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WIRTSCHAFT+MARKT 4/2016

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RATGEBER INSOLVENZ | 51<br />

Von allen<br />

Schulden<br />

befreit<br />

Die Restschuldbefreiung durch einen<br />

Insolvenzplan ist schneller und effektiver als<br />

eine gerichtliche Restschuldbefreiung<br />

Fotos: Africa Studio/fotolia.com (oben), Stapper (unten)<br />

Wer Schulden hat und die Restschuldbefreiung<br />

erreichen will,<br />

kann versuchen, sich mit seinen<br />

Gläubigern zu einigen. Die Gläubiger<br />

bekommen dann einen Teil ihrer Forderungen<br />

bezahlt und verzichten auf den Rest.<br />

Wem das nicht gelingt, der kann die Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens über sein<br />

Vermögen mit dem Ziel der Restschuldbefreiung<br />

beantragen. Wer völlig vermögenslos<br />

ist und die Kosten des Insolvenzverfahrens<br />

nicht bezahlen kann, bekommt die<br />

Restschuldbefreiung dann nach sechs Jahren,<br />

wer die Kosten des Insolvenzverfahrens<br />

bezahlt nach fünf Jahren und wer zusätzlich<br />

35 Prozent der Forderungen seiner<br />

Gläubiger bedienen kann nach drei Jahren.<br />

Allerdings sind von der Restschuldbefreiung<br />

manche Schulden ausgeschlossen:<br />

Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung,<br />

einige Unterhaltspflichten, gewisse<br />

Steuerforderungen, Geldstrafen und gleichgestellte<br />

Verbindlichkeiten sowie spezielle<br />

Darlehensschulden. Eine gerichtliche Restschuldbefreiung<br />

dauert also lange und befreit<br />

nicht von allen Schulden.<br />

Dr. Florian Stapper,<br />

Fachanwalt für Insolvenzund<br />

Steuerrecht und Inhaber<br />

von STAPPER Insolvenzund<br />

Zwangsverwaltung.<br />

Der Insolvenzplan dagegen<br />

kann in wenigen<br />

Monaten rechtskräftig<br />

sein und befreit von allen Schulden,<br />

auch von denen, die in einem gerichtlichen<br />

Restschuldbefreiungsverfahren bestehen<br />

bleiben. Nach neuerem Recht gilt das sogar<br />

für Verbraucher. Mit dem Insolvenzplan<br />

wird den Gläubigern in der Regel eine<br />

etwas bessere Quote angeboten, als sie<br />

ohne Insolvenzplan bekommen würden.<br />

Außerdem können Dritte, das sind häufig<br />

Familie und Freunde, aber auch andere,<br />

die ein Interesse an der zügigen Restschuldbefreiung<br />

haben, einen Zuschuss<br />

geben. Gelegentlich wird der Zuschuss<br />

auch nach der Restschuldbefreiung vom<br />

fortgeführten Unternehmen bezahlt oder<br />

es gibt Kombinationslösungen.<br />

Sind Vermögensgegenstände – wie beispielsweise<br />

technische Anlagen und Maschinen,<br />

aber auch Immobilien – finanziert,<br />

kann der Insolvenzplan grundsätzlich<br />

auch regeln, wie die Finanzierung nach<br />

Rechtskraft des Insolvenzplanes aussieht.<br />

Gelegentlich ist es auch sinnvoll, dass ein<br />

dem Schuldner wohlgesonnener Dritter<br />

bestimmte Vermögensgegenstände<br />

übernimmt und dem<br />

Schuldner danach zur<br />

Nutzung überlässt. Dabei<br />

kann grundsätzlich<br />

alles vereinbart werden,<br />

was die Fantasie<br />

und die Rechtsordnung<br />

zulassen.<br />

Wichtig ist nur, dass<br />

die Gläubiger dadurch<br />

nicht schlechter gestellt<br />

werden. Erfahrene Insolvenzverwalter<br />

handeln das im Vorfeld mit<br />

dem Finanzierungspartner aus. Die Gläubiger<br />

müssen dem Insolvenzplan dann in<br />

einer Gläubigerversammlung zustimmen.<br />

Es reicht aus, wenn die Mehrheit der Gläubigergruppen<br />

die Zustimmung erteilt. Bei<br />

schwierigen Gläubigern kann der Erfolg<br />

des Insolvenzplanes daher auch von der<br />

Gruppeneinteilung abhängen. Im Übrigen<br />

entscheidet häufig das Geschick des Planverfassers.<br />

Im Ergebnis bekommen alle<br />

Gläubiger durch den Insolvenzplan eine<br />

grundsätzlich etwas erhöhte Quote und<br />

verzichten auf den Rest ihrer Forderungen.<br />

Das gilt auch für diejenigen Forderungen,<br />

von denen die gerichtliche Restschuldbefreiung<br />

nicht befreit. Das Verfahren des<br />

Insolvenzplans ist zwar kompliziert, aber<br />

mit einem darauf spezialisierten Insolvenzverwalter<br />

sind häufig hohe Erfolgsquoten,<br />

teilweise bis zu 100 Prozent möglich. Der<br />

Insolvenzplan ist schnell und beseitigt alle<br />

Schulden. Somit ist er deutlich effektiver<br />

als die gerichtliche Restschuldbefreiung.<br />

<br />

Florian Stapper<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2016</strong>

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