Ausgabe 12 / 2010 - BankPraktiker
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das erste Votum beim berater angesiedelt, das<br />
zweite Votum wird durch die Marktfolge erstellt.<br />
somit liegt eine gleichberechtigung in der kreditentscheidung<br />
und sogar im eskalationsfall<br />
ein Übergewicht der Marktfolge vor. einhergehend<br />
mit dieser entwicklung haben sich<br />
auch die unterschiedlichen Mitarbeitertypen,<br />
stellenprofile und Zielsysteme gewandelt und<br />
sich auf die geänderten anforderungen eingestellt.<br />
selbst die Prozessverantwortung – eine<br />
zentrale rolle des geschäftsprozessmanagements<br />
– ist gemäß den Marisk in der Marktfolge<br />
angesiedelt.<br />
4. Umsetzung des industriellen<br />
Ansatzes im Kreditgeschäft<br />
unter dem begriff industrialisierung versteht<br />
die Finanzindustrie im Wesentlichen, dass<br />
die bearbeitung einzelner Prozessschritte<br />
(z. b. sicherheitenbewertung, Vertragserstellung<br />
oder kreditvalutierung und kontrolle)<br />
nicht mehr vollumfänglich durch einen oder<br />
wenige bearbeiter erfolgt, sondern, dass es<br />
für genau zugeschnittene teilprozesse jeweils<br />
einen Verantwortlichen gibt (Arbeitsteilung/<br />
Taylorisierung). dadurch werden effizienzgewinne<br />
erzielt und ein zielgerichteter einsatz<br />
des Personals je nach vorhandener Qualifikation<br />
und gehaltsstruktur ermöglicht. charakteristisch<br />
für dienstleistungen besteht bei der<br />
umsetzung der o. g. Maßnahmen allerdings<br />
das risiko, dass es zu Informationsverlusten<br />
kommt (Modell „stille Post“). des Weiteren lässt<br />
sich eine einmal aufgegebene kernkompetenz<br />
einer bank (ganzheitliche kreditbearbeitung)<br />
nur schwer und mit einem hohem Personalkostenanteil<br />
1 wieder aufbauen.<br />
5. Wesentliche Unterschiede zwischen<br />
Kredit- und klassischen Fertigungsprozessen<br />
der kreditprozess unterscheidet sich teilweise<br />
wesentlich von Fertigungsprozessen anderer<br />
art. in keinem anderen Fertigungsprozess existiert<br />
eine solche ausprägung unterschied licher<br />
interessen (systemimmanenter Zielkonflikt).<br />
ein auto wird auf die Marktbedürfnisse hin entwickelt,<br />
der Vertrieb setzt die Fahrzeuge mit<br />
den gegebenen auswahlmöglichkeiten ab<br />
und die Produktion baut nach den detaillierten<br />
bestellungen die Fahrzeuge zusammen.<br />
der kreditprozess beginnt mit der Finanzierungsanfrage<br />
des kunden, der berater identifiziert<br />
gemeinsam mit dem kunden das richtige<br />
Produktangebot und macht einen Vorschlag<br />
zur ausgestaltung (z. b. Zinssatz und tilgungsstruktur).<br />
danach befürwortet er im anschluss<br />
an eine erste bonitätsanalyse des kunden die<br />
kreditvergabe. analog des oben beschriebenen<br />
Fertigungsprozesses würde nun die Marktfolge<br />
mit der Produktion beginnen, den Vorgaben<br />
des beraters folgen und die Vertragserstellung<br />
und auszahlung vornehmen. dies ist aber nur<br />
bei Prozessen in Einzelentscheidungskompetenz<br />
2 des beraters der Fall. Hier ist die annäherung<br />
an den industriellen ansatz am größten.<br />
aber diese Prozesse bilden bei weitem nicht<br />
das gesamte spektrum der kreditprozesse von<br />
universalbanken ab und im regelfall sind die<br />
meisten ressourcen im risikorelevanten Kreditgeschäft<br />
– mit Votum aus Markt und Marktfolge<br />
– gebunden. des Weiteren ist selbst bei<br />
Prozessen in einzelkompetenz kein reibungsloser<br />
ablauf an den schnittstellen von Markt zu<br />
Marktfolge (interne einheit oder externe kre<br />
Abbildung 1: Informationstransformation bei risikorelevanten Kreditprozessen<br />
KUNDE<br />
Informationstransformation („Stille Post“)<br />
Kundentermin/<br />
Beratung<br />
Markt Marktfolge<br />
Informationsverlust<br />
Antragstellung/<br />
Einreichung<br />
der Unterlagen<br />
Informationsverlust<br />
Vorprüfung/<br />
Entscheidungsfindung<br />
GEFAHR VON RÜCKFRAGEN<br />
Informationsverlust<br />
Protokoll/<br />
Entscheidung/<br />
Zusage<br />
Vertragserstellung/<br />
-versand<br />
Auszahlung<br />
KUNDE<br />
<strong>12</strong>–01 / 2011 <strong>BankPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Kreditprozesse<br />
unterscheiden sich<br />
wesentlich von<br />
industriellen Fertigungsprozessen.<br />
«<br />
1 Z. b. durch einkauf neuer außertariflicher Mitarbeiter<br />
oder durch aufwendige schulungsmaßnahmen.<br />
2 Hier besteht gemäß Marisk eine Öffnungsklausel<br />
aufgrund günstiger risikorelationen.<br />
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