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WIRTSCHAFT+MARKT 4/2016

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POLITIK | 45<br />

DER KOMMENTAR<br />

(M)ein Blick in die Zukunft<br />

der ostdeutschen Wirtschaft<br />

Von Iris Gleicke<br />

Foto: Büro Gleicke/Sandra Ludewig<br />

Das gallige Verdikt, wer Visionen<br />

habe, solle zum Arzt gehen,<br />

stammt bekanntlich von<br />

Helmut Schmidt. Ich nehme<br />

das für mich als Mahnung,<br />

auch bei einem –<br />

um es vorwegzunehmen<br />

– optimistischen<br />

Blick in die Zukunft<br />

der ostdeutschen<br />

Wirtschaft nicht den<br />

Boden unter den Füßen<br />

zu verlieren. Es<br />

wäre ebenso leicht<br />

wie verlogen, ein rosarotes<br />

Bild zu entwerfen,<br />

in dem binnen<br />

14 Jahren der<br />

Abstand zum Westen<br />

dank eines unausgesetzt<br />

hohen<br />

Wachstums eingeebnet<br />

ist, in dem sich kleine Firmen und<br />

„verlängerte Werkbänke“ in Konzerne verwandelt<br />

haben und in dem es gut bezahlte<br />

Arbeit für alle gibt.<br />

So einfach ist es nicht und wird es nicht.<br />

Leider. Nicht nur Gottes Mühlen mahlen<br />

langsam. Auch wenn der Wachstumsund<br />

Angleichungsprozess der ostdeutschen<br />

Wirtschaft weitergeht, werden<br />

wir im Jahr 2030 noch nicht vollständig<br />

mit Westdeutschland gleichgezogen<br />

haben. Bis dahin werden aus mittleren<br />

ostdeutschen Unternehmen noch keine<br />

Großkonzerne entstanden sein, und<br />

auch dann werden größere Teile der neuen<br />

Länder noch immer zu den strukturschwächeren<br />

Regionen in unserem Land<br />

gehören.<br />

Iris Gleicke ist parlamentarische<br />

Staatssekretärin beim Bundesminister für<br />

Wirtschaft und Energie und Beauftragte<br />

der Bundesregierung für die neuen<br />

Bundesländer, Mittelstand und Tourismus.<br />

Ebenso unangemessen wie die massenhafte<br />

Verteilung rosaroter Brillen ist<br />

aber auch jene verbreitete Grauund<br />

Schwarzmalerei, mit der<br />

manche den Status quo<br />

zum Nonplusultra deklarieren<br />

und die Hände<br />

in den Schoß legen<br />

möchten. Denn bis<br />

2030 kann eine ganze<br />

Menge passieren.<br />

Das setzt allerdings<br />

voraus, dass viele<br />

kleine und mittlere<br />

Unternehmen Innovationen<br />

als Schlüssel<br />

für Wettbewerbsfähigkeit<br />

und Wachstum<br />

nutzen und dass<br />

Modernisierungsprozesse<br />

wie die Digitalisierung<br />

von den<br />

ostdeutschen Unternehmen genutzt<br />

werden, denn hier werden die Karten<br />

für alle neu gemischt. Viel wird<br />

auch davon abhängen, ob die ostdeutsche<br />

Industrie ihre Internationalisierung<br />

weiter vorantreibt und die damit<br />

verbundenen Wachstumschancen ergreift.<br />

Ein Selbstläufer wird das alles natürlich<br />

nicht, das kann nur dann funktionieren,<br />

wenn die Bundesregierung mit ihrer Mittelstandsförderung<br />

und der Förderung für<br />

strukturschwache Regionen die ostdeutsche<br />

Wirtschaft auch über das Ende des<br />

Solidarpakts II im Jahr 2019 hinaus unterstützt.<br />

Auf meine Initiative hin haben<br />

sich die Bundesressorts hierzu bereits<br />

auf ein dementsprechendes Eckpunktepapier<br />

verständigt. Zentrale Aspekte<br />

sind dabei die Wachstums- und Innovationsförderung,<br />

ergänzt um die Förderung<br />

der Infrastruktur und der Daseinsvorsorge.<br />

Ich setze mich dafür ein, dass dieses<br />

Förderkonzept gemeinsam mit den<br />

ost- und westdeutschen Ländern realisiert<br />

wird. Darüber hinaus habe ich den<br />

Dialog „Unternehmen :wachsen“ ins Leben<br />

gerufen, bei dem Unternehmerinnen<br />

und Unternehmer Erfahrungen und Ideen<br />

austauschen und wechselseitig Impulse<br />

für Wachstum und neue Konzepte<br />

vermitteln können.<br />

Auf die Gründergeneration, die in Ostdeutschland<br />

in den letzten 25 Jahren unter<br />

hohem persönlichem Einsatz eine herausragende<br />

Aufbauleistung vollbracht<br />

hat, können wir mit Fug und Recht stolz<br />

sein. Diese Unternehmergeneration wird<br />

in den nächsten Jahren den Stab an die<br />

nächste Generation übergeben. Diese,<br />

bereits mit der<br />

Marktwirtschaft aufgewachsen,<br />

kann von der heutigen Basis<br />

aus neue Ufer ansteuern. Ich<br />

finde, das ist eine gute Perspektive.<br />

Das Wachstum der ostdeutschen<br />

Wirtschaft ist der Schlüssel<br />

zur Herstellung gleichwertiger<br />

Lebensverhältnisse.<br />

Es bleibt dabei: Wir haben<br />

schon unglaublich viel erreicht.<br />

Den Rest schaffen<br />

wir auch noch.<br />

<br />

W+M<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2016</strong>

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