SOCIETY 368 / 2015
Nr. 368 I Nr. 2 - 2015
Nr. 368 I Nr. 2 - 2015
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DIPLOMATIE<br />
SCHWEIZ<br />
Regel selbst lösen. Wenn nicht, dann gibt es einen<br />
eingespielten institutionellen Rahmen zur<br />
Lösung der Probleme.<br />
Wie steht die Schweiz zur Thematik EU?<br />
Die Schweiz ist ja kein Mitglied der Europäischen<br />
Union, aber wir sind durch ein Vertragswerk<br />
mit der Europäischen Union schon<br />
seit vielen Jahren sehr eng verbunden. Fast alle<br />
Lebens- und Politikbereiche wie Verkehr, Personenfreizügigkeit<br />
oder Energiefragen sind für<br />
die Schweiz fast so, als ob sie ein Mitglied wäre,<br />
mit Ausnahme der klassischen außenpolitischen<br />
Beziehungen. Die Europäische Union ist für uns<br />
nicht mehr nur geografisch das Gravitationszentrum<br />
unserer Außenbeziehungen, sondern auch<br />
in wirtschaftlicher Hinsicht. Mehr als zwei Drittel<br />
unserer Handelsströme gehen in die EU oder<br />
kommen aus der EU. So gesehen ist die Schweiz,<br />
auch wenn sie nicht Mitglied der Europäischen<br />
Union ist, ein integraler Bestandteil des europäischen<br />
Kontinents.<br />
Zwei Themen bewegen derzeit die EU: Das Migrationsthema<br />
und die Bedrohung durch den IS<br />
Staat. Wie steht die Schweiz dazu?<br />
Bei der Bedrohung durch den internationalen<br />
Terrorismus ist die Schweiz absolut auf der<br />
gleichen Linie wie die Europäische Union und<br />
arbeitet hier auch eng mit anderen Staaten zusammen,<br />
da bestehen keine Meinungsunterschiede.<br />
Die Migration ist in der Tat ein Problem, das<br />
uns in der Schweiz seit Jahren beschäftigt. Wir<br />
haben einen Ausländeranteil von 24 Prozent, das<br />
ist weit mehr als doppelt so hoch wie in den anderen<br />
europäischen Staaten, etwa Deutschland<br />
oder Österreich. Wir haben letztes Jahr eine Initiative<br />
angenommen, die darauf ausgelegt ist, dass<br />
die Schweiz die Einwanderung wieder vermehrt<br />
selbst bestimmen kann, und das steht in einem<br />
»Wir haben einen<br />
Ausländeranteil<br />
von 24 Prozent.<br />
«<br />
Christoph<br />
Bubb<br />
CURRICULUM<br />
VITAE<br />
S.E. Christoph Bubb ist<br />
1952 in Winterthur/ZH<br />
geboren. 1976 schloss er<br />
sein Rechtsstudium an der<br />
Universität Zürich ab und<br />
erwarb das Anwaltspatent<br />
des Kantons, außerdem<br />
besitzt er einen Masterabschluss<br />
der London<br />
School of Economics. In<br />
den diplomatischen Dienst<br />
trat er 1982 ein und hatte<br />
Posten in Bern, Bagdad,<br />
Bonn, Washington, New<br />
York und Islamabad inne.<br />
2006 war er Generalsekretär<br />
der 29. Internationalen<br />
Rotkreuzkonferenz. Seit<br />
September 2014 ist er<br />
Schweizer Botschafter in<br />
Wien. Christoph Bubb und<br />
seine Gattin Regula haben<br />
zwei erwachsene Kinder.<br />
gewissen Konflikt mit dem Freizügigkeitsabkommen,<br />
das wir mit der EU haben. Das ist ein Problem,<br />
bei dem wir den Dialog suchen. Wir sind der<br />
Meinung, dass das Thema Migration in all seinen<br />
Facetten ernst genommen werden muss und ein<br />
gesamteuropäisches Problem ist.<br />
Es wurde ja kürzlich das Atomabkommen mit<br />
dem Iran in Wien unterzeichnet. Wie steht die<br />
Schweiz dazu?<br />
Die Schweiz steht dem Abschluss des Atomabkommens<br />
positiv gegenüber. Wir haben seit<br />
vielen Jahren eine besondere Rolle gespielt: die<br />
Schweiz hat die amerikanischen Interessen im<br />
Iran seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen<br />
zwischen dem Iran und den USA gewahrt.<br />
Wir haben die Thematik sehr genau verfolgt und<br />
ich bin zuversichtlich, dass das Abkommen hält.<br />
Es ist ein Abschluss, der alle maßgebenden Kräfte<br />
der Erde mit einbezieht – China, Russland, USA,<br />
EU – und für den Iran ist es ein Weg hinaus aus<br />
seiner schwierigen isolierten Situation.<br />
Bereisen Sie auch die Bundesländer?<br />
Bisher wegen dem Umzug noch nicht in dem<br />
Maße, wie ich es mir vorgestellt hätte. Aber es<br />
ist natürlich mein Ziel, sämtlichen Landeshauptmännern<br />
einen Besuch abzustatten. Bisher war<br />
ich hier in Wien, in Oberösterreich, in Niederösterreich<br />
und in Tirol. Weitere folgen noch.<br />
Wie viele Sprachen sprechen Sie?<br />
Die Sprachen, die in der Schweiz gesprochen<br />
werden: Deutsch als Muttersprache, Französisch,<br />
etwas Italienisch. Im weiteren Englisch und in<br />
Spanisch habe ich solide Grundkenntnisse.<br />
Ihr Lebensmotto als Diplomat?<br />
Aus jeder Situation das Beste machen und stets<br />
•<br />
vorwärts schauen.<br />
Botschafter Christoph<br />
Bubb im Interview<br />
mit <strong>SOCIETY</strong>-<br />
Herausgeberin Gertrud<br />
Tauchhammer<br />
<strong>SOCIETY</strong> 2_<strong>2015</strong> | 53