gab Juli 2016
CSD Frankfurt 2016 – Liebe gegen Rechts"
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Film<br />
FOTOS: STUDIOCANAL<br />
Kino<br />
KEINE SPUR VON MUFF<br />
John-Le-Carré-Verfilmungen haben sich ganz schön geändert<br />
seit Alec Guinness 1979 in „Dame, König, As, Spion“ durch<br />
seine dicke Hornbrille guckte. Irgendwie roch das von Le<br />
Carré beschriebene Spionage-Business bisher immer stark<br />
nach Zigarrenrauch und muffigen Hinterzimmern. Das sieht<br />
heutzutage ganz anders aus. „Verräter wie wir“ ist ein unterhaltsamer<br />
und leichtfüßiger Spionage-Thriller, der ganz ohne<br />
das verkrustete Pathos der früheren Filme auskommt.<br />
Regisseurin Susanna White versteht es, die vielen Wendungen<br />
und Hitchcock-ähnlichen Täuschungen und Tricks immer auf<br />
Tempo zu halten, und die vielen mondänen Schauplätze (von Marrakesch<br />
über Moskau und London bis in die französischen Alpen)<br />
machen schon fast einem Bond-Film Konkurrenz.<br />
„Verräter wie wir“ spielt ganz und gar in der Gegenwart. In einer<br />
Zeit, in der eine neue Art Kalter Krieg herrscht, in der Russland<br />
zu einer Kleptokratie mutiert ist und die politische Klasse im Vereinigten<br />
Königreich selbst kräftig an der Korruption mitverdient.<br />
Gleichzeitig ist „Verräter wie wir“ aber auch eine Beziehungsstudie<br />
anhand der kriselnden Ehe von Perry Makepeace (Ewan Mc-<br />
Gregor, „Moulin Rouge“), einem Universitätsdozenten, und seiner<br />
Frau Gail Perkins (Naomie Harris, „Spectre“), einer hochkarätigen<br />
Anwältin.<br />
Die beiden verbringen einen romantischen Urlaub in Marrakesch<br />
in einem Hotel, das sich Perry mit seinem Beamtengehalt kaum<br />
leisten kann, und versuchen, ihre angeschlagene Beziehung zu<br />
kitten. Hier treffen sie auf Dima (Stellan Skarsgård, „Verblendung“),<br />
einen extrovertierten und tätowierten Geldwäscher für<br />
die russische Mafia. Fast schon gegen seinen Willen wird der<br />
unbedarfte Perry in eine Welt voller Partys, Drogen und großem<br />
Reichtum eingeführt, schlussendlich aber von Dima als Mittelsmann<br />
benutzt, der ihm dabei helfen soll, zum britischen Geheimdienst<br />
überzulaufen und damit seine Familie vor der Mafia zu<br />
schützen.<br />
Der Film ist voller beeindruckender Bilder und teils melodramatischer<br />
Kameraeinstellungen: eine wunderschön fotografierte Frauenleiche,<br />
die in den russischen Schnee blutet, Ballett in Zeitlupe,<br />
malerische Landschaftsaufnahmen von Wäldern und Berggipfeln<br />
– aber auch spannende Action-Szenen mit Verfolgungsjagden und<br />
Schießereien. Stellan Skarsgård ist in Hochform als ungestümrasputinoider<br />
Mafioso, in gleichem Maße kultiviert wie skrupellos.<br />
Aber auch Ewan McGregor überzeugt als blauäugiger britischer<br />
Jedermann, der irgendwie in die Welt der Hochspionage verstrickt<br />
wird und dort über sich hinauswachsen muss.<br />
Die flotte Gangart lässt den ganzen Film über kaum nach und<br />
macht diesen John Le Carré so anders als die anderen. Die moralischen<br />
und politischen Verstrickungen treten in den Hintergrund<br />
und machen Platz für Action und moderne Unterhaltung. Zigarrenrauch<br />
in Hinterzimmern? Keine Spur. •am<br />
EINE WELT VOLLER PARTYS,<br />
DROGEN UND GROSSEM REICHTUM