Veranstaltungskalender Straßenmusik in Darmstadt Am ... - P-Magazin
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50_KlANGlich<br />
„Ich seh’ da e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Verbundenheit“<br />
Hörspiel mit den Förstern vom Silberwald<br />
Sie s<strong>in</strong>d meistens zu zweit und<br />
manchmal zu dritt. Fahr’n sie im<br />
Bus, fahr’ ich gerne mit! Sie steh’n<br />
auf Natur, sie steh’n auf Gewalt,<br />
sie steh’n auf die Heimat, doch das<br />
lässt mich kalt. Sie s<strong>in</strong>d die Förster<br />
– vom Silberwald! Und <strong>in</strong> letzter<br />
zeit konnte man sie recht häufig<br />
dabei beobachten, wie sie aus dem<br />
Dickicht hervortraten und die Nacht-<br />
der-Clubs-Busse und P-Party-Vorhöfe<br />
... nun ... rockten? oder doch<br />
eher: volkstümlich verschlagerten?<br />
So oder so h<strong>in</strong>terlassen Patrick<br />
L<strong>in</strong>s und Tobias Groß aus<br />
Schlüchtern mit ihrer Trachten-<br />
Travestie immer m<strong>in</strong>destens so<br />
viele verwirrte wie begeisterte<br />
zuschauer. Weniger bekannt ist<br />
hierzulande bislang noch, dass sie<br />
auch noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er echten, großen<br />
(Anti-)Rockband namens Tournée<br />
Du Chat Noir spielen, Mittelhessens<br />
best kept secret. Die musikalischen<br />
Eckpfeiler der Försterund-schwarzen-Katzen-Welt<br />
markieren Schlager, Metal und<br />
kranker Humor. Und davon gab<br />
es reichlich, als das P für Förster<br />
Tobias zur Jagd blies.<br />
Waidmannsheil!<br />
Die Kastelruther Spatzen<br />
(aus Südtirol)<br />
„E<strong>in</strong> bisschen Mensch se<strong>in</strong>“<br />
Die phänomenalen Spatzen mit<br />
e<strong>in</strong>em Smasher aus ihrem 2006er<br />
Hit-Album „...und s<strong>in</strong>gen ist Gold“.<br />
Tobias: Ja, sowas hatt’ ich befürchtet<br />
(freut sich augensche<strong>in</strong>lich<br />
über die gesungenen Weisheiten<br />
der Konkurrenz). Ja ... Was fällt<br />
mir dazu e<strong>in</strong>: Koks, Selbstmord ...<br />
Ke<strong>in</strong>e Ahnung, was das se<strong>in</strong> soll.<br />
Das s<strong>in</strong>d Eure großen Rivalen,<br />
die Kastelruther Spatzen.<br />
Tobias (betrachtet das Cover):<br />
Ja, „E<strong>in</strong> bisschen Mensch se<strong>in</strong>“,<br />
das reicht ja auch. Zum<strong>in</strong>dest für<br />
die Volksmusikszene. ich b<strong>in</strong> ja<br />
damals da re<strong>in</strong> gegangen, um dem<br />
Ganzen neues leben e<strong>in</strong>zuhauchen,<br />
aber die Strukturen s<strong>in</strong>d zu festgefahren.<br />
Zwangsheterosexualität,<br />
das bereits erwähnte Koks, von<br />
me<strong>in</strong>em konservativen Standpunkt<br />
aus ist das nix.<br />
+++ hEY cEM, chÖNE PARTY! +++<br />
Japanische Kampfhörspiele<br />
„Ich verabscheue Euch wegen<br />
Eurer Kle<strong>in</strong>kunst zutiefst“<br />
Tocotronic wussten schon früh,<br />
was sie von Jongleuren und anderen<br />
Gauklern zu halten haben. Hier die<br />
mit viel Liebe gegrunzte Gr<strong>in</strong>dcore-<br />
Version der JaKas.<br />
Tobias (nach 30 Sekunden): Ach,<br />
Japanische Kampfhörspiele! Ach<br />
Mann, ich f<strong>in</strong>d die echt gut, aber man<br />
muss die Texte immer nachlesen.<br />
Aber was uns ja mit den Metal-Bands<br />
verb<strong>in</strong>det, ist die Vorliebe für naturromantische<br />
Phänomene: Schwarzwald,<br />
Wolpert<strong>in</strong>ger, Schwerter. ich<br />
seh’ da e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Verbundenheit<br />
der Förster mit der Metal-Musik.<br />
Bezüglich der Motive?<br />
