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Nr. 14 (II-2016) - Osnabrücker Wissen

Nr. 14 (II-2016) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de

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Orte in Stadt und Land (7)<br />

Warum ist die Dodesheide keine tote Heide?<br />

Schon im Jahre 1512 tauchte der Name Dodesheide im geschichtlichen Ortsverzeichnis des<br />

Fürstbistums Osnabrück auf. Bis heute gibt es zwar mehrere interessante Deutungsvorschläge,<br />

aber bei genauerer Betrachtung ergeben sich fast überall Widersprüche.<br />

Wo liegt eigentlich<br />

die Dodesheide?<br />

Selbst deren Bewohner tun sich schwer<br />

mit der Abgrenzung zu den umgebenden<br />

Stadtteilen. Das liegt auch daran, dass die<br />

Dodesheide erst nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

ein eigenständiger Stadtteil Osnabrücks<br />

wurde. Vorher gehörte sie, ebenso<br />

wie Teile von Gartlage, Sonnenhügel und<br />

Widukindland zum Schinkel. Seit der<br />

Gebietsreform von 1972 wird die Dodesheide<br />

im Norden von der Vehrter Landstraße<br />

begrenzt, im Süden von der Bahnlinie<br />

nach Bremen, im Osten von Belm und<br />

im Westen von der Landwehr, einer vorgelagerten<br />

Stadtbefestigung.<br />

Sie bestand aus Wällen, die mit dichtem<br />

Dornengestrüpp bewachsen und Gräben,<br />

die in den Niederungen mit Wasser<br />

gefüllt waren. Heute wird die Landwehr<br />

von hohen Bäumen gesäumt und gilt als<br />

grüner Finger der Stadt Osnabrück.<br />

Woher kommt nun der<br />

Name dieses Stadtteils?<br />

Das Grundwort „heide“ wird im Niederhochdeutschen<br />

als ein mit Strauchwerk<br />

und Dornen bewachsenes Land bezeichnet.<br />

Das Bestimmungswort „dod(es)“ zeigt<br />

an, dass es sich hier um eine Genitivform<br />

handelt, die durch -es- markiert wird.<br />

2004 machte sich eine Klasse der Grundschule<br />

in der Dodesheide auf die Suche<br />

nach dem Ursprung<br />

des Namens. Am<br />

Ende präsentierten<br />

28<br />

die Schüler stolz ihr<br />

Ergebnis. Dodesheide<br />

stamme von<br />

„tote Heide“. Die<br />

Stadtteilhistorikerin<br />

Anni Wächter<br />

hielt das für einen<br />

Trugschluss. Mit<br />

dem Hinweis auf<br />

eine Chronik leitete<br />

sie den Namen<br />

von Bischof Dodo ab. Beide Theorien<br />

halten wissenschaftlichen Nachprüfungen<br />

aber nicht stand.<br />

Die Vermutung, dass Dodesheide mit „tote<br />

Heide“ gleichgesetzt werden könne, lässt<br />

sich schon grammatikalisch widerlegen.<br />

Das Adjektiv -tot-, -dod- steht hier im Dativ.<br />

Ein Zusammenschieben der Worte<br />

-to der doden heide- würde folglich<br />

„Dodenheide“ ergeben. Die Vermutung,<br />

dass Bischof Dodo der<br />

Namenspatron gewesen wäre, ist auch<br />

nicht stimmig, denn in diesem Zusammenhang<br />

müsste es ebenfalls Dodenheide<br />

heißen.<br />

Was noch übrig bleibt ist der Gedanke,<br />

dass die Dodesheide auf einen anderen<br />

Personennamen zurückgeht. Für plausibel<br />

hält die Göttinger Ortsnamenforscherin<br />

Dr. Kirstin Casemir, dass ein gewisser Dod<br />

oder Dodi der Namenspatron sein könnte.<br />

Mit der Genitivform „Dodesheide“ wäre<br />

der Name schlüssig.<br />

Bemerkenswert ist, dass wir denselben<br />

Personennamen auch im nahen Düstrup<br />

finden, das früher als Dodesthorpe bezeichnet<br />

wurde. Vielleicht war es ja ein<br />

Ritter, nach dem sowohl die Dodesheide als<br />

auch Dodesthorpe benannt waren. Schade<br />

ist nur, dass keine historische Figur bekannt<br />

ist, die exakt in dieses Muster passt. | EE<br />

Wie jede karikaturistische Überzeichnung<br />

trifft diese Beschreibung sicher lage, die mit ihrer Pracht vor allem Macht<br />

