Sportmagazin 2016
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6 Leitartikel<br />
Das glänzende Bild des Sports<br />
hat zweifellos auch mattere Stellen,<br />
vor allem im Leistungs- und<br />
Wettkampfbereich und insbesondere<br />
dort, wo (zu) viel Geld<br />
im Spiel ist. Dies haben verschiedene<br />
Skandale der jüngeren<br />
Vergangenheit schonungslos<br />
aufgezeigt, etwa unsägliche Vetternwirtschaft,<br />
nicht zu tolerierende<br />
Korruption oder wettbewerbsverzerrendes<br />
Doping. Doch<br />
davon soll für einmal nicht die<br />
Rede sein.<br />
Der Sport funktioniert weitgehend,<br />
indem sich auf allen<br />
Stufen – von den lokalen Vereinen<br />
bis zu den nationalen Verbänden<br />
– vor allem unzählige<br />
ehrenamtliche Trainer und<br />
Funktionäre sowie freiwillige<br />
Helfer engagieren und sich für<br />
die Anliegen der Sportlerinnen<br />
und Sportler einsetzen. Sie tun<br />
dies aus Leidenschaft und Freude<br />
am Sport, weil sie uneingeschränkt<br />
der Sache dienen und<br />
nicht ihr eigenes Ego bedienen<br />
wollen. Sie alle<br />
leisten einen<br />
unschätzbaren,<br />
unermesslichen<br />
Beitrag für eine<br />
gesunde Gesellschaft<br />
und bilden<br />
mit ihrem<br />
Enthusiasmus<br />
einen wesentlichen<br />
Pfeiler<br />
eines gut funktionierenden<br />
Systems. In diesem<br />
System können vor allem der<br />
Jugend- und der Breitensport<br />
eindrucksvoll gedeihen, obwohl<br />
die Rahmenbedingungen und<br />
der Stellenwert solcher Tätigkeiten<br />
im Sport an sich in der<br />
Schweiz alles andere als optimal<br />
sind.<br />
Beschädigter positiver<br />
Gesamteindruck<br />
Doch leider wird der Sport auch<br />
immer wieder als Plattform<br />
«missbraucht» – dies umso mehr,<br />
je höher es hinaufgeht und je<br />
grösser die Verlockungen des<br />
Geldes oder die Aussichten auf<br />
öffentliche Wahrnehmung sind.<br />
Vor allem in einigen (TV-) populären<br />
Sportarten finden sich<br />
unter den Trainern, Verbandsfunktionären,<br />
Politikern oder<br />
Medienvertretern auch Trittbrettfahrer,<br />
die sich gerne im<br />
Glanz erfolgreicher Athleten<br />
sonnen, sich in den Mittelpunkt<br />
des Geschehens stellen und den<br />
gebührenden Respekt gegenüber<br />
jenen vermissen lassen, die tatsächlich<br />
aussergewöhnliche<br />
Leistungen erbringen. Diese<br />
Selbstdarsteller und ihr zwiespältiger<br />
Auftritt beschädigen<br />
nachhaltig den eingangs erwähnten<br />
positiven Gesamteindruck,<br />
den die wahrhaftig Engagierten<br />
prägen.<br />
Das glänzende Bild des<br />
Sports hat zweifellos<br />
auch mattere Stellen, vor<br />
allem im Leistungs- und<br />
Wettkampfbereich und<br />
insbesondere dort, wo<br />
(zu) viel Geld im Spiel ist.<br />
Es ist befremdend und absolut<br />
destruktiv, wenn sich mittelmässige<br />
Trainer, Coaches und Journalisten<br />
mehr um ihr Ego und<br />
ihre Partikularinteressen kümmern,<br />
statt sich ihrer Verantwortung<br />
und Aufgabe bewusst zu<br />
sein und uneingeschränkt im<br />
Dienste der Sache bzw. der Athleten<br />
zu handeln. Wenn Menschen,<br />
die in ihrem Leben kaum<br />
echte Leistung zeigen mussten,<br />
Menschen beurteilen, die täglich<br />
Höchstleistungen erbringen.<br />
