Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FOTO: Thomas Polzer<br />
Ein Sonntagmorgen im <strong>August</strong>.<br />
Zügig hirscht eine Gruppe junger<br />
Läufer durchs Gehölz, duckt<br />
sich unter Ästen, balanciert<br />
über Stämme, springt über Gräben –<br />
und stoppt dann kurz, um größere<br />
Steine als Hanteln zu nutzen.<br />
Es sind keine Trailrunner, die hier<br />
bloß Geländekilometer machen – diese<br />
Hobbysportler absolvieren ganz gezielt<br />
ein modernes Fitnesstraining!<br />
„Diese sogenannten ,Vorgabeläufe‘ in<br />
der Natur sind eine spannende Methode,<br />
etwas für seinen Körper zu tun“, erklärt<br />
Runtastic-Sportwissenschafter<br />
Mag. Herwig Natmessnig. „Dabei gibt<br />
immer ein Läufer den Weg für die anderen<br />
vor und versucht, querfeldein so<br />
viele Hindernisse und Aufgaben in die<br />
Laufstrecke einzubauen wie möglich.<br />
Vor allem in der Gruppe macht dieses<br />
Fitnesstraining besonders viel Spaß<br />
und ist gleichzeitig auch ein hervorragendes<br />
Geschicklichkeits- und Balancetraining.“<br />
Das Repertoire an Übungen wird<br />
nur durch die eigene Kreativität begrenzt<br />
und kann neben Klassikern wie<br />
Liegestütz und Kniebeuge auch nicht<br />
ganz alltägliche Trainingsformen wie<br />
Baumklettern oder das Springen über<br />
Bäche enthalten. Aufwendiges Equipment<br />
braucht man dafür nicht – verwendet<br />
wird, was gerade vor Ort ist.<br />
Wer es braucht, verwendet ergänzend<br />
leicht zu transportierende Trainingshilfen<br />
wie TRX- oder Therabänder. Ob<br />
eine Einheit lauflastig ausfällt oder<br />
nicht, ist Geschmackssache und hängt<br />
davon ab, in welchen Bereichen man<br />
sich verbessern möchte.<br />
ALLES SCHON DA GEWESEN<br />
Der Trend, beim Freilufttraining unterschiedliche<br />
Aspekte der Gesamtfitness<br />
zu verbinden, ist alles andere als<br />
neu. Vor fast einem halben Jahrhundert<br />
wurden in unseren Breiten bereits<br />
ähnliche Konzepte wie heute propagiert,<br />
um einer Gesellschaft, die zunehmend<br />
an Zivilisationskrankheiten<br />
zu leiden begann, gesunde Bewegungsalternativen<br />
aufzuzeigen.<br />
Bereits 1962 war unter dem klingenden<br />
Namen „Schweißtropfenbahn“<br />
im westfälischen Münster der erste Fitness-Pfad<br />
im deutschsprachigen Raum<br />
eröffnet worden. Der Höhepunkt so gearteter<br />
Parkours folgte rund zehn Jahre<br />
später: Ab Anfang der 70er-Jahre bewegte<br />
der (bundes-)deutsche „Sportbund“<br />
mit seiner „Trimm dich“-Initiative<br />
Hunderttausende zu mehr<br />
körperlicher Aktivität auf eigens geschaffenen<br />
Freiluftrouten, wo Freizeitsportler<br />
diverse Stationen mit Beschreibungstafeln<br />
für effektive<br />
Grundlagenübungen wie Klimmzüge<br />
oder Einbeinstand absolvierten.<br />
Die Idee hinter der großangelegten<br />
Aktion unserer Nachbarn kam aus<br />
dem hohen Norden. Unter der skandinavisch<br />
knappen Bezeichnung „Trim“<br />
wurde in Norwegen schon Ende der<br />
60er-Jahre der breiten Bevölkerung ein<br />
vielseitiges Outdoor-Fitness-Konzept<br />
nähergebracht. In Anlehnung daran<br />
erfreuten sich auch in Österreich die<br />
sogenannten „Forst-“ oder „Fitmeilen“<br />
großer Beliebtheit, während in der<br />
Schweiz auf „Vitaparcours“ trainiert<br />
wurde. Dass die kostenlosen Angebote<br />
gern angenommen wurden, war nicht<br />
zuletzt der gesundheitlichen Notwendigkeit<br />
geschuldet, denn rund 25 Jahre<br />
nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte<br />
sich in Mittel- und Westeuropa bis<br />
auf wenige Ausnahmen erstmals eine<br />
Wohlstandsgesellschaft gebildet, in<br />
der Übergewicht und Herzinfarkte zunehmend<br />
zum Problem wurden.<br />
DIE LAUFWELLE<br />
Zu Beginn der 80er-Jahre stagnierte der<br />
Boom um die Fitness-Parkours und<br />
kam bald zu einem Ende. Nun war Joggen<br />
in Mode, und zahlreiche Freiluftanlagen<br />
wurden aufgelassen und verfielen.<br />
Der schon 1975 getitelte Slogan<br />
„Ein Schlauer trimmt die Ausdauer“<br />
geriet zunehmend zum Mantra der<br />
wachsenden Läufergemeinde, während<br />
Körperkraft- und Koordinationsübungen<br />
für die breite Masse immer<br />
mehr zur Nebensache wurden.<br />
Aber in den letzten Jahren hat sich<br />
dieser Trend wiederum gedreht. Noch<br />
immer wird eifrig gelaufen – aber die<br />
einstigen „Nur-Jogger“ haben neue<br />
Spielarten entdeckt. Trailrunning ist<br />
in, vor allem aber freut man sich weltweit<br />
bei Abenteuer- und Hindernisläufen<br />
wie der Fisherman-Strongman-<br />
Run-Serie oder auch dem Grazathlon<br />
über steigende Teilnehmerzahlen.<br />
Der Hintergrund: Auch hier sind<br />
die Strecken von Stationen gesäumt,<br />
die den Teilnehmern neben Kraft und<br />
Nr. 4; <strong>August</strong> / September <strong>2016</strong><br />
27