Sophie anno 1677 als barocke Gartenan-<br />

WAGNERS ANSCHÜBE<br />

einen wahren Kern. In Wahrheit präsen- und Reichtum präsentieren sollte. Nicht<br />

tiert sich die <strong>Osnabrücker</strong> Park- und wenige Adelige des <strong>Osnabrücker</strong> Umlands<br />

nahmen sich den Schlossgarten als<br />

die Hügelchen sind mit allen Sorten des chen. (…) Kurz, Ihr gutes Gärtchen, liebe Großmama,<br />

gleicht jetzt einer bezauberten Insel,<br />

Gartenwelt jedoch in einer Vielfalt, deren<br />

schönsten Gesträuches bedeckt, und auf unsern<br />

Wiesen sind keine Blumen, Betrachtung die sich sich nichtlohnt.<br />

worauf man alles findet, was man Vorbild nicht darauf ihrer eigenen Vorzeige-Flächen.<br />

auch in jenen kleinen Tälerchen Der durch befinden. zahlreiche Es suchet, und Publikationen<br />

von dem, was man darauf suchet,<br />

hat dieses meinem Manne bekannte zwar vieles Autor gekostet,<br />

indem er einige tausend Fuder Sand, Stei-<br />

bringen Sie uns doch bitte etwas weißen Kohl<br />

Heiko nichts Schulze findet. (…) ist Wenn den Sie aber Wussten kommen: so Sie, dass Justus Möser<br />

Geheimnissen der <strong>Osnabrücker</strong> Gärten (1720-1794) ein süffisanter Kritiker<br />

ne und Lehm auf das Kohlstück bringen lassen aus der Stadt mit; denn wir haben hier keinen<br />

müssen, um so etwas Schönes in einem daraus jüngst zu ma-<br />

erschienenen Platz mehr dafür. Buch (…)“ auf 20<br />

den Grund gegangen. Für „<strong>Osnabrücker</strong><br />

<strong>Wissen</strong>“ beantwortet er die spannendsten<br />

Fragen.<br />

Wagners Anschübe<br />

Wussten Sie, dass die Flächen vor den<br />

alten Stadtmauern Osnabrücks als<br />

V<br />

erste Gemeinschaftsgärten dienten? Gemüse mehr zu finden war.<br />

on geradezu pionierhafter Bedeutung für terschiedliche Flächen jenseits der Stadtmauern<br />

bis durch 1843, vielfältige durfte Anpflanzungen zu nutzen<br />

die gärtnerische Gestaltung Jahrhundertelang, Osnabrücks<br />

wurde das Engagement niemand des bereits sein zuvor Haus erwähnten<br />

Senators Gerhard bauen. Friedrich Dafür Wagner teilten bis Dabei zu war acht der Laischaf-<br />

Kaufmann hauptberuflich „Gartenvater“ ei-<br />

besitzt?<br />

und außerhalb diese Praxis der als Wälle vorbildlich Wussten zu propagieren. Sie, dass Osnabrück einen<br />

(1769-1846). Nicht weit hinter den alten Stadtmauern,<br />

direkt vor der Anhöhe des Bürger-<br />

betrieb seit 1805 im eigenen Haus in der<br />

gentlich auf das Tuchgewerbe spezialisiert und<br />

ten die Flächen ringsum unter sich auf Senator Gerhard Friedrich Wagner<br />

parks, gehörte dem Senator und ein bewirtschafteten prächtiger eigener<br />

Garten. Das Gartenwesen waltung entwickelte vorwiegend handlung. als Da Viehweiden,<br />

er Hausbesitzer des war, ersten gehörten Parks „für alle“, des Bürger-<br />

Krahnstraße sie in 30 Selbstver-<br />

eine recht gut (1769-1846) gehende Stoff-<br />

war nicht nur der „Erfinder“<br />

sich zeitlebens zu seiner großen Feld- und Leidenschaft. nicht zuletzt ihm mit – wie Gartenflächen.<br />

anderen Gebäude-Eigentümern<br />

parks. Getragen von der Idee, möglichst<br />

viele Menschen mit gesundem<br />

Immer wieder war Wagner darum bemüht, un-<br />

auch – Anteile an der Herrenteichslaischaft.<br />

DER SCHLOSSGARTEN<br />

Lange Jahre fungierte er als deren Vorsteher<br />

Wussten<br />

und<br />

Sie,<br />

prägte<br />

dass<br />

die Aktivitäten.<br />

der heutige<br />

bereits Schlossgarten aufgrund seines zu Amtes immerhin darum bemüht, 2.000 Obstbäume setzen, die<br />

