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Interview mit Dr. Christian Schlüter, Leiter Investment Banking

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"Wir halten in den nächsten zwei<br />

bis drei Jahren mindestens eine<br />

Verdreifachung der Marktkapitalisierung<br />

börsennotierter Wohnimmoblienunternehmen<br />

für<br />

möglich."<br />

I N T E R V I E W M I T D R . C H R I S T I A N S C H L Ü T E R ,<br />

L E I T E R I N V E S T M E N T B A N K I N G R E A L E S T A T E<br />

F Ü R D E U T S C H L A N D , Ö S T E R R E I C H , S C H W E I Z<br />

B E I D E R C R E D I T S U I S S E<br />

REAL ESTATE MAGAZIN: Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen<br />

wurde das REIT-Gesetz thematisiert. Möglicherweise könnte<br />

künftig die Einbringung von Bestandswohnimmobilien in REITs<br />

möglich sein. Was erwarten Sie davon?<br />

DR. SCHLÜTER: Die Formulierungen sind recht vage. Von der<br />

Möglichkeit künftiger Wohnimmobilien-REITs ist expressis verbis<br />

nicht die Rede, lediglich vom Abbau „überflüssiger Hemmschwellen“.<br />

Mit der Abschaffung der Unterscheidung zwischen Gewerbeund<br />

Wohnimmobilien würde sich in Deutschland bedeutendes<br />

neues REIT-Potenzial erschließen. Angesichts der relativen Stabilität<br />

auf den Wohnungsmärkten erwarten wir bei Investoren substanzielles<br />

Interesse, sich auf Grundlage eines defensiven Risikoprofils<br />

in Immobilien zu engagieren. Auf der Angebotsseite sind die<br />

Exitbestrebungen von Finanzinvestoren sowie einiger Institutionen<br />

der öffentlichen Hand hervorzuheben. Daher erwarten wir,<br />

dass sich in den nächsten zwei bis drei Jahren die Marktkapitalisierung<br />

börsennotierter Wohnimmobilienunternehmen mindestens<br />

verdreifachen wird. Da<strong>mit</strong> könnte die Kombination aus der erwarteten<br />

Liberalisierung des REIT-Regimes und einem positiveren<br />

Kapitalmarktumfeld dem deutschen REIT-Segment eine zweite<br />

Chance geben.<br />

„Mit der möglichen Abschaffung der<br />

Unterscheidung zwischen Gewerbe- und<br />

Wohnimmobilien würde sich in Deutschland<br />

bedeutendes neues REIT-Potenzial<br />

erschließen.“<br />

8 | INSTITUTIONAL INVESTMENT REAL ESTATE MAGAZIN | 1/2010<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Christian</strong> <strong>Schlüter</strong>, <strong>Leiter</strong> <strong>Investment</strong> <strong>Banking</strong><br />

Real Estate für Deutschland, Österreich, Schweiz<br />

bei der Credit Suisse<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Christian</strong> <strong>Schlüter</strong>, <strong>Leiter</strong> <strong>Investment</strong> <strong>Banking</strong> Real Estate bei der Credit Suisse, sieht aufgrund einer möglichen<br />

Liberalisierung des REIT-Regimes sowie von Exitbestrebungen von Finanzinvestoren und der öffentlichen<br />

Hand ein großes Potenzial für Wohnimmobilienunternehmen. Mit weiteren signifikanten Kapitalerhöhungen<br />

aus dem Immobiliensektor rechnet er bei einem stabilen Kapitalmarktumfeld im ersten Halbjahr 2010.<br />

REAL ESTATE MAGAZIN: Sind im konjunkturell schwierigen Umfeld<br />

Wohnimmobilienunternehmen leichter zu platzieren als<br />

Unternehmen aus dem gewerblichen Immobiliensektor?<br />

DR. SCHLÜTER: Die Auswirkungen der Krise auf den Gewerbeimmobiliensektor<br />

sind noch nicht vollständig abzusehen. Die latenten<br />

Risiken in Bezug auf Parameter wie Mietpreisentwicklungen,<br />

Leerstände und Mietausfälle führen derzeit zu Zurückhaltung bei<br />

Investoren. Zudem befinden sich die meisten Unternehmen noch<br />

in der Aufarbeitung operativer Herausforderungen wie Asset Management<br />

und Refinanzierung des Fremdkapitals. Der Wohnimmobilienbereich<br />

dagegen erweist sich im gegenwärtigen Markt als<br />

vergleichweise konjunkturresistent und da<strong>mit</strong> berechenbarer. Einige<br />

Wohnimmobilienunternehmen haben ihre operativen Cashflows<br />

durch Mietsteigerungen und Leerstandsabbau, aber auch<br />

durch Optimierungen in der Bewirtschaftung sogar steigern können.<br />

Das schafft Vertrauen bei Investoren, was sich in zunehmender<br />

Aktivität am Kapitalmarkt ausdrückt. Insofern bietet der<br />

Markt Wohnimmobilienunternehmen derzeit eine relativ bessere<br />

Ausgangsposition.<br />

REAL ESTATE MAGAZIN: Die Kurse von Immobilienunternehmen<br />

konnten in den vergangenen Monaten wieder deutlich zulegen,<br />

<strong>mit</strong> Deutsche EuroShop, Deutsche Wohnen und IVG haben drei<br />

Immobilienunternehmen aus Deutschland erste nennenswerte<br />

Kapitalerhöhungen platziert. Wie sehen Sie das Umfeld für Kapitalerhöhungen<br />

und IPOs aus dem Immobiliensektor?<br />

DR. SCHLÜTER: Der deutsche Sektor für Immobilienaktien findet<br />

sich in einer Phase grundlegender Veränderung. Wesentliche Trei-


er sind die zunehmende Differenzierung von E<strong>mit</strong>tenten durch<br />

