Nordbayerischer Kurier vom Samstag

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Nordbayerischer Kurier vom Samstag, 5. Juli 2014, Seite 23 Gräben überwinden Studenten wollen mit Internetseite Interessenten für Migrationsarbeit finden BAYREUTH Von Gunter Becker Sie wollen die Distanz zwischen Einheimischen und hier lebenden Ausländern überwinden: Die Studenten Andrea Dertinger und Fabian Hafner und ihre acht Mitstreiter haben es sich zum Ziel gemacht, Menschen, die sich im Bereich Migrationsbetreuung ehrenamtlich engagieren wollen, und hier lebende Ausländer zusammenzubringen. Als Werkzeug dient ihnen das vor zwei Jahren gegründete, aber wieder eingeschlafene Internetprojekt „Auf ein Treffen mit...“, das im Oktober in neuer und erweiterter Form an den Start gehen soll. Der Bedarf ist vorhanden, die Bereitschaft für ein ehrenamtliches Engagement auch: Die Frage ist jedoch, wie bringt man Organisationen, Institutionen und Vereine, die in der Integrations- und Betreuungsarbeit tätig sind, und Menschen zusammen, die sich gerne dort engagieren wollen. Diese Frage hat sich die Studentengruppe um Fabian Hafer und Andrea Dertinger gestellt und eine auf den ersten Blick einfache Antwort gefunden: Sie haben wieder ein Projekt aus der Schublade hervorgekramt, das bereits 2012 von anderen Studenten entwickelt worden war. Unter dem Titel „Auf ein Treffen mit...“ hatten ihre Vorgänger eine Website gestaltet, auf der sie dafür warben, durch das „Zusammenkommen von deutschen Bürgern und Flüchtlingen Grenzen abzubauen und somit Toleranz und die Integration von Flüchtlingen in die deutsche Gesellschaft zu fördern“. Drei auf der Seite zu lesende Interviews mit Flüchtlingen, in denen diese ihre Schicksale schildern, sollten die Besucher der Seite sensibilisieren für die Probleme der Asylsuchenden. Mit einer pfiffigen Werbeaktion sollten möglichst viele Menschen in der Stadt und der Region auf die Website aufmerksam gemacht werden: Die Studenten bedruckten Pappbecher mit Potraits von Asylsuchenden und der Webadresse, die in vielen Cafés und Kantinen ausgegeben wurden. Die Resonanz blieb jedoch gering, erinnert sich Christel Stein vom Verein Bunt statt Braun. Zwischenzeitlich haben die vier Studenten, die das Projekt ausgedacht hatten, die Bayreuther Uni verlassen. Zurück blieb die nur die Erinnerung an die Seite. Fabian Hafner und Andrea Dertinger, Studenten der Fachrichtung Philosophy and Economics, und ihre Kommilitonen wollen das Projekt nun wiederbeleben und um einen weiteren, wichtigen Aspekt erweitern. Sie sind nahezu alle in irgendeiner Form in der Flüchtlingsarbeit engagiert – wie überhaupt sich fast ausschließlich nur Studenten ehrenamtlich um Flüchtlinge

<strong>Nordbayerischer</strong> <strong>Kurier</strong> <strong>vom</strong> <strong>Samstag</strong>, 5. Juli 2014, Seite 23<br />

Gräben überwinden<br />

Studenten wollen mit Internetseite Interessenten für Migrationsarbeit finden<br />

BAYREUTH<br />

Von Gunter Becker<br />

Sie wollen die Distanz zwischen Einheimischen und hier lebenden Ausländern<br />

überwinden: Die Studenten Andrea Dertinger und Fabian Hafner und ihre acht<br />

Mitstreiter haben es sich zum Ziel gemacht, Menschen, die sich im Bereich<br />

Migrationsbetreuung ehrenamtlich engagieren wollen, und hier lebende Ausländer<br />

zusammenzubringen. Als Werkzeug dient ihnen das vor zwei Jahren gegründete, aber<br />

wieder eingeschlafene Internetprojekt „Auf ein Treffen mit...“, das im Oktober in neuer<br />

und erweiterter Form an den Start gehen soll.<br />

Der Bedarf ist vorhanden, die Bereitschaft für ein ehrenamtliches Engagement auch: Die<br />

Frage ist jedoch, wie bringt man Organisationen, Institutionen und Vereine, die in der<br />

Integrations- und Betreuungsarbeit tätig sind, und Menschen zusammen, die sich gerne dort<br />

engagieren wollen. Diese Frage hat sich die Studentengruppe um Fabian Hafer und Andrea<br />

Dertinger gestellt und eine auf den ersten Blick einfache Antwort gefunden: Sie haben wieder<br />

ein Projekt aus der Schublade hervorgekramt, das bereits 2012 von anderen Studenten<br />

entwickelt worden war.<br />

Unter dem Titel „Auf ein Treffen mit...“ hatten ihre Vorgänger eine Website gestaltet, auf der<br />

sie dafür warben, durch das „Zusammenkommen von deutschen Bürgern und Flüchtlingen<br />

Grenzen abzubauen und somit Toleranz und die Integration von Flüchtlingen in die deutsche<br />