Tobias: Der Ästhetik vor allem. Es gibt<br />
ja diesen schönen Song „hammerfall“<br />
von hammerfall (aus dem Album<br />
„hammerfall“), mit dessen Video kann<br />
ich mich sehr gut identifizieren. Da<br />
flieht e<strong>in</strong> Mädchen durch den Wald, sie<br />
hat Angst, dann rennt sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e hütte<br />
und dort spielt die Band hammerfall<br />
den Song „hammerfall“ (aus dem<br />
Album „hammerfall“). Und dann reicht<br />
der Sänger der Gruppe hammerfall<br />
dem Mädchen die hand. Und sie lächelt.<br />
Das ist so die Art von Romantik,<br />
die ich mag. Seitdem wohne ich<br />
auch wieder im Wald und warte dort.<br />
Das Bierbeben<br />
„Ke<strong>in</strong> schöner Land“<br />
Wir bleiben volkstümlich mit<br />
dieser düsteren Coverversion,<br />
wieder mit Tocotronic-Beteiligung.<br />
Tobias: Kommen jetzt endlich die<br />
Bee Gees?<br />
Nee.. die hab ich diesmal<br />
weggelassen.<br />
Tobias (nach konzentriertem,<br />
entrücktem zuhören): Also, wer<br />
das ist, weiß ich nicht, aber es ist<br />
e<strong>in</strong>e fürchterliche Verwurstung<br />
e<strong>in</strong>es sehr schönen Traditionals.<br />
Könnte die Machart nicht e<strong>in</strong><br />
Kommentar zum zustand unseres<br />
Landes se<strong>in</strong>?<br />
Tobias: Ja, Verfall, Agonie, woh<strong>in</strong><br />
man hört. <strong>in</strong>sofern ist das dann<br />
doch recht passend. Aber ich f<strong>in</strong>de,<br />
dass Musik ja eher Spaß und Freude<br />
br<strong>in</strong>gen soll. Selbst die depressiven<br />
Sachen f<strong>in</strong>d ich nur gut, wenn sie<br />
etwas Animierendes haben. Zum<br />
Beispiel „Transmission“ von Joy<br />
Division.<br />
Voivod „Batman“<br />
Die kanadischen Thrash-Metal-<br />
Pioniere spielen das Thema der<br />
Fledermaus-TV-Serie.<br />
Tobias: Bee Gees, jetzt endlich.<br />
Das hör’ ich am Schlagzeugsound.<br />
Ich muss Dich erneut enttäuschen...<br />
Tobias: Kl<strong>in</strong>gt auf jeden Fall<br />
ganz cool. ist das... Kreator?<br />
Knapp vorbei. E<strong>in</strong>er von denen<br />
war mal bei Metallica.<br />
Tobias: Äh... Voivod. Dacht’ ich auch<br />
erst dran. Der bei Metallica war der<br />
Bassist (Jason Newsted, Anm. d.<br />
Red.), den haben die Metallicas<br />
dann auch rausgeekelt. ist wohl<br />
auch e<strong>in</strong> ziemlicher idiot. ich mag<br />
ja eher die progressiveren Voivod<br />
ab dem vierten Album. Die haben<br />
ja auch für die comicserie capta<strong>in</strong><br />
Future e<strong>in</strong> Stück gemacht, für<br />
dessen Gegenspieler.<br />
Black Sabbath „Planet Caravan“<br />
Auch harte Rocker können psychedelische<br />
Folk-Balladen zaubern.<br />
ozzy, übernehmen Sie!<br />
Tobias: ist das Mad Season?<br />
Alice <strong>in</strong> cha<strong>in</strong>s?<br />
Nee, älter. Ist auch für die Band<br />
eher untypisch.<br />
Tobias (leicht beleidigt): Mit<br />
diesem Flanger-Sound erkennt man<br />
die Stimme ja auch nicht. hmm ...<br />
Black Sabbath ist es nicht, oder?<br />
Doch!<br />
Tobias: Dazu sagte mir mal e<strong>in</strong><br />
Doom-Metal-Fan: „Die erste Black<br />
Sabbath ist der Fels <strong>in</strong> der Brandung,<br />
an dem die anderen Doom-<br />
Metal-Bands langsam abrutschen.“<br />
Das Stück ist aber nicht von der<br />
ersten, sonst würde ich das kennen<br />
(es ist von „Paranoid“ von 1970,<br />
Anm. d. Red.). Wobei, die beste<br />
Doom-Metal-Band ist nach wie vor<br />
Sa<strong>in</strong>t Vitus – oder Pentagram, ich<br />
kann mich gerade nicht entscheiden.<br />
Sa<strong>in</strong>t Vitus waren hippies, die<br />