Investoren nach Qualität von Geschäftsmodell und Management<br />

sowie der anstehende strukturelle Rekapitalisierungsbedarf aufgrund<br />

der teilweise sehr aggressiven Fremdfinanzierungen. Dies<br />

bedeutet, dass derzeit im Gegensatz zum Zeitraum der Jahre 2005<br />

bis 2007 neues Kapital nur selektiv zur Verfügung gestellt wird.<br />

Kriterien bei der Auswahl sind für Investoren einerseits ein erkennbarer<br />

Fortschritt bei der Abarbeitung operativer Hausaufgaben<br />

sowie eine schlüssige Mittelverwendungsabsicht. Cashflowstärke<br />

und Dividendenfähigkeit ergänzen das NAV-Konzept bei<br />

der Bewertung von Bestandsunternehmen – werden dieses nach<br />

Einschätzung von Credit Suisse, anders als am Markt vielfach erwartet,<br />

allerdings nicht ablösen. Diese Faktoren li<strong>mit</strong>ieren derzeit<br />

die Kapitalmarktaktivität. Zwischen den Unternehmen hat daher<br />

eine Art Wettlauf um die nächsten Plätze eingesetzt. Ein stabiles<br />

Kapitalmarktumfeld vorausgesetzt, erwarten wir die nächsten signifikanten<br />

Kapitalerhöhungen im 1. Halbjahr 2010. Es befinden<br />

sich auch einige IPOs in der Pipeline, allerdings werden die Anforderungen<br />

der Investoren an diese aufgrund der Erfahrungen aus<br />

den vergangenen Jahren noch höher sein als bei Kapitalerhöhungen.<br />

Mit Beginn des 2. Halbjahres 2010 könnte sich hier ein breiteres<br />

Fenster auftun. Das setzt jedoch ein allgemein günstiges Börsenklima<br />

voraus.<br />

REAL ESTATE MAGAZIN: In anderen Ländern, in denen REITs und<br />

Immobilienaktien deutlich länger etabliert sind (wie z.B. USA,<br />

UK, Australien), gab es in diesem Jahr eine ganze Flut von Kapitalerhöhungen.<br />

Weshalb halten sich deutsche Unternehmen (im<br />

internationalen Vergleich) noch stark zurück?<br />

Events<br />

Cim<strong>mit</strong><br />

20. IIR Jahresauftaktkongress<br />

der Immobilienwirtschaft<br />

26. und 27. Januar 2010<br />

Frankfurt am Main<br />

Expo Real<br />

13. Internationale Fachmesse<br />

für Gewerbeimmobilien<br />

4. – 6. Oktober 2010<br />

München<br />

Deutsches Eigenkapitalforum 2010<br />

Frühjahr: 28.-29. April, <strong>Dr</strong>esden<br />

Herbst: 22.-24. November,<br />

Frankfurt am Main<br />

Teilnehmer am Deutsche Börse REITs-Segment RX REIT Index<br />

Herkunft Anzahl<br />

Deutschland 2<br />

� alstria office REIT-AG<br />

� Fair Value REIT-AG<br />

USA 115<br />

Kanada 4<br />

Asien 14<br />

Europa* 25<br />

Insgesamt 160<br />

*außer Deutschland<br />

Stand: 30. September 2009<br />

Quelle: Deutsche Börse<br />

D E U T S C H E B Ö R S E R E I T S<br />

„Ein stabiles Kapitalmarktumfeld vorausgesetzt,<br />

erwarten wir die nächsten<br />

signifikanten Kapitalerhöhungen im<br />

1. Halbjahr 2010.“<br />

DR. SCHLÜTER: Die ausländischen Märkte folgen auf der Zeitachse<br />

überwiegend einem anderen Zyklus als der deutsche Markt.<br />

Zudem ist der deutsche Immobilienkapitalmarkt im Vergleich bislang<br />

unterentwickelt: Die Zahl der börsennotierten Immobiliengesellschaften<br />

und ihre Marktkapitalisierung sind in Relation zur<br />

Größe und Bedeutung der Volkswirtschaft marginal. Eine entsprechende<br />

institutionelle Immobilien-Kapitalmarktkultur beginnt<br />

sich erst zu entwickeln und benötigt Zeit. Nicht zu vergessen sind<br />

strukturelle Aspekte des deutschen Bankensystems wie z.B. der<br />

Umgang <strong>mit</strong> der Bewertung und Restrukturierung von Immobilien-Kreditportfolios.<br />

Da<strong>mit</strong> ist bislang die Notwendigkeit ausgeblieben,<br />

durch Eigenkapitalaufnahmen zu ungünstigen Bedingungen<br />

– Stichwort: Verwässerung – um Schieflagen auf der<br />

Fremdkapitalseite aufzufangen. Zuletzt gilt: Investoren sind<br />

grundsätzlich nicht mehr bereit, Unternehmen ohne konkrete<br />

Darlegung möglicher Wachstumsstrategien frisches Kapital für<br />

Akquisitionen anzuvertrauen. Insgesamt liegt die Schwelle für<br />

erfolgreiche Eigenkapitalmaßnahmen heute deutlich höher als<br />

etwa vor drei oder vier Jahren.<br />

REAL ESTATE MAGAZIN: Vielen Dank für das Gespräch.<br />

Das <strong>Interview</strong> führte Robert Cleve.<br />

www.deutsche-boerse.com/reits<br />

Stand: 30.Oktober 2009<br />

1/2010 | www.realestate-magazin.de | 9

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