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„Laufen und Laufrad statt<br />
Kinderwagen und Auto“<br />
JAN HOLZE, VORSTANDSMITGLIED<br />
DER DEUTSCHEN SPORTJUGEND, MIT<br />
SCHWERPUNKT „KINDERWELT IST<br />
BEWEGUNGSWELT“.<br />
„In den ersten Lebensjahren sind Eltern<br />
die wichtigste Orientierungsgröße für ihre<br />
Kinder, bevor diese sich nach dem Eintritt<br />
ins Schulleben und dem Pubertätsbeginn<br />
zunehmend an ihrer peer-group orientieren.<br />
Die Aufgabe der Eltern ist es daher, den<br />
Kindern einen bewegten Lebensstil vorzuleben<br />
und den Alltag mit Kindern bewegungsreich<br />
zu gestalten. Konkret bedeutet<br />
dies Laufen und Laufradfahren statt Kinderwagen<br />
und Auto.<br />
Kinder begreifen die Welt und die ihr<br />
zurgrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten<br />
vor allem durch Bewegung, Spiel und<br />
Sport. Kinder verstehen das Geheimnis der<br />
Schwerkraft nicht durch theoretische Wissensvermittlung,<br />
sondern indem sie erleben,<br />
dass Gegenstände, die sie in die Luft<br />
werfen, immer wieder zu Boden fallen, und<br />
indem sie erfahren, dass sie Kraft aufbringen<br />
müssen, um sich und ihren Körper im<br />
Raum zu bewegen.“<br />
An die Sportvereine sandte Jan Holze die<br />
Botschaft: „Kleinkinder gehen noch nicht<br />
allein in den Sportverein. Die Angebote des<br />
organisierten Sports müssen daher auf Kinder<br />
und auf Eltern gleichermaßen abgestimmt<br />
sein.“<br />
Wer eine aktive Gesellschaft mit bewegten<br />
Kindern möchte, müsse aber auch<br />
die politischen Rahmenbedingungen entsprechend<br />
gestalten, appellierte der Deutsche.<br />
„Dazu gehört auch, dass Sport und<br />
bewegtes Lernen als Bausteine in der Ausbildung<br />
von Erziehern und Lehrern fest<br />
verankert sind; aber auch eine bewegungsfreundliche<br />
Stadtplanung sowie die Bereitstellung<br />
von Sportinfrastruktur wie Turnhallen<br />
und Schwimmbäder.“ Dabei gehe es<br />
nicht darum, ob die Eltern selbst Sport mögen.<br />
„Jedes Kind hat unabhängig von den<br />
Neigungen seiner Eltern ein Recht auf Bewegung.<br />
Wie viel Sport ein Kind machen<br />
sollte, hängt vom Kind ab. Es gibt keinen<br />
goldenen Mittelweg – jedes<br />
Kind ist anders.“ Für alle<br />
gleich aber ist der Wert und<br />
der Nutzen, den der Sport<br />
stiftet: „Teamfähigkeit, Willensstärke<br />
sowie der Glaube<br />
an die eigene Stärke und Gestaltungskraft<br />
sind Werte,<br />
die der Sport vermittelt und<br />
die gerade für junge Menschen<br />
wichtig sind.“<br />
„Die ganze Familie<br />
trägt zur sportlichen<br />
Entwicklung bei“<br />
PROF. DR. ANDREAS HOHMANN<br />
IST PROFESSOR FÜR SPORT-<br />
WISSENSCHAFT AN DER<br />
UNI BAYREUTH.<br />
Der deutsche Sportwissenschafter<br />
befasste sich mit der<br />
oft kritisierten Rolle von überehrgeizigen<br />
Eltern speziell im<br />
Nachwuchsleistungssport, stellte<br />
gleich zu Beginn klar: „Sicher,<br />
im negativen Fall können überehrgeizige<br />
Eltern ihr Kind auch<br />
überfordern. Damit verbunden<br />
sind die Gefahren der Bevormundung<br />
der Kinder und der<br />
unzulässigen Beeinträchtigung<br />
der Autonomie des Trainers.“<br />
Grundsätzlich aber könne die<br />
Rolle der Eltern und auch die Vorbildwirkung<br />
der Geschwister gar<br />
nicht hoch genug eingeschätzt<br />
werden. „Neben dem zeitlichen<br />
und finanziellen Unterstützungsaufwand<br />
übernehmen<br />
Eltern häufig auch die Mediatoren-Funktion<br />
bei schulischen<br />
Problemen, oder auch wichtige<br />
Ämter im Verein bis hin zur Rolle<br />
des Trainers. Im Zuge der allmählichen<br />
,Versportlichung‘ der<br />
familiären Lebenswelt trägt die<br />
gesamte Familie mit ihren Planungs-<br />
und Kompensationsleistungen<br />
sehr positiv und meist<br />
uneigennützig zur erfolgreichen<br />
Entwicklung eines Kindes im<br />
Nachwuchsleistungssport bei.“<br />
EINWURF<br />
Kaiserliche Geste<br />
mit großen Folgen<br />
Vor genau 250 Jahren öffnete Kaiser<br />
Joseph II. sein einstiges Jagdrevier<br />
im Wiener Prater für das einfache<br />
Volk. Es ist wohl nicht vermessen zu<br />
behaupten, dass sich mit dieser Geste<br />
das Freizeit- und Bewegungsangebot<br />
für viele Bürgerinnnen und<br />
Bürger aller Gesellschaftsschichten<br />
und jeden Alters schlagartig erhöhte.<br />
Bis heute sind im Wiener Prater<br />
so viele Sportstätten, Laufstrecken,<br />
Rad- und Reitwege auf kompaktem<br />
Raum komprimiert wie sonst wohl in<br />
keinem europäischen Hauptstadtzentrum.<br />
So war es nur folgerichtig, den<br />
diesjährigen „Tag des Sports“, der<br />
aufgrund des provisorischen Parlamentsumzuges<br />
nicht mehr am Heldenplatz<br />
stattfinden kann, ins Areal<br />
des Praters zu verpflanzen. Dort, wo<br />
Sport wirklich stattfindet, dort, wo<br />
ohnedies Tag für Tag und das ganze<br />
Jahr über von Zigtausenden Einheimischen<br />
und Gästen Sport betrieben<br />
wird, ist auch der „Tag des Sports“<br />
bestens aufgehoben.<br />
Die 16. Ausgabe dieser Großveranstaltung<br />
wird natürlich auf bewährte<br />
Konzepte aufbauen. Es soll<br />
wieder eine große Leistungsschau<br />
aller Verbände werden, die Besucherinnen<br />
und Besucher aller Altersgruppen<br />
sollen sich wieder umfassend<br />
über die enorme Palette an<br />
Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung<br />
informieren können – und vor<br />
allem: Sie sollen die Möglichkeit haben,<br />
gleich vor Ort die verschiedensten<br />
Sportarten auszuprobieren. Aufgrund<br />
der neuen Location können<br />
auch die zahlreichen umliegenden<br />
Vereinsgelände in den Veranstaltungsablauf<br />
eingebunden werden.<br />
Ich bin überzeugt, dass dieses<br />
neue und engagierte Konzept von<br />
vielen Menschen angenommen wird<br />
und freue mich schon auf den 24.<br />
September!<br />
Mit sportlichen Grüßen,<br />
Dr. Samo Kobenter<br />
Sektionschef BMLVS<br />
Nr. 4; <strong>August</strong> / September <strong>2016</strong><br />
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