Gesellschaft zu fördern“. Drei auf der Seite zu lesende Interviews mit Flüchtlingen, in denen<br />

diese ihre Schicksale schildern, sollten die Besucher der Seite sensibilisieren für die Probleme<br />

der Asylsuchenden. Mit einer pfiffigen Werbeaktion sollten möglichst viele Menschen in der<br />

Stadt und der Region auf die Website aufmerksam gemacht werden: Die Studenten<br />

bedruckten Pappbecher mit Potraits von Asylsuchenden und der Webadresse, die in vielen<br />

Cafés und Kantinen ausgegeben wurden. Die Resonanz blieb jedoch gering, erinnert sich<br />

Christel Stein <strong>vom</strong> Verein Bunt statt Braun. Zwischenzeitlich haben die vier Studenten, die<br />

das Projekt ausgedacht hatten, die Bayreuther Uni verlassen. Zurück blieb die nur die<br />

Erinnerung an die Seite.<br />

Fabian Hafner und Andrea Dertinger, Studenten der Fachrichtung Philosophy and Economics,<br />

und ihre Kommilitonen wollen das Projekt nun wiederbeleben und um einen weiteren,<br />

wichtigen Aspekt erweitern. Sie sind nahezu alle in irgendeiner Form in der Flüchtlingsarbeit<br />

engagiert – wie überhaupt sich fast ausschließlich nur Studenten ehrenamtlich um Flüchtlinge


kümmern, wie Christel Stein beteuert – und wissen um die Sorgen und Nöte der Menschen,<br />

die aus ihren Heimatländern flüchten mussten. Hafner hatte bereits nach einem einjährigen<br />

Aufenthalt in Indien, wo er ehrenamtlich in einer Schule gearbeitet hat, in Berlin<br />

Asylbewerber bei Ämtergängen begleitet. Andrea Dertinger hat ebenfalls nach dem Abitur ein<br />

freiwilliges soziales Jahr absolviert, das sie in einer Schule in Manila auf den Philippinen<br />

verbrachte. Die Erlebnisse in den Ländern hätten sie geprägt, beteuern die beiden. Freundliche<br />

Menschen, offene Türen, herzliche Gastfreundschaft sind Begriffe, die sie mit ihren<br />

Auslandsaufenthalten verbinden. Das dürfe aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es<br />

trotzdem lange dauern kann, bis man in einem fremden Land richtig Fuß gefasst hat. Ein<br />

Vorhaben, das Asylsuchenden in Deutschland besonders schwer ermöglicht werde. Deshalb<br />

wollen sie, sagen Hafner und Dertinger, dazu beitragen, das Verständnis der Bayreuther für<br />

die hier lebenden Ausländer und deren Nöte und Sorgen zu wecken oder zu verbessern, indem<br />

man Möglichkeiten schafft, dass die Menschen zusammenfinden.<br />

Bewerkstelligen wollen sie das, indem sie den noch existierenden Internetauftritt „Auf ein<br />

Treffen mit...“ um einen wichtigen Aspekt ergänzen: Um Angebote von solchen<br />

Organisationen, Institutionen, Behörde und Vereinen, die in die Arbeit mit hier lebenden<br />

Ausländern eingebunden sind. „Wir haben alle uns bekannten Einrichtungen wie Caritas,<br />

Bunt statt Braun, Integrationsamt oder Ditib, die türkisch islamische Gemeinde, schon<br />

mehrmals aufgesucht, ihnen unser Vorhaben präsentiert und gemeinsam Ideen entwickelt, wie<br />

und womit sie sich auf unserer Seite präsentieren können“, erklärt Hafner. Die Resonanz sei<br />

überall groß gewesen. Er und seine Mitstreiter zäunen damit das Pferd von hinten auf. Sie<br />

appellieren nicht an die Besucher der Website, sich zu engagieren, sondern zeigen ihnen<br />

Möglichkeiten auf, wo und wie sie sich einbringen können. Denn alle eingebundenen<br />

Einrichtungen haben auf der Internetseite die Möglichkeit, ihren Bedarf zu veröffentlichen:<br />

Begleitung von Kindern zum Schwimmkurs, Deutsch- und Kochkurse, Begleitung bei der<br />

Wohnungssuche und vieles mehr, was bewirken kann, die Integration zu verbessern,<br />

Freundschaften zu schließen und zu beweisen, dass auch in Bayreuth Gastfreundschaft<br />

gepflegt wird.<br />

Bis zum Oktober will die Gruppe um Hafner und Dertinger das Projekt soweit abgeschlossen<br />

haben, dass sie es der Öffentlichkeit präsentieren kann. Das wollen sie in Form eines<br />

mehrtägigen offenen Cafés tun, in dem sie Passanten über ihr Projekt informieren. Dazu soll<br />

es Tassen geben, die mit Potraits von Menschen aus unterschiedlichen Ländern bedruckt sind.<br />

Das Projekt findet übrigens auch in Berlin Anklang: Die gesamten Kosten übernimmt nämlich<br />

das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über sein Programm<br />

„Toleranz fördern, Kompetenz stärken“.<br />

Info: Wer sein(e) Projekt(e) auf der Website „Auf ein Treffen mit...“ veröffentlich will, kann<br />

dies unter info@aufeintreffenmit.de mitteilen.<br />

<strong>Nordbayerischer</strong> <strong>Kurier</strong> <strong>vom</strong> <strong>Samstag</strong>, 5. Juli 2014, Seite 23

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