SOCIETY 368 / 2015
Nr. 368 I Nr. 2 - 2015
Nr. 368 I Nr. 2 - 2015
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
DIVERSITÄT<br />
MIGRATION<br />
Können Sie mir zum<br />
Einstieg etwas über das<br />
Projekt an sich erzählen?<br />
Das Projekt Migration<br />
Sammeln wurde von der<br />
MA17 Abteilung Integration<br />
und Diversität in Auftrag gegeben,<br />
um eine Sammlung von Objekten zur<br />
Geschichte der Arbeitsmigration nach<br />
Österreich aus der Türkei und dem ehemaligen<br />
Jugoslawien für das Wien Museum<br />
aufzubauen und zu vertiefen. Wir sind<br />
seit Februar <strong>2015</strong> aktiv, die Projektlaufzeit<br />
dauert insgesamt eineinhalb Jahre. Unser<br />
Fokus richtet sich vor allem auf die erste<br />
Generation von ArbeitsmigrantInnen, die<br />
in den 60er und 70er Jahren nach Wien<br />
gekommen sind, Arbeit gesucht haben<br />
und auch zum Großteil hier geblieben<br />
sind. Wir reden natürlich auch mit den<br />
Nachkommen, allerdings liegt der Fokus<br />
schon sehr stark auf den Erfahrungen der<br />
ersten Generation. Wir interessieren uns<br />
für das Arbeits-, Wohn- und Kommunikationsverhältnis,<br />
das soziale Leben und<br />
die Ernährung. Wir suchen also Objekte,<br />
die über die Verhältnisse und den Alltag<br />
Auskunft geben: alle Komponenten der<br />
gesamten Lebenssituation, von Arbeit<br />
und Wohnen über Freizeit zu Musik. Wir<br />
möchten möglichst viele Facetten dieser<br />
Arbeitsmigration aufzeigen.<br />
Wie treten Sie an die Personen heran?<br />
Wir reden einerseits mit Einzelpersonen,<br />
andererseits aber auch mit Vereinen<br />
und städtischen Einrichtungen. Das sind<br />
Vereine von MigrantInnen, die in den 70er<br />
Jahren entstanden sind, und teilweise<br />
bis heute existieren. Wir als Projektteam<br />
sind schon lange in diesem Bereich tätig<br />
und kennen viele Menschen. Im Rahmen<br />
unserer Öffentlichkeitsarbeit wurden<br />
außerdem Postkarten in drei Sprachen<br />
– Türkisch, Deutsch und BKS (Bosnisch/<br />
Kroatisch/Serbisch) – produziert. Sie enthalten<br />
Informationen zum Projekt und<br />
Beispiele möglicher Objekte. Manche TeilnehmerInnen<br />
haben sich gemeldet, weil<br />
sie etwas über das Projekt in den Medien<br />
gelesen haben, aber die Mehrzahl kam<br />
über Empfehlungen. Also Mundpropaganda,<br />
ein Kontakt ergibt den nächsten.<br />
Diese beiden Gruppen haben dann<br />
auch am meisten zur Wiener Geschichte<br />
beigetragen oder?<br />
Genau, sie haben sie auch am maßgeblichsten<br />
verändert. Wir fokussieren auf diese<br />
beiden Gruppen – so lautet unser Auftrag.<br />
Die Politik ist bei der Pressekonferenz zum<br />
Auftakt des Projekts vom Publikum auch damit<br />
konfrontiert worden, dass das nur den<br />
Erinnerungskalei<br />
Von Visitenkarten, Musikkassetten und<br />
Kochtöpfen: Im Interview erzählen Vida<br />
Bakondy und Arif Akkılıç über ihre<br />
Arbeit am Projekt „Migration Sammeln“,<br />
außergewöhnliche Objekte und besondere<br />
Lebensgeschichten.<br />
INTERVIEW: STEPHANIE HUMM<br />
Anfang darstellen kann und weitere folgen<br />
sollten. Ob das ein Lippenbekenntnis bleibt<br />
oder es auch tatsächlich umgesetzt wird,<br />
das werden wir sehen. Es ist zumindest ein<br />
offizielles Zeichen, dass das Wien Museum<br />
und die Stadt Wien an der Geschichte der<br />
Migration interessiert sind und es ist ein<br />
wichtiger Schritt in diese Richtung, dass<br />
die Gedächtniseinrichtungen dieser Stadt<br />
sich stärker damit befassen. Wir gehen<br />
aber davon aus, dass mehrere Gruppen<br />
auch aus der jüngeren Zeit dokumentiert<br />
werden müssen. Was war in den 90er<br />
Jahren, welche Gruppen sind gekommen,<br />
welche Probleme gab es, hat sich da<br />
gesellschaftlich etwas verschoben? Also<br />
von den Bereichen Bildungs- über Arbeitsmigration<br />
hin zu Flucht. Wir sehen, dass<br />
das Projekt ein positives Echo gefunden<br />
hat und es gutgeheißen wird, dass die<br />
Migration als Teil der Geschichte der Stadt<br />
zu sehen ist.<br />
FOTOS: MIGRATION SAMMELN<br />
110 | <strong>SOCIETY</strong> 2_<strong>2015</strong>