gekifft und gesoffen und auf Böse<br />
gemacht haben, aber eigentlich<br />
waren sie hippies, <strong>in</strong>sofern ähneln<br />
sie vielen richtigen Metalbands.<br />
Truck Stop „Cash Medley“<br />
Für ihr 1993er Album „1.000<br />
Meilen Staub“ haben die LKW-<br />
Fahrer-Ikonen mal e<strong>in</strong> Medley<br />
mit Johnny-Cash-Stücken<br />
aufgenommen.<br />
Tobias (nach 3 Sekunden): Truck<br />
Stop! (Nach weiteren zehn Sekunden)<br />
Das ist nicht wirklich Truck<br />
Stop, oder?<br />
Doch.<br />
Tobias: countrymusik von Deutschen<br />
kl<strong>in</strong>gt nie wie richtiger<br />
country, sondern immer nach<br />
Diskette. „Der wilde, wilde Westen“<br />
ist def<strong>in</strong>itiv me<strong>in</strong> liebl<strong>in</strong>gslied von<br />
Truck Stop. Wir proben ja auch<br />
unter e<strong>in</strong>em country club und ich<br />
hab’ deshalb große hochachtung<br />
vor cowboys. Tex haper ist ja me<strong>in</strong><br />
liebl<strong>in</strong>gs-norddeutscher-countrysänger,<br />
mit dem Song „country New<br />
Wave“, sehr zu empfehlen. Das ist<br />
’ne frühe Form des Bastard-Pop<br />
– im Refra<strong>in</strong> country und <strong>in</strong> den<br />
Strophen Neue Deutsche Welle. <strong>in</strong><br />
dem lied geht es um Beziehungsprobleme<br />
auf Grund von Musikgeschmäckern.<br />
+++ FAhRT BlOSS VORSichTiG NAchhER BEi DEM WETTER! +++<br />
KlANGlich_51<br />
The Inner Space „Kamera Song“<br />
1968 machten auch Can, neben<br />
Kraftwerk (und den Scorpions me<strong>in</strong>etwegen)<br />
die e<strong>in</strong>zige deutsche<br />
Rockband von Weltruf, noch Schlager.<br />
Unter Pseudonym erschien<br />
dieses charmant gehauchte Stück.<br />
Tobias (schaut lange zeit verkniffen):<br />
imitiert da jemand Nico?<br />
Kl<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> bisschen so, oder?<br />
hm.... ist das so ne deutsche Schlagersache<br />
mit ’ner ausländischen<br />
Sänger<strong>in</strong>?<br />
Es geht eher um die Band, nicht um<br />
die Sänger<strong>in</strong> (Rosy Rosy, damals<br />
neben Uschi obermaier das „It-<br />
Girl“ der Münchner Szene, Anm.<br />
d. Red.). Der Song ist von e<strong>in</strong>em<br />
Soundtrack aus dem Jahr 68.<br />
Tobias: Soundtrack? Vielleicht<br />
can? Das ist e<strong>in</strong>e me<strong>in</strong>er deutschen<br />
liebl<strong>in</strong>gsbands auf diesem<br />
Gebiet. Wobei man das Gebiet ja gar<br />
nicht festlegen kann, sie ragen ja <strong>in</strong><br />
so viele Musikstile h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. ich geh’<br />
ja auch immer noch gern zu Damo-<br />
Suzuki-Konzerten (von 1970 bis<br />
73 Sänger von Can, Anm. d. Red.)<br />
nach Frankfurt, das ist auch sehr<br />
spannend.<br />
Und als Schlagerband?<br />
Tobias: Na ja, überzeugt hat mich<br />
das lied jetzt nicht. Gut, dass sie<br />
das nicht weitergeführt haben. Sie<br />
haben ja später viel bessere Soundtracks<br />
gemacht, zum Beispiel zu<br />
„Das Messer“ (Francis-Durbridge-<br />
Verfilmung von 1971, Anm. d. Red.)<br />
den Song „Spoon“. Der Film selbst<br />
war etwas langweilig, aber ich hab<br />
mir alle vier Teile angeschaut, nur<br />
um dieses lied hören zu können.<br />
Fazit:<br />
Ohne dieses hörspiel hätten wir<br />
nie erfahren, wo hammerfall ihre<br />
hütte haben, von welchem Felsen<br />
die ganzen Doom-Metal-Bands<br />
abrutschen, wer bei Metallica der<br />
größte idiot ist, welchen Zwängen<br />
die Kastelruther Spatzen unterworfen<br />
s<strong>in</strong>d und wer den Bastard-Pop<br />
erfunden hat. Waidmannsdank,<br />
herr Förster!<br />
(Mathias hill)