Als Obst Sprecher zu war ernähren, er ließ er am Klushügel<br />

Der Schlossgarten<br />

deren Flächen im Sinne von Nutzgärten, Feldoder<br />

Forstflächen gedeihlich zu nutzen.<br />

Das barocke Schloss und der angegliederte<br />

Schlossgarten dienten einst als fürst-<br />

Beginn ein ummauertes<br />

jedermann kostenlos abernten durfte.<br />

bischöfliche Residenz von Ernst August I.<br />

Areal für die<br />

(1629-1698), der das Fürstbistum Osnabrück<br />

seit 1662 als erster protestantischer Landesherr<br />

regierte. Sein imposantes Quartier<br />

GÄRTEN FÜR ALLE Obstbäume herrschaftliche<br />

bewohnte<br />

er mit seiner Familie von 1673 bis<br />

für alle Wussten Sie, dass der erste deutsche<br />

1680, wonach das Gebäude in der Folgezeit<br />

Wie Elite kein war? zweiter <strong>Osnabrücker</strong> Schrebergarten seiner Zeit erkannte<br />

für<br />

eine Form von Spielplatzentwidmung<br />

Bedeutung, die und Kindesenteig-<br />

nur noch als Nebenresidenz diente.<br />

Gärten<br />

Der<br />

alle: der erste<br />

Parks Senator protestantische<br />

Fürstbinung<br />

war?<br />

als die grüne hohe<br />

Die Gemeinsamkeiten Begegnungsräume<br />

sind unverkennbar: in der weiteren Zukunft der Obstbaum haben<br />

Die Schlossgärten von Osnabrück (1691, Abbildung<br />

links) 29 und Herrenhausen (1708, Ausschnitt,<br />

Abbildung unten) sollte. Wagner war der erste, der dessen Pflanzung<br />

systematisch Ernst August in Angriff I. nahm. Denn Entwickelt der erste nach dem Leipziger<br />

30 in zeitgenössischen Ansichten<br />

(das <strong>Osnabrücker</strong> Motiv wurde zu diesem Zweck<br />

gedreht).<br />

Zwei große Park-Anlagen schof möchten wir an her auch als „Lustgärten“ bezeichnet, allein<br />

dieser Stelle im Rahmen eines gesonderten<br />

Kapitels beleuchten. schuf Vorweg: Auch chen Geschichte als etwas Besonderes. Darum<br />

schon aufgrund ihrer besonders traditionsrei-<br />

hatte sich den die edlen neue Park Disziplin der Mediziner „Obstbaumkunde“<br />

bereits seit der zweiten Hälfte des 18.<br />

Schreber genannte Garten war<br />

Schlossgarten und Bürgerpark reihen sich sei uns nachgesehen, dass die folgenden Ausführungen<br />

bewusst ausführlich gehalten sind.<br />

zweifellos in die Vielfalt städtischer Gärten ein.<br />

Gleichwohl gelten beide Areale, nebst zuweilen frü-<br />

„Chefplanerin“<br />

Gattin Lehrer namens Gesell damit begann, mit den<br />

noch eine Art Kinderspielplatz. Als ein<br />

Jahrhundert. Sie war von solchen aufgeklärten<br />

Fürsten deutscher Einzelstaaten entwickelt<br />

worden, die nicht nur die Funktion Kindern des Obstbaums<br />

zur Ernährung, sondern übernahmen auch dessen noch vor 1870 schnell<br />

erste Pflanzungen vorzunehmen,<br />

Senator Gerhard Friedrich Wagner (1769-1846) wirtschaftlichen Nutzen erkannt hatten. Wag-<br />

Bilder © Ebba Ehrnsberger<br />

Herrenhäuser Schloss © Gemeidegut / restliche Bilder © Stadt Osnabrück<br />

Raum zum Rasten oder Spielen: üppige Rasenflächen mit schattigen Bäumen<br />

22<br />

16<br />

der damals trendigen englischen<br />

Landschaftsgärten war?<br />

Unter dem Pseudonym „Anglomonia<br />

Domen“ spottete er anno 1778 im<br />

Text „Das englische Gärtchen“ über ein<br />

opulent umgestaltetes Anwesen, in dem<br />

viel Landschaft, aber kein Obst oder<br />

STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />

Welche Geheimnisse verbergen<br />

<strong>Osnabrücker</strong> Gärten?<br />

Exakt ausgemessene Grasteppiche, glatt geschnittene<br />

Hecken, symmetrisch angeordnete Zierblumen – und<br />

dazwischen aufdringlich grinsende Gartenzwerge: So oder ähnlich stellen sich kritische<br />