Wenn überforderte Funktionäre<br />
vorschnell, unqualifiziert oder<br />
unbefugt junge, aufstrebende<br />
Nachwuchs-Athleten kritisieren<br />
oder sie in der Entwicklung gar<br />
bremsen oder behindern. Oder<br />
wenn sportliche Schreibtischbzw.<br />
Mikrofontäter unbedarfte<br />
oder dümmliche Interview-Fragen<br />
stellen, die an Arroganz, Ignoranz<br />
oder Respektlosigkeit<br />
kaum zu überbieten sind. Charakteristische<br />
Beispiele dafür sind<br />
etwa Fragen wie «Sie sind doch<br />
bis jetzt an allen Titelkämpfen<br />
stets ausgeschieden, wie sieht es<br />
heute aus?» (vor einem WM-Rennen!)<br />
oder «Sie haben seit über<br />
einem Monat kein Tor mehr geschossen.<br />
Warum?»<br />
Trainer, die ihrer Rolle und Aufgabe<br />
nicht gerecht werden oder unzureichende<br />
Trainingsmethoden<br />
nutzen, fördern gleichermassen<br />
das Mittelmass und lassen viele<br />
Talente frühzeitig scheitern oder<br />
resignieren. Erstaunlich und auch<br />
ernüchternd: Hie und da sind<br />
selbst frühere Spitzensportler, die<br />
ins Trainerfach gewechselt haben,<br />
nicht davor gefeit, sich selbst anstelle<br />
der Sportler ins Zentrum<br />
zu stellen. Bei einigen neigt man<br />
– wollte man böse denken –<br />
sogar zur Annahme, dass sie alles<br />
daransetzen, um keinesfalls einen<br />
Nachfolger heranzuziehen … Es<br />
obliegt daher den Verantwortlichen<br />
in den betroffenen Verbänden,<br />
durch klare Vorgaben sowie<br />
konsequente Führungs- und<br />
Kontrollfunktion solchen Missständen<br />
unmissverständlich entgegenzuwirken.<br />
Athleten in den<br />
Mittelpunkt<br />
Ein wirklich guter Trainer sucht<br />
selbstredend stets und konsequent<br />
den Erfolg – aber eben<br />
nicht seinen, sondern den seiner<br />
ihm anvertrauten Athleten: Er<br />
dient bedingungslos der Sache!<br />
Nur wenn sich alle ohne Einschränkung<br />
dem Erfolg «unterordnen»<br />
und nicht sich selbst in<br />
den Mittelpunkt rücken, sind die<br />
Voraussetzungen geschaffen,<br />
damit Absichten, Visionen und<br />
Zielsetzungen bestmöglich in die<br />
Realität umgesetzt werden und<br />
den Worten auch effektiv Taten<br />
folgen. Gute Trainer und Coaches<br />
hinterfragen die Erkenntnisse<br />
aus eigenen und externen Analysen<br />
immer wieder von Neuem<br />
und nehmen auf der Grundlage<br />
moderner Mittel und Wege Verbesserungen<br />
und Weiterentwicklungen<br />
vor. Dabei zählt nicht zuletzt<br />
auch der Blick über den<br />
Tellerrand hinaus. Sich immer<br />
wieder mal bei den erfolgreichsten<br />
Nationen zu erkundigen und<br />
herauszufinden, worauf deren<br />
Erfolg begründet ist, ist ein ebenfalls<br />
wesentlicher Teil der Traineraufgabe<br />
und eine Pflicht für die<br />
verantwortlichen Leader.<br />
Ein eindrückliches Beispiel, wie<br />
aus einem teilweise beschränkten<br />
Potenzial mit begrenzten<br />
Mitteln dank professioneller,<br />
vorbildlicher Betreuung das Optimum<br />
herausgeholt werden<br />
kann, liefern seit 20 Jahren die<br />
Norweger im Wintersport. Seit<br />
Jahren gehen sie konsequent<br />
ihren Weg, bei dem Qualität<br />
und nicht Quantität im Vordergrund<br />
steht. Sie schaffen es stets,<br />
mindestens zwei bis drei Überflieger<br />
je Sportart heranzubilden.