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macht. Dazu gehört auch, dass Bresnik<br />
seinem Schützling Freiräume gewährt.<br />
Auf der Männertour sind Freundschaften<br />
tatsächlich noch möglich, und Dominic<br />
Thiem pflegt diese in erster Linie<br />
mit deutschsprachigen Kollegen<br />
wie Alexander Zverev, Philipp Kohlschreiber<br />
oder Jiri Vesely, dem Tschechen,<br />
der in Niedersachsen groß geworden<br />
ist.<br />
FÖRDERUNG GANZ UNTEN<br />
In Österreich ist es um die mediale Tennis-Grundversorgung<br />
vergleichsweise<br />
gut gestellt, der ORF zeigt die meisten<br />
Matches des neuen Aushängeschilds.<br />
Das Interesse ist auch bei der Konkurrenz<br />
vorhanden, die Möglichkeiten eines<br />
eigenen Sportkanals hat in Österreich<br />
natürlich niemand außer dem<br />
Sender vom Küniglberg. Die Verstärkung<br />
des generellen Aufwärtstrends<br />
kann aber nicht ausschließlich durch<br />
Thiems Erfolge und die mediale Aufmerksamkeit<br />
erfolgen – auch der Tennisverband<br />
ist hier und jetzt gefordert.<br />
„Wir haben eine konstruktive Gesprächsbasis<br />
mit dem BSFF, dem Bundes-Sportförderungsfonds,<br />
bezüglich<br />
diverser Projekte“, erklärt ÖTV-Präsident<br />
Groß. „Im Mädchen- und Damenbereich<br />
muss weiter in jeder Hinsicht<br />
investiert und unterstützt werden.“<br />
Und zwar ganz unten, wie Alexander<br />
Antonitsch anfügt: „Bis zum Alter von<br />
10 Jahren müssen die Kinder eine<br />
sportliche Grundausbildung erhalten<br />
– und sich dann dem Tennissport verschreiben,<br />
am besten mit einem Weltklasse-Trainer<br />
wie Günter Bresnik.“<br />
Rund 200.000 Tennis- (und damit<br />
Wettkampf-)spieler sind offiziell beim<br />
ÖTV genannt – in Relation zur Gesamtbevölkerung<br />
liegt Österreich damit<br />
ganz klar vor Deutschland: Beim Nachbarn<br />
gibt es knapp über eine Million<br />
registrierte Tennisspieler, Tendenz in<br />
den letzten Jahren eher fallend. Die Erklärung:<br />
In Österreich greifen Trends<br />
im Sport schneller, gerade so, als ob die<br />
potenziellen Interessenten nur auf<br />
eine Initialzündung gewartet hätten.<br />
IM MOMENT NICHT LIEFERBAR<br />
Szenenwechsel – ein Besuch an der Basis:<br />
Der Voitsberger Tennisclub, gegründet<br />
1978, hat sich vor ein paar Jahren<br />
eine neue Anlage hingestellt. Oder<br />
besser gesagt: hinstellen müssen. Vier<br />
Außenplätze und die Tennishalle sind<br />
einem Einkaufscenter gewichen. Der<br />
Aufschrei der ambitionierten Hobbyspieler<br />
hat sich damals in Grenzen gehalten,<br />
die verbliebenen Enthusiasten<br />
der „Muster-Skoff-Jahre“ waren müde<br />
geworden. Wolfgang Tinnacher, Jahrgang<br />
1964, wird nie müde. Der Leiter<br />
der örtlichen Tennisschule ist in der<br />
Szene gut vernetzt, der Zuspruch der<br />
Jugend nimmt auch in der Weststeiermark<br />
wieder zu – von einem<br />
„Thiem-Effekt“ möchte Tinnacher indes<br />
(noch) nicht sprechen. „Für mich<br />
wachsen Spieler und Phänomene immer<br />
aus einem Trend heraus. Und der<br />
Trend zeigt im Tennis nach eher<br />