Zeitgenossen Osnabrücks Mustergarten vor.<br />

Jahrzehnte später – man schrieb das Jahr 1875<br />

– schließlich doch daran ging, die alten Visionen<br />

Senator Wagners zu verwirklichen.<br />

Es geschah dann zu Ostern 1876, als der<br />

neue „Bürgerpark“ das Licht der Welt erblickte.<br />

Seither übernahm die Stadt Osnabrück mit ihren<br />

Stadtgärtnern die Pflege und auch Neugestaltung<br />

der Gartenanlagen. Diese blieben<br />

im Grunde bis heute in ihren Wesenszügen unverändert.<br />

Seit 1998 kann der Besucher zusätzlich<br />

das „Wagner-Tor“ am Eingang des Bürger-<br />

die sich im Rahmen der Pflege des Bürgerparks<br />

unverändert in einer Art historischen Verpflichtung<br />

sieht.<br />

Ein Park mit Unterwelt<br />

Die Beschaulichkeit der gewachsenen Parklandschaft,<br />

die Besucher im Bürgerpark erleben,<br />

täuscht ein wenig. Denn viel wichtiger als<br />

die Oberfläche des Gertrudenberges war lange<br />

Zeit sein Inneres. Bereits im Mittelalter wurde<br />

hier für die Bauten der Stadt jener Kalk ab-<br />

parks (Ecke Senator-Wagner-Weg und gebaut, der, angereichert mit Wasser, die andernorts<br />

in Steinbrüchen der Umgebung ge-<br />

Wittkop straße) durchschreiten, das seinerzeit<br />

in Fleißarbeit von den Auszubildenden des wonnenen Bruchsteine zusammen hielt.<br />

städtischen Grünflächenamtes errichtet worden<br />

ist. Bedeutende Mittel dazu (weitere Maßhielt<br />

das Innenleben eine neue Funktion: Die<br />

Nachdem kein Kalk mehr abgebaut wurde, ernahmen<br />

schlossen sich immer wieder an) wurden<br />

von der Herrenteichslaischaft gespendet, derem als begehrte Bierkeller. Diese und<br />

tief eingeschlagenen Stollen dienten unter an-<br />

wei-<br />

33<br />

Gartenvater Gerhard Friedrich Wagner<br />

(oberer Kreis)<br />

Der ummauerte (mittlerer Kreis) und der<br />

heutige (rechter Kreis) Schlossgarten<br />

die Eltern die Regie: Die Kleingärtnervereine<br />

erlebten ihre Geburtsstunde.<br />

Wussten Sie, dass <strong>Osnabrücker</strong><br />

Kleingärtner ihre ersten Parzellen russischen<br />

Kriegsgefangenen verdanken?<br />

Im Jahre 1916 richteten die ehemaligen<br />

zaristischen Soldaten unter strenger<br />

militärischer Bewachung das Kern-Areal<br />

des heutigen Vereins „Deutsche Scholle“<br />

her, weshalb die Gärten noch lange Zeit im<br />

Volksmund „Russengärten“ hießen.<br />

Wussten Sie, dass es in Osnabrück<br />

nicht nur Parks, Privat- und Kleingärten<br />

gibt, sondern auch immer mehr<br />

Gemeinschafts- und Themengärten?<br />

Das Spektrum reicht von begehbaren<br />

Künstler- über ökologische und religiöse<br />

Lerngärten bis hin zum Friedensgarten.<br />

Kurzum: Es lohnt sich, im wahrsten<br />

Sinne des Wortes einmal häufiger „über<br />

den Gartenzaun“ zu blicken. | RED<br />

Gartengeschichte<br />

zum Nachlesen<br />

In Heiko Schulzes farbig illustriertem<br />

Buch „<strong>Osnabrücker</strong> Gärten. Geschichte(n)<br />

und Informationen. Kleingärten<br />

– Themengärten - Gemeinschaftsgärten<br />

– Lustgärten – Künstlergärten“ werden<br />

noch viele weitere Gartengeheimnisse<br />

gelüftet. Es ist für 4 €uro im <strong>Osnabrücker</strong><br />

Buchhandel, in den <strong>Osnabrücker</strong><br />

Museen, bei der Tourismus-Information<br />

sowie im <strong>Osnabrücker</strong> Kulturhaus<br />

(Marienstraße 5/6) erhältlich.<br />

29

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