ein Autoritätsproblem<br />
haben. Über die, die sich was von Ratzinger<br />
als Papst versprochen haben, kann ich nur lachen.<br />
Leute!, sein Chef ist Gott! Meiner ist Rheinländer.<br />
Wer der Chef von Gott ist, darüber habe ich neulich<br />
lange mit einem halbjapanischen Freund gesprochen.<br />
Man kommt mit Halbjapanern nicht oft auf einen Nenner,<br />
aber nach der dritten Flasche waren wir sicher: Wenn<br />
man wüsste, wer Chef Gottes ist, hätte man die Antwort<br />
auf alle Fragen <strong>–</strong> den Strauchschnitt auf der A 40, den<br />
Fußpilz, die Mitarbeiterüberwachungskameras im Discount<br />
und warum eine Frau Kanzler werden darf. Nach<br />
der vierten Flasche hatten wir die Lösung. Wir wussten,<br />
wer Gottes Chef ist!<br />
Wir tanzten und sangen, wir waren erschüttert und<br />
begeistert zugleich. Leider hatten wir es am anderen<br />
Morgen beide vergessen. Das war natürlich vom Chef<br />
Gottes so gewollt.<br />
Beim Packen der Umzugskartons fiel mir ein Ratgeberbuch<br />
in die Hand. Das Buch war voller Glücksstrategien<br />
aus dem Tierreich. Termiten zum Beispiel sind die<br />
Feng-Shui-Meister der Natur, Lachmöwen wiederum<br />
enorme Liebhaber, während Rotgesichtsmakaken als<br />
superbe Familienmenschen gelten.<br />
Ich hatte mich regelrecht festgelesen und versuchte<br />
gerade, mit Hilfe eines zweiten Bürostuhls die Entspannungsmethoden<br />
der Erdmännchen zu imitieren,<br />
als meine Mutter anrief. Ich erinnerte sie streng daran,<br />
mich nicht im Büro anzurufen. Sie lachte darüber.<br />
Ich hätte gern ein Beispiel aus der Tierwelt angeführt,<br />
um sie zu überzeugen, aber das Buch war bei meiner<br />
Erdmännchen-Entspannung hinter den Kühlschrank<br />
gefallen. Ich suchte es mit der eben erlernten Technik<br />
des Kiefernhähers. Es war unter dem Eindruck der<br />
Erdmännchen-Entspannung nicht leicht. Meine Mutter<br />
hatte inzwischen aufgelegt. Dabei gilt sie als ausgesprochen<br />
tierlieb.<br />
LvG hab ich in Hamborn in der Buchhandlung<br />
Lesezeichen erlebt. Drei Mal. Grandiose Vorstellung,<br />
werd ich nie vergessen. Und die Leute<br />
standen echt auf den Stühlen.<br />
Und bei Tausendundein Buch warste auch mit.<br />
Jaujaujau, in Neudorf. Proppenvoll, und nachher<br />
haben wir mit dem LvG Pretzel gefuttert.<br />
Wie auf Stichwort klopft ihnen die Dame von<br />
Charly’s Obsttheke auf die Schulter und reicht<br />
jedem ein Stückchen Kohlrabi. Auch den gibt es<br />
natürlich an der Obsttheke.<br />
Lars von der Gönna<br />
Der Spott der kleinen Dinge<br />
»Neulich« und andere Glossen<br />
160 Seiten · gebunden · Lesebändchen<br />
Mit Illustrationen von Heiko Sakurai<br />
2. Auflage · 9,90 Euro<br />
ISBN 978-3-942094-43-6<br />
Lässt sich unser Schicksal in 40 Zeilen<br />
fassen? Der Autor meint: ja. Seine Glossen<br />
streifen so furchtlos wie komisch<br />
durch die Abgründe des Menschseins.<br />
Warum sprechen Frauen bloß mit Hunden?<br />
Wer ist der Chef von Gott? Was<br />
singt man in der Seifenoper? Eigentlich<br />
erzählt Lars von der Gönna aus einem<br />
Alltag, den jeder kennt. Doch er<br />
tut es mit jener Liebe auf den zweiten<br />
Blick, die eine Welt schönster<br />
Absurditäten enthüllt.<br />
Lars von der Gönna<br />
Geboren 1967 in Herten; wuchs in einer<br />
Familie aus Generationen von Gärtnern<br />
auf, schlug aus der Art: Chronist im Garten<br />
des Menschlichen. Prägende Erfahrungen<br />
u. a. als Tankwart in Datteln, Kleindarsteller<br />
der Ruhrfestspiele, Laborgehilfe an den<br />
Essener Kliniken und Praktikant der<br />
»Tagesschau«. Seit 2000 Kulturredakteur<br />
der WAZ. Seine Leser verehren ihn und<br />
seine Glossen, z. B. die mit Frau<br />
Schauerte an der Bushaltestelle, seine<br />
Opern-, Theater- und Restaurantkritiken.<br />
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