schwachen Jahren wieder nach oben.<br />
Das ist Fakt.“ Ob Dominic Thiem nun<br />
Trendsetter oder -profiteur ist, darauf<br />
mag sich Tinnacher nicht festlegen –<br />
als Betreiber eines Sportshops hat er<br />
aber zumindest eines festgestellt: „Die<br />
Nachfrage nach dem Schläger, mit dem<br />
Thiem spielt, ist enorm. Nur ist genau<br />
dieser Schläger, der weiße Babolat, gar<br />
nicht im Handel erhältlich.“ Kein<br />
Wunder, das endgültige Design soll<br />
erst im Laufe des Jahres fertig werden.<br />
Das hat Thiem in München en passant<br />
erzählt.<br />
Zu Zeiten eines Thomas Muster<br />
gehörte es zum guten Ton, den „Head<br />
Prestige Pro“ zumindest einmal getestet<br />
zu haben, und die Tennismode des<br />
Steirers aus dem Hause Lotto hat ganze<br />
Legionen von Hobbyspielern geziert.<br />
Natürlich: Auch internationale Spieler<br />
wie Stefan Edberg, Ivan Lendl, Boris Becker<br />
und später André Agassi haben<br />
ALEXANDER ANTONITSCH,<br />
Ex-Daviscupper und Turnierdirektor in<br />
Kitzbühel: „Nachwuchsspieler<br />
sollen die besten Trainer bekommen.“<br />
ROBERT GROSS, Präsident des<br />
„Österreichischen Tennisverbandes“:<br />
„Der Tennissport in Österreich hat einen<br />
richtigen Schub bekommen.“<br />
seinerzeit die österreichischen Fans<br />
modisch inspiriert. Aber die Zeiten haben<br />
sich auch in dieser Hinsicht geändert<br />
– kaum ein Spitzenspieler trägt<br />
seine Outfits noch über einen längeren<br />
Zeitraum.<br />
ÄSTHETIK DES SPIELS<br />
Dass Dominic Thiem anno <strong>2016</strong> zum<br />
Werbeträger taugt, darüber gibt es jedenfalls<br />
bei seinem Ausrüster keine<br />
Zweifel. In Paris fand sich der Shooting-Star<br />
unter jenen Profis wieder, die<br />
die Linie des japanischen Designers Yamamoto<br />
zu Markte trugen. Neben Lokalheld<br />
Jo-Wilfried Tsonga und neben<br />
der sichersten Erfolgswette im Tennissport,<br />
seinem Kumpel Zverev. Unter<br />
den besten vier in Roland Garros befand<br />
sich der Österreicher schließlich<br />
exklusiv im Zebra-Look, die Damen<br />
mit eingeschlossen.<br />
Aber das alles sind nur Begleitgeräusche<br />
des Höhenflugs, die von der<br />
Hauptsache, dem sportlichen Erfolg,<br />
nicht ablenken sollen. Die Beziehungspflege<br />
mit den jungen Fans, für die sich<br />
Dominic nach seinem Turniersieg in<br />
Stuttgart Zeit nimmt, gehört einfach<br />
mit zum professionellen Auftritt.<br />
Günter Bresnik aber ist zu diesem<br />
Zeitpunkt schon weitergezogen. Auf<br />
dem Center-Court spielt der nächste<br />
Gegner seines Schützlings, „und er<br />
spielt nicht wirklich schön“. Denn<br />
auch das ist ein Attribut, das Dominic<br />
Thiem auszeichnet und das zur DNA<br />
gehört, die Coach Bresnik von seinem<br />
Schützling auf dem Court fordert: Dessen<br />
Tennis ist nicht nur cool – es genügt<br />
auch höchsten ästhetischen Ansprüchen.<br />
Ein „Thiem-Nebeneffekt“<br />
quasi.<br />
Nr. 4; <strong>August</strong> / September <strong>2016</strong